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umgeben. So gelang es ihm hier am 26. und 27. Aug. seinen letzten Sieg auf deutschem Boden zu erfechten (s. unten), und selbst nach der Schlacht von Leipzig [* 2] behauptete St. Cyr die Stadt noch bis zum 11. Nov., worauf sie gänzlich ausgehungert kapitulierte. Mit der Rückkehr König Friedrich Augusts am begann eine Zeit langsamer Wiederherstellung aus tiefster Erschöpfung. Der schon 1811 begonnene Abbruch der Festungswerke wurde 1817 kräftig wieder aufgenommen und gab die Möglichkeit zu einer bedeutenden Erweiterung der Stadt. Rascher gestaltete sich die Bewegung, nachdem die Unruhen in Leipzig und Dresden [* 3] den Anstoß zur Städteordnung von 1832 gegeben hatten und Sachsen [* 4] 1834 dem Zollverein beigetreten war. 1835 wurden sämtliche Vorstädte, auch die seitdem so benannte «Antonstadt» mit der innern Stadt zu einer Gemeinde vereinigt; durch Eröffnung der Elbdampfschiffahrt 1836 und die Erbauung von Eisenbahnen seit 1839 wurde Dresden rasch zu einem bedeutenden Mittelpunkte des deutschen Binnenverkehrs.
Seitdem das Hoftheater sich dem deutschen Schauspiel und der deutschen Oper geöffnet hatte, brach für beide eine Zeit höchsten Glanzes an, und im Anschluß an den Hof [* 5] Friedrich Augusts II. (1836-54) brachte G. Semper neben den Barock- und Rokokobauten des 18. Jahrh. eine neue geistvolle Renaissance namentlich in dem Hoftheater und der Gemäldegalerie zu wirkungsvoller Geltung, während die Malerei durch Schnorr, L. Richter und E. Bendemann, die Plastik durch E. Rietschel, E. Hähnel u. a. in hervorragender Weise vertreten wurde.
Die furchtbare Hochflut der Elbe im März 1845, die einen Teil der Augustusbrücke wegriß, und das Notjahr 1847/48 konnten den Aufschwung nicht dauernd hindern, störender wirkten die polit. Stürme der J. 1848/49, während deren Dresden vom 3. bis zum der Schauplatz eines blutigen Straßenkampfes war, bei dem auch das alte Opernhaus und ein Teil des Zwingers eingeäschert wurden. Am besetzten die Preußen [* 6] ohne Gegenwehr die Stadt, und auch nach der Rückkehr König Johanns am 3. Nov. behielt Dresden bis Ende 1867 eine teilweise preuß. Besatzung. 1870/71 hatte es Tausende franz. Gefangener zu beherbergen und sah den glänzenden Triumpheinzug der sächs. Truppen unter Kronprinz Albert. Im Juni 1889 fand die begeisterte Feier des Wettinjubiläums in Dresden ihren Mittelpunkt, und im Juni 1892 war Dresden der Schauplatz großartiger Huldigungen des Fürsten Bismarck, bei seiner Durchreise nach Wien [* 7] zur Hochzeit seines Sohnes Herbert.
Inzwischen machte das innere Leben der Stadt rüstige Fortschritte. Die Selbstverwaltung der Gemeinde allerdings erfuhr insofern eine Einschränkung, als 1850 die Gerichtsbarkeit, 1853 auch die Sicherheitspolizei an den Staat überging. Aber die Stadt breitete sich nach allen Richtungen weiter aus und dem parallel ging die Umwandlung in eine Fabrikstadt und die mächtige Steigerung seiner kommerziellen Bedeutung, teils durch die immer stärkere Verdichtung des sächs. Eisenbahnnetzes, teils durch den bedeutenden Aufschwung des Elbverkehrs, besonders seit der Einführung der Kettenschleppschiffahrt 1869. Seine alte Stellung als Kunststadt wußte Dresden namentlich für Bildnerei und Baukunst [* 8] zu behaupten.
Litteratur. A. Weck, Der churfürstlichen sächs. Residentz und Haupt-Vestung Dresden Beschreib- und Vorstellung (Nürnb. 1680);
Die Bauten, technischen und industriellen Anlagen von Dresden, hg. von dem sächs. Ingenieur- und Architektenverein und dem Dresdner Architektenverein (Dresd. 1878);
Hasche, Diplomat. Geschichte von Dresden (4 Bde., ebd. 1816-19);
Klemm, Chronik der Stadt Dresden (2 Bde., ebd. 1833-37; Bd. 3 von Hilscher, ebd. 1838);
Lindau, [* 9] Geschichte der königl. Haupt- und Residenzstadt Dresden (2. Aufl., ebd. 1885);
Otto Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden (Bd. 1-3, ebd. 1885-91);
Urkundenbuch der Städte Dresden und Pirna [* 10] (im «Codex diplomaticus Saxoniae regiae», II, 5, Lpz. 1876);
Odeleben, Napoleons Feldzug in Sachsen 1813 (3. Aufl., ebd. 1840);
von Waldersee, Der Kampf in Dresden im Mai 1849 (Berl. 1849);
Monthé, Der Maiaufstand in Dresden (Dresd. 1850);
Gottschalk, Dresden und seine Umgebungen (14. Aufl., ebd. 1880);
Meinholds Führer durch Dresden (23. Aufl. ebd. 1891);
Mitteilungen des Statistischen Bureaus der Stadt Dresden (ebd. 1875 fg.);
Müller, Dresden und die Sächsisch-Böhmische Schweiz [* 11] (10. Aufl., Berl. 1886);
Stiehler und Häntzschel, Dresden,. D.s Umgebungen und die Sächsische Schweiz (16. Aufl., ebd. 1892);
Gampe, Dresden und seine Umgebung (6. Aufl., Dresd. 1891);
Gsell Fels, Dresden und Umgebung (Münch. 1892).
^[Es folgt neuer Artikel «Schlacht bei Dresden», der zwar nicht im Seitentitel ausgewiesen ist.]
Die Schlacht bei Dresden fand 26. und zwischen den Franzosen unter Napoleon und dem Hauptheer der Verbündeten unter Fürst Schwarzenberg statt. Am Schluß des für die Zeit vom 4. Juni bis geschlossenen Waffenstillstandes standen 60000 Franzosen in und bei Dresden; sie hatten die im März gesprengte Elbbrücke wiederhergestellt, die alte Befestigung durch neue Werke verstärkt und auch die Neustadt [* 12] befestigt. Napoleon erwartete, daß die Verbündeten, deren Hauptheer (230000 Mann Österreicher, Preußen und Russen) unter Fürst Schwarzenberg bisher in Böhmen [* 13] gestanden hatte, in die Lausitz eindringen würden, und rückte 17. Aug. mit den Garden von Dresden dorthin ab, um Rey gegen Blücher zu unterstützen.
Das Hauptheer der Verbündeten brach 21. Aug. in Böhmen auf und marschierte auf Leipzig, schwenkte jedoch auf die Nachricht, daß Napoleon Dresden verlassen habe, rechts und rückte gegen Dresden vor, um sich dieses Platzes durch Handstreich zu bemächtigen. Aber Napoleon kehrte auf die Nachricht vom Anmarsche der Verbündeten gegen Dresden in drei Gewaltmärschen zurück; er stand 25. Aug. abends mit der Garde, dem Korps Marmonts und dem Kavalleriekorps Latour-Maubourgs bei Stolpen, 22 km vor Dresden, und hatte die Korps Victor und Vandamme aus der Lausitz an die Elbe gezogen, um bei Königstein den Strom zu überschreiten und von Pirna aus die Rückzugslinie der Verbündeten nach Teplitz zu bedrohen.
Kaiser Alexander wollte noch 25. Aug. die Überrumpelung von Dresden, das nur von 20000 Mann besetzt war, versuchen, wozu 70000 Mann, am Abend sogar 100000 Mann, verfügbar waren, doch trat Fürst Schwarzenberg nebst andern Generalen diesem Plane entgegen, da die Truppen zu ermüdet seien, und an diesem Aufschube scheiterte das ganze Unternehmen. Man drängte lediglich die Vortruppen bis nahe an die Stadt zurück und besetzte die für den eigentlichen Angriff ausgewählte Stellung. Am 26. Aug. morgens sollte der allgemeine Angriff stattfinden. Auf dem rechten Flügel drangen die Russen um 7 Uhr [* 14] vor und bemächtigten sich gegen Mittag eines der vor der Pirnaer Vorstadt liegenden Werke; da traf der Befehl ein, erst um 4 Uhr ¶
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nachmittags den Angriff weiter fortzusetzen und bis dahin nur das Gewonnene zu halten. Links von den Russen hatten die Preußen mit Tagesanbruch den Angriff eröffnet und sich bis 8 Uhr bereits in Besitz der östl. Hälfte des Großen Gartens gesetzt, während die Franzosen einen Verhau [* 16] im westl. Teile dieses Parks festhielten; auch hier wurde um Mittag das weitere Vordringen auf höhern Befehl eingestellt. In dem Raume zwischen den Preußen und dem Plauenschen Grunde gingen Österreicher vor, die das Dorf Plauen [* 17] und alle Gehöfte bis an die Freiberger Straße nahmen, ebenso jenseit des Grundes, wo die Franzosen nur wenig Truppen aufgestellt hatten, Löbtau, Klein-Hamburg, Altona [* 18] und die Schusterhäuser. Um 11 Uhr erfuhr das Hauptquartier der Verbündeten, daß zahlreiche feindliche Kolonnen im Anmarsch seien, und bald danach, Napoleon sei eingetroffen. Man verlor mit Beratungen die Zeit und beschloß, um 4 Uhr nachmittags den allgemeinen Angriff wieder aufzunehmen, für den 150000 Mann mit 500 Geschützen verfügbar waren, während am folgenden Tage noch 50000 Mann Verstärkungen eintreffen mußten.
Um 4 Uhr rückten die Russen gegen die Pirnaer Vorstadt vor, wurden aber durch heftiges Geschützfeuer abgeschlagen und bis Striesen zurückgetrieben. Der franz. Angriff warf um 6 Uhr ihren rechten Flügel in den Wald von Blasewitz und vertrieb die Russen vom Windmühlenberge und aus Striesen; erst die Nacht machte dem beiderseits sehr verlustreichen Kampfe hier ein Ende. Die Preußen hatten den Großen Garten [* 19] vollständig erobert und stürmten darauf gegen die Pirnaer Vorstadt und die vor derselben liegenden Werke an, doch mißlang der mit unzulänglichen Kräften unternommene Sturm. Um 7 Uhr erfolgte unter Marschall Mortier der Gegenstoß der Franzosen in drei starken Kolonnen, die sich bis zum Einbruche der Nacht der nördl. Hälfte des Großen Gartens bemächtigten. Die Österreicher erstürmten zunächst die große Lünette [* 20] am Mosczinskischen Garten und suchten von dort aus in die Vorstadt einzudringen, mußten jedoch bald vor überlegenen Kräften zurückgehen. Westlich des Plauenschen Grundes waren den Franzosen erhebliche Verstärkungen zugeführt worden, die die Österreicher dort keine weitern Fortschritte erreichen ließen.
Im Hauptquartier der Verbündeten wurde für den folgenden Tag die Fortsetzung des Angriffs beschlossen, obschon der rechte Flügel zurückgedrängt worden war. Es regnete die ganze Nacht, auch fehlte es bei den Verbündeten an Lebensmitteln, während die in den Vorstädten untergebrachten Franzosen gut verpflegt und auf 120000 Mann verstärkt worden waren. Napoleon beschloß, 27. Aug. morgens beide Flügel der Verbündeten anzugreifen. Schwarzenberg ließ den rechten Flügel (Wittgenstein) bereits in der Morgendämmerung auf die dahinter liegenden Höhen zurückgehen und räumte dadurch die nach Teplitz führende Straße.
Vom linken Flügel wurden zwei österr. Divisionen und fast die gesamte Reiterei über den Plauenschen Grund nach der Mitte herangezogen, da auf dem linken Flügel die Verstärkungen (Klenau) erwartet wurden; letztere trafen jedoch nicht rechtzeitig ein, da die aufgeweichten Wege den Marsch verzögert hatten. Man hatte westlich des Plauenschen Grundes nur drei österr. Divisionen zur Hand, [* 21] als am Morgen des 27. Aug. der franz. Angriff stattfand. Um 6 Uhr früh rückten die Korps Mortier und Ney gegen den rechten Flügel der Verbündeten vor, trafen bei Blasewitz und Gruna die russ. Nachhut und drängten diese nach Reick und Prohlis zurück; die preuß. Reservekavallerie kam den Russen zu Hilfe und machte diesen einen geordneten Rückzug möglich.
Auf dem linken Flügel der Verbündeten griff das Korps Victor um 6 Uhr die Höhen zwischen dem Plauenschen Grunde und der Freiberger Straße an und drängte die Österreicher vor sich her, während der König von Neapel [* 22] mit den Kavalleriekorps Pajol und Latour-Maubourg (zusammen 20000 Pferde) [* 23] den äußersten Flügel umging und bei Pennerich die zurückgehenden Kolonnen attackierte. Die Infanterie wurde niedergeritten und 13000 Mann (darunter 3 Generale, ferner 15 Fahnen und 26 Geschütze) [* 24] wurden zu Gefangenen gemacht.
Gegen 2 Uhr traf das Korps Klenau ein, bog aber nach Dippoldiswalde aus. Die Mitte der Verbündeten (Preußen und Österreicher) beschäftigte Napoleon bis gegen 3 Uhr durch heftiges Geschützfeuer, um die Unterstützung der Flügel zu verhindern. Als im Hauptquartier der Verbündeten die Niederlage des linken Flügels nachmittags bekannt wurde und die Nachricht eintraf, das 40000 Mann starke Korps Vandammes habe die Elbe bei Königstein überschritten und bedrohe die Straße nach Böhmen, wurde der Rückzug beschlossen und noch in der Nacht angetreten. -
Vgl. Aster, Schilderung der Kriegsereignisse in und vor Dresden vom 7. März bis (Dresd. 1844);
Odeleben, Napoleons Feldzug in Sachsen 1813 (3. Aufl., ebd. 1840).