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Kapelle, von Kurfürst Friedrich August I. begründet, ward durch Hasse und Naumann zu einem Stütz- und Glanzpunkt der Tonkunst in Deutschland; [* 2] Paër wahrte und Weber mehrte ihren alten Ruhm; darauf folgten die Kapellmeister Reissiger, Krebs, [* 3] Rietz, Wagner, Wüllner und Schuch. Das Hoftheater glänzte früher vorzüglich durch die ital. Oper; erst seit 1817 ward die deutsche Oper eingeführt und im Verlauf von kaum zwei Jahrzehnten zur ausschließlichen Geltung gebracht.
Als Dramaturgen wirkten namentlich Tieck und Gutzkow. Die hervorragendsten Kräfte der Bühne waren Jenny Ney, Mitterwurzer, Schnorr und Tichatschek; Franziska Berg, Marie Bayer, Dawison, Emil Devrient. Neben den beiden Hoftheatern (das große in Altstadt mit 1500 Sitz- und 200 Stehplätzen, das Alberttheater in Neustadt [* 4] mit 1700 Sitz- und 300 Stehplätzen) besitzt Dresden [* 5] seit 1872 das Residenztheater in der Cirkusstraße. An Privatvereinen bestehen die Dreißigsche und die (von R. Schumann gestiftete) Dresdener Singakademie, ferner viele Gesangvereine (Orpheus, [* 6] Liedertafel u. s. w.), ein Tonkünstler- und ein Orchesterverein; weiter der 1828 begründete Sächsische Kunstverein, welcher eine dauernde Kunstausstellung unterhält, der Verein für kirchliche Kunst und viele inmitten der Künstler selbst bestehende Genossenschaften.
Der Pflege der Wissenschaften sind gewidmet: der Sächsische Altertumsverein, der Verein für die Geschichte Dresdens, die Isis [* 7] (naturwissenschaftliche Gesellschaft), der Verein für Erdkunde, [* 8] die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde, Litterarischer Verein, Deutscher Sprachverein, der Pädagogische Verein u. s. w. Für Förderung der gewerblichen Interessen sind unter anderm thätig: die Flora und der Gärtnerverein, die Europäische Modenakademie, der Gewerbeverein und der Kunstgewerbeverein.
In Dresden erscheinen 12 tägliche Zeitungen und Anzeiger, darunter der «Dresdner Anzeiger» (Amtsblatt der Behörden),
die «Dresdner Nachrichten», mit Sonnabendswitzblatt (das verbreitetste, auch außerhalb am meisten gelesene Blatt), [* 9]
das königl. «Dresdner Journal», die «Dresdner Zeitung», die socialdemokratische «Sächsische Arbeiterzeitung» und 65 wöchentliche oder monatlich ein- oder mehrmals erscheinende, darunter «Fürs Haus» und «The Stranger’s Guide».
Das rege geistige Leben wird durch weltberühmte Sammlungen für Wissenschaft und Kunst, durch treffliche Lehranstalten aller Art sowie zahlreiche gelehrte Gesellschaften und Vereine für künstlerische und gemeinnützige Interessen gefördert. Die großen Sammlungen für Wissenschaft und Kunst dankt es größtenteils den beiden Kurfürsten Friedrich August I. und II. (1693-1763), welche mit einem ungeheuern Kostenaufwande Kunstschätze jeder Art für ihre Residenz erwarben. Als die wichtigsten derselben sind hervorzuheben: Die königl. öffentliche Bibliothek im Japanischen Palais, unter Kurfürst August (gest. 1586) gegründet, mit 3-400000 Bänden, 182000 Dissertationen, 20000 Landkarten, [* 10] 3000 Handschriften, 2000 Inkunabeln, ausgezeichnet durch viele Seltenheiten.
Hauptbestandteile sind die Bibliotheken des Grafen Bünau, welche 1764, und die des Ministers Brühl, welche 1768 angekauft wurde. Bedeutend ist auch die obenerwähnte Sekundogenitur-Bibliothek, durch die Kurfürstin Marie Antonie Walpurgis gestiftet, jetzt dem Prinzen Georg gehörig; ferner die Stadtbibliothek, die Bibliothek der Technischen Hochschule und die der vormaligen Chirurgisch-Medizinischen Akademie (15000 Bde.). Das Münzkabinett (im königl. Schloß), bereits unter Johann Georg II. angelegt, besonders unter König Friedrich August I. durch einzelne Seltenheiten und ganze Sammlungen (z. B. Madais Groschenkabinett, Baumgartens Dukatenkabinett, Aubers Sammlung sächs. Münzen, [* 11] Reineckes und Birkhahns Sammlung mittelalterlicher Münzen) bereichert, ist von größter Bedeutung für die sächs. Münzkunde.
Die Antikensammlung enthält außer einigen Denkmälern des ältesten griech. Kunststils (Kandelaberbasis von pentelischem Marmor) mehrere treffliche Bildwerke.
Vgl. Hettner, Die Bildwerke der königl. Antikensammlung zu D. (4. Aufl., Dresd. 1881).
Die königl. Porzellan- und Gefäßsammlung seit im «Museum Johanneum», einem Ende des 16. Jahrh. aufgeführten, 1745 umgebauten alten (bis 1855) Galeriegebäude am Neumarkt, enthält mehr als 15000 chronologisch geordnete, für den Technologen und Kunstfreund merkwürdige Stücke von chines., japan., ostind., franz. und meißnischem Porzellan. Eine Reihenfolge des letztern zeigt die Fortschritte der Königlich [* 12] Sächsischen Porzellan-Manufaktur zu Meißen [* 13] (s. d.).
Die Gemäldegalerie (im Museum; Direktor: Karl Woermann), wesentlich eine Schöpfung Augusts III. (1733-63), ist eine der bedeutendsten Kunstsammlungen. Sie enthält ungefähr 2500 Bilder und ist reich an ausgezeichneten Werken der Italienischen und Niederländischen Schule; die 100 Bilder aus dem Besitze des Herzogs Franz von Este (1745 erworben) sind überwiegend Meisterwerke ersten Ranges. Aus der Italienischen Schule sind hervorzuheben die Werke von Raffael (Sixtinische Madonna; s. die Tafel beim Artikel Raffael), Correggio (Die heilige Nacht, s. Tafel: Italienische Kunst VII, [* 1] Fig. 9), Tizian (Zinsgroschen: s. die Tafel beim Artikel Tizian), Palma Vecchio (Ruhende Venus, Die drei Schwestern), Andrea del Sarto (Abrahams Opfer), Paolo Veronese (Findung des Moses, s. Tafel: Italienische Kunst VII, [* 1] Fig. 8, Hochzeit zu Cana, Kreuztragung Christi), Giulio Romano (Heilige Familie), Guido Reni (Christus mit der Dornenkrone), Caravaggio (Die Kartenspieler), Battoni (Büßende Magdalena).
Aus der Niederländischen Schule die Werke von Rubens (Wildschweinsjagd, Neptun die Wogen beschwichtigend), van Dyck (Die drei Kinder Karls I.), Rembrandt (Raub des Ganymed, Opfer Manoahs, Doppelbildnis des Künstlers und seiner Gattin), Ruisdael (Das Kloster, Judenkirchhof), A. van der Werff (Verstoßung der Hagar), Snyders, Brueghel, Wouwerman, Dou, Teniers, Ostade, Potter, Hondeloeter, Metsu. A. van de Velde. Unter den Werken deutscher Meister ist hervorzuheben H. Holbeins des Jüngern Madonna (s. die Tafel beim Artikel Holbein) [* 14] sowie das Bildnis des Morette, ferner Dürers Christus am Kreuz [* 15] (s. die Tafel beim Artikel Dürer).
Aus der Französischen Schule sind mehrere Bilder von N. Poussin und die Landschaften Claude Lorrains (s. die Tafel beim Artikel Claude Lorrain) hervorzuheben. Besondere Abteilungen bilden die Ansichten von Dresden und andern sächs. Gegenden von Canaletto sowie 185 Pastellgemälde. Auch sind der Galerie, als schätzbar für die Kunstgeschichte, sechs nach Raffaels Zeichnungen in Wolle gewirkte Teppiche eingefügt. (Vgl. Hübner, Verzeichnis der Dresdener Galerie, Dresd. 1856; 5. Aufl. 1880; K. Woermann, ¶
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Katalog der königl. Gemäldegalerie zu D., große und kleine Ausg., ebd. 1887.) Ebenfalls im Museum befinden sich die Sammlung der Kupferstiche und Handzeichnungen, mehr als 350000 Blätter, darunter die seltensten Stiche und Handzeichnungen der größten Meister der Italienischen, Niederländischen, Französischen, Englischen und Deutschen Schule umfassend und in 12 nach histor.-künstlerischen Gesichtspunkten geordnete Klassen eingeteilt. Die Sammlung der Gipsabgüsse, hauptsächlich gebildet aus den von Raphael Mengs in Italien [* 17] gemachten und 1782 von ihm an die sächs. Regierung verkauften Abgüssen antiker Bildwerke und aus den Abgüssen der Elgin Marbles (s. d.) im Britischen Museum, ist jetzt mit dem Rietschelmuseum und dem Antikenkabinett zu einem großartigen Skulpturenmuseum im Albertinum (Direktor Professor Treu) vereinigt. (Vgl. Hettner, Das königl. Museum der Gipsabgüsse zu D., 4. Aufl., Dresd. 1881.) Das Grüne Gewölbe (im königl. Schloß), ein reicher Schatz von Edelsteinen, Perlen und Kunstarbeiten in Gold, [* 18] namentlich deutsche aus dem 16. und 17. Jahrh., Silber, Krystall, Elfenbein (vorzugsweise aus der Zeit der Spätrenaissance und des Rokoko), seit 1832 durch einen Teil der vormaligen Kunstkammer vermehrt. (Vgl. Erbstein, Das königl. Grüne Gewölbe zu D., Dresd. 1884; Das Grüne Gewölbe zu D., photogr. Prachtwerk mit Erläuterungen von Gräße, Berl. 1876 u. 1877.) Die Gewehrgalerie (im Museum Johanneum), 2080 Stück seltener und ausgezeichneter Gewehre und Waffen. [* 19]
Das Historische Museum (im Museum Johanneum) enthält viele künstlerisch oder geschichtlich bemerkenswerte Waffen, Rüstungen, Hausgerät, Kleidungsstücke, zahlreiche vortreffliche Arbeiten der ital. und deutschen Renaissance, die reichste derartige Sammlung im Deutschen Reiche, außerdem befinden sich hier Schnorrs Kartons zu den Freskogemälden aus der Geschichte Karls d. Gr., Kaiser Friedrichs I. und des deutschen Königs Rudolf I. im Münchener Festsaalbau.
Das 1892 begründete Stadtmuseum in der Kreuzstraße dient der Geschichte D.s, das Körnermuseum in der Körnerstraße enthält Erinnerungen an Th. Körner und die Befreiungskriege. Das Zoologische, früher Naturhistorische Museum (im Zwinger), dessen frühere Schätze fast gänzlich ein Raub der Flammen wurden, ist seitdem wieder zu solcher Bedeutung gelangt, daß es den ersten derartigen Museen Deutschlands [* 20] gleicht. Als besondere Sammlungen bestehen weiter das Mineralogische Museum (ebenfalls im Zwinger); der Physikalisch-Mathematische Salon (ebenfalls im Zwinger), der eine vollständige Sammlung ausgezeichneter mathem. und physik. Instrumente, Apparate und Modelle enthält. Schließlich verdient noch das Sächsische Kunstgewerbemuseum in der ehemaligen Polytechnischen Schule am Antonsplatz Erwähnung, das vorzugsweise in Gegenständen deutscher Renaissance gut versehen und dessen reichste Abteilung der Textilindustrie gewidmet ist.
Wohlthätigkeitsanstalten. Unter der großen Zahl sind besonders hervorzuheben: das Stadtkrankenhaus (Friedrichstadt) mit 927 Betten (die Errichtung eines zweiten ist geplant), die Diakonissenanstalt mit Krankenhaus, [* 21] das Carolahaus (Krankenhaus und Krankenpflegerinnen-Bildungsanstalt des Albertvereins), das kath. Krankenstift, die Kinderheilanstalt (Krankenhaus), das königl. Entbindungsinstitut; ferner an Altersversorgungsanstalten das Vereinigte Frauenhospital, die Hohenthalsche Versorgungsanstalt, das Bürgerhospital und das Dienstbotenheim; ferner das Stadtwaisenhaus, die Kinderpfleg- und Bewahranstalten, das Findelhaus, das Versorgungshaus (früher Armenhaus), die Genesungsanstalt «Fiedlerhaus», das Irren- und Siechenhaus, die städtische Arbeitsanstalt, das Asyl für obdachlose Frauen, das Asyl für obdachlose Männer, das Asyl für erwachsene taubstumme Mädchen, das kath. Gesellenhaus und besonders noch die königl. Landesblindenanstalt und die Taubstummenanstalt.
Hierzu kommen die Kinderbesserungsanstalt, das Pestalozzistift und zahlreiche andere städtische oder auf Stiftungen beruhende Wohlthätigkeits- und Versorgungsanstalten. Die Stadt hat eine Sparkasse mit Zweigstellen, zwei Leihhäuser und über 100 Kranken- und Hilfskassen. Der Gemeinnützige Verein veranstaltet öffentliche, unentgeltliche Vorträge, unterhält zehn Volksbibliotheken, Ferienkolonien u. s. w.; ähnliche Zwecke verfolgt der Verein «Volkswohl». Die Gehestiftung, durch den verstorbenen Kaufmann Gehe mit 2 Mill. M. dotiert, unterhält eine staatswissenschaftliche Bibliothek mit Lesezimmer und veranstaltet staatswissenschaftliche Vorträge und Lehrkurse unentgeltlich. Freimaurerlogen sind 1) die Loge Zu den drei Schwertern und Asträa zur grünenden Raute, 2) Zum goldenen Apfel, 3) Zu den ehernen Säulen, [* 22] 4) Zum goldenen Kreuz.
Industrie und Handel. Zu den wichtigsten Zweigen gewerblicher Thätigkeit in Dresden und Vororten gehören die Fabrikation von Maschinen (besonders Müllerei- und Nähmaschinen), [* 23] Klavieren (Rönisch), Fahrrädern (Seidel & Naumann), Wasserfahrzeugen (drei Werften), Eisenguß, Blechwaren (Vereinigte Eschebachsche Werke), Beleuchtungsartikeln, Gold- und Silberarbeiten, Blattgold, Steingut (Villeroy & Boch), Hohlglas (Siemens), pharmaceutischen Chemikalien (Gehe & Co.), Tinte, Lack und Firniß und Seife, die Getreidemüllerei (Bienert), die Herstellung von Zuckerwaren und Schokolade, Bier (Felsenkeller, Feld- und Waldschlößchen, Hofbräuhaus, Plauenscher Lagerkeller), Malz, Konserven, Mineralwasser (Dr. Struve), Cigarren und Cigaretten, Kammgarn, Tapisseriewaren, Konfektionswaren, Leder (Bierling), Militäreffekten (Thiele), Gummiwaren, Möbeln, Korbwaren, Strohhüten, künstlichen Blumen, Strohstoff, Papier, Kartonnagen (Neumann & Co.) und Cotillonsachen (Gelbke & Benediktus), photographischen Papieren und Öldrucken.
Bedeutend sind Kunst- und Handelsgärtnerei und Photographie. Der litterar.-artistische Verkehr wird durch 87 Buchhandlungen und Verlagsexpeditionen, 30 Kunst-, 33 Musikalienhandlungen, 25 Antiquariate und etwa 106 Buch- und Steindruckereien unterhalten. Anfang 1892 bestanden 431 feststehende Dampfkessel, [* 24] 375 feststehende Dampfmaschinen [* 25] mit 5150 durchschnittlich ausgeübten Pferdestärken sowie 760 Fabrikanlagen mit 27824 (8129 weiblichen) Arbeitern.
In Dresden haben ihren Sitz die Invaliditäts- und Altersversicherungsanstalt für das Königreich Sachsen, [* 26] Land- und Forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft für das Königreich Sachsen, Sächsische Holz-Berufsgenossenschaft, Sächsische Baugewerks-Berufsgenossenschaft und ihre 1. Sektion, 7. Sektion der Knappschafts-, 7. Sektion der Steinbruchs-, 2. Sektion der Glas-, 4. Sektion der Töpferei-, 6. Sektion der Ziegelei-, 2. Sektion der Lederindustrie-, 17. ¶