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und des Ortes ist bedeutungslos; man hat dafür die Stetigkeit der Entwicklung und die Einheit dcr Wclt- lage gefordert' nur die Einheit der Handlung oder vielmehr (da oft auch verknüpfte Doppelhandlungcn, wie in Shakespeares «König Lear», von höchster Wirkung sind) die der dramat. Idee ist unerläßlich. Wo diese nicht vorhanden ist, bleiben wir auf epi- schem Boden. Die mittelalterlichen Mysterien und die «Oin-onicisä kistorieä» der altengl. Vübne sind solche unreife Anfänge werdender Dramatik.
Aus der ästhetischen Natur des Dramaturgie und seiner fortschreitenden Entwicklung folgt innerhalb des scenischen Baues die Unterscheidung der Exposition (s. d.), der Peripetie (s. d.) und der Katastrophe (s. d.). Hiermit hängt die Einteilung des Dramaturgie in 3 oder 5 Akte zusammen. Auf dem Begriffe des dramat. Kampfes und dessen endlicher Lösuug beruhen die hauptsächlichsten Gat- tungsunterschiede der dramat. Kunst. Es giebt drei Gattungen: das Trauerspiel (Tragödie), das Lust- spiel (Komödie) und das Schauspiel oder Dramaturgie im engern Sinne.
Die Unterschiede entspringen aus der Verschiedenheit der Zwecke, welche die kämpfen- den Individuen verfechten. Der Held des Trauer- spiels ist ein Charakter, der einen ernsten, gediege- nen, ja einen erhabenen Zweck und Gebalt hat. Seine Schuld ist, daß er sich wider die Allgemein- heit auflehnt, und dies muß er büßen. Das Lust- spiel dagegen hat einen Helden, dessen Zweck schon in sich willkürlich, nichtig und verkehrt ist. Wir ge- winnen auch hier, indem der Held zuletzt zum Be- wußtsein seiner Thorheit kommt, das Gefühl von der siegreichen Macht der Vernunft und Wahrheit, l^o spiegeln erst Trauerspiel und Lustspiel zusam- men die ganze sittliche Welt ab, indem beide in ihren Motiven auf gleiche Weise von den tiefsten Geheimnissen der Mcnschenbrust ausgeben und die innere Notwendigkeit eines sittlichen Weltlaufs zu zweifelloser Anerkennung bringen.
Die dritte Gat- tung, das Schauspiel oder Dramaturgie im engern ^inne, führt ernste Konstitte zu einem versöhnenden Aus- gange. Es ist das Gewöhnliche bei den Indern, häufig bei den Spaniern. Aber indem es seinem Wesen nach von Haus aus auf eine einfache und friedliche Lösung hindrängt, stellt es häusig nur zu- fällige Gegensätze gegenüber. Der dramat. Konflikt bleibt dann ein äußerer: er bewegt sich nur in vor- übergehenden Irrungen und Mißverständnissen. Dadurch wird die Geschichte, die sich vor unseru Augen abspielt, eine persönliche ohne allgemeine Bedeutung, nicht ein Spiegelbild der Menschheit. Ein solches Schauspiel unterhält nur, erschüttert und erhebt nicht. In diesen Kreis fallen zumeist die sog. Konversations- und Salonstücke. Diese treten meist ganz und gar aus dem Gebiete echter Poesie heraus, obfchon sie für ein Repertoire, das alle Tage Neuigkeiten verlangt, ein Bedürfnis und not- wendiges Übel sind. Auch gehen heute die Gattun- gen vielfach ineinander über. -
Vgl. A. W. Schlegel, Vorlesungen über dramat. Kunst und Litteratur (3 Bde., Heidelb. 1809-11; 2. Aufl. 1817);
Hettner, Das moderne Dramaturgie (Vraunschw. 1852);
Freytag, Die Technik des Dramaturgie (Lpz. 1863; 6. Aufl. 1890);
Klein, Ge- schichte des Dramaturgie (Bd. 1-13, ebd. 1865-76);
Prölß, Geschichte des neuern Dramaturgie (3 Bde., ebd. 1880-83)- Klaar, Das moderne Dramaturgie (3 Tlc., Prag 1882-84)- Creizenach, Geschichte des neuern Dramaturgie «Halle 1893).
Drama, Hauptstadt des Sandfchaks Dramaturgie im türk. Wilajet Saloniki (Macedonien), östlich von Seres, hat 7500 meist türk. E., Baumwoll- und Tabakbau, Baumwollspinnerei und Tabakhandel. T. liegt an der Stelle des alten Drabeskos. Dramatik (grch.), dramat. Poesie;
auch Lehre vom Drama;
Dramatiker, Schauspieldichter;
dramatisch, auf das Drama bezüglich, in der Art des Drama, voll Leben und Handlung;
dra- matisieren, einen Stoff zum Drama verarbeiten.
Dramaturg (grch.), im engern Sinne der von einerTheaterleitilng angestellte Beamte, demdie Prü- fung der zur Aufführung eingereichten Stücke, die etwa erforderliche Einrichtung derselben sowie die Absassuug von Gelegenheitsgedichten, Prologen, Festspielen, eingelegten Coupletstrophen obliegt. Im weitern Sinne nennt man Dramaturgie die Verfasser theore- tischer Werke über das Drama und die dramat. Darstellung (s. Dramaturgie) und auch hervor- ragende Theaterkritiker, besonders solche, die ihre Besprechungen gesammelt herausgegeben haben.
Dramaturgie (grch.), eigentlich die Theorie der dramat. Poesie. Da aber diese mit der Kunst der dramat. Vorstellung eng zusammenhängt, so hat man das Wort Dramaturgie dann besonders auf die Theorie der Schauspielkunst (s. d.) angewendet. Wenn man unter Dramaturgie die Theorie des Dramas versteht, so ist die «Poetik» des Aristoteles die älteste Dramaturgie und alle ästhetischen und litterarhistor. Lehrbücher und Mo- nographien, die vom Drama handeln, gehören in diese Klasse. Soll aber Dramaturgie Drama und dramat. Darstellung zugleich umfassen, so war die erste Dramaturgie die Lessings, denn von den «Schildcreien der Koch- schen Bühne» kann nicht die Rede sein.
Was sich anLcssing anlehnte, wie Bode und Claudius («Dra- maturgisches Etwas», 1774),
Schink («Dramatur- gische Fragmente», 4. Bde., Graz 1781-84),
Fr. L. Schmidt («Dramaturgische Aphorismen», 2 Bde., Hamb. 1820-28) und Fr. Gl. Zimmcrmann («Dra- maturgische Blätter für Hamburg», 1. und 2. Jahrg. 1821-22, «Neue dramaturgische Blätter», 1. und 2. Jahrg. 1827-28, «Dramaturgie», 2 Bde., Hamb. 1840),
ist, mit Lessing verglichen, bedeutungslos, wenn auch manches einzelne bei ihnen, sowie in Iff- lands «Almanach für das Theater» (1807 fg.) und Schreyvogel-Wests «Dramaturgischen Aufsätzen», nicht ohne Wert ist. Eine neue Periode beginnt mit Bornes und Tiecks «Dramaturgischen Blättern». Ludwig Tieck schrieb in einer Zeit, in der dramat. Dichtung und Schauspielkunst bereits in Versall ge- rieten; doch in der Erinnerung an die großen Meister und Muster hob er die Feinheiten dramat. Dichtung und Schauspielkunst um so nachdrücklicher hervor. Vorne betonte besonders die Beziehungen des Thea- ters zur ganzen geistigen Bewegung der Zeit. Diesen beiden haben sich in neuerer Zeit Gutztow, Stahr («Oldenburgische Theaterschau», 2 Bde., Oldenb. 1845),
Rötschcr («Dramaturgische Skizzen und Kri- tiken», Verl. 1847) und Frenzcl («Berliner Dramaturgie», 2 Bde., Hannov. 1877) in würdiger Weise angeschlossen. Besonders ist aber auch in neuester Zeit viel sür die Theorie der dramat. Darstellung gethan worden. Nachdem hier namentlich I. I. Engel, dessen «Ideen zur Mimik» (Berl. 1785 u. ö.) bleibenden Wert behalten, und Thürnagel vorangegangen waren, faßte Nötfcher in «Die Kunst der dramat. Dar- stellung» (ebd. 1841) die ganze Theorie gründ- lich, dock in einer mehr für den gelehrten Drama- turgen als für den praktischen Schauspieler geeig- neten Weise zusammen. -
Vgl. Freytag, Technik des Dramas (6. Aufl., Lpz. 1890);
Bulthaupt, Dramaturgie der Klassiker (2 Bde., Oldenb. 1882; 5. Aufl.,