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abwärts für das preuß. Erbkaisertum erklärt; die Königreiche, Preußen [* 2] ausgenommen, entschieden dagegen. Schwarzenberg entwickelte dem König von Preußen sein Programm jetzt dahin (17. Jan.), daß die Regierungen das Parlament mit Gewalt niederdrücken und das Verfassungswerk in ihre Hand [* 3] nehmen müßten auf Grund eines die Kleinstaaten den Mittelstaaten unterordnenden Gruppensystems. Nun gelang es endlich dem Zureden der Minister und Bunsens, den König zur Zustimmung zu einer Cirkularnote vom zu bewegen, die die Regierungen aufforderte, zum Zwecke einer redlichen Verständigung ihre Erklärungen über die Verfassung vor deren zweiter Lesung abzugeben, um so dem Principienkampfe über Vereinbarung oder Nichtvereinbarung zu begegnen. Für sich selbst begehrte darin Preußen keine Machtvergrößerung, erklärte die Kaiserwürde nicht für nötig, sprach sich aber beifällig über den Plan aus, einen engern Bundesstaat aufzurichten. Österreich [* 4] dagegen erklärte sich 4. Febr. entschieden gegen den Bundesstaat und verwahrte sich aufs feierlichste gegen eine Unterordnung des österr. Kaisers unter die von irgend einem andern deutschen Fürsten gehandhabte Centralgewalt. Auch Bayern [* 5] gab eine Erklärung gegen den engern Bundesstaat (16. Febr.), während Preußen im Einverständnis mit fast allen Kleinstaaten eine Kollektiverklärung (23. Febr.) erließ, die das Wesentliche der Verfassung anerkannte, aber einzelne Abänderungen vorschlug, die teils den Zweck hatten, das Recht der Einzelstaaten schärfer zu begrenzen, teils die Reichsgewalt zu verstärken. Österreich schlug in einer Instruktion an Schmerling ein Direktorium von sieben Fürsten mit zwischen Österreich und Preußen wechselndem Reichsstatthalter an der Spitze und anstatt einer Volksvertretung eine Vertretung der einzelnen Regierungen und Kammern vor, innerhalb deren die österr. Mitglieder allein schon die Mehrheit besaßen; auch das Gruppensystem der 6 Kreise [* 6] unter je einem der Könige fehlte nicht.
Das führte nun zum Rückschläge in Frankfurt. [* 7] Welcker, der bis dahin Gegner des Bundesstaates ohne Österreich gewesen war, brachte, empört durch die 4. März aufgezwungene österr. Verfassung, die mit Nichtachtung Deutschlands [* 8] Österreich einheitlich konstituierte, 12. März den Antrag ein: die Verfassung in Bausch und Bogen [* 9] anzunehmen, die erbliche Kaiserwürde dem Könige von Preußen zu übertragen und diesen zum sofortigen Antritt der kaiserl. Gewalt einzuladen.
In der Sitzung vom 21. März wurde zwar der Welckersche Antrag mit 283 gegen 252 Stimmen verworfen; aber nachdem in der zweiten Lesung der Entwurf mannigfach im demokratischen Sinne verändert worden und dadurch ein Teil der Radikalen für das Erbkaisertum gewonnen war, wurde dies 27. März mit 267 gegen 263 Stimmen angenommen und 28. März, nachdem die Beratung der Verfassung in zweiter Lesung beendet war, mit 290 Stimmen Friedrich Wilhelm IV. zum Deutschen Kaiser gewählt; 248 Mitglieder hatten sich der Wahl enthalten. Eine große Deputation begab sich nach Berlin [* 10] und erhielt (3. April) vom König eine Antwort, die seinem wiederholt erklärten Grundsatze entsprach, nicht ohne das freie Einverständnis der Fürsten und Freien Städte einen Entschluß fassen zu können. Gegenüber seinen Ministern hatte der König tags zuvor erklärt, daß er die Annahme des Kaisertitels unter allen Umständen für unangemessen halte.
Als die Deputation der Nationalversammlung Bericht erstattete, zeigte sich, welche Kluft diese von dem Könige trennte. Während dieser das Recht der Regierungen betonte, das Verfassungswerk der Nationalversammlung zu revidieren, hielt letztere an dem Princip ihrer Souveränität fest und erklärte (11. April), an der Verfassung unverändert festzuhalten; zugleich wählte sie einen Ausschuß von 30 Mitgliedern, der die Maßregeln der Durchführung beraten sollte. Während im Volke die Agitation für die Verfassung vom 28. März lebhafter begann und einen der widerstrebenden Fürsten, den König von Württemberg, [* 11] zur Nachgiebigkeit zwang, erklärte Österreich die Sendung seiner Abgeordneten für beendet. Noch einmal versuchte das Reichsministerium durch die Sendung Beckeraths an den König von Preußen, ihn zur Annahme der Wahl zu bestimmen, indem es eine darauf folgende Revision der Verfassung in Aussicht stellte. Da die Mittelstaaten mit der erregten Stimmung der Bevölkerung [* 12] zu rechnen hatten, und Österreich durch Mißerfolge in Ungarn [* 13] in Bedrängnis geraten war, so schien der Augenblick günstig für Preußen. Aber der König entschied sich jetzt aus seinem innersten Herzen heraus. Eine Erklärung Preußens [* 14] vom 28. April lehnte die Reichsverfassung, wie sie war, unbedingt ab, und zugleich erging die Aufforderung an die Regierungen, Bevollmächtigte zu der Beratung über die Reichsverfassung nach Berlin zu senden.
In der Nationalversammlung gewannen jetzt die radikalen Elemente die Oberhand, namentlich seitdem (3. Mai) in Dresden, [* 15] in der Pfalz, am Niederrhein und in Baden [* 16] die Agitation für die Reichsverfassung in republikanische Schilderhebungen ausschlug. Am 10. Mai trat Gagern definitiv aus dem Reichsministerium. Der Reichsverweser wählte die neuen Minister Grävell, Detmold, [* 17] Merck, General Jochmus aus der äußersten Rechten: eine Kombination, die nur eine österr. Intrigue war und jedes Zusammengehen mit der Nationalversammlung ausschloß. Am 14. Mai rief Preußen seine Abgeordneten ab, ein Beschluß, den die Versammlung für ungesetzlich erklärte. Auch die Zurückgebliebenen von der gemäßigten Richtung erklärten 21. Mai zum größten Teil ihren Austritt; die übrigen folgten binnen wenig Tagen nach. Der Rest, aus Mitgliedern der Linken bestehend, beschloß 30. Mai nach Stuttgart [* 18] überzusiedeln, während Preußen den Aufstand in Dresden bewältigt hatte und sich in Bewegung setzte, gegen die Schilderhebung im Süden und Westen das Gleiche zu thun. In Stuttgart eröffnete das «Rumpfparlament» (103 Mitglieder) 6. Juni seine Sitzungen und wählte eine Reichsregentschaft (Raveaux, Vogt, Schüler, H. Simon, Becher); [* 19] aber schon 18. Juni ward es von dem württemb.
Ministerium mit Waffengewalt an der Fortsetzung seiner Beratungen gehindert. Eben jetzt fanden auch die Aufstände in der Pfalz und in Baden rasch ihr Ende. Nachdem die Versuche, die Nachbarländer hereinzuziehen, gescheitert waren, näherte sich der Pfalz vom Rhein her ein preuß. Heer von 35000 Mann, während eine aus kleinern Kontingenten gemischte Armee unter Peucker die bad.-hess. Grenze besetzt hielt und die Neckarlinie verteidigte. In wenigen Tagen war die Pfalz besetzt, und 21. Juni wurden die bad. Insurgenten bei Waghäusel, nach anfänglichen Erfolgen, geschlagen. Am 25. ward Karlsruhe [* 20] von den Preußen ¶
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besetzt, 14 Tage später das ganze Land occupiert bis auf die Festung [* 22] Rastatt, [* 23] die 23. Juli kapitulierte.
Als nach der Niederwerfung der republikanischen Partei Preußen den Regierungen die Hand bot, auf der Grundlage der zu revidierenden Frankfurter Verfassung den engern Bundesstaat zu errichten, wagten wenigstens Sachsen [* 24] und Hannover [* 25] nicht, sie auszuschlagen. Sie einigten sich mit Preußen 26. Mai, dem deutschen Volke eine Verfassung zu gewähren und deren Entwurf «einer zu diesem Zwecke berufenen Reichsversammlung vorzulegen». Dieser Entwurf schloß sich in den Grundzügen an die Frankfurter Verfassung an, nur waren in den Grundrechten sowohl als in den Befugnissen der Reichsgewalt und in der Wahlordnung die demokratischen Bestimmungen durch konservative ersetzt, der Kaiser in einen Reichsvorstand umgewandelt und diesem ein Fürstenkollegium an die Seite gestellt.
Die in Gotha [* 26] (26. bis 29. Juni) zusammengetretenen Mitglieder der erbkaiserl. Partei des Parlaments beschlossen, die dargebotene Verfassung anzuerkennen. Die militär. Stellung, die Preußen damals einnahm, die Bedrängnis Österreichs, das zur Bewältigung des ungar. Aufstandes die Russen zu Hilfe rief, die Isolierung der Mittelstaaten und die Bereitwilligkeit der kleinern versprach dem preuß. Einigungsversuche Erfolg, wenn die Lage rasch und nachdrücklich benutzt ward. Geschah dies nicht, so war auch auf Sachsen und Hannover kein Verlaß.
Von dem Maße der zu erwartenden Energie gab freilich der Verlauf der schlesw.-holstein. Sache eine bedenkliche Probe. Die Friedensverhandlungen während des Winters auf der Basis der selbständigen Konstituierung Schleswigs hatten noch zu keinem Ergebnis geführt, und im Frühjahr benutzte Dänemark [* 27] die durch die Haltung Rußlands, Frankreichs und Österreichs ihm günstige diplomat. Lage, um den Malmöer Waffenstillstand zu kündigen. Der Krieg begann wieder.
Die Reichsgewalt hatte eine ansehnliche Macht abgesandt, und die Anfänge waren günstig. (S. Deutsch-Dänischer Krieg von 1848 bis 1850.) Dann traten ähnliche diplomat. Lähmungen ein wie im Jahre zuvor. Doch drang man allmählich in Jütland ein, schlug die Dänen bei Gudsöe und begann Fredericia zu belagern. Aber die Diplomatie begleitete überall die Bewegungen der Armee. Während die neuen Unterhandlungen dem Abschluß nahe waren, überfielen die Dänen mit Übermacht das Belagerungsheer bei Fredericia und brachten ihm (6. Juli) empfindliche Verluste bei. Am 10. Juli schloß Preußen, von Rußland und England gedrängt, zu Berlin einen Waffenstillstand mit Dänemark auf 6 Monate, wonach eine Demarkationslinie gezogen, Jütland geräumt, die Blockade der Häfen aufgehoben, Schleswig [* 28] von 6000 Preußen und 2000 Schweden [* 29] besetzt und durch eine Landesverwaltung regiert werden sollte.
In seinen Bemühungen für die Erweiterung des Bündnisses vom 26. Mai war Preußen nicht glücklicher, besonders seit Österreich Frieden mit Sardinien [* 30] geschlossen und mit Görgeis Kapitulation bei Világos (13. Aug.) den Widerstand Ungarns gebrochen hatte. Da die Voraussetzungen weggefallen waren, die die Reichsverweserschaft und das Reichsministerium ins Leben gerufen, so schlossen Österreich und Preußen (30. Sept.) einen Vertrag über ein sog. Interim, wonach bis zur definitiven Ordnung «der deutschen Frage eine gemeinschaftliche Kommission die Verwaltung der Bundesangelegenheiten übernehmen sollte. Für Preußens Absichten verhängnisvoll war, daß hierbei in gewissem Sinne die Gültigkeit des alten Bundesrechts wieder anerkannt wurde. Am 20. Dez. trat diese Kommission in Thätigkeit; verließ der Reichsverweser Frankfurt. Die veränderte Situation gab sich deutlich in der Entwicklung des preuß. Bundesstaatsprojekts kund. Hannover und Sachsen beriefen sich auf einen beim Abschluß des Vertrags gemachten Vorbehalt und wollten, bevor nicht alle Staaten außer Österreich beigetreten seien, keine weitern Schritte unternommen wissen. Als gleichwohl (Okt. 1849) die Einleitungen zu einem zu berufenden Reichstag in Erwägung gezogen wurden, traten die beiden Mitglieder des Dreikönigsbundes dem entschieden entgegen, und als man die Wahlen wirklich anordnete, enthielten sie sich der Teilnahme. Ihre Opposition fand an den Verwahrungen Österreichs eine wirksame Ermutigung. Am sollte das Parlament der "Union», wie der künftige Bundesstaat in der Additionalakte genannt ward, in Erfurt [* 31] zusammentreten.
Bevor das Unionsparlament zusammenkam, hatten Bayern, Württemberg und Sachsen in München [* 32] 27. Febr. einen Vertrag abgeschlossen, der, wesentlich im Einklang mit Österreichs Wünschen, eine Direktorialregierung und eine aus den Landständen aller deutschen Staaten gebildete Nationalvertretung mit beschränkten Befugnissen verhieß. Die Mehrheit des in Erfurt versammelten Parlaments bestand teils aus den Anhängern des Bundesstaates, die zu Gotha getagt hatten, teils war sie durch eine Anzahl konservativer preuß. Mitglieder gebildet, die dem Bundesstaate geneigt waren und an deren Spitze Bodelschwingh stand.
Das Parlament nahm (das Volkshaus am 13., das Staatenhaus am 17. April) die Verfassung im ganzen an und schritt dann zu einer kurzen Revision. Nachdem die Versammlung (29. April) geschlossen war, berief der König von Preußen die Mitglieder des Bundes zu einem Kongreß nach Berlin, der fruchtlos verlief. Man erklärte zwar die Union als zu Recht bestehend, allein im übrigen stockte die Unionssache, während die Gegner sich zum Angriff rüsteten. Sachsen und Hannover waren bereits ausgeschieden, beide Hessen [* 33] unsicher geworden, während Österreich eine offensivere Haltung annahm, die Suspendierung der Union verlangte, 26. April auf Grund der Bundesverfassung Vertreter der Regierungen nach Frankfurt berief und schließlich offen heraus in einem Rundschreiben vom 14. Aug. sämtliche frühern Bundestagsmitglieder einlud, auf den 1. Sept. den Bundestag wieder zu beschicken. Der König von Preußen war durch dieses einseitige und formell sehr anfechtbare Vorgehen schwer gekränkt, aber er stand fast ganz allein: viele Unionsfürsten folgten dem Rufe Österreichs, und Kaiser Nikolaus von Rußland sprach sich bei einer Zusammenkunft, die Ende Mai 1850 der Prinz von Preußen und Fürst Schwarzenberg mit ihm in Warschau [* 34] hatten, für die Rückkehr zum alten Bundestage aus, die seinem reaktionären System und den russ. Interessen weit mehr entsprach als ein unter Preußens Führung geeinigtes Norddeutschland mit konstitutioneller Verfassung. Die Lockung Napoleons, gegen Abtretung deutschen Gebietes Preußen zu unterstützen, wurde mit Entschiedenheit abgewiesen.
Unterdessen hatten sich die deutschen Angelegenheiten durch die schlesw.-holstein. Sache und durch ¶