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zum Kampf gegeneinander fortriß. Aber eben dieser Sohn Heinrich V. hat, sobald er in den Besitz der Krone (1106-25) gekommen war, des Vaters Kampf gegen das Papsttum wieder aufgenommen. Er bot dem Papste den Ausgleich an, daß er auf die Investitur der Bischöfe verzichten wolle, wenn diese die Regalien, d. h. die ihnen übergebenen königl. Rechte, dem Könige zurückgeben würden. Der Papst ging darauf ein, aber die Bischöfe fügten sich nicht, und in dem neu ausbrechenden Kampfe siegten die Großen und zwangen den König, mit dem Papste das Wormser Konkordat (s. d.) zu schließen (1122), das dem Könige nur einen Teil der alten Investiturgewalt beließ.
Die Bischöfe sollten frei gewählt aber nicht eher geweiht werden, ehe sie nicht vom Könige mit den Hoheitsrechten beliehen waren. Die folgenden Könige, wie Lothar II. (1125-37), durch dessen Verbindung mit dem welf. Hause der Kampf zwischen diesen und den Hohenstaufen eingeleitet wurde, und besonders die Staufer, haben dann namentlich durch Stärkung ihrer Hausmacht und die Ausnutzung und Steigerung ihrer Rechte in Italien [* 2] (sie stützten sich dabei auch auf das röm. Recht, weil sie sich als Nachfolger der röm. Kaiser ansahen) noch eine bedeutende Macht zu entfalten gewußt, und besonders war Friedrich I. (1152-90) unstreitig der mächtigste und glänzendste Fürst der Christenheit.
Zunächst gelang es ihm seine Stellung in Deutschland [* 3] zu befestigen, indem er das mächtige Geschlecht der Welfen und ihren gewaltthätigen Vertreter, den jungen Heinrich den Löwen, [* 4] versöhnte, dessen Widerstand die Regierung seines Vorgängers Konrad III. (1138-52) gelähmt hatte, und in Italien unterstützte er den Papst gegen aufrührerische Bewegungen (Arnold von Brescia). Er ließ sich in Rom [* 5] krönen (1155), steigerte aber den Übermut des Papstes durch vielfache Nachgiebigkeiten, durch die er den Frieden mit der Kurie zu sichern glaubte, sodaß der Papst durch seinen Legaten auf dem Reichstag zu Besançon [* 6] 1157 die Kaiserkrone als ein Beneficium, ein Lehen des Papstes zu bezeichnen wagte.
Dem gegenüber erhob Friedrich, unterstützt von einem Kreise [* 7] bedeutender Männer, unter denen der gewaltige Reichskanzler Rainald von Dassel als der leitende Führer hervorragte, den kräftigsten Protest, und wenn es auch zunächst gelang, den Zwist beizulegen, so mußte er doch bald wieder ausbrechen. Die Kurie, die im Investiturstreit die kaiserl. Oberleitung abgeschüttelt hatte, wollte alle weltliche Gewalt unter ihre Füße treten, in Bildwerken, mit dreisten Auslegungen von Schriftstellen und mit falschen Urkunden verkündete und begründete sie ihre maßlosen Ansprüche.
Nun hatte die Welt aber eben in dem jammervollen Verlauf des von dieser Partei in Scene gesetzten Kreuzzugs eine ernste Mahnung empfangen, wie verhängnisvoll diese priesterliche Einmischung sei, und zugleich kam ihr aus dem neuerwachten Studium des röm. Rechts ein frischer Hauch staatlichen Lebens, kräftige Nahrung für die Vorstellung von dem selbständigen Werte und der unveräußerlichen Hoheit des Staates. Der Kampf brach aus, als in Rom 1159 beim Tode Papst Hadrians eine Doppelwahl stattfand und Friedrich das kaiserl. Recht in Anspruch nahm, mit einem Konzil die Wahl zu prüfen und die Welt vor einem Schisma zu schützen.
Der von Friedrich verworfene Papst Alexander fand bei den Gegnern und Rivalen des Kaisers Unterstützung, und es begann nun ein 17jähriger Kampf, der namentlich dadurch für Friedrich schwer und endlich verhängnisvoll wurde, daß die lombard. Städte gegen ihn kämpften, da er von ihnen bedeutend erhöhte Abgaben und Leistungen forderte. Friedrich hat in diesem Kampfe zahlreiche und große Erfolge gesehen, hat das stolze Mailand [* 8] 1162 zerstört und stand 1167 im Begriff auch Rom einzunehmen.
Aber als nun eine Pest sein Heer aufrieb, da vereinigten sich die lombard. Städte wieder zu einem Bunde, den Friedrich auch in dem neuen Feldzuge von 1174 bis 1176 nicht zu überwinden vermochte. Verlassen von Heinrich dem Löwen wurde er von den Lombarden bei Legnano geschlagen. Er erhob sich aber schnell aus dieser Not, indem er 1177 mit Papst Alexander III. den Frieden von Venedig [* 9] schloß und nun Heinrich den Löwen niederwarf. Friedrich sah, daß ihm die Herrschaft in Deutschland aus der Hand [* 10] zu schwinden drohte, während er in Italien die kaiserl. Ansprüche verfolgte, aber er sicherte diese Grundlage seiner Macht mit glücklichem Erfolge und behauptete auch bis an sein Ende der Kurie gegenüber eine starke und selbstbewußte Stellung. In einem neuen Konflikt mit Rom, der über die Besetzung des Bistums Trier [* 11] und über die Heirat seines Sohnes ausbrach, setzte Friedrich seinen Willen durch. Er erschien der Welt in Wahrheit als das ritterliche Haupt der Christenheit.
Der Kreuzzug, den er als Greis unternahm, erhob diese seine Bedeutung in das hellste Licht, [* 12] und sein Tod im Morgenlande fügte ihm noch den Glanz eines Glaubenshelden hinzu. Sein Sohn Heinrich VI. (1190-97) gewann durch seine Gemahlin Konstanze das Königreich Sicilien, richtete hier eine straffe königl. Gewalt auf und versuchte zugleich das deutsche Königtum in seiner Familie erblich zu machen und von den Schwierigkeiten und Verpflichtungen zu befreien, die ihm aus der Wahl erwuchsen.
Wenn die Fürsten bis dahin auch regelmäßig den Sohn des Königs zum Nachfolger wählten, falls ein solcher vorhanden war, so war doch während des Investiturstreites das freie Wahlrecht der Fürsten grundsätzlich betont worden. Als Heinrich VI. aber in der Blüte [* 13] der Jahre starb (1197), folgte eine Doppelwahl, und der Streit der Gegenkönige, Philipps von Schwaben und Ottos IV., darauf Ottos IV. und Friedrichs II., wurde von den Päpsten und den Fürsten benutzt, um das Königtum und Kaisertum in schmähliche Abhängigkeit zu bringen.
Mit genialer Kraft [* 14] hat Friedrich II. (1215-50), der jedoch seine Hauptstütze in dem Königreich Sicilien suchte, diese Fesseln zerbrochen; aber die Unterstützung, welche der Papst in Frankreich, bei den oberital. Städten und verschiedenen deutschen Fürsten fand, ließen es nicht ganz gelingen. Friedrich II. ist von der Kirche als ein Sohn der Finsternis verflucht worden, aber es ist kein Zweifel, daß er eifrig bemüht gewesen ist, mit Rom in Frieden zu leben, und daß die kirchlichen Gründe, mit denen der Papst namentlich den Bannfluch von 1245 auf dem Konzil von Lyon [* 15] rechtfertigte, Vorwände waren, daß der Papst jedes Rechts entbehrende polit.
Forderungen gestellt hatte und den Kaiser bannte, weil er diese maßlosen Forderungen nicht bewilligen konnte. Friedrich II. ist gegen das Ende seines Lebens von schweren Unglücksfällen betroffen worden, aber seine Machtstellung in Italien war noch immer bedeutend und die Aussicht auf Sieg nicht verloren, als er plötzlich 1250 starb. Aber während er in Italien kämpfte, gingen dem Königtum die wesentlichsten Hilfsmittel in Deutschland verloren. In ¶
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seinem Königreich Sicilien hatte Friedrich eine feste monarchische Ordnung und eine geregelte Verwaltung aufgerichtet, er vollzog hier den Bruch mit dem mittelalterlichen Lehnsstaat und legte die Grundlagen eines modernen Beamtenstaates. Deutschland aber hat von dieser seiner Regierungskunst wenig erfahren. Seine Kraft war in Italien gebunden, und vollends mit seinem Tode geriet das deutsche Königtum in einen Verfall, der die Einheit der Nation bedroht haben würde, wenn diese nicht bereits sehr gefestigt gewesen wäre.
Aber der Schwerpunkt [* 17] der deutschen Geschichte lag fortan nicht in dem Könige, sondern in den Territorien und Städten, die in der folgenden Periode immer selbständiger wurden. Die innere Entwicklung Deutschlands [* 18] in diesem ersten Abschnitt zeigt die Ausbildung von zwei neuen Ständen, dem Bürger- und dem Ritterstande, welche beide einen nicht unbedeutenden Teil der in wirtschaftliche und in rechtliche Abhängigkeit niedergetretenen Bevölkerung [* 19] zu wirtschaftlich und politisch kräftigen Gliedern der Gesellschaft erhoben.
Über den Ursprung der Städte ist vielfach gestritten worden, aber mit Sicherheit lässt sich erkennen, daß es Städte im Rechtssinn vor dem J. 900 nicht gab und daß um 1100 der Begriff so bekannt war, daß Stadtrecht von einem Orte auf einen andern übertragen werden konnte. Vielfach bildete eine Dorfgemeinde die Grundlage, die Entwicklung des Handels und der Gewerbe, die Anlage von Befestigungen und ähnliche Faktoren haben dann rechtliche Bedürfnisse erzeugt, denen durch neue Einrichtungen und Ordnungen entsprochen werden mußte, und die Summe dieser Ordnungen bildete den Begriff des Stadtrechts, erhob die Ortsgemeinde zu einer Stadtgemeinde, die sich von der Dorfgemeinde regelmäßig durch größere Leistungsfähigkeit, reichere Gliederung und mannigfaltige Privilegien namentlich bezüglich des Gerichtswesens unterschied.
Wenn auch viele Stadtbewohner noch lange Zeit geistlichen und weltlichen Herren mancherlei Lasten und Leistungen schuldeten, so wurde doch im allgemeinen der Druck der Hörigkeit in den Städten erleichtert oder beseitigt, es entwickelte sich der Satz, daß die Luft in den Städten frei macht. Die Städte waren stolze Gemeinden, die ihre Angelegenheiten mit großer Selbständigkeit ordneten und ihre Rechte mit starker Hand verteidigten, ein bedeutsamer Ersatz für den im Lauf des Mittelalters großenteils untergegangenen freien Bauernstand.
Nach einer andern Seite bot dafür der Ritterstand Ersatz. Er entwickelte sich, als namentlich seit dem 10. Jahrh. die Heere mehr und mehr ausschließlich aus den berittenen Scharen schwerbewaffneter Knechte gebildet wurden, welche die Großen auf ihren ausgedehnten Besitzungen unterhielten. Die Ritter (s. Ritterwesen) waren der Masse nach rechtlich unfrei; allein der Gegensatz von frei und unfrei trat zurück vor dem gesellschaftlich maßgebendern «waffenberechtigt» und «nicht waffenberechtigt».
Die Ritter bildeten einen durch besondere Formen und Rechte ausgezeichneten und seit Friedrich I. durch die Forderung der Ritterbürtigkeit geschlossenen Stand, zu dem auch die Fürsten und Herren zählten. Das hob den Ritter über die Masse der Freien hinweg, welche diesem Stande nicht angehörten. Die Bürger wurden reich und mächtig durch sorgsame Pflege von Handwerk und Handel, durch Befestigung und tapfere Verteidigung ihrer Städte, durch Ausbildung des Rechts und durch mannigfaltige Bündnisse, unter denen der Rheinische Städtebund und noch mehr die Hansa durch Einfluß und Macht hervorragten.
Die Städte erfüllten hier noch mehr als die fürstl. Verwaltungen diejenigen Aufgaben, welche die Kaiser nicht erfüllen konnten, weil sie durch die Kämpfe mit dem Papste und den Großen gelähmt waren; ihre größte polit. Bedeutung fiel zwischen 1250 und 1400. Das 12. und 13. Jahrh. sah ferner eine kräftige Pflege der Kunst und der geistigen Interessen. Neben der Fortbildung des Rechts ist da an die mittelalterliche Poesie, die höfische, die Volksdichtung und die politisch wie gesellschaftlich wichtige Vagantenpoesie und an die Baukunst [* 20] zu erinnern.
3) Von 1273-1519. Von 1254 bis 1273, i. vom Tode des letzten Staufers Konrads IV. bis zur Wahl Rudolfs von Habsburg, hatte Deutschland thatsächlich keinen gemeinsamen König, sondern nur einige Prätendenten, die von Parteien erhoben waren und meist nur von denen anerkannt wurden, denen sie königl. Rechte verkauften oder schenkten. Wilhelm von Holland, der nach Konrads IV. Tode allgemeinere Anerkennung gefunden hatte und sich namentlich um die Stellung der Städte im Reich Verdienste erwarb, fiel im Jan. 1256 in einem Kampfe gegen die Friesen, und es teilten sich nun die Fürsten in zwei Parteien, von denen 1257 die eine Richard von Cornwallis, den Bruder König Heinrichs III. von England und also auch der letzten Gemahlin Kaiser Friedrichs II., Isabella von England, die andere den König Alfons von Castilien, der durch seine Mutter Beatrix der Enkel König Philipps von Schwaben war, wählte.
Man blieb so auch jetzt dem Scheine nach dem staufischen Hause getreu, aber diese Doppelwahl machte es gar völlig unmöglich, daß etwas Ersprießliches hätte geleistet werden können. In dieser Zeit ging dem Reiche das ihm durch das staufische Geschlecht verbundene Königreich Sicilien an den Söldnerführer Karl von Anjou verloren, der im Dienst des Papstes Kaiser Friedrichs II. Sohn Manfred 1266 bei Benevent und den Enkel Konradin bei Tagliacozzo schlug und letztern in Neapel [* 21] hinrichten ließ.
Aber dieser Karl von Anjou ward nun der Tyrann der Päpste; Rom stürzte in die Grube nach, die es den Staufern gegraben. Vom Nov. 1268 bis zum Sept. 1271 konnte nicht einmal eine Papstwahl zu stande kommen. In Rom empfand man deshalb ein dringendes Bedürfnis nach Erneuerung des Kaisertums und unterstützte die Bemühungen, die, erleichtert durch den Tod Richards von Cornwallis 1273 zu der Wahl Rudolfs von Habsburg führten. Rudolf war nicht ohne Macht, aber weit überlegen war ihm König Ottokar von Böhmen, [* 22] der sich auch die österr.
Lande anzueignen verstanden hatte, die durch den Tod des letzten Babenbergers 1246 dem Reiche heimgefallen waren. Rudolf zwang Ottokar durch zwei Feldzüge 1276 und 1278, und da Ottokar in der Schlacht bei Dürnkrut (Marchfeld) gefallen war, so erreichte Rudolf, daß er zwei seiner Söhne mit Österreich, [* 23] Steiermark, [* 24] Kärnten, Krain [* 25] und der Windischen Mark belehnen konnte. Es war dies der Anfang der glücklichen Erwerbungen des Hauses Habsburg und für Rudolf die Grundlage seines königl. Regiments. Aber seine Erfolge erschreckten die Fürsten, und um dies Wiederaufleben einer wirklichen Königsmacht im Keime zu ersticken, wählten sie bei Rudolfs Tode nicht seinen zum Könige in hervorragender Weise geeigneten Sohn Albrecht, sondern den ¶