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Engern an das askan. oder anhalt. Haus (Sachsen-Lauenburg), und endlich wurde 1235) auch das Hausgut der Welfen (Braunschweig [* 2] und Lüneburg) [* 3] zu einem Herzogtume gemacht. Neben diesen neuen Herzögen gab es hier noch die geistlichen Fürstentümer von Münster, [* 4] Paderborn, [* 5] Minden, [* 6] Osnabrück, [* 7] Bremen, [* 8] Verden, [* 9] Hildesheim [* 10] und Halberstadt, [* 11] zahlreiche Grafschaften (z. B. Mark, Mecklenburg, [* 12] Oldenburg, [* 13] Holstein, Anhalt) [* 14] und die großen vom Herzogtum ganz abgelösten Marken an der Elbe (s. oben), welche ebenso wie Thüringen vielfach von fremden Gebieten durchsetzt waren, so von den Gebieten der Erzbischöfe von Mainz [* 15] und Magdeburg, [* 16] der Bischöfe von Merseburg, [* 17] Naumburg [* 18] und Meißen, [* 19] der Grafen von Mansfeld, Orlamünde, Schwarzburg [* 20] u. s. w. Franken hat seit dem Tode des hohenstaufischen Herzogs Konrad von Rotenburg (1196), Schwaben seit Konradin (1268) keinen Herzog gehabt.
Die Bischöfe in beiden Ländern, der Erzbischof von Mainz, die Bischöfe von Würzburg, [* 21] Bamberg, [* 22] Worms, [* 23] Speier, [* 24] Straßburg, [* 25] Basel [* 26] und Konstanz [* 27] waren stets reichsunmittelbar gewesen, ebenso der rhein. Pfalzgraf mit seinem vom Neckar bis an den untern Rhein verzweigten Besitz; jetzt wurden es auch die früher unter den Herzögen stehenden Abteien Fulda, [* 28] Hersfeld [* 29] u. a., der Landgraf von Hessen [* 30] (1265 von Thüringen abgetrennt), die Grafen von Hohenlohe und Henneberg, der Burggraf von Nürnberg [* 31] (Ansbach-Bayreuth) und in Schwaben der Abt von St. Gallen, die Grafen von Kiburg und Lenzburg, die von den auch die Landgrafschaft im Elsaß besitzenden Habsburgern beerbt wurden, die Grafen von Freiburg, [* 32] Urach, Württemberg, [* 33] die Herzöge von Teck, die Markgrafen von Baden [* 34] u. s. w. Dazu kamen gerade in diesen beiden früher staufischen Herzogtümern zahlreiche Reichsstädte, Reichsdörfer, Stifter und kleine weltliche Dynasten. Am meisten bewahrte noch Bayern [* 35] seinen ursprünglichen Charakter.
Allerdings gab es auch hier neben dem Herzoge mächtige geistliche Fürsten (Salzburg, [* 36] Passau, [* 37] Regensburg, [* 38] Eichstätt, [* 39] Freising, [* 40] Brixen, Trient, [* 41] Aquileja), und es waren auch hier die Marken zu selbständigen weltlichen Fürstentümern erwachsen. Die alte, von Karl d. Gr. gegründete und aus dem Ungarnsturme des 10. Jahrh. wiedererstandene Ostmark war seit 1156 ein Herzogtum unter den Babenbergern, die 1196 auch die steirische Mark erbten; in Kärnten herrschten die Ortenburger als Herzöge, in Krain [* 42] und Südtirol die mächtigen Grafen von Görz. [* 43]
Aber das eigentliche
Bayern war auch bei dem Übergange dieses Herzogtums von den
Welfen auf die Wittelsbacher
nicht zersplittert worden, ja durch die letztern noch fester geeint, da sie die
Güter zahlreicher aussterbender Grafengeschlechter
für sich einziehen konnten. Die Zahl der Herrschaften
Deutschlands
[* 44] in einem bestimmten Augenblick ist nicht sicher anzugeben,
da diese Zahl, seitdem die
Vererbung auch der Reichslehen
zugelassen war, durch Erlöschen einzelner Familien,
Heirat u. s. w. fortwährend sich veränderte. Um 1180 gewann der
Begriff «Fürst» (princeps) eine strengere Bedeutung, und
es wurden von den weltlichen
Großen nur 16 dazu gerechnet, darunter nur ein
Graf.
Die andern hießen Magnaten oder Dynasten. Das Fürstentum war fortan kein Amtsbezirk mehr, sondern setzte sich aus einer Reihe von verschiedenen Rechten (Jurisdiktion, Heerbannrecht u. s. w.) und Besitzungen zusammen, die seine Vertreter teils unmittelbar vom Reiche, teils von andern, besonders geistlichen Fürsten zu Lehen trugen, in Pfandschaft oder zu eigen besaßen u. s. w., sodaß ein Fürst mit geringerm Titel vielfach mächtiger sein konnte als ein anderer mit höherm.
Die Gebietsteile lagen meist verzettelt, aber die Fürsten bemühten sich, die Lücken in ihren Gebieten durch neue Erwerbungen auszufüllen und so geschlossene Territorien herzustellen, über welche sich allmählich die Gesamtheit ihrer Rechte gleichmäßig ausdehnte. Die Reichsgesetzgebung besonders unter Friedrich II. und seinem Sohne Heinrich VII. war dieser Ausbildung von Territorialherrschaften besonders günstig und die Anarchie des Interregnums förderte sie noch mehr.
Während bis dahin alle Reichsfürsten bei der Wahl des Königs mitwirkten, traten jetzt einige als ausschließlich berechtigt auf und wurden daher Kurfürsten (electores) genannt. Die Entstehung dieses Vorrechts ist zweifelhaft. Im «Sachsenspiegel» werden sie zuerst genannt; bei der Wahl Rudolfs von Habsburg (1273) ist das Kollegium schon vollkommen ausgebildet; Kurfürsten waren die Erzbischöfe von Mainz, Trier [* 45] und Köln, [* 46] der Pfalzgraf am Rhein, der König von Böhmen, [* 47] der Herzog von Sachsen [* 48] und der Markgraf von Brandenburg, [* 49] und diese wurden in ihren Würden und Rechten durch die Goldene Bulle Karls IV. (1356) bestätigt und gehoben, indem zugleich die Unteilbarkeit der Kurfürstentümer verfügt wurde.
In den übrigen Territorien machte die Zersplitterung um so größere Fortschritte, sodaß bei der Masse der kleinen und kleinsten Stände im 15. Jahrh. es geradezu unmöglich wurde, das Ganze zu überblicken und den einzelnen zu den Leistungen für das Reich, Heerdienst und Steuer, heranzuziehen. Man hat deshalb nach frühern erfolglosen Versuchen unter Maximilian I. 1500 und vollständiger 1512 eine Verteilung der Reichsstände in (1500 sechs, 1512 zehn) Kreise [* 50] vorgenommen: Franken, Schwaben, Bayern, Oberrhein (Worms), Niedersachsen, Kurrhein (Mainz, Trier, Köln, Pfalz), Obersachsen mit den Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, den Westfälischen oder Niederrheinischen (Niederländischen) Kreis, [* 51] endlich Österreich [* 52] und Burgund. Das böhm. Königreich mit seinem Zubehör in Mähren und Schlesien [* 53] blieb außer Ansatz. Was das Reich bedurfte, wurde nun durch die Kreise auf die Mitglieder umgelegt und erhoben, kam aber trotzdem meist nur langsam und unvollständig zusammen.
Aber diese Kreisordnung konnte die Einheit nicht ersetzen, und so verlor Deutschland [* 54] seit dem 15. Jahrh. an seine erstarkenden Nachbarn immerfort Land. So mußte der Deutsche [* 55] Orden [* 56] in Preußen [* 57] 1466 Westpreußen [* 58] und Ermeland an Polen abtreten; für den Rest wurde der Hochmeister Albrecht von Brandenburg 1525, als er sich in einen weltlichen Herzog verwandelte, Vasall von Polen; seit 1561 gingen auch die livländ. Provinzen an Polen, Russen und Schweden [* 59] verloren. Der Zusammenhang der schweiz. Eidgenossenschaft mit Deutschland war schon 1499 durch den Frieden von Basel thatsächlich gelöst.
Philipp II. als Erbe Kaiser Karls V. verband die Freigrafschaft Burgund und die Niederlande [* 60] mit der Krone Spanien, [* 61] und Frankreich behielt im Waffenstillstande zu Vaucelles (bei Cambrai) 1556 die 1552 Karl V. entrissenen Bistümer Metz, [* 62] Toul [* 63] und Verdun. [* 64] Der Dreißigjährige Krieg brachte den Franzosen den größten Teil des Elsaß, den Schweden das Herzogtum Bremen (ohne die Stadt), das Fürstentum Verden, Wismar, [* 65] Rügen, Vorpommern und Stettin, [* 66] welche Länder allerdings im ¶
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Reichsverbande blieben. Für diese Abtretungen wurden die betroffenen Fürsten durch Einziehung geistlicher Fürstentümer (Säkularisation) entschädigt, sodaß der Besitzstand nach außen und im Innern sich 1648 bedeutend veränderte. Die Eroberungskriege und Réunionskammern Ludwigs XIV. (Straßburg 1681) haben weiter die Grenze im W. beeinträchtigt, Lothringen mehr und mehr umspannt, bis es 1735 und 1738 ganz an Frankreich abgetreten wurde. Das einzige, was in dieser Zeit zwar nicht für das Deutsche Reich, aber doch für das Deutschtum zurückgewonnen wurde, war das Herzogtum Preußen, das 1660 durch den Großen Kurfürsten von Brandenburg von der poln. Hoheit befreit wurde. Der Nordische Krieg brachte ebenfalls Stettin an Brandenburg und Bremen-Verden an Braunschweig-Lüneburg (Hannover), [* 69] das 1708 die Kurfürstenwürde erworben hatte.
Die Verbindung deutscher Fürstentümer mit auswärtigen Kronen [* 70] (Österreichs mit Ungarn, [* 71] Sachsens mit Polen, Hannovers mit England) machte im 18. Jahrh. das Reich zum Tummelplatz europ. Politik und Kriege; doch fanden keine bedeutenden Veränderungen des Territorialbestandes statt, außer daß Schlesien 1742 durch Friedrich d. Gr. an Preußen gebracht und Bayern 1777 nach dem Aussterben des dortigen wittelsbachischen Zweige mit der Pfalz vereinigt wurde. Aber der Organismus des Reichs erstarrte immer mehr; war es seit dem Dreißigjährigen Kriege nur noch ein lockerer Bund unter einem gewählten Haupte, so hatte das letztere als solches wenig zu bedeuten, während die Vielheit der Bundesglieder auch den Reichstag (seit 1663 eine permanente, lediglich von Gesandten, die an ihre Instruktion gebunden waren, besuchte Versammlung zu Regensburg) zur Ohnmacht verdammte.
Das Kurfürstenkollegium zählte 8 (9), das Kollegium der Fürsten und Herren 100 Stimmen (35 [33] der geistlichen, 59 [61] der weltlichen Fürsten, 2 der geistlichen Stifter, 4 der Grafen und Herren aus der Wetterau, Franken, Schwaben und Westfalen); [* 72] ein drittes Kollegium waren die Reichsstädte, deren es 1792 noch 51 gab. Ohne Vertretung waren die sehr zahlreichen Reichsritter und die Reichsdörfer (zuletzt noch 5). Insgesamt mochten etwa 1800 Reichsunmittelbare vorhanden sein, ärmliche Edelleute neben Großmächten wie Österreich und Preußen.
Dieser überlebte Organismus konnte sich, sobald die Großmächte ihre eigenen berechtigten Interessen walten ließen, nicht halten und brach bei dem Kriege, zu dem die Französische Revolution 1792 führte, zusammen. Nachdem Preußen 1795 zu Basel, Österreich 1797 zu Campo-Formio sich mit Frankreich abgefunden, behielt dieses im Frieden zu Lunéville 1801 alles Land (1150 Quadratmeilen mit 3200000 E.) auf dem linken Ufer des Rheins, der so zum erstenmal seit der Römerzeit wieder Grenze wurde.
In dem immer noch sehr beträchtlichen Reste (etwa 11000 Quadratmeilen mit etwa 26 Mill. E.) wurde dann unter dem doppelten Drucke von Frankreich und Österreich durch den Reichsdeputationshauptschluß vom gründlich aufgeräumt, um die Mittel zur Entschädigung für die verlierenden deutschen und außerdeutschen Fürsten zu beschaffen. Die geistlichen Fürsten wurden bis auf den Erzbischof von Mainz und den Deutschordensmeister in Mergentheim, [* 73] die Reichsstädte bis auf Lübeck, [* 74] Hamburg, [* 75] Bremen, Frankfurt, [* 76] Nürnberg und Augsburg, [* 77] die freien Herren und Ritter zum großen Teil, die Reichsdörfer ganz aufgehoben.
Dadurch wurde auch die Reichsverfassung eine andere, nicht bloß, weil vier neue Kurfürstentümer (Württemberg, Baden, Cassel und Salzburg) errichtet wurden und zwei alte (Köln und Trier) verschwanden, sondern weil der Reichstag sich sehr vereinfachte, aber sie ist kaum in Wirksamkeit gekommen. Infolge des Französisch-Österreichischen Krieges von 1805 gewannen Bayern, Württemberg und Baden auf Kosten Österreichs von neuem an Gebiet und an souveräner Macht und bildeten den Stamm für den 1806 gegründeten Rheinbund (s. d.) unter dem Protektorat Napoleons I. Am legte der Kaiser Franz die Deutsche Kaiserkrone nieder und erklärte das Reich für aufgelöst.
Infolge des unglücklichen Krieges Preußens [* 78] mit Frankreich traten noch mehrere deutsche Fürsten dem Rheinbunde bei. Napoleon errichtete nach dem Frieden von Tilsit [* 79] 1807 ein neues dem Rheinbunde eingefügtes Königreich Westfalen aus Braunschweig, Hessen-Cassel, Nassau-Oranien (Fulda und Corvei) sowie dem eroberten preuß. Gebiete zwischen Elbe, Weser und Emsquellen, das er 1810 zuerst durch den größten Teil von Hannover vergrößerte, 1811 aber durch das unmittelbar mit Frankreich vereinigte Gebiet nordwestlich einer Linie von der Lippe [* 80] zur Travemündung (etwa 540 Quadratmeilen mit über 1 Mill. E.) verkleinerte.
Demnach umfaßte der Rheinbund 1811: 5400 Quadratmeilen mit fast 13500000 E., also mehr als die Hälfte des weiland Deutschen Reichs. Die Schlacht bei Leipzig [* 81] 1813 befreite Deutschland von dieser Fremdherrschaft. Der Rheinbund ward aufgelöst; die Siege von 1814 brachten Deutschland die durch den Lunéviller Frieden verlorenen Länder wieder zu, mit Ausnahme des Bistums Lüttich [* 82] und des vormaligen Burgundischen Kreises, der zum Königreich der Niederlande kam, während eine kleine Erweiterung der Westgrenze (zwischen Queich und Lauter mit Landau) [* 83] stattfand. Durch den zweiten Pariser Frieden kamen dann noch St. Arnual, Saarbrücken, [* 84] Saarlouis, Fremersdorf und andere Ortschaften an der mittlern Saar von Frankreich an Preußen.
Ein einheitliches Band [* 85] für die 38 deutschen Staaten wurde nun durch Begründung des Deutschen Bundes (s. d.) geschaffen. Zu diesem kam, abgesehen von einigen Veränderungen im Innern, 1839 das niederländ. Herzogtum Limburg [* 86] gegen den an Belgien [* 87] abgetretenen Anteil Luxemburgs hinzu; sodann wurde 1864 und 1866 Schleswig, [* 88] Holstein und Lauenburg [* 89] von Dänemark [* 90] losgelöst und mit Preußen verbunden; 1866 schieden ferner Österreich und das mit den Niederlanden durch Personalunion verbundene Luxemburg aus dem deutschen Verbande.
Gleichzeitig wurden das 1815 zum Königreich erhobene Hannover, ferner das Kurfürstentum Hessen, das Herzogtum Nassau und die Freie Stadt Frankfurt mit Preußen verbunden. Ein neues Band vereinigte sodann die nördlich vom Main gelegenen Bundeslande außer Luxemburg und Limburg, aber einschließlich der Provinzen Preußen, Posen [* 91] und Schleswig im Norddeutschen Bunde (s. d.). Endlich wurde 1871 wieder ein deutsches Kaisertum unter Preußens Führung errichtet und Deutschland um Elsaß und Lothringen, als Reichslande, vergrößert. 1890 wurde Helgoland [* 92] von England abgetreten gegen Abtretung von größern Teilen der in Afrika [* 93] seit 1884 und 1885 erworbenen Gebiete und Ansprüche. 1893-94 wurden auch in Kamerun die Grenzen [* 94] festgelegt. ¶