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Form von Achat, [* 2] Amethyst, Chalcedon, Karneol, auch von Onyx und Jaspis, die sich in mehr oder minder brauchbarer Beschaffenheit in allen Gebirgen, besonders reich bei Oberstein und Idar an der Nahe finden und dort zu der blühenden Industrie der Obersteiner und Birkenfelder Halbedelsteine Veranlassung gegeben haben. Diese Lager [* 3] sind indessen schon stark ausgebeutet, und der Bedarf muß durch ausländisches Material (vorzugsweise aus Südamerika) [* 4] mit gedeckt werden. Dagegen ist für den Bernstein [* 5] die deutsche Ostseeküste namentlich von Danzig [* 6] bis Memel [* 7] die Hauptfundstätte. - Die stellenweise recht ausgedehnten Ablagerungen von Thon und Lehm in der großen deutschen Tiefebene bilden je nach ihrer Beschaffenheit das Material für den Ziegel- und Backstein wie für Thonwaren [* 8] aller Art von den einfachen Drainröhren bis zum Töpfergeschirr und dem besten Porzellan. In Süd- und Mitteldeutschland dagegen bildet noch heute der Backsteinbau, wenn auch im Zunehmen begriffen, die Ausnahme, der Hausbau aus natürlichen (sog. gewachsenen) Steinen die Regel. Im Norden [* 9] herrscht der Ziegelbau vor, und selbst berühmte große Bauwerke, z. B. die Marienburg [* 10] der Deutschen Ritter, sind seiner Zeit nur aus Backsteinen aufgeführt worden. Von den etwa 26000 Ziegeleien findet sich deshalb die größere Zahl im Norden und zwar in den am tiefsten gelegenen Niederungen der laufenden Gewässer. Besonders fabrikmäßig entwickelt seit Einführung des Ringofenbetriebes ist die Ziegelbrennerei im Umkreise von Berlin. [* 11]
Kalkbrennereien waren 1882 über 5000 vorhanden, doch wird im Laufe der letzten 10 Jahre deren Zahl erheblich geringer und trotzdem die Produktion gesteigert worden sein. Die großen Anlagen haben ihren Betrieb erweitert, die kleinen sind eingegangen. Erheblich gewachsen ist die Fabrikation von Cement, von dem Deutschland [* 12] vor 20-25 Jahren seinen Bedarf noch nicht selbst deckte, während heute die Einfuhr sehr gefallen, die Ausfuhr stetig gewachsen ist. Früher waren Pommern, [* 13] Oberschlesien, Rheinpfalz, die Gegend der mittlern Weser, das nördl. Baden [* 14] und die Pfalz die Bezirke der Cementgewinnung. Ihre hervorragende Stellung haben sie indes durch die Anlage neuer Cementfabriken in allen Teilen des Reichs verloren. Die Ausfuhr von Cement, Traß und Tuff betrug 1880: 211464 t = 10,57 Mill. M., 1893: 423960 t = 10,85 Mill. M.
Die Herstellung von Thon- und Porzellanwaren ist gleichfalls durch das ganze Land zerstreut, doch sind gewisse Specialitäten auf einzelne Orte oder Bezirke von alters her beschränkt geblieben, so das Thon- und Töpfergeschirr in Bunzlau, [* 15] Großalmerode (Reg.-Bez. Cassel), Ransbach im Westerwald (Koblenzer Kannenbäckerei), das Steingut, Wedgwood, Fayence [* 16] im Königreich Sachsen, [* 17] in Schlesien [* 18] (Waldenburg), [* 19] Rheinland (Mettlach), Württemberg, [* 20] Baden, Brandenburg, [* 21] Hannover, [* 22] die Drainröhren in der Umgegend von Bitterfeld, [* 23] in Schlesien, Sachsen, Rheinland, Pfalz, die Ofenkacheln in Brandenburg und Berlin, die Thonpfeifen in Uslar und Ransbach, das Porzellan in Meißen, [* 24] Berlin, Dresden, [* 25] Waldenburg i. Schles., Mettlach, Nymphenburg, Bamberg, [* 26] Freiburg [* 27] i. Baden, die Porzellanmalerei in Dresden, Berlin, Bamberg.
Für alle Artikel der Thonwaren wäre noch Thüringen zu nennen, wo die Herstellung von billigen Porzellansachen (Nippsachen, [* 1] Figuren, Statuen, Hausgeräte) in vielen Fabriken betrieben wird. Die Ausfuhr in Thon- und Porzellanwaren übertrifft die Einfuhr wesentlich, in Steinwaren, zumal insoweit nicht oder nur gering bearbeitetes Material in Frage kommt, überwiegt dagegen die Einfuhr. Die deutsche Statistik erschwert die getrennte Aufführung insofern, als z. B. gebrannte Steine und Dachziegel (technisch richtig) unter Thonwaren aufgeführt werden. Es betrug 1893:
Gegenstände | Einfuhr t | Wert in 1000 M. | Ausfuhr t | Wert in 1000 M. |
---|---|---|---|---|
Steine und Steinwaren | 803384 | 38505 | 524715 | 22913 |
Thon- und Porzellanwaren | 136831 | 5772 | 265461 | 37831 |
Die etwa 360 Glashütten beschäftigen ungefähr 40000 Arbeiter. Hauptsitze der Fabrikation sind für Tafelglas Rheinland, Westfalen [* 28] und Schlesien;
für grünes Hohlglas Königreich Sachsen, Saarbrücken, [* 29] Bayern, [* 30] Hannover, Brandenburg, Lausitz;
für weißes Hohlglas Rheinland, Bayern (Bayrischer Wald längs der böhm. Grenze), Hannover, die Lausitz;
für Spiegelglas Stolberg [* 31] b. Aachen, [* 32] Baden, Bayern;
für feinere, geschliffene und gemusterte Glaswaren Schlesien, Bayern und Königreich Sachsen.
Zur Zeit übertrifft zwar noch Österreich [* 33] (Böhmen [* 34] zeichnet sich besonders durch seine Glasindustrie aus) die deutsche Glasfabrikation [* 35] in der Herstellung der feinsten farbigen und geschliffenen Gläser, Belgien [* 36] und England in Spiegelglas und den ganz teuern geschliffenen Gläsern; in allen andern Glassorten jedoch und zwar in den gangbarern Massenartikeln erobern sich deutsche Erzeugnisse auch hierin mit jedem Jahre weitern Absatz. Die Einfuhr von Glaswaren aller Art betrug 1880: 6,6, 1893: 8,2 Mill. M.; die Ausfuhr 25,8 und 37,8 Mill. M.
Textil- und Bekleidungsindustrie. 1882 waren 406574 Betriebe mit 913204 beschäftigten Personen vorhanden. 1893 belief sich die Einfuhr auf 402, die Ausfuhr auf 811 Mill. M., ein deutlicher Beweis, welche große Bedeutung für die deutsche Gewerbthätigkeit wie für die Ausfuhr Spinnerei, Weberei, [* 37] Bleicherei, Appretur u. s. w. besitzen. Am ältesten ist wohl die Leinenweberei. Das Spinnen [* 38] des Flachses als Beschäftigung der landwirtschaftlichen Arbeiter im Winter besteht wohl hier und da noch, hat aber sehr nachgelassen, seitdem die Spinnmaschine [* 39] die geübteste menschliche Hand [* 40] überbietet.
Handgespinst ist deshalb immer seltener geworden und wird im nächsten Jahrhundert wohl kaum noch vorkommen. Die Flachsspinnerei beschäftigt gegenwärtig 340000 Spindeln, kann jedoch den einheimischen Bedarf nicht decken, vielmehr werden noch erhebliche Mengen Leinengarn aus England, Belgien und Österreich eingeführt. 1880 betrug die Einfuhr von Leinen- und Jutegarn, von Nähgarn und Zwirn 11144 t = 17,4 Mill. M., 1893: 16800 t = 25,2 Mill. M. Hauptsitz der Leinenweberei ist das schles. Gebirge längs der böhm. Grenze, von wo sie nach der sächs. Lausitz übertritt. Namentlich in Zittau [* 41] und Umgebung werden vorzugsweise feinere Gewebe, [* 42] darunter auch die vielgesuchten Damaste hergestellt. Sehr bedeutend für die Anfertigung von Leinwand ist ferner Bielefeld [* 43] mit Umgebung bis in die Gegend von Osnabrück [* 44] und nach der Lippe [* 45] zu. Hier wie in einzelnen Bezirken von ¶
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Württemberg, Franken, Thüringen, in Rheinland, Brandenburg ist die Leinenweberei hausindustriell entwickelt; es mögen etwa 120000 Webstühle [* 47] vorhanden sein, die indes nur bei sehr flottem Geschäftsgänge voll beschäftigt sein werden; die Mehrzahl der Weber ist nebenbei landwirtschaftlich thätig. Das Fortbestehen ist überhaupt nur eine Frage der Zeit, da der Handwebstuhl den Mitbewerb mit dem Maschinenwebstuhl nicht ertragen kann. - Fertige Wäsche wurde früher vorzugsweise in Bielefeld hergestellt, neuerdings aber auch in Berlin und andern großen Städten mit Erfolg.
Seilerwaren liefern Westfalen, die Seestädte, Oberschlesien, das schwäb. Bayern und der Reg.-Bez. Cassel; Packleinwand Ostfriesland und die Gegenden der Ems [* 48] und mittlern Weser. Die Zwirnerei erstreckt sich hauptsächlich auf das Königreich Sachsen, auf Schlesien und die Rheinprovinz. [* 49] In der Hanfindustrie sowie in deren Gespinsten und Geweben wird im Deutschen Reich Hervorragendes nicht geleistet. Am meisten ist dieselbe in Baden und in Schwaben zu Hause.
Jutewaren bezog Deutschland vor ungefähr 20 Jahren aus England; seitdem sind in Braunschweig, [* 50] Meißen, bei Hamburg, [* 51] Berlin und andern Orten eine Anzahl von Jutewebereien und -Spinnereien entstanden, deren Erzeugnisse steigende Aufnahme gefunden haben. Da der Rohstoff eingeführt werden muß, so läßt sich an den Ziffern der Einfuhr das Wachstum der Juteindustrie am besten darlegen: 1880 wurden 17564 t = 6,7 Mill. M., 1893: 88868 t Rohjute = 28,4 Mill. M. eingeführt.
Für Wolle sind etwa 1450000 Spindeln für Streichgarn und etwa 600000 Spindeln für Kammgarn thätig. Die Hauptsitze der Wollspinnereien sind die Rheinprovinz, das Königreich Sachsen (namentlich die Gegend von Werdau [* 52] bis Plauen), [* 53] Württemberg und das Oberelsaß. Diese Bezirke sind auch die Hauptsitze der Tuchfabrikation, denen sich noch die Niederlausitz und der südöstl. Teil der Mark Brandenburg mit den Städten Cottbus, [* 54] Forst, [* 55] Spremberg, [* 56] Sorau, [* 57] Sommerfeld zugesellen.
Besonders feine Tuche liefern Aachen, Großenhain [* 58] und andere sächs. Städte. In Bezug auf Kammwollwaren zeichnen sich die Bezirke von Chemnitz, [* 59] Glauchau [* 60] bis mit Crimmitschau [* 61] und Plauen, von Gera, [* 62] Greiz, [* 63] Zeulenroda und Pößneck, Mülhausen [* 64] i. Els., Gebweiler [* 65] und Bischweiler, [* 66] auch Württemberg aus. Die Tuchweberei und die Verfertigung von Wollwaren wurde früher in vielen Städten, selbst in Posen, [* 67] Ost- und Westpreußen [* 68] hausindustriell betrieben, hat aber, weil sie kaum noch lohnend ist, mehr und mehr aufgehört.
Für wollene Strumpfwaren sind Chemnitz, Apolda, [* 69] Zeulenroda sowie einzelne Bezirke in Württemberg und dem Elsaß zu nennen, für Shawlweberei Berlin, für wollene Plüsche Berlin, Barmen, [* 70] Hannover und Dresden, für Teppiche Berlin, Barmen, Schmiedeberg (Schlesien), Wurzen. [* 71] Die Einfuhr von Wollgarn betrug 1880: 93,1 Mill. M., 1893: 103,4 Mill. M.; die Einfuhr von Wollwaren 26,1 bez. 13,4 Mill. M.; dagegen hielt sich die Ausfuhr 1888-93 auf annähernd derselben Höhe von 190 bis 200 Mill. M.
Die Entwicklung der deutschen Baumwollindustrie erscheint um so beachtenswerter, wenn man erwägt, daß der Rohstoff in dem Heimatlande nicht erzeugt wird;
sie ist konzentriert im Oberelsaß (Mülhausen, Gebweiler, Thann, Münster, [* 72] Markirch, [* 73] Wesserling), in Sachsen (Chemnitz und Umgebung, vorzugsweise die Flußthäler der Zschopau, Flöha und Mulde);
im Rheinland (M.-Gladbach, Dülken, Barmen, Elberfeld bis nahe zum Rhein), in Württemberg (bei Reutlingen), [* 74] im nördl. Abfall der Rauhen Alb und von hier übergreifend bis nach Bayern;
in Baden im südl. Abfall des Schwarzwaldes;
in Bayern (Augsburg) [* 75] und in Oberfranken (Bayreuth [* 76] bis Hof); [* 77]
in Schlesien (Reg.-Bez. Liegnitz [* 78] bis zu dem Eulengebirge).
Die Einfuhr von roher Baumwolle, [* 79] die jetzt statt über London [* 80] mehr und mehr über Bremen [* 81] erfolgt, belief sich 1840 auf rund 10000 t, 1870 auf 71000 t, 1893 auf 271610 t = 202 Mill. M. Obgleich die Spinnereien (nahezu 6 Mill. Feinspindeln) ihre Erzeugung zu steigern bemüht gewesen sind, kann der Bedarf an Baumwollgarn doch nicht ganz gedeckt werden, vielmehr wurden 1893 noch 17972 t = 44,4 Mill. M. eingeführt. Erzeugt werden zur Zeit die gröbern und mittelfeinern Garne bis zu etwa Nr. 80, im Oberelsaß bis zu etwa Nr. 100; feinere Garne werden aus England geholt. - Das Oberelsaß nimmt in Bezug auf die Feinheit der Stoffe den ersten Rang ein, dann folgen Königreich Sachsen und Rheinland.
Für die Verfertigung von Weißwaren (Gardinen, Mull, Musselin) ist außerdem das Vogtland (Plauen) zu nennen, für baumwollene Strumpfwaren Chemnitz, für Buntstickerei Berlin, Rheinland und Württemberg, für Posamentierwaren Barmen, Elberfeld, Annaberg [* 82] (Sachsen), Isny (Württemberg), Brieg [* 83] (Schlesien), Straßburg [* 84] und Colmar, [* 85] für Wachstuch Berlin und Leipzig, [* 86] für Schirmstoffe Chemnitz, Berlin, Elsaß und Rheinland. Hausindustriell entwickelt ist die Spitzenklöppelei und Weißstickerei im Erzgebirge (Eibenstock, [* 87] Schwarzenberg, Schneeberg bis in das Vogtland hinein), letztere auch im südl. Württemberg. Die Einfuhr von Baumwollwaren hat sich seit 1880 mit durchschnittlich rund 1500 t und 12 Mill. M. Wert auf derselben Höhe gehalten. Die Ausfuhr ist dagegen immer noch steigend, sie betrug 1880: 14332 t = 49,6 Mill. M., 1893: 23514 t = 153,7 Mill. M.
Für die Seidenindustrie sind Krefeld, [* 88] Barmen und Elberfeld Mittelpunkte, ferner Berlin, Aachen, Baden und Lothringen. Der Schwerpunkt [* 89] der deutschen Seidenindustrie liegt auf den Halbseidenstoffen und Sammeten, in denen sogar die berühmte franz. Industrie erreicht, vielleicht überholt ist, während in den schweren Stoffen Frankreich noch den ersten Platz behauptet. Die Einfuhr ist seit 1880 nur wenig gestiegen; der Gesamtwert (einschließlich Rohseide) betrug 1893: 156,1 Mill. M., dagegen wurde 1893 für 181,9 Mill. M. (mit Einschluß der Halbfabrikate) ausgeführt.
Die Bleicherei, Färberei, Druckerei und Appretur der Garne und Webwaren schließen sich an den einzelnen Webstoff an, dem sie zu dienen bestimmt sind, und finden sich in denselben Bezirken. In Bezug auf die Zeugdruckerei und Appretur fand Jahrzehnte hindurch ein lebhafter Wechselverkehr mit den Nachbarländern statt, die ihre dort gearbeiteten Webelstoffe nach Deutschland sandten und hier im Veredelungsverkehr bearbeiten ließen. Solche Zeugdruckereien finden sich noch in Mülhausen, Berlin, Augsburg, Baden, Sachsen, doch hat dieser Veredelungsverkehr durch die Erhöhung der Zölle in den Nachbarländern stark gelitten.
In Bezug auf Herstellung von Kleidungsstücken (Konfektion), auch für Ausfuhr, steht Berlin obenan und hat z.B. in Damenmänteln und Kinderkleidern ¶