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Gebirgsbildungen im Quellgebiete der Oppa, March und Glatzer Neisse, die im Altvater (1490 m) und Großen Schneeberge (1422 m) majestätische Kulminationspunkte erreichen. Im weitern Nordwesten löst sich das kompakte Gebirgsmassiv auf zu einer kettenartigen Umwallung des Glatzer Gebirgskessels. Die Nordostseite desselben bildet das Reichensteiner oder Schlesische Grenzgebirge und durch den Paß [* 2] von Wartha und die Neisse [* 3] davon getrennt, das Eulengebirge.
Die Südwestseite besteht aus dem Habelschwerdtergebirge und den westlich daneben streichenden böhm. Kämmen (Adlergebirge), am Nordende mit der 1085 m hohen Hohen Mense; und durch den Paß von Reinerz und Nachod davon getrennt, aus dem Heuscheuergebirge. Nördlich davon führt der Politzer Kamm zu den Adersbacher und Weckelsdorfer Sandsteinfelsen. Der Nordwestabschluß, das Waldenburger Kohlengebirge, sinkt zur Gebirgslücke des Bober bei Landshut [* 4] ab. Aus ihr erheben sich plötzlich die krystallinischen Gesteinsmassen zu den 1000 und 1300 m hohen Ketten des Riesen- und Isergebirges und im Quellgebiete der Elbe thront die Schneekoppe bei 1605 m Erhebung als der höchste Gipfel aller deutschen Mittelgebirge. Nach SO. schließt sich an das Fichtelgebirge das Böhmisch-Bayrische Waldgebirge an, das fast durchweg aus krystallinischem Gestein besteht und in seinem südöstl., höhern Teile in drei ziemlich parallele Wälle sich trennt, in den eigentlichen Böhmerwald mit dem Großen Arber (1458 m) in Bayern, [* 5] in eine böhm. Waldkette mit dem Kubany und den Bayrischen Wald.
6) Das norddeutsche Tiefland gleicht weder in seiner Oberflächenform noch in seinem Material einer einförmig gestalteten Ebene; es erfährt vielmehr durch mannigfachen Höhenwechsel eine reiche landschaftliche Gliederung und ist in neuerer Zeit durch wichtige geognost. Forschungen als das Produkt mehrerer geolog. Bildungsepochen erkannt worden. Das Relief des Tieflandes wird namentlich näher bestimmt durch zwei große Bodenschwellen. Die eine liegt in geringer Entfernung von der Ostküste.
Sie steigt in Westpreußen [* 6] aus dem Durchbruchsthale der Weichsel schnell auf, hat in der masurischen Seenplatte (in den Seesker Bergen) [* 7] 309 m, im Turmberge bei Danzig [* 8] 331 m, in der seenreichen hinterpommerschen Scheitelfläche 255-293 m Höhe und sinkt erst wieder zu einer vollständigen Tieflücke herab im Oderthale südlich voll Stettin. [* 9] Das Kreidegebirge der Insel Rügen ist mit der Herthaburg 159 m hoch. Auch westlich von der Oder in der Ukermark und Mecklenburg [* 10] erreicht die seereiche Höhenplatte im Helpterberg 179 m und im schlesw.-holstein. Geestlande im Bungsberge 164 m. Die zweite, wenn auch öfter unterbrochene Höhenwelle beginnt in Oberschlesien mit dem Tarnowitzer Plateau (St. Annaberg [* 11] nahe der Oder, 430 m) und wird weiterhin bezeichnet durch die Trebnitzer Höhen oder das Katzengebirgc nördlich von Breslau [* 12] (310 m Höhe im Weinberge); links von der Oder setzt sich der Höhenzug als Katzenberge fort und zieht westwärts durch die Niederlausitz als Grünberger, Sorauer und Muskauer Hügelgruppen (Rückenberg 228 m), als Fläming nördlich von Wittenberg. [* 13]
Westlich von der Elbe streichen nach NW. die Neuhaldenslebenerberge, die Hellberge bei Gardelegen [* 14] (160 m) und endlich die bis 171 m aufragenden Erhebungen der Lüneburger [* 15] Heide. Zwischen diesen beiden Dämmen liegt ein breiter Tiefstreifen, jedoch auch nicht ohne mannigfachen Höhenwechsel, wie namentlich bei Freienwalde an der Oder, zwischen Frankfurt [* 16] und Berlin [* 17] an der Spree und bei Potsdam [* 18] an der Havel, während die Bahnen einzelner Flußläufe oder Bruchstriche als markierte Tiefrinnen auftreten.
Die bedeutendsten Niederungen sind das Thal [* 19] der Memel, [* 20] der Weichsel, der Netze- und Warthe- samt Obrabruch, das Mündungsgebiet der Oder, die Torfmoore des Spree- und Havelgebietes, die schlesw.-holstein. und hannov. Marschen, das Münsterland u. s. w. Erst jenseit der Lüneburger Heide im Gebiete der untern Weser und Ems [* 21] sinkt die Bodenfläche zu einem ungestörten tiefen, durch ausgebreitete Moore bezeichneten Niveau herab. Der sich zu großem Teil noch gegenwärtig bildende Alluvialboden ist vielfach und besonders in den Torfmooren vertreten, welche die bezeichneten Tiefrinnen begleiten.
Die Bildungen der Diluvialperiode erscheinen oft auf weiten Flächen gar mächtig verbreitet als Geschiebesand, wie am verrufensten in den Marken der Provinz Brandenburg, [* 22] oder als Geschiebethon und Mergel. Eigentümlich für das Ansehen der norddeutschen Ebenen fällt in diese Periode die weite Verbreitung von Felsblöcken (Erratische Blöcke), deren Heimat unverkennbar in Skandinavien, Finland, am Onegasee und in Ingermanland zu suchen ist, und die die Spuren eines weiten Transports an sich tragen.
Der Tertiärformation [* 23] ist durch neuere Einsichten ein weites Gebiet eingeräumt worden, seitdem man die feinern Thon- (plastischer Thon) und Sandarten (Formsand) von den diluvialen gröbern ähnlichen Gebilden unterschieden und die außerordentlich große Verbreitung der Braunkohlen vielorts aufgeschlossen hat. Auch ältere Felsbildungen ragen hier und da hervor (bei Lüneburg, [* 24] Segeberg, Cöpenick, [* 25] Cammin, auf Wollin, Usedom, Rügen u. s. w.) und verraten die Unterlage eines festen Felsgerüstes, dessen Thalspaltensysteme durch eine gewisse Symmetrie der Flußläufe und Seelagerungen ausgesprochen sind.
Vgl. Wahnschaffe, Die Ursachen der Oberflächengestaltung des Norddeutschen Flachlandes (Stuttg. 1891).
Der allgemeine Überblick der deutschen Bodengestalt zeigt, daß Deutschland [* 26] einen mannigfachen Wechsel der äußern und innern Bodenbeschaffenheit besitzt. Es hat seine eisgekrönten Hochgebirge, seine waldschattigen Mittelgebirge, sanften Hügelgelände, seine hoch und tief liegenden Ebenen; aber keine der Formen bedeckt in einseitigem Charakter große Räume, keine ist durch abschreckende Schranken von der andern getrennt, sodaß menschliche Kultur auf natürlichen Bahnen überall einzieht. Deutschland besitzt eine große Mannigfaltigkeit landschaftlicher Gliederung, ohne die Vereinigung zu einem schönen Naturganzen auszuschließen.
Geologisches. (Hierzu Geologische Karte von Deutschland.) Bei der großen Mannigfaltigkeit der Bodenbeschaffenheit Deutschlands [* 27] sind auch fast alle Gebirgsformationen vertreten. Die archäische Formation der krystallinischen Schiefer (Gneis, Glimmerschiefer u. s. w.) findet sich in den Vogesen, im Schwarzwalde, Spessart, Hohen Venn, in Thüringen, Sachsen, [* 28] im Fichtelgebirge und Böhmisch-Bayrischen Waldgebirge und in Schlesien. [* 29] Das Silur tritt in geringer Ausdehnung [* 30] in Thüringen und den angrenzenden Ländern auf. Devon [* 31] kommt in großer Mächtigkeit in den rhein. Schiefergebirgen (Taunus, Hunsrück, Eifel u. s. w. bis zur Ruhr im Norden) [* 32] vor, bildet den größten Teil des Ostharzes und findet sich außerdem in Ostthüringen, dem Fichtelgebirge, ¶
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in den Sudeten und Vogesen. Die Steinkohlenformation ist in ihrer untern Abteilung (Kohlentalk und Kulm) in Oberhessen, Westfalen, [* 34] im Westharz, in Ostthüringen und dem Frankenwalde und in Schlesien vertreten, während das produktive Steinkohlengebirge in ausgiebigen Lagern in der Saar- und Ruhrgegend, in Sachsen und Schlesien zu finden ist. Die Dyasformation (Zechstein und Rotliegendes) findet ihre Vertretung in den Vogesen, im Schwarzwald, Odenwald, am Harz, in Hessen, [* 35] Thüringen, Sachsen und Schlesien.
Die Trias (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper) setzt in fast ununterbrochener Folge den Teil zwischen Schwarzwald und Schwäbischem Jura in Württemberg, [* 36] das nördl. Bayern bis Bamberg [* 37] im Osten und zum Odenwald im Westen und Thüringen, Hessen u. s. w. bis zum Harz und dem Teutoburger Wald zusammen, ähnlich im Westen der Vogesen das Gebiet nordwärts bis Neustadt [* 38] an der Hardt, Kaiserslautern, [* 39] Saarbrücken [* 40] und über die Mosel hinaus bis zur Eifel. Die deutschen Kalkalpen bestehen ebenfalls zum größten Teil aus Schichten der Trias, aber in alpiner Facies.
Die Juraformation [* 41] (Lias, Brauner und Weißer Jura) ist in geringer Verbreitung in dem zu Deutschland gehörigen Teil der Alpen, [* 42] vor allem aber in dem großen Jurazug, der vom Rhein bei Schaffhausen [* 43] nordostwärts bis zum Main geht, vertreten; in kleinern zerstreuten Partien finden wir ihn noch zwischen Saar und Mosel bei Metz, [* 44] in Hannover [* 45] und Braunschweig, [* 46] im Teutoburger Walde, in der Weserterrasse. Die Kreide [* 47] breitet sich vor allem zu beiden Seiten der Elbe (im Elbsandsteingebirge), in Oberschlesien, in Braunschweig und Hannover, zwischen Leine und Weser, in Norddeutschland einschließlich Westfalens, links vom Niederrhein und zum kleinern Teil in den nördl. Alpen aus.
Das Tertiär (Oligocän, Braunkohle) ist über ganz Norddeutschland und am Niederrhein zerstreut, bildet das Mainzer Becken und kommt noch in einzelnen Streifen vor am Oberrhein zwischen Basel [* 48] und Mülhausen, [* 49] auf der Rauhen Alb und der südbayr. Hochebene. Das Quartär (Diluvium [* 50] und Alluvium) ist in großen Schichten über Deutschland, besonders Norddeutschland verbreitet (s. oben). Paläovulkanischen Gesteinen (Granit, Diorit, Diabas, Gabbro, Serpentin u. s. w.) begegnen wir in den Vogesen, im Schwarzwald, Odenwald, Thüringerwald, Harz und Fichtelgebirge; die Porphyre und Porphyrite finden sich in Schlesien, Thüringen, im Harz, am Mittelrhein u. s. w., die Melaphyre ebenfalls am Harz, in Niederschlesien und Sachsen. Die neuvulkanischen Gesteine [* 51] (Basalt, Trachyt, Phonolith) sind über ganz Mitteldeutschland verbreitet, besonders am Rhein, im Westerwald, Vogelsberg, in der Rhön, in Thüringen, im Erzgebirge, in einzelnen Kuppen in Schlesien, im Hegau und bei Freiburg [* 52] (Kaiserstuhl).
1) Meere. Die Gestade der zwei Meere Deutschlands sind verschieden beschaffen. Der pommersche Küstenstrich der Ostsee ist eigentümlich charakterisiert durch die Haffbildungen, welche ostwärts von den Odermündungen zwar nur in Form kleinerer Strandseen vorkommen, aber oberhalb der drei Mündungsarme Peene, Swine und Dievenow und im südl. Hintergrunde der zwischenliegenden Inseln Usedom und Wollin durch die Ausweitungen der Oder zu dem 627,7 qkm bedeckenden Kleinen und Großen (Stettiner) Haff großartigere Vertretung finden.
Dieser Teil der Ostseeküste würde mit zu den reizlosesten Gegenden gehören, wenn nicht der vorpommerschen Küste die Insel Rügen als größtes deutsches Eiland vorgelagert wäre, das mit seinen Naturschönheiten zugleich die Wiege deutscher Mythologie umschließt. Westwärts von Rügen gliedert die pommersche Küste noch das tiefe Eingreifen des Grabow im Süden der Insel Zingst und des Saaler Boddens südlich und östlich von der Halbinsel Darß, während an der Küste von Mecklenburg der flache Golf von Warnemünde und die tiefer gehende Bucht von Wismar [* 53] zu bemerken sind.
Den südwestlichsten Eingriff in Deutschlands Festland bildet die Ostsee durch die Lübecker Bucht, und den besten Stationspunkt für eine deutsch-baltische Flotte gewährt sie in der Bucht von Kiel. [* 54] Die schlesw. Ostküste ist ausgezeichnet durch vorherrschend hohe Ufer und weit eingreifende Föhrden mit größtenteils sehr günstigen Tiefen. So die Buchten von Eckernförde, Flensburg [* 55] und Apenrade, während die Schlei und die Haderslebener Bucht weniger tief sind.
Die Inseln Fehmarn und Alsen vermehren die reiche Gliederung der holstein-schlesw. Küste. Die Ostsee bespült auf 1365 km die deutsche Küste, und obgleich sie durch den dän. Archipel zu einem Binnenmeere herabgedrückt ist, so haben doch ihre Stürme und Klippen, [* 56] ihre Eisschollen und Nebel ein abgehärtetes und kühnes Schiffervolk erzogen; und wie die baltischen Gestade einst phöniz. Schiffe [* 57] anlockten und ihre Häfen die Wiege der mächtigen Hansa waren, so verkehren auch noch heute ihre bedeutendsten Handelsstädte, und vor allen Stettin, Lübeck, [* 58] Kiel und Flensburg, mit allen handeltreibenden Nationen.
Ganz anders ist der 300 km lange Ufersaum der Nordsee gestaltet. An die Stelle der baltischen Haffe treten tiefeinschneidende Busen; sei es, daß sie mittelbar durch breite Flußmündungen gebildet werden, wie bei Elbe und Weser, oder daß sie als unmittelbare Meeresglieder erscheinen, wie im Jadebusen und Dollart. Der tiefen und vor dem Einbrechen der Fluten künstlich geschützten Küste liegt die 8-16 km breite Zone der Watten vor. Aus ihnen taucht, durchschnittlich 7 km von der Küste, die Reihe der kleinen, langgestreckten und dünenbesetzten fries. Inseln, unter denen Röm, Sylt, Föhr, Amrum, Pellworm, Nordstrand, Neuwerk, Wangeroog und Norderney die bedeutendsten sind.
Die der Küste anliegende Watte hebt sich allmählich höher. Sie ist von fruchtbarem Meeresschlamm überdeckt, wird immer seltener überflutet, überkleidet sich mit üppig wuchernder Vegetation, indem sie die Hand [* 59] des Menschen durch Eindeichungen zur weidereichen Marsch umgestaltet. Hier wächst der Boden des Festlandes in das Meer hinaus; dort raubt die Sturmflut einer einzigen Nacht das Werk hundertjähriger Arbeit wieder, und eine Meeresbucht nimmt seine Stelle ein. Eine besondere Stellung hat die Felseninsel Helgoland [* 60] unter den deutschen Nordsee-Inseln, sowohl hinsichtlich ihres geolog. Aufbaues, als auch mit Bezug auf ihre Lage.
2) Flüsse. [* 61] Die 150 Flüsse Deutschlands senden ihr Wasser in die Nordsee, Ostsee und in das Schwarze Meer. Von den größern Flüssen gehört nur die Weser von ihrer Quelle [* 62] bis zur Mündung ganz dem Deutschen Reiche an, während Memel, Weichsel, Oder und Elbe ihren Ursprung, die Donau die Mündung und der Rhein beides außerhalb des Reiches haben. An wichtigen Küstenflüssen hat Deutschland im Gebiete der Ostsee den Pregel, [* 63] die Warnow und Trave und im Nordseebereich die Eider ¶