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Kapitulation; inzwischen hatte sich 27. Nov. auch La Fère mit 2000 Gefangenen und 70 Geschützen nach zweitägiger Beschießung einer Brigade des 1. Korps ergeben. Kameke war im Dezember zur Leitung des Ingenieurangriffs nach Paris [* 2] berufen worden und General von Senden an seine Stelle getreten. Dieser nahm 15. Jan. Rocroy durch einen Handstreich (200 Gefangene und 70 Geschütze), [* 3] nachdem Mezières (2000 Gefangene und 70 Geschütze) 2. Jan. sich ergeben hatte. Longwy wurde nach neuntägiger Beschießung 25. Jan. vom Oberst von Krenski genommen (4000 Gefangene und 200 Geschütze).
Von den übrigen, rückwärts der Heere seit deren Vormarsch noch belagerten Festungen hatte Verdun [* 4] 8. Nov. kapituliert (4000 Mann und 136 Geschütze) und Pfalzburg sich 12. Dez. ergeben (1900 Gefangene und 65 Geschütze). Manteuffel erreichte mit der Ersten Armee, deren beide Korps sich auf zwei Hauptstraßen, auf Laon-Noyon das 1., auf Reims-Compiègne das 8., bewegten, 20. Nov. die Oise und erhielt durch die vorausmarschierende Kavalleriedivision Graf von der Groeben die Nachricht, daß sowohl bei Amiens [* 5] als bei Rouen [* 6] stärkere feindliche Streitkräfte ständen. Um diese einzeln zu schlagen, wurde der Marsch zunächst auf Amiens (s. d.) gerichtet, wo der Feind 27. Nov. die Schlacht annahm.
Sie dauerte bis zum Abend; die Franzosen wurden gegen die Somme und auf ihre verschanzte Stellung vor Amiens zurückgeworfen, die sie jedoch nicht verteidigten; sie zogen sich in ziemlicher Auflösung nach Lille [* 7] und Arras [* 8] zurück. Amiens wurde 28. Nov. besetzt; auch die Citadelle ergab sich, nachdem sie durch Schützen der Infanterie beschossen und der Kommandant dabei getötet worden war. Manteuffel wandte sich darauf gegen den andern Teil der Nordarmee, der bei Rouen stand, und ließ nur einige Truppen zur Beobachtung des bei Amiens geschlagenen Gegners zurück; der Feind, etwa 30000 Mann stark, nahm jedoch bei Rouen den Kampf nicht an, sondern wich nach dem linken Seine-Ufer und nach Havre [* 9] aus, sodaß Rouen 6. Dez. vom 8. Korps (Goeben) besetzt wurde und eine Abteilung bis an den Kanal [* 10] (nach Dieppe) [* 11] vorging.
Die feindliche Nordarmee bestand also nunmehr aus zwei getrennten Teilen, die allerdings mit Hilfe der Flotte jederzeit ohne erhebliche Schwierigkeit vereinigt werden konnten. Faidherbe hatte an den Festungen Arras, Douai, Cambrai, Valenciennes und dahinter als Hauptpunkt Lille eine starke Operationsbasis, in der sein Heer nach jeder Niederlage reorganisiert werden konnte. Er beabsichtigte hinter der gegen Rouen vorgegangenen Ersten Armee mit der etwa 50000 Mann starken Nordarmee gegen Paris durchzubrechen; Manteuffel kehrte jedoch rasch zurück und schlug ihn 23. Dez. zum zweitenmal in der Gegend von Amiens in der Schlacht an der Hallue.
Faidherbe ging auf Arras zurück und wich 25. Dez. seitwärts auf Douai aus, von wo er schon Anfang Jan. 1871 zum drittenmal die Offensive ergriff. Seine Vorhut stieß 2. Jan. bei Savigny auf die preuß. Brigade Strubberg, von der sie zurückgewiesen wurde; am 3. griff er mit gesamter Macht den General von Goeben an, der ihn nur mit der 15. Division (nunmehr Kummer) und einer Truppenabteilung, die Prinz Albrecht (Sohn) von Paris herbeigeführt hatte, in neunstündigem Kampfe bei Bapaume aufhielt, worauf er wiederum den Rückzug in der Nacht antrat.
Auch an der untern Seine, wo das 1. Korps, geführt vom General von Bentheim, gegen die sog. Armee von Havre (General Briand) stand, wurden Vorteile errungen; Bentheim überfiel 3. Jan. den General Roye bei Monlineaux-Calond und zersprengte seine Truppen am 4. bei Bourgachard. Dem General von Goeben ergab sich 10. Jan. Peronne mit 3000 Mann, ein wegen der Lage dieser Festung [* 12] strategisch bedeutsamer Erfolg. Faidherbe rückte bald darauf zum viertenmal vor, um sich die Straße nach Paris zu öffnen.
General von Goeben, der nach Manteuffels Ernennung zum Oberbefehlshaber der neugebildeten Südarmee das Oberkommando der Ersten Armee übernommen hatte, trat Faidherbes Vorrücken entgegen, warf 18. Jan. seine Vortruppen von Beauvais auf Saint [* 13] Quentin (s. d.) zurück, griff am 19. die Nordarmee in ihrer Stellung an und brachte ihr eine entscheidende Niederlage bei. Damit war im Norden [* 14] der letzte Entsatzversuch von Paris gescheitert und Faidherbes Armee in einen Zustand der Auflösung versetzt, daß sie für längere Zeit nicht im Felde erscheinen konnte. An demselben Tage wurde auch der letzte große Ausfall vor Paris (s. Mont-Valérien), den Trochu unternommen hatte, entscheidend zurückgeschlagen und dadurch das Schicksal der belagerten Stadt entschieden. Im Süden stellte sich in denselben Tagen die Unmöglichkeit einer Hilfe ebenfalls heraus, und auch der neuersonnene Operationsplan Gambettas, durch einen Marsch der Armee Bourbakis nach Osten Belfort [* 15] zu entsetzen (s. unten), die Verbindungslinien der Pariser Belagerungsarmee zu durchbrechen und das obere Rheinthal zu bedrohen, um auf diesem Wege Paris zu retten, scheiterte und hatte den Untergang dieser Armee zur Folge, zu deren Bekämpfung aus dem 7. Korps, das in Lothringen abkömmlich war, und dem 2. Korps, das erst kürzlich vor Paris angekommen war, eine neue Armee, die Südarmee, gebildet und nach Südosten in Marsch gesetzt wurde; General von Manteuffel erhielt deren Oberbefehl.
c. Hier im Osten war General von Werder mit dem 14. Armeekorps Anfang Oktober durch die Vogesen vorgegangen und hatte die früher entsandte fliegende Kolonne Degenfeld an sich gezogen. Letztere hatte 6. Okt. bei Etival den General Cambriels mit den zuerst fertig gewordenen Truppen der franz. Ostarmee nach siebenstündigem Kampfe zum Rückzug gezwungen, worauf das Armeekorps in vier Kolonnen seinen Vormarsch fortsetzte und den Feind überall zurückwarf. Am 18. Okt. wurde Vesoul besetzt.
Cambriels hatte darauf Stellung am Oignon genommen, wurde aber 22. Okt. von den Badenern unter General von Beyer in mehrern Gefechten geschlagen und wich auf Besançon [* 16] zurück. Ohne Belagerungspark war ein Angriff dieser starken Festung aussichtslos; Werder wandte sich daher westlich auf Dijon, [* 17] das 30. Okt. nach schwerem Kampfe eingenommen wurde. Garibaldi war in dem nahen Dôle noch mit Organisation seines Korps beschäftigt und konnte Cambriels nicht unterstützen. Sein Sohn Ricciotti hatte aber inzwischen einen glücklichen Handstreich gegen die Verbindungslinie der deutschen Armeen gemacht und 19. Nov. in Châtillon ein Landwehrbataillon und zwei Schwadronen Reservehusaren überfallen. Durch Befehl der Regierung wurde Garibaldi nach Autun zurückgezogen, um dort ungefährdet die Organisation seiner Freischaren zu vollenden. Im Laufe des November glaubte er, einen Angriff auf Dijon unternehmen ¶
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zu können. Er überraschte 26. Nov. die bad. Vorposten und drängte sie zurück, wurde jedoch von deren Reserve mit starkem Verlust abgewiesen, worauf seine Mannschaften in wilder Flucht zurückgingen. General von Werder verfolgte ihn 27. Nov. mit zwei Brigaden, holte aber nur die Nachhut unter Menotti Garibaldi ein. Er nahm darauf seine frühern Stellungen wieder ein. General Cremer näherte sich Mitte Dezember mit 15000 Mann den bad. Stellungen, wurde aber am 18. bei Nuits von Werder angegriffen und geschlagen. Vom 14. Armeekorps hatte die Landwehrdivision Tresckow 3. Nov. Belfort (s. d.) eingeschlossen und die Belagerung der Festung begonnen, die den Winter hindurch bis zum fortgesetzt wurde.
Auch die Festung Langres sollte belagert werden. Die Brigade Goltz, die dazu bestimmt war, überfiel im Vorrücken die Franzosen 15. Dez. in vier Kantonierungen und warf sie in den Platz hinein. Doch erhielt General von Werder bald darauf die Nachricht, daß bedeutende franz. Heereskräfte von Westen im Anmarsch seien; es war die Armee Bourbakis, die von der Loire herkam. Ob sie gegen das 14. Armeekorps und zum Entsatz von Belfort oder mehr in nördl. Richtung auf Nancy [* 19] zur Unterbrechung der deutschen Verbindungslinien gehen würde, war zweifelhaft; General von Werder räumte seine weit vorgeschobene Stellung bei Dijon 27. Dez. und erreichte in Gewaltmärschen Vesoul, wo er seine Truppen versammelte und auch die Brigade Goltz von Langres wieder an sich zog.
Als die Absicht Bourbakis klar wurde, auf Belfort zu marschieren, brach Werder schnell auf, um ihm den Weg zu verlegen. Dabei stieß er bei Villersexel auf die Flanke der im Marsch befindlichen franz. Armee und griff sie an. Bourbaki wurde dadurch aufgehalten und entwickelte sich am folgenden Tage zur Schlacht; Werder aber setzte seine Truppen schleunigst wieder in Bewegung und eilte ihnen mit seinem Stabe voraus, um eine Stellung vor Belfort und Mömpelgard hinter der Lisaine zu suchen und zur Verteidigung einzurichten.
Hier nahm er mit seinem nicht einmal ganz vollständigen Armeekorps die Schlacht gegen eine Macht von 150000 Mann an. Es kam darauf an, die Belagerung von Belfort und den Eingang zum Elsaß (die trouée de Belfort) zu decken. In der dreitägigen Schlacht an der Lisaine (s. d.), 15. bis 17. Jan., suchte Bourbaki mit seiner ganzen Armee in wiederholten stürmischen Angriffen das kleine heldenmütige Korps zu überwältigen, wurde jedoch abgeschlagen und mußte sich endlich, als er die Annäherung der deutschen Südarmee unter Manteuffel erfuhr, zum Rückzug entschließen, wodurch seine Truppen bald in völlige Auflösung gerieten.
Den Oberbefehl der franz. Ostarmee übernahm nach Bourbakis Selbstmordversuch General Clinchant; doch wurde der Rückzug viel zu säumig ausgeführt, vielleicht weil die verfolgende Vorhut des 14. Armeekorps mit Absicht nicht heftig drängte. Manteuffel hatte inzwischen die Côte-d'Or überschritten und richtete jetzt seine Operationen gegen Flanke und Rückzugslinie des Feindes, also gegen den Doubs. Garibaldi, der bis Dijon vorgerückt war, stand hier noch, verhielt sich indes völlig unthätig.
Die deutsche Südarmee fand die Übergänge des Doubs unbesetzt und verlegte bis zum 25. Jan. den franz. Korps die Rückzugslinie südlich von Besançon. Sie trat mit dem 14. Armeekorps, das sich rechts nach Rioz geschoben, in Verbindung, wodurch Manteuffel Gewißheit erlangte, daß die vier franz. Korps noch bei Besançon verweilten. Gegen Dijon war die Brigade Kettler vom 2. Armeekorps abgeschickt worden; diese griff dort kühn an, um Garibaldi festzuhalten, wobei ein Bataillon in einem ruhmvollen Gefecht gegen große Übermacht seine Fahne einbüßte, nachdem deren Träger [* 20] und mehrere Offiziere, die sie nach diesem ergriffen, erschossen worden, sodaß sie auf dem Kampfplatz unter Leichen liegen blieb. Garibaldi räumte indes Dijon 1. Febr., als eine Division unter Hann von Weyhern heranrückte, und verließ dann den Kriegsschauplatz.
Die franz. Ostarmee war im Abmarsch von Besançon, sie zog sich östlich nach der Schweizer Grenze, um längs derselben zu entkommen. Als Manteuffel dies erfuhr, beschloß er, sie zur Schlacht oder zum Übertritt auf das neutrale Schweizer Gebiet zu nötigen. Mit dem 2. Armeekorps verlegte er dem Feinde südlich von Pontarlier die letzten Straßen im Gebirge; das 7. Korps nahm die gerade Straße auf Pontarlier, wo die Hauptmacht des Gegners zu erwarten war; von Norden drängte vom 14. Armeekorps die 4. Reservedivision (Schmeling) und das kürzlich hinzugekommene Detachement Debschitz, das vorher bei Belfort verwendet worden war. So drängte alles vereint gegen Pontarlier, wohin der Feind sich gezogen: nur die Schweizer Grenze stand ihm noch offen. Am 29. Jan. erreichte die 14. Division des 7. Armeekorps die Nachhut der franz. Armee und warf sie auf Pontarlier zurück, wobei 4000 Gefangene, 10 Geschütze und 2 Mitrailleusen genommen wurden;
am 30. nahm vom 2. Korps die 7. Brigade Frasne und machte 2000 Gefangene.
Mittlerweile war 28. Jan. zu Versailles [* 21] ein Waffenstillstand auf 3 Wochen geschlossen, von demselben aber ausdrücklich der Schauplatz in den östl. Departements ausgenommen worden. Die franz. Generale waren über letztern Umstand nicht unterrichtet und beanspruchten sofort Einstellung der Feindseligkeiten; Manteuffel gab diesem Verlangen keine Folge und nötigte dadurch Clinchant zum Übertritt nach der Schweiz. [* 22] Schon einige Tage vorher hatten bezüglich dieser Eventualität Verhandlungen mit dem Befehlshaber der eidgenössischen Armee an der Grenze, General Herzog, stattgefunden.
Der Übertritt erfolgte bei Pontarlier, wo zur Deckung des Abzugs eine starke Nachhut stehen blieb. Diese wurde von der 7. Brigade (Du Trossel) angegriffen; sie verließ zwar Pontarlier, leistete aber in heftigen Gefechten Widerstand, besonders am Paß [* 23] La Cluse. Am 1. Febr. überschritt die franz. Armee, noch 84000 Mann mit 10000 Pferden stark, die Grenze der Schweiz, wo sie entwaffnet und bis zum Frieden interniert wurde. Die deutsche Südarmee rückte weiter südwestlich gegen Lons-le-Saunier vor, um die Versprengten des Feindes noch zu fangen oder zu vertreiben; die Division Schmeling vom 14. Korps und das Detachement Debschitz räumten in der Gegend von Pontarlier auf. Das 14. Armeekorps hatte in den Kämpfen bei Belfort und auf der Verfolgung etwa 3000 Gefangene gemacht, die Südarmee bei ihren Gefechten 15000 nebst 28 Geschützen. Jetzt wurden die Truppen in Kantonierungen verlegt. Die vierte franz. Feldarmee war somit für den Krieg verloren. Eine dritte, die Pariser, an Zahl die stärkste von allen, hatte sich schon 28. Jan. kriegsgefangen gegeben. ¶