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vom 30. Aug. bis 1. Sept. gemachten Gefangenen fielen 14000 Verwundete in deutsche Gefangenschaft, sodaß sich der Gesamtverlust
der
Franzosen, einschließlich der
Toten, auf rund 121000 Mann belief. Etwa 10-15000 Mann entkamen teils nach
Belgien,
[* 2] teils
nach Mezières. Das 13. franz. Korps unter
General Vinoy entkam nach
Paris
[* 3] und bildete dort später den
Kern der Verteidigungsarmee.
Brücken II

* 8
Brücken.In Frankreich hatte die Nachricht von der Kapitulation bei Sedan [* 4] den Umsturz des Kaiserreichs, die Ausrufung der Republik (4. Sept.) und die Errichtung der «Regierung der Nationalverteidigung» zur Folge. Alle Hoffnungen auf einen baldigen Frieden, die man vielfach an die Gefangennehmung des Kaisers geknüpft hatte, zerfielen damit in sich; denn es war kein berechtigtes Organ mehr vorhanden, mit dem man Frieden hätte schließen können, auch ließ sich nicht übersehen, ob die neue Regierung im eigenen Lande anerkannt würde. Deshalb hatte die Heeresleitung des Königs Wilhelm, nachdem für die Fortschaffung der Gefangenen von Sedan nach Deutschland [* 5] Sorge getragen war, unverzüglich die Heere der beiden Kronprinzen gegen Paris in Marsch gesetzt. König Wilhelm hielt schon 5. Sept. seinen Einzug in Reims, [* 6] während die Armeen weiter vorrückten und die Reiterei denselben wieder vorauseilte. Die Kavalleriedivision Herzog Wilhelm von Mecklenburg, [* 7] verstärkt durch das 4. Jägerbataillon, rückte vor Laon, dessen Kommandant kapitulierte; beim Einzug in die Citadelle (9. Sept.) wurde aber noch verräterischerweise der Pulverturm gesprengt, wodurch viele Menschen getötet oder verstümmelt wurden. Ohne auf Widerstand zu stoßen, kamen die deutschen Heere bis in die Nähe von Paris. General Trochu, der Gouverneur, hatte die Bevölkerung der nächsten Umgegend aufgefordert, mit ihren Lebensmitteln in die Stadt zu kommen; was nicht fortzuschaffen gewesen, war vernichtet, viel Eigentum in den Häusern auch von Franctireurs, ja selbst von Linientruppen geplündert oder zerstört worden. Die Häuser fand man großenteils verlassen oder verschlossen, die Umfassungen der Grundstücke zerstört, Kellerräume vermauert; die Straßen waren zum Teil abgegraben und viele Brücken [* 8] zerstört.
Am 15. Sept. waren die Vortruppen der beiden Heere bis auf 3 Stunden an die Ostfront von Paris (s. d.) herangekommen und umfaßten die Stadt in einem großen Halbkreise. General Ducrot suchte 19. Sept. durch einen heftigen Ausfall die Einschließung der südl. Front links der Seine zu hindern, wurde aber bei Sceaux (s. d.) zurückgeschlagen. Am selben Tage hatte der franz. Minister des Äußern, Favre, in Ferrières, dem Hauptquartier des Königs, eine Unterredung mit Bismarck, um über den Abschluß eines Waffenstillstandes, eventuell über die Friedensbedingungen, zu verhandeln.
Metz (Beschreibung und

* 9
Metz.Diese Zusammenkunft verlief resultatlos, da der franz. Bevollmächtigte ablehnte, in die deutscherseits geforderte Gebietsabtretung zu willigen und überhaupt jede Abtretung franz. Gebietes für unannehmbar erklärte. Unter diesen Umständen konnte durch einen Waffenstillstand lediglich der Stärkung der franz. Wehrkraft gedient und die Beendigung des Krieges verzögert werden. Für die deutsche Heerführung handelte es sich darum, die beiden Hauptsammelpunkte der feindlichen Macht, Metz [* 9] und Paris zu unterwerfen. Dazu reichten die deutschen Heere wohl aus; es fehlten aber weitere Kräfte, um gleichzeitig gegen den Süden Frankreichs offensiv vorgehen zu können. Nur mit Mühe konnten einige schwache Truppenkörper bereitgestellt werden, die Einschließung von Paris gegen Entsatzversuche zu decken. Diese Verhältnisse ergaben einen völligen Umschwung der strategischen Lage der Deutschen.
Vor dem Eintreffen des Belagerungsparks mußte Paris möglichst eng eingeschlossen und jeder Verbindung mit außen beraubt werden; erst nach Ankunft des vollständigen Belagerungsparks konnte der förmliche Angriff beginnen. Dieser Zeitpunkt lag ziemlich fern, denn die vorhandenen Belagerungsgeschütze wurden zunächst im Elsaß gebraucht und konnten erst dann vor Paris geschafft werden, wenn mindestens eine Bahnlinie dorthin völlig zur Verfügung stand, d. h. nach Einnahme der Festung [* 10] Toul. [* 11] Am 30. Sept. fand an der Südfront von Paris ein zweiter Ausfall statt, von 10000 Mann unter General Vinoy, wurde aber nach sechsstündigem Kampfe vom 6. Armeekorps zurückgewiesen.
Preußen

* 12
Preußen.Dann verging der halbe Oktober, ehe ein neuer unternommen wurde, nur die Forts schossen unausgesetzt, oft auf kleine Abteilungen und einzelne Reiter. Vorzüglich war es das hochgelegene, mit schwerem Marinegeschütz besetzte Fort auf dem Mont-Valérien, das die Stellungen des linken Flügels der Dritten Armee, 5. Korps, beunruhigte. Während dieser Zeit hatte der König von Preußen [* 12] 5. Okt. sein Hauptquartier von Ferrières nach Versailles [* 13] verlegt, wo auch der Kronprinz bereits 20. Sept. sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Am 13. Okt. fand ein neuer Ausfall statt mit 10 Bataillonen gegen Süden, wurde aber vom 2. bayr. Korps nach heftigem Kampfe abgeschlagen; ebenso wurde der am 21. vom Mont-Valérien (s. d.) her durch 12 Bataillone mit 40 Geschützen unter General Ducrot unternommene von den Vortruppen des 5. Korps, zuletzt unterstützt durch die Garde-Landwehr, die nach der Kapitulation von Straßburg [* 14] nach Versailles herangezogen war, abgewiesen.
Bei einem spätern Ausfall, 28. Okt., diesmal nach Norden [* 15] gegen das Gardekorps gerichtet, nahmen die Franzosen das von Vorposten schwach besetzte Dorf Le Bourget [* 16] und richteten es zu nachhaltiger Verteidigung ein. Am 30. Okt. wurde Le Bourget durch die 2. Gardedivision nach längerm, verlustreichem Kampfe zurückerobert und fortan mit stärkerer Besatzung versehen. Zu neuen erbitterten Kämpfen kam es sodann 30. Nov. und 2. Dez. bei einem erneuten Ausfall unter Ducrot in der Nähe des Dorfes Champigny (s. d.). - Inzwischen war Straßburg (s. d.) 27. Sept. nach siebenwöchiger Verteidigung erlegen. Von den kleinern Festungen hatte Marsal schon 15. Aug., Vitry am 25. ohne Widerstand kapituliert, Toul (s. d.) mit 2400 Mann und 120 Geschützen dagegen erst 23. Sept. nach wiederholter heftiger Beschießung, Soissons am 16. und Schlettstadt [* 17] 24. Okt. sich ergeben. Neu-Breisach und Verdun [* 18] wurden noch belagert, Pfalzburg eingeschlossen, Bitsch (s. d.) blieb unbezwungen bis zum Frieden.
Deutsch-Französischer

* 19
Seite 55.107. Unterdessen hatte auch Marschall
Bazaine in Metz (s. d.), nachdem er nach der
Schlacht von
Noisseville (s. oben) noch mehrere
kleinere
Ausfälle (27. Sept. und 7. Okt.), aber keinen größern Durchbruchsversuch unternommen hatte, wegen
Mangel
an Lebensmitteln am 27. Okt. kapituliert. Die
Armee (3 Marschälle, 6000
Generale und Offiziere, 173000 Mann) wurde auf die
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Bedingung von Sedan kriegsgefangen, die Festung, der stärkste Waffenplatz Frankreichs, mit allem Kriegsmaterial übergeben; 53 Adler,
[* 20] 541 Feld-
und 800 Festungsgeschütze, 102 Mitrailleusen und 300000 Gewehre wurden ausgeliefert. Die Armee des Prinzen Friedrich Karl wurde
nun verfügbar für die Bekämpfung der neuformierten franz. Feldtruppen im nördl.
und südl. Frankreich, die der deutschen Armee vor Paris lästig wurden.
III. Der Kampf in den Provinzen, a. An der Loire. Schon vor der Einschließung von Paris hatte sich ein Teil der franz. Regierungsmitglieder als Delegation nach Tours [* 21] begeben; ihnen war Gambetta später in einem Luftballon gefolgt und hatte die Kriegsleitung übernommen. Er übte thatsächlich diktatorische Gewalt aus, um die ganze Volkskraft für den Krieg bis zum Äußersten anzuspannen. Es wurden Waffen, [* 22] Bekleidung und Ausrüstung im Auslande, namentlich in England, aufgekauft.
Italien

* 23
Italien.Neben den Linientruppen, Mobil- und Nationalgarden wurden zum Volkskriege auch Banden von Francs-Tireurs aufgerufen, überhaupt die Levée en masse angeordnet. In großen Übungslagern sollten die Departementaltruppen formiert und eingeübt werden. Garibaldi kam aus Italien [* 23] herbei; aus allen Ländern strömten Freischärler zu. Im Süden waren die Rüstungen im Laufe des September so weit gediehen, daß schon an einen Entsatz von Paris gedacht werden konnte; eine Loire-Armee war gebildet, von der eine Abteilung 5. Ott. bei Toury die vorgeschobene 4. Kavalleriedivision (Prinz Albrecht) angriff.
Der Feldkrieg begann von neuem. Von dem 14. Armeekorps (Werder) war nach der Eroberung von Straßburg eine fliegende Kolonne entsendet worden, um die Vogesen vom Feinde zu säubern; das ganze Korps, mit Ausnahme der neuangekommenen Reservedivision Schmeling, die zur Belagerung von Schlettstadt und Neu-Breisach im Elsaß zurückblieb, rückte Anfang Oktober nach Burgund vor (s. unten). Gleichzeitig wurde von Paris her das 1. bayr. Korps (von der Tann) mit der 22. Division (von Wittich) und der 2. Kavalleriedivision (Graf Stolberg) [* 24] gegen die Loire-Armee unter Lemotterouge entsendet.
Orléans (Stadt)

* 25
Orléans.General von der Tann stieß 10. Okt. bei Artenay auf deren Vorhut und warf sie zurück; am 11. rückte er gegen Orléans [* 25] (s. d.), schlug Lemotterouge und besetzte die Stadt und die Loirebrücke. Die Division Wittich wurde einige Tage später westwärts entsendet, wo sich auch feindliche Streitkräfte bewegten; sie erstürmte 18. Okt. Châteaudun und besetzte am 21. Chartres. In diesen Stellungen verblieb das Korps vorläufig, da ein weiteres Vorgehen die Verbindung mit Paris gefährdet haben würde und es nur darauf ankam, Entsatzversuche von dieser Seite zu hindern.
Nach dem Falle von Metz übernahm General von Manteuffel das Oberkommando der Ersten Armee; das 7. Armeekorps und die Division Kummer blieben zur Besetzung von Metz und Lothringen sowie zur Belagerung der Festungen an der belg. Grenze zurück, das 1. und 8. setzten sich in nordwestl. Richtung nach der Picardie in Bewegung. Von der Zweiten Armee wurde das 2. Korps nach Paris herangezogen und mit dem 3., 9. und 10. trat Prinz Friedrich Karl den Marsch nach Süden an, um hier den Oberbefehl zu übernehmen. Der erneute Feldkrieg wurde demnach auf drei Schauplätzen geführt, jedoch ohne daß die Operationen untereinander in Verbindung gestanden hätten.
An der
Loire hatte sich die Lage, ehe der Prinz trotz angestrengter Märsche dahin gelangen konnte, verschlimmert.
Die feindliche Armee war bis auf 150000 Mann verstärkt und an ihre Spitze General Aurelle de Paladines gestellt worden, der
Anfang November auf dem rechten Loire-Ufer gegen Orléans vorrückte. General von der Tann bezog eine vorher ausgewählte Stellung
bei Coulmiers (s. d.), wo er, am 9. angegriffen, sich in heißem
Kampfe bis zum Abend behauptete.
Verstand - Versteigeru
![Bild 66.297: Verstand - Versteigerung [unkorrigiert] Bild 66.297: Verstand - Versteigerung [unkorrigiert]](/meyers/thumb/66/66_0297.jpeg)
* 26
Verstärkung.Noch in der Nacht zum 10. Nov. trat er den Rückzug an und vereinigte sich bei Toury mit der 22. Division und der 4. Kavalleriedivision des Prinzen Albrecht. Orléans wurde geräumt. Zu weiterer Verstärkung [* 26] wurde demnächst der Großherzog von Mecklenburg mit der 17. Division herangezogen. Der erwartete Angriff des Feindes blieb jedoch aus, Aurelle begnügte sich mit der Wiederbesetzung von Orléans. Der Großherzog ging nunmehr selbst zum Angriff vor. Die 17. Division, unter Tresckow, schlug 17. Nov. 7000 Mobilgarden, die sich bei Dreux gesammelt hatten, aus der Stadt und besetzte diese; die 22. Division siegte am 18. bei Châteauneuf; im weitern Vorrücken gegen Südwesten wurde am 22. Nogent-le-Rotrou besetzt, wodurch die linke Flanke der bei Orléans stehenden feindlichen Armee bedroht war.
Inzwischen traf auch die Zweite Armee nach einem dreiwöchigen Marsche an der Loire ein. Das 10. Korps (Voigts-Rhetz), das ihren linken Flügel bildete, stieß zuerst auf den Feind; zwei Brigaden eröffneten sich 24. Nov. in den Gefechten bei Ladon und Maizières die Marschstraße nach Beaune-la-Rolande, die das 20. franz. Armeekorps bereits versperrte. Aurelle, der bereits den Vormarsch gegen Paris auf Verlangen Gambettas begonnen hatte, wandte sich nun mit einem großen Teile seiner Armee gegen den Prinzen Friedrich Karl und griff das 10. Korps bei Beaune-la-Rolande (s. d.) an, erlitt jedoch eine Niederlage; er zog sich nach Orléans hin zurück und nahm Stellung vor dem Walde.
Stärke (natürliches Vo

* 27
Stärke.
Die Loire-Armee hatte inzwischen eine Stärke
[* 27] gewonnen, die für das Große Hauptquartier der Deutschen überraschend kam. Sie
bestand aus den Armeekorps Nr. 15, 16, 17, 18 und 20, die freilich noch nicht vollzählig waren, aber
Anfang Dezember immerhin schon wenigstens 200000 Mann zählten. In weitem Bogen
[* 28] hielt diese Armee das Gelände um Orléans besetzt,
wobei ihr der große Wald von Orléans trefflich zu statten kam. Zwischen den Hauptquartieren des Prinzen
Friedrich Karl und des Großherzogs von Mecklenburg entstanden zudem Reibungen, die der Erreichung des einheitlich anzustrebenden
Zieles nicht förderlich sein konnten.
Am 1. Dez. griff das 16. franz. Korps (Chanzy) bei Villepion die ihm gegenüberstehenden Bayern [* 29] an und drängte sie in einem für die Franzosen glücklichen Gefechte zurück. Am 2. Dez. griff Chanzy dann die Armeeabteilung des Großherzogs bei Loigny (s. d.) und Poupry an. In hartnäckiger Schlacht wurden die Franzosen geschlagen, obschon außer Teilen des 15. und dem 16. Korps auch die verfügbaren Teile des 17. Korps am Kampfe teilnahmen. Prinz Friedrich Karl warf nun 3. Dez. mit dem 3. und 9. Korps das 15. franz. Korps auf Orléans zurück und schlug die Franzosen 4. Dez. entscheidend bei Orléans (s. d.). General Aurelle räumte die Stadt, nachdem der Bahnhof und die nördl. Vorstadt bereits vom 9. Korps erstürmt, die ¶