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dadurch auf lange Zeit die Fühlung mit dem in Auflösung weichenden Gegner. Das Korps Mac-Mahons wurde für die nächste Zeit ganz kampfunfähig. Der Kronprinz konnte nach diesem entscheidenden Siege die bereits begonnene Schwenkung fortsetzen und die Vogesen, ohne Widerstand zu finden, überschreiten (s. unten). Er ließ im Elsaß nur die bad. Division (Beyer) von dem kombinierten Werderschen Korps zurück, die schon 7. Aug. den Marsch gegen Straßburg [* 2] antrat.
An dem Tage der Schlacht bei Wörth, [* 3] 6. Aug., wurde von Teilen der Ersten und Zweiten Armee in der Schlacht bei Spicheren (s. d.), südlich von Saarbrücken, [* 4] ebenfalls ein schwerer, aber wichtiger Sieg errungen, der den Feind zum Rückzug nach der Mosel zwang. Der Sturm auf die Höhen von Spicheren, wo General Frossard mit dem 2. Korps der Rheinarmee seine verschanzte Stellung besetzt hielt, war einer der schwierigsten und blutigsten, welche die Kriegsgeschichte kennt; mit ungeheuern Verlusten wurde stundenlang darum gerungen.
Die Höhe wurde bei
Einbruch der Dunkelheit genommen, worauf Frossard unter dem Schutze seiner starken
Artillerie den Rückzug zunächst nach Öttingen antrat. Mehrere in der Nähe des Schlacht
feldes lagernde franz.
Divisionen waren unthätig stehen geblieben und haben dadurch den
Verlust der
Schlacht großenteils verschuldet.
Außer 1500 unverwundeten
Gefangenen fiel auch das Lagergerät einer Division, ein Pontontrain und große
Magazine (zu Forbach)
[* 5] in deutsche
Hand.
[* 6]
Alle drei deutschen Armeen standen nun auf franz. Boden und setzten ihre Bewegungen unter einheitlicher Leitung des Großen Hauptquartiers fort, das ihnen von Mainz [* 7] aus über Homburg [* 8] (8. Aug.), Saarbrücken (10.), St. Avold (11.), nach Herlingen, einem großen Dorfe an der Eisenbahn nach Metz, [* 9] folgte. Die bad. Division nahm in ihrem Vorrücken gegen Straßburg 7. Aug. Hagenau [* 10] durch einen Handstreich ihrer Kavallerie und erschien am 9. vor Straßburg. General von Beyer forderte den Kommandanten Uhrich zur Übergabe auf, die dieser ablehnte; die Festung [* 11] wurde darauf eingeschlossen.
Die Dritte Armee überschritt die Vogesen. Am 9. Aug. wurde Lützelstein, das unter Zurücklassung von Geschütz u. s. w. geräumt war, besetzt, Lichtenberg kapitulierte am 10. nach kurzer Beschießung, Bitsch wurde am 11. eingeschlossen, Pfalzburg am 13. von einer Division des nunmehr eingetroffenen 6. Armeekorps vergeblich aus Feldgeschütz beschossen und später eingeschlossen. Am 11. Aug. standen die deutschen Vortruppen vor der Mosellinie, die Armeen hatten sich auf einer Frontlinie von 52 km zusammengezogen.
Ein Telegramm aus dem Großen Hauptquartier zu Saarbrücken meldete vom 10. Aug.: «Die franz. Armee setzt ihren Rückzug gegen die Mosel auf allen Punkten fort. Von unsern sämtlichen Armeen folgt ihr die Kavallerie auf dem Fuße.» Seit diesem Zeitpunkte begann die selbständige, damals neuartige Verwendung der Reiterei, welche dieser Waffe die Anerkennung ihrer hohen Bedeutung für die Kriege der Gegenwart wieder verschafft hat. Sie ging den vorrückenden Heeren weit voraus, verschleierte alle Bewegungen und verschaffte der eigenen Heerführung schnell und zuverlässig Aufklärung über den Verbleib und die Maßregeln des Gegners; sie überzog weite Landstrecken, überfiel feindliche Transporte, trieb Lebensmittel und Kontributionen ein und war zum Gefecht wieder rechtzeitig zur Stelle, um wirksam in den Kampf einzugreifen, während die franz. Kavallerie so gut wie gar nichts that und dadurch der deutschen Reiterei ihre Aufgabe wesentlich erleichterte. Die feindliche Hauptarmee hatte zunächst die Linie der franz. Nied halten wollen, diese Stellung aber 12. Aug. verlassen, als preuß. Kavallerie auf Pont-à-Mousson vorging und das Heer des Prinzen Friedrich Karl weiter vorrückte. Bis auf 15 km von Metz war die Kavallerie der Ersten Armee vorgedrungen, während die der Zweiten vor Pont-à-Mousson und die der Dritten vor Nancy [* 12] erschienen war.
Marschall Bazaine hatte 12. Aug. infolge der Ereignisse zu Paris [* 13] (s. Frankreich) den Oberbefehl der Armee an Stelle des Kaisers übernommen; sein (das 3.) Korps führte nunmehr Decaen. Cousin-Montauban, Graf von Palikao, wurde an Stelle Lebœufs Kriegsminister. Bazaine war vom Kaiser angewiesen, die Armee hinter die Maas zurückzuführen, um sich mit dem bei Châlons aus den Resten des Heers Mac-Mahons und neuen Truppen (wie den für die Flotte bestimmt gewesenen Landungstruppen, der Besatzung von Rom, [* 14] dem Reste des 7. Korps, Marineregimentern und Marschregimentern) zusammengestellten Hilfsheere zu vereinigen.
Bazaine ließ am 13. die Brücken [* 15] über die Mosel vermehren, sandte an demselben Tage einen Teil des Trains bis Gravelotte voraus und wollte 14. Aug. mit der ganzen Armee nach Verdun [* 16] abrücken. Nur eine Infanteriedivision (Lavaucoupet) sollte zur Verstärkung [* 17] der Garnison in Metz bleiben. Als am 14. die auf dem rechten Moselufer stehenden Korps (Garde, 3. und 4.) abzurücken begannen, wurde die Nachhut, 3. Korps, von der Ersten Armee (Steinmetz), die östlich vor Metz stand, angegriffen, worauf das Garde- und 4. Korps Front machten und an der Schlacht von Colombey-Nouilly (s. d.) teilnahmen.
Die Schlacht dauerte sieben Stunden, endete mit dem Rückzuge der Franzosen und hatte das wichtige Ergebnis, Bazaines Abmarsch um fast zwei Tage zu verzögern, wodurch die Zweite Deutsche Armee [* 18] Zeit gewann, vorher die Mosel zu überschreiten. Auf die Meldung von dem Siege vor Metz wurde im königl. Hauptquartier befohlen, daß von der Ersten Armee nur das 1. Armeekorps (Manteuffel) mit den beiden Kavalleriedivisionen (Hartmann und Gröben) auf dem rechten Moselufer bleiben, das 7. und 8. (Zastrow und Goeben) aber links abmarschieren und, wie auch die Zweite Armee, den Fluß südlich von Metz überschreiten sollten.
Der König verlegte 16. Aug. sein Hauptquartier nach Pont-à-Mousson. Bazaine hatte seine ganze Armee, 170000 Mann, auf das linke Moselufer gezogen. Sie bestand aus dem 2. Korps (Frossard), dem 3. (Leboeuf für den am 14. Aug. schwerverwundeten Decaen), dem 4. (L'Admirault), dem 6. Korps (Canrobert), das jedoch nicht vollzählig zur Stelle war, und den Garden (Bourbaki). Am 15. Aug., wo noch die Straße nach Verdun frei war, trat die Armee auch den Marsch auf zwei Parallelstraßen an, kam aber mit den Spitzen nur bis Doncourt auf der nördlichen und Vionville auf der südlichen; die Hauptmassen lagerten um Gravelotte, wo auch das Hauptquartier stand. Der Kaiser war noch bei der Armee, verließ diese jedoch am nächsten Morgen und begab sich über Verdun nach dem Lager [* 19] von Châlons.
Am Abend des 15. Aug. begann von der Zweiten deutschen Armee das 3. Korps (Alvensleben II.) ¶
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die Mosel zu überschreiten. Man war im Großen Hauptquartier der Ansicht, daß die Franzosen bereits nach der Maas abmarschiert seien. Auf eine Schlacht zwischen der Maas und der Mosel rechnete man nicht. Der Marsch des 3. Armeekorps wurde bis 3 Uhr [* 21] morgens nördlich gegen die Straße Metz-Verdun bis Gorze und Onville fortgesetzt. Nach kurzer Rast, schon um 5 Uhr morgens, traten die beiden Divisionen des 3. Korps, gefolgt von der 6. Kavalleriedivision, ihren Vormarsch gegen die Straße Metz-Verdun wieder an, in der Richtung auf Mars-la-Tour und Vionville.
Die Kavallerie meldete dem General von Alvensleben, daß sie feindliche Vorposten und dahinter große Zeltlager vor sich habe; der General beschloß den Angriff, und als eine zweite Meldung kam, daß der Feind aus den Lagern rücke, wahrscheinlich um abzumarschieren, und die Kavalleriedivision auf dem Plateau angekommen war, erhielten die beiden Divisionen des 3. Korps um 10 Uhr Befehl, vorzugehen. Dies war der Beginn der Schlacht von Vionville-Mars-la-Tour. (S. Vionville.) Fast 5 Stunden kämpfte das 3. Korps allein gegen die stets erneuten Angriffe der feindlichen Übermacht bei Vionville und Flavigny.
Gegen 4 Uhr nachmittags traf das 10. Korps ein, gleichzeitig Prinz Friedrich Karl, der die Leitung der Schlacht übernahm. Es
kam zu einem großartigen Reitergefecht (ungefähr 5000 Reiter beiderseits), in welchem schließlich
die deutsche Kavallerie siegte. Auf dem rechten Flügel trafen gegen Abend Teile des 8. und 9. Armeekorps ein und griffen in
die Schlacht ein, die erst mit Einbruch der Nacht, nach zwölfstündiger Dauer, ihr Ende erreichte. Der Abmarsch der Franzosen
nach Verdun war durch die Schlacht von Vionville unmöglich geworden, da für den folgenden Tag auf deutscher
Seite beträchtliche Verstärkungen zur Stelle sein mußten. Am 17. Aug. ging die franz. Armee in die Stellung St. Privat-La Montagne-Jussy,
also dicht vor Metz, zurück und verstärkte diese von Natur starke Stellung durch alle Mittel der Feldbefestigung.
[* 22] Auf deutscher Seite hatte man für den 17. Aug. die Wiederaufnahme des Kampfes vorausgesetzt, und König Wilhelm ließ dazu
alle Korps der Zweiten Armee, die zum Teil noch auf dem rechten Moselufer waren, heranrücken. Da der feindliche Angriff jedoch
ausblieb, wurde für den 18. Aug. der weitere Vormarsch beschlossen, um den Feind aufzusuchen und eine Hauptschlacht
zu liefern.
Der König traf 18. Aug. morgens 6 Uhr aus Pont-à-Mousson auf der Höhe südlich von Flavigny ein. Bald nahm man wahr, daß die feindliche Armee vor Metz Stellung genommen habe, worauf eine allgemeine Rechtsschwenkung befohlen wurde, und die Schlacht von Gravelotte-St. Privat (s. Gravelotte) begann. Diese Schlacht entschied über das Schicksal der franz. Rheinarmee und der Festung Metz. Der rechte Flügel der Franzosen wurde bei St. Privat völlig geschlagen und eilte in wilder Flucht nach Metz zurück, der linke hielt hingegen noch während der Nacht seine Stellung und räumte diese erst am Morgen des 19. Aug., ohne einen neuen Angriff abzuwarten.
Die Kaisergarde hatte an der Schlacht fast gar nicht teilgenommen, ebenso die Reserveartillerie der franz. Armee, dagegen hatte das preuß. Gardekorps sehr schwere Verluste erlitten. Am Morgen des 19. wurde die Bahnverbindung mit Diedenhofen [* 23] durch deutsche Kavallerie unterbrochen. Die geschlagene Armee wurde im Lager von Metz eingeschlossen, wozu die Erste und Zweite Armee daselbst zurückblieben, nachdem von letzterer 3 Korps (Garde, 4. und 12.) unter dem Befehle des Kronprinzen Albert von Sachsen [* 24] abgezweigt und als selbständige Vierte (Maas-)Armee zu fernerer Verwendung im freien Felde bestimmt worden waren. Vereint mit der Dritten Armee sollte die Maasarmee gegen die bei Châlons gebildete Feldarmee des Marschalls Mac-Mahon, bei der sich Napoleon befand, operieren.
Prinz Friedrich Karl, der den Oberbefehl vor Metz übernahm, erhielt die bereits operationsfähige 4. Reservedivision (Kummer), die größtenteils aus Landwehr, verstärkt durch Linientruppen aus den Festungsbesatzungen, bestand, zugewiesen; auch traf 1. Sept. ein Teil der Küstenarmee (17. Division) unter dem Großherzoge von Mecklenburg-Schwerin vor Metz ein. Die feindliche Flotte kreuzte zwar noch in den deutschen Meeren, eine Landung stand aber nicht mehr bevor; die dazu bestimmten Truppen, auch die Marinesoldaten, waren zur Verteidigung des eigenen Landes unentbehrlich.
Vor Metz blieben 8 ½ Armeekorps und 2 ½ Kavalleriedivisionen. Das Oberkommando der Ersten Armee wurde dem Prinzen Friedrich Karl direkt unterstellt und General von Steinmetz zum Generalgouverneur im Bezirke des 5. und 6. Armeekorps ernannt. Diese Maßregel wurde besonders deshalb notwendig, weil vor Metz ein einheitlicher Oberbefehl unbedingt erforderlich war. Ein (31. Aug.) unternommener Ausfallversuch, der die Operationen der zum Entsatz von Metz heranrückenden Armee Mac-Mahons unterstützen sollte, wurde von den auf dem rechten Moselufer stehenden Truppen (namentlich 1. Armeekorps unter General von Manteuffel) in der Schlacht von Noisseville (s. d.) zurückgeschlagen. Es war dies der letzte größere Versuch, die Rheinarmee von der Einschließung zu befreien.
B. Die Kämpfe um Sedan [* 25] und Paris. Inzwischen aber hatten schon 19. Aug. die Dritte Armee, die aus 5 ½, und die Maasarmee, die aus 3 Korps bestand, wozu noch 4 preuß. Kavalleriedivisionen, die sächs. Reiterdivision und die süddeutsche Kavallerie gehörten, mit ihrer Vorhut ihre Operationen gegen die Armee von Châlons begonnen. Die Maasarmee nördlich als rechter Flügel trat mit ihrem Gros den Marsch nach der Maas 20. Aug. an, während die Dritte Armee diesen Fluß schon am 19. und 20. überschritt, ohne auf Widerstand zu stoßen, und auf Bar-le-Duc vorrückte.
Eine Brigade vom 2. bayr. Korps (Hartmann) blieb vor Toul [* 26] stehen, da eine Division des 4. Korps, welche erfolglos die Festung mittels gewaltsamen Angriffs zu nehmen versucht hatte, zur Maasarmee herangezogen worden war. Das Hauptquartier des Kronprinzen kam nach Ligny, wo auch der König, dem Moltke vorauseilte, erwartet wurde. Da lief die Meldung ein, daß der Feind das Lager von Châlons verlassen habe. Es war zweifelhaft, ob Mac-Mahon sich ganz nach Paris zurückgezogen oder eine Flankenstellung gegen die Marschlinien der beiden deutschen Armeen bezogen oder sonst etwas unternommen hatte. Während die Heere ihren Marsch nach Châlons fortsetzten, gingen Depeschen aus London [* 27] ein, welche die Absicht der Franzosen meldeten, mit der Armee von Châlons die Rheinarmee in Metz zu entsetzen. Die deutsche Kavallerie hatte diese Absicht der Franzosen durch ihre Meldungen bestätigt. Mac-Mahons Armee bestand aus dem ¶