Nationaltheater in
Hamburg.
[* 11] Für das Theaterwesen des 18. Jahrh. war
Hamburg von hervorragender Bedeutung;
es war das
Standquartier der damals umherreisenden bessern Schauspieltruppen. Als die Unternehmung von Konrad Ernst
Ackermann
(s. d.) 1767 zu
Grunde gegangen war, gründeten einige Kaufleute und der Schauspieldirektor Seyler eine
neue Direktion, die als Musterdirektion angekündigt wurde und eine deutsche Nationalbühne in Aussicht stellte. Der
Kern
der Ackermannschen
Truppe,
Ackermann selbst, Ekhof, die Löwen,
[* 12] die Hensel u. a. waren die
Träger
[* 13] des neuen Unternehmens. Gleichwohl
war es nur von kurzer
Dauer. Am war die Eröffnungsvorstellung und 4. Dez. desselben Jahres fand
die letzte statt. Die
Aufmerksamkeit von ganz
Deutschland
[* 14] und dauerndes Andenken in der
Theater- und Litteraturgeschichte sicherten
dem Deutsches Nationaltheater die (als «Dramaturgie» gesammelten)
Kritiken Lessings.
Eher ist man jetzt umgekehrt geneigt, statt «deutsch» «germanisch»
zu sagen und spricht wohl von Germanisierung statt von Verdeutschung. Nach derselben
Richtung, in welcher
der
Begriff des deutschen
Volks heutzutage bestritten ist, ist es auch der
Begriff der Deutsche Sprache Die niederländ.
Sprache rechnet
man zwar wissenschaftlich zur deutschen, von der es nur eine Mundart ist; für gewöhnlich pflegt man jedoch das
Niederländische
[* 17] als eine Schwestersprache des
Deutschen anzusehen.
DerGrund ist nicht etwa die polit.
Trennung derNiederlande
[* 18] vom
DeutschenReiche; in Luxemburg,
[* 19] in der
Schweiz,
[* 20] in
Österreich
[* 21] wird ja auch deutsch gesprochen. Vielmehr ist daran schuld, daß die
Niederländer auf
Grund ihrer Mundart eine
eigene Schriftsprache ausgebildet haben. Derartige mundartliche Schriftsprachen bestanden noch im 16. Jahrh.
mehrere; es gab damals eine niedersächs., eine niederländ., eine
kölnische, eine mitteldeutsche, eine schweiz. und eine österr.-oberdeutsche Schriftsprache.
Aber diese alle sind mit Ausnahme der niederländischen in der jetzt gültigen neuhochdeutschen Schriftsprache aufgegangen.
Dieser Prozeß drang in den
Niederlanden einesteils wegen der polit. Selbständigkeit, mehr aber noch deshalb nicht durch,
weil die niederländ. Schriftsprache eine Jahrhunderte lange, mächtige
litterar. Vergangenheit (s.
Niederländische Sprache und Litteratur) und eine dieser entsprechende Widerstandskraft besaß.
Es muß aber daran festgehalten werden, daß die niederländ.
Sprache nur eine Mundart des
Deutschen ist, so gut wie das Plattdeutsch
oder das Schweizerdeutsch. Die Grenzen
[* 22] jener Mundart decken sich dabei gar nicht einmal mit denen der
niederländ. Schriftsprache. Die Mundart in dem nördl.
Teile der Rheinprovinz
[* 23] steht dem
Niederländischen ungleich näher
als dem Schriftdeutsch, und andererseits wird in den Landschaften östlich vom Zuidersee unser Plattdeutsch gesprochen und
gleichwohl wegen der polit. Zugehörigkeit zu
Holland die niederländ. Schriftsprache als herrschend anerkannt.
Ⅰ. Geschichte der Deutschen Sprache.
1) Geschichte der gesprochenen Deutsche Sprache war im Mittelalter und ist zum
Teil noch heute eine Geschichte der
Deutschen Mundarten
(s. d.). Es gab im Mittelalter noch keine über den Mundarten stehende, allgemein
anerkannte Schriftsprache, geschweige denn eine gemeindeutsche Umgangssprache. Die Deutsche Sprache bestand damals
nur in den verschiedenen Mundarten. Zwischen Schriftsprache und Mundart vermittelt unsere Umgangssprache,
für welche erst in jüngster Zeit sich eine Norm bildet in der
Sprache (richtiger Mundart) des gebildeten Norddeutschen.
Seit einem halben Jahrtausend kann man den Einfluß der nunmehr einheitlichen Schriftsprache auf die gesprochene
Sprache verfolgen.
Diese selbst kennt mannur für die Gegenwart unmittelbar; für die Vergangenheit erschließt sie die
Sprachwissenschaft aus den gedruckten oder geschriebenen Sprachdenkmalen.
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mehr
Charakteristische Eigentümlichkeiten, durch die sich die älteste Deutsche Sprache von ihrer westgerman. Schwester,
der englisch-friesischen, abhebt, giebt es nur wenige. Vielmehr hat umgekehrt die Sprache der Friesen und Angelsachsen, schon
bevor die letztern nach Britannien zogen, sich eigenartig entwickelt gehabt, während die der deutschen Stämme den alten
westgerman. Charakter ziemlich treu bewahrte. Die älteste und durchgreifendste Veränderung, welche die
Deutsche Sprache erfahren hat, ist die althochdeutsche Lautverschiebung (s. d.),
die aus altem p, t und k ein ff, f oder pf, ss (älter ʒʒ), z und ch machte.
Diese Lautverschiebung ist, wie sich aus den Orts- und Personennamen nachweisen läßt, schon lange Zeit
vor unsern ältesten Sprachdenkmalen eingetreten. Schon beim Geographen von Ravenna giebt es Namensformen wie Ziurichi (älter
Turicum), Ascapha (älter Ascapa). Diese Lautverschiebung teilte die bis dahin ziemlich einheitliche Deutsche Sprache in
zwei große Gruppen, in eine hochdeutsche (zu der auch die im 9. Jahrh. ausgestorbene Mundart
der Langobarden gehörte) und in eine niederdeutsche (s. Deutsche Mundarten). Die letztere ist von der
Lautverschiebung nicht betroffen worden. Fortan gingen die hoch- und die niederdeutschen Mundarten ihre eigenen Wege, sodaß
man geradezu von hoch-und niederdeutscher Sprache, nicht Mundart,spricht. Innerhalb der hochdeutschen Mundarten ist in Oberdeutschland
schon vor dem 8. Jahrh. altes b und g zum Teil stimmlos gesprochen und d zu t verschoben worden.
Die schriftliche Überlieferung der Deutsche Sprache beginnt mit der zweiten Hälfte des 8. Jahrh.
Vorher hatte man – von einigen nur wenige Worte enthaltenden Runeninschriften abgesehen – ausschließlich lateinisch
geschrieben. Man unterscheidet nunmehr drei Entwicklungsperioden: alt-, mittel- und neuhochdeutsch (ahd.,
mhd., nhd.) und alt-, mittel- und neuniederdeutsch (and., mnd., nnd.).
Die altdeutsche Sprache umfaßt nach schriftlicher Überlieferung die J. 750‒1100; wiewohl die gesprochene Sprache des 11. Jahrh.
schon mittelhochdeutsch (mittelniederdeutsch) genannt werden müßte. Die Orthographie ist stets konservativer als die Aussprache,
und die Zeitabgrenzungen der althochdeutschen (altniederdeutschen), mittelhochdeutschen (mittelniederdeutschen)
und neuhochdeutschen (neuniederdeutschen) Periode sind für die gesprochene Sprache sicherlich erheblich früher anzusetzen,
als man es nach unserer Überlieferung zu thun pflegt. Alle sprachlichen Neuerungen finden sich vereinzelt bei weniger schulgerechten
Schreibern oft schon mindestens ein Jahrhundert früher, bevor sie in der Orthographie anerkannt und ausgedrückt werden.
Zu den ältesten vokalischen Wandlungen der Deutsche Sprache gehört die Monophthongierung
der Diphthonge ai und au zu ê und ô und die Diphthongierung der Monophthonge ê und ô zu ia (später ie) und uo (später
ue), z. B. «See» aus älterm gotischen
saiws, «hoch» aus gotischem hauhs, «hier»
(ie ursprünglich diphthongisch gesprochen) aus gotischem hêr, mittelhochdeutsch guot «gut»
aus gotischem gôds. Die Monophthongierung ist zu einer Zeit, welche vor der der schriftlichen Denkmäler liegt, in Niederdeutschland
eingetreten, ebenso in Mitteldeutschland ungefähr nördlich von der Mainlinie, doch mit Einschluß der Pfalz und mit Ausschluß
von Hessen-Nassau,
[* 25] dem eigentlichen Hessen
[* 26] und fast ganz Thüringen.
In dem übrigen Mitteldeutschland wurde im 7. Jahrh., in Oberdeutschland (auch im Langobardischen)
im
8. Jahrh. ai nur vor folgendem h, w oder r zu ê, au nur vor folgendem h, r, l, n, th, d, t, ʒ und s gesetzt. Daher sagen
wir noch heute z. B. «Stein», aber «See», «laufen»,
aber «hoch», während es im Gotischen stains wie saiws, hlaupan wie hauhs heißt, und entsprechend in der niederdeutschen,
fränk., obersächs. und schles. Volksmundart «Steen» wie «See», «lofen»
oder «lopen» wie «hoch».
Die Diphthongierung von altem ê und ô zu ia und uo ist im Fränkischen schon im 8. Jahrh. zu Hause gewesen,
im Niedersächsischen überhaupt nicht eingetreten (plattdeutsch brêf [braif] Brief, gôd [gaud] gut), im Oberdeutschen erst
gegen Ende des 8. Jahrh. (in Bayern
[* 27] erst im 9. Jahrh.) durchgedrungen. – Gemeindeutsch aber ist die nächst der hochdeutschen
Lautverschiebung durchgreifendste lautliche Veränderung: der Umlaut, oder genauer der i-Umlaut. Derselbe besteht
darin, daß alle Vokale (außer i selbst) durch ein i oder j der folgenden Silbe qualitativ verändert, eben umgelautet werden,
und zwar a zu e (ä), o zu ö, u zu ü; vgl. unser «trägt» (älter tragit)
zu «tragen», «Öl» (älter
oli),
«küssen» (älter kussjan) zu «Kuß». Der Vokal e war bereits in urgerman. Zeit, im 1. Jahrh. n. Chr.,
zu i umgelautet worden; vgl. «ißt» (ursprünglich
etith) zu «essen». Zur Zeit, als der Umlaut eintrat, bestanden außer den kurzen Vokalena, o, u noch die umlautfähigen langen
â, ê, ô, û und die Diphthonge ai, au und uo. Von diesen ist bei ai und ê derUmlaut nur mundartlich nachweisbar,
abgesehen davon, daß ai, da dem a ein i folgt, stets zu ei geworden ist, wie wir noch heute schreiben.
Aber â ist zu æ̂, ô zu œ̂ (mittelniederdeutsch meist o geschrieben), û zu ü̂ (mittelhochdeutsch iu, mittelniederdeutsch
meist u geschrieben), au (althochdeutsch und mittelhochdeutsch ou) zu eu (äu, spätalthochdeutsch und
mittelhochdeutsch öu), uo zu üe umgelautet worden; vgl. «Schäfer»
zu «Schaf»,
[* 28] «böse» zu
«Bosheit», mittelhochdeutsch hiuser «Häuser» zu hûs «Haus»,
«Bäume» zu «Baum», mittelhochdeutsch güete «Güte» zu guot «gut».
Ausgegangen ist der Umlaut von Niederdeutschland, wo er durch sprachliche Berührung mit den Friesen und
den nachmaligen Angelsachsen, die ihn schon im 6. Jahrh. hatten, platzgegriffen hatte.
Erst allmählich hat er sich über Mittel- und Oberdeutschland ausgebreitet. Desgleichen kann man die einzelnen Phasen des
Umlauts selbst beobachten. Er hat zuerst das kurze a ergriffen und zuletzt die Diphthonge. Für Niederdeutschland
hat man Grund anzunehmen, daß der Umlaut bereits im 8. Jahrh. in allen Fällen eingetreten war, wenn auch nur der Umlaut des
kurzen a regelmäßig als e schriftlichen Ausdruck gefunden hat – das übernommene lat. Alphabet hatte eben für ö und ü
keine Buchstaben.
Auch im Hochdeutschen findet der Umlaut des kurzen a seit der Mitte des 8. Jahrh. schriftliche Bezeichnung
und ist auch damals erst in Oberdeutschland durchgedrungen (ob auch bei den Langobarden ist nicht sicher); seit dem Ende
des 10. Jahrh. läßt sich der Umlaut der übrigen Vokale selbst in Oberdeutschland nachweisen. Je weiter derselbe aber nach
Süden vorgedrungen ist, um so mehr Einschränkungen hat er erfahren, die erst im Laufe der Zeit aufgehoben
wurden. Doch noch heute bewahrt unsere Sprache das nicht umgelautete u in «drucken» (eigentlich dasselbe Wort wie «drücken»),
au in «glauben», «kaufen»,
«Haupt», alles oberdeutsche Lautformen, die im Mitteldeutschen Umlaut aufweisen. – Seit dem 10. Jahrh.
hat man angefangen,
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