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1200 Mann Fußvolk, für Böhmen [* 2] 400 Reiter und 600 Mann, für die übrigen Kurfürsten je 60 Reiter und 277 Mann; fast ebenso hoch für Lothringen, Bayern, [* 3] Hessen, [* 4] Württemberg, [* 5] Holstein, Lüttich, [* 6] Utrecht, [* 7] Würzburg, [* 8] sowie für die Städte Ulm, [* 9] Nürnberg, [* 10] Frankfurt [* 11] a. M., Straßburg [* 12] i. E., Köln [* 13] und Lübeck [* 14] bemessen, und die kleinern Stände hatten einen Reiter und wenige Mann Fußvolk zu stellen. Nach Maßgabe des Bedarfs wurde durch Reichsbeschluß das Duplum, Triplum u. s. w. des Kontingents bewilligt. Der Reiter empfing 12, der Fußsoldat 4 Gulden monatlich; die Gesamtsumme der hiernach von jedem Stande zu zahlenden Löhnung, der «Römermonat», war Grundlage aller Geldbewilligungen.
Im J. 1681 wurde eine neue Reichsmatrikel ausgestellt, die die Lasten etwas gerechter auf die einzelnen Stände verteilte. Man bestimmte das Simplum der Reichsarmee auf 40000 Mann (12000 Reiter und 28000 Mann Fußvolk) und verteilte dasselbe auf die 10 Reichskreise, denen die weitere Verteilung auf die einzelnen stände überlassen blieb. Die Kreise [* 15] hatten auch die leichte Feldartillerie aufzubringen und gemeinsam das schwere Geschütz nebst Pontontrain, sowie die erforderlichen Ingenieure und Pioniere zu stellen. Ein stehendes Heer besaß das Reich nicht, wohl aber unterhielten die größern Reichsstände seit dem Westfälischen Frieden stehende Truppen und seit 1700 auch der südwestl. Reichskreis Kreistruppen.
Trat das Reichsheer zusammen, so wurde es für Kaiser und Reich vereidigt, erhielt Kriegsgesetze (Artikelbrief, s. Kriegsartikel) und trat unter Befehl der Reichsgeneralität. Die Truppen jedes Kreises standen unter dem Kreisobersten, meist einem im Kreise angesessenen Fürsten, seit dem Westfälischen Frieden unter den vom Reichstage bestellten Generalfeldmarschällen und Generalen. Die Offiziere der Truppen ernannte der Kontingentsherr. Seit 1727 waren die Stellen der Reichsgenerale auch im Frieden besetzt und zwar in den einzelnen Rangstufen zu gleichen Teilen mit Protestanten und Katholiken, doch erhielten deren Inhaber im Frieden keinen Sold.
Ein Reichskriegsrat trat bis 1750 einigemal, später jedoch nicht mehr in Thätigkeit, und jeder Stand trug die Kosten für das von ihm gestellte Kontingent, das Reich nur die Kosten des Oberbefehls und der Hauptleitung (höhere Stäbe, Nachrichtenwesen u. s. w.), zu deren Bestreitung eine Anzahl Römermonate bewilligt wurde. Die Gelder wurden kreisweise in sog. Legestädten gesammelt und an die Reichspfennigmeister abgeführt; später führte die Kämmerei der Stadt Regensburg [* 16] die Verwaltung der Reichskriegskasse und zahlte an die Reichsgenerale oder auf deren Anweisung.
Diese Heeresverfassung bestand gesetzlich, ist jedoch nie vollständig zur Durchführung gekommen. In Österreich [* 17] und Burgund blieb die Kreisverfassung unausgeführt, in Niedersachsen ging 1677 der Kreistag ein, und größere Reichsstände stellten ihre Truppen lieber als selbständige Korps ins Feld als zu den Kreiskontingenten. So kam es, daß man nur auf 20000 Mann rechnen konnte, wenn ein Triplum, i. 120000 Mann, bewilligt worden war, und daß der Ertrag eines Römermonats von 128000 Gulden auf 50000 Gulden herabsank.
Die Kontingente der kleinern Stände waren militärisch völlig wertlos; das Fuggersche Reiterregiment des schwäb. Kreises bestand 1732 aus 58 Kontingenten, deren stärkstes (von Augsburg) [* 18] 48 Mann zählte, während 17 Stände nur je einen Reiter dazu stellten. Die Offiziere hatten keine Aussicht auf Beförderung; denn in einer Compagnie schwäb. Kreistruppen ernannte z. B. die Stadt Gmünd [* 19] den Hauptmann, Rotweil den ersten, die Äbtissin von Rotenmünster den zweiten Lieutenant und der Abt von Gengenbach den Fähnrich.
Ein ungeheurer Troß (jedes Kontingent hatte sich selbständig zu verpflegen) verhinderte schnelle Bewegungen; auch war keine Fürsorge für Krankenpflege getroffen. Bekleidung und Bewaffnung waren sogar innerhalb der Regimenter ungleichartig; Mannszucht fehlte diesen Truppen gänzlich. So kam es, daß die Reichsarmee im 18. Jahrh. das Gespött Europas war, während die Truppen Preußens, [* 20] Sachsens und Hannovers damals auf vielen Schlachtfeldern die alte Kriegstüchtigkeit der Deutschen bewährten und unvergänglichen Ruhm gewannen.
Litteratur. Weiland, Deutsche [* 21] Reichsheerfahrt von Heinrich V. bis Heinrich VI. (in den «Forschungen zur deutschen Geschichte», Bd. 7, Gött. 1867);
Mone, Kriegswesen im 13.-17. Jahrh. (in der «Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins», Karlsr. 1852 fg.);
San-Marte, Zur Waffenkunde des ältern deutschen Mittelalters (Quedlinb. 1868);
M. Jähns, Zur Geschichte der Kriegsverfassung des Deutschen Reichs (in den «Preuß. Jahrbüchern», Jahrg. 39, Berl. 1877);
Lünig, Corpus juris
militaris des
Heiligen
Römischen
Reichs (Lpz. 1723);
von Peucker, Das deutsche Kriegswesen der Urzeiten (Abteil. 1, 2 und 3, 1. Tl., Berl. 1860-64).
Deutsches. Die Zeit des Deutschen Bundes (1816-66). Nach Wiedervereinigung der deutschen Staaten zum Deutschen Bunde fanden mehrere Jahre hindurch Vorberatungen der Bundesversammlung statt, deren Ergebnis die Grundsätze für die Kriegsverfassung des Bundes feststellte. Diese Grundsätze sind niedergelegt in den Plenarbeschlüssen der Bundesversammlung vom und den Beschlüssen des engern Rats vom und von denen die zuletzt erwähnten die nähern Bestimmungen enthalten.
Der Bundesversammlung stand die oberste Leitung aller, auch der militär. Bundesangelegenheiten zu; eine aus sieben stimmführenden höhern Offizieren zusammengesetzte Militärkommission war ihr unterstellt für die Beratung rein militär. und technischer Angelegenheiten. Der Vertreter Österreichs war Vorsitzender dieser Kommission, in der nur Preußen [* 22] und Bayern noch einen ständigen Vertreter hatten. Die vier übrigen stimmführenden Mitglieder wurden mit je einjährigem Wechsel gestellt von Württemberg, Baden, [* 23] Hessen-Darmstadt - Sachsen, [* 24] Kurhessen, Holland - Hannover, [* 25] Mecklenburg, [* 26] Dänemark, [* 27] bez. den übrigen Bundesstaaten. Die nicht stimmführenden Staaten konnten ihre Vertreter an den Sitzungen der Militärkommission teilnehmen lassen. Die für die Bundesfestungen und das Bundesheer aufzubringenden Gelder wurden nach Maßgabe der Bevölkerungszahl von 1818 auf die einzelnen Bundesstaaten verteilt. Diese Matrikel erlitt späterhin sechsmal Berichtigungen, zuletzt 1860.
Das Bundesheer bestand aus den Kontingenten der Bundesstaaten und einer Reserve. Der Oberfeldherr sollte nur bei einer Aufstellung des Heers und für deren Dauer gewählt werden; derselbe war der Bundesversammlung verantwortlich. Die Vereinigung der Kontingente verschiedener Staaten war unzulässig. Die Stärke [* 28] des ¶
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Bundesheers sollte an Streitbaren 1 Proz. der Matrikel betragen, die des Reservekontingents ½ Proz. Die Reiterei sollte ein Siebentel des Kontingents ausmachen und auf je 1000 Mann zwei Geschütze [* 30] vorhanden sein; 1 Proz. des Kontingents entfiel auf Pioniere und ein Zwanzigstel der Fußtruppen sollten Scharfschützen sein. Für die Bildung eines Belagerungstrains nebst Mineur- und Sappeurtruppen waren besondere Bestimmungen erlassen, ebenso über die Einteilung des Heers, die Gliederung der Truppenkörper, die Bereithaltung der Truppen im Frieden, die Mobilmachung, das Rangverhältnis der Befehlshaber verschiedener Kontingente, die Rechte und Pflichten des Bundesfeldherrn und der Armeekorpscommandeure, die Zusammensetzung des Hauptquartiers, die Verpflegung und die Gerichtsbarkeit.
Das Heer sollte aus 10 Armeekorps bestehen, von denen Österreich und Preußen je drei, Bayern eins zu stellen hatten. Die Kontingente von Württemberg, Baden, Hessen und bei Rhein, Hohenzollern, Liechtenstein, [* 31] Hessen-Homburg und Frankfurt a. M. bildeten das 8., die von Sachsen, Kurhessen, Nassau, Luxemburg, [* 32] Sachsen-Weimar, den drei sächs. Herzogtümern, Reuß, [* 33] Anhalt [* 34] und Schwarzburg [* 35] das 9., und die Kontingente von Hannover, Holstein und Lauenburg, [* 36] Braunschweig, [* 37] Mecklenburg, Oldenburg, [* 38] Lübeck, Bremen, [* 39] Hamburg, [* 40] Waldeck, [* 41] Schaumburg-Lippe und Lippe [* 42] das 10. Armeekorps.
Im J. 1830 wurden die kleinen Kontingente zu einer Reservedivision vereinigt, die dazu bestimmt war, die Kriegsbesatzung der Bundesfestungen zu verstärken; nur über das Kontingent von Frankfurt a. M. blieb dem Bundesfeldherrn besondere Bestimmung vorbehalten. 1839 wurde bestimmt, daß 1/6 Proz. der Matrikularbevölkerung als Ersatzkontingent stets bereit zu halten sei, und es verblieben nur ⅓ Proz. für die erst beim Ausrücken des Hauptkontingents aufzustellende Reserve. Durch Bundesbeschluß vom wurde die Stärke des Ersatzkontingents auf ⅓ Proz. erhöht und das Reservekontingent zum Hauptkontingent geschlagen, wodurch dieses auf 1 ½ Proz. der Matrikularbevölkerung gebracht wurde. Das Bundesheer umfaßte also mit den Ersatztruppen 1 5/6 Proz. der Bevölkerung. [* 43]
Die besondern Verhältnisse der kleinen Kontingente bedingten mannigfache Abweichungen von den in der Bundeskriegsverfassung niedergelegten Grundsätzen über die Organisation der Truppen. Die Reservedivision bestand aus den Kontingenten der thüring., anhalt., hohenzoll., reuß., lippeschen Staaten, sowie Waldecks, Hessen-Homburgs, Liechtensteins und der Stadt Frankfurt a. M.;
diese Kontingente bestanden lediglich aus Infanterie;
Nassau und Mecklenburg-Strelitz wurden von der Stellung von Reiterei entbunden, stellten dagegen mehr Artillerie;
Luxemburg und Hamburg stellten keine Artillerie, aber mehr Reiterei. 1840 wurde sodann angeordnet, daß diejenigen Kontingente, welche kein vollständiges Bataillon aufstellten, zu kombinierten Bataillonen zusammengestellt werden sollten. Im Mai und Juni 1846 wurden allgemeine Vorschriften für die Musterung der Bundestruppen erlassen;
solche Musterungen wurden sodann in Zeiträumen von 5 bis 7 Jahren angeordnet.
Zur Zeit des Krimkrieges traf man einige Vorkehrungen zur Verstärkung [* 44] des Bundesheers. Man erhöhte das Hauptkontingent auf 1 1/6 Proz., verfügte die ständige Bereithaltung des Reservekontingents und erhöhte die Zahl der für 1000 Mann bereit zu haltenden Geschütze auf 2 ½.
Durch den bereits erwähnten Bundesbeschluß vom erfolgte sodann die völlige Verschmelzung des Haupt- und Reservekontingents unter gleichzeitiger Verdoppelung des Ersatzkontingents. Von diesem Zeitpunkte ab betrug die Stärke des Heers bis zur Auflösung des Bundes 553028 Mann, von denen 452474 Mann auf das Hauptkontingent und 100554 auf das Ersatzkontingent entfielen, nebst 1134 Feldgeschützen. Die Verteilung nach Waffengattungen zeigt folgende, auf der Matrikel vom J. 1860 beruhende Tabelle:
Waffengattung | Gesamtstärke | Haupt-Kontingent | Ersatz-Kontingent |
---|---|---|---|
Scharfschützen | 28438 | 23268 | 5170 |
Infanterie | 398197 | 325797 | 72400 |
Reiterei | 69218 | 56630 | 12588 |
Feldartillerie | 50254 | 41118 | 9136 |
Pioniere | 6921 | 5661 | 1260 |
Die Stärke der von den einzelnen Bundesstaaten zu stellenden Kontingente giebt folgende Tabelle an:
Armeekorps | Staat | Gesamtstärke | Haupt-Kontingent | Ersatz-Kontingent |
---|---|---|---|---|
1.-3. | Österreich | 173841 | 142233 | 31608 |
4.-6. | Preußen | 147170 | 120412 | 26758 |
7. | Bayern | 65268 | 53400 | 11868 |
8. | Württemberg | 25585 | 20933 | 4652 |
" | Baden | 18334 | 15000 | 3334 |
" | Großherzogtum Hessen | 11357 | 9293 | 2064 |
9. | Sachsen | 22000 | 18000 | 4000 |
" | Kurhessen | 10413 | 8519 | 1894 |
" | Nassau | 6720 | 5498 | 1222 |
" | Limburg | 1064 | 870 | 194 |
" | Luxemburg | 1913 | 1565 | 348 |
10. | Hannover | 93933 | 19581 | 4352 |
" | Braunschweig | 3842 | 3144 | 698 |
" | Holstein-Lauenburg | 6600 | 5400 | 1200 |
" | Mecklenburg-Schwerin | 6564 | 5370 | 1194 |
" | Mecklenburg-Strelitz | 1317 | 1077 | 240 |
" | Oldenburg | 4114 | 3366 | 748 |
" | Lübeck | 747 | 611 | 136 |
" | Bremen | 823 | 673 | 150 |
" | Hamburg | 2379 | 1947 | 432 |
Reservedivision | Sachsen-Altenburg | 1802 | 1474 | 328 |
" | Sachsen-Coburg-Gotha | 2046 | 1674 | 372 |
" | Sachsen-Meiningen | 2110 | 1726 | 384 |
" | Sachsen-Weimar | 3685 | 3015 | 670 |
" | Anhalt-Dessau | 1564 | 1280 | 284 |
" | Anhalt-Bernburg | 677 | 555 | 122 |
" | Hessen-Homburg | 366 | 300 | 66 |
" | Waldeck | 953 | 779 | 174 |
" | Lippe | 1297 | 1061 | 236 |
" | Schaumburg-Lippe | 385 | 315 | 70 |
" | Schwarzburg-Sondershausen | 826 | 676 | 150 |
" | Schwarzburg-Rudolstadt | 989 | 809 | 180 |
" | Liechtenstein | 100 | 82 | 18 |
" | Reuß | 1365 | 1117 | 248 |
" | Frankfurt | 879 | 719 | 160 |
Über die Festungen des Bundes s. Deutsche Bundesfestungen.
Über die Küstenverteidigung waren trotz wiederholter Anregung von preuß. Seite gemeinsame Bestimmungen nicht getroffen, und die Bundesküste war schutzlos gegen den Angriff fremder Flotten, soweit nicht Österreich und Preußen auf ihrem Gebiete Verteidigungseinrichtungen getroffen hatten; nicht einmal die Mündungen der Elbe und Weser waren durch Befestigungen gesichert.
E. Seit Begründung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs (1866 und 1871). Nach den im Frieden zu Prag [* 45] getroffenen Bestimmungen vereinigte Preußen alle nördlich des Mains gelegenen ehemaligen deutschen Bundesländer mit Ausschluß von Luxemburg und ¶