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Am 18. Juli verlegte König Wilhelm sein Hauptquartier nach Nikolsburg, und das preuß. Heer stand nun im Marchfelde im Angesicht von Wien, [* 2] noch 194000 Mann stark, hinter denen in Böhmen, [* 3] Mähren und Oderschlesien weitere 49600 Mann mobiler Feldtruppen in zweiter Linie verfügbar waren. Der Zahl nach mochte Erzherzog Albrecht über ungefähr dieselbe Truppenzahl verfügen, doch war der Zustand der österr. Armee einer zweiten Schlacht nicht mehr gewachsen. Für das preuß. Heer dagegen wurden noch bedeutende Verstärkungen herangezogen, wodurch dasselbe vor Wien später eine größere Stärke [* 4] erreichte als zu Beginn des Krieges. Es kam aber nicht mehr zum Äußersten.
Napoleon hatte nach Annahme Venetiens den kriegführenden Mächten seine Vermittelung angeboten, die Österreich [* 5] nicht ablehnen konnte. So wurden Verhandlungen angeknüpft, und als Kaiser Franz Joseph in die vorgeschlagenen Friedensbedingungen gewilligt hatte, wurde 22. Juli in Eibesbrunn zwischen General von Podbielski und dem österr. General von John zunächst eine fünftägige Waffenruhe abgeschlossen. Tags vorher hatte aber Prinz Friedrich Karl die 7. Division (Fransecky) mit der Kavalleriedivision Horn der bereits 17. Juli über die March gegen Preßburg [* 6] vorgeschobenen 8. Division folgen lassen, um durch Einnahme dieser Stadt Benedek von Wien abzuschneiden und den spätern Rückzug der österr.
Hauptarmee nach Ungarn [* 7] zu erschweren. Dies führte 22. Juli zu dem Gefecht bei Blumenau, das aber um Mittag durch Bekanntwerden der Waffenruhe abgebrochen wurde. Der Waffenruhe folgte 26. Juli zu Nikolsburg zwischen Moltke und dem Grafen Degenfeld der Abschluß einer Konvention für einen förmlichen Waffenstillstand auf vier Wochen. Gleichzeitig wurde daselbst von den Ministern der Präliminarfriede abgeschlossen, und noch vor Ablauf [* 8] des Waffenstillstandes folgte 23. Aug. der Friede zu Prag [* 9] (s. d.) zwischen Österreich und Preußen, [* 10] dem der Abschluß der Friedensverhandlungen mit den deutschen Südstaaten auf Grund der Nikolsburger Präliminarien vorausgegangen war.
II. Feldzug in West-und Süddeutschland. Die mit Österreich verbündeten Bundestruppen konnten sich zwischen die östl. und westl. Teile Preußens [* 11] einschieben und deren Verbindung unterbrechen, die bayr. Armee von Franken her sich rasch mit der hessischen und hannoverschen zu einer Feldarmee von etwa 80000 Mann vereinigen und die sächsische mit der rasch nach Sachsen [* 12] geworfenen österr. Hauptmacht gegen Berlin [* 13] vordringen. Um diesem allem zuvorzukommen und der beschlossenen Offensive gegen Österreich eine gesicherte Basis mit freien Verbindungen zu geben, rückten, nachdem Hannover, [* 14] Kurhessen und Sachsen das preuß. Ultimatum verworfen, gleichzeitig am 16. Juni die Preußen in die genannten Staaten, von Holstein aus das Korps Manteuffel, bald durch Landwehrtruppen verstärkt, von Minden [* 15] aus General Vogel von Falckenstein mit der 13. Division (General von Goeben) in Hannover, die Division Beyer von Wetzlar [* 16] aus in Kurhessen, endlich die Elbarmee und ein Teil der Ersten Armee in Sachsen ein.
Die sächs. Truppen sprengten die Elbbrücken bei Riesa [* 17] und Meißen [* 18] und zogen sich 18. Juni nach Böhmen zurück, wohin der König von Sachsen folgte; sie nahmen bei Chlumetz-Pardubitz Stellung. Die hannov. Armee, die sich beim unerwarteten Einmarsch der Preußen bei Göttingen [* 19] versammelte und dort ihre Feldausrüstung vervollständigte, marschierte 21. Juni nach Eisenach [* 20] und hätte wohl über den Thüringerwald durchbrechen und sich mit den Bayern [* 21] vereinigen können.
Unentschlossenheit und zwecklose Hin- und Hermärsche der Hannoveraner ließen aber den Preußen Zeit, von Berlin, Erfurt [* 22] und Torgau [* 23] Truppen bei Gotha [* 24] mit dem dortigen verbündeten Kontingent zu vereinigen. König Georg stand noch in Verhandlungen mit Preußen, ohne indes die ihm gestellten Bedingungen anzunehmen, weil er noch immer auf einen Vorstoß der Bayern hoffte, während der bayr. Oberfeldherr mit Recht kein Hindernis für die Hannoveraner sah, sich durchzuschlagen.
Diese waren in dem Abstand eines Tagemarsches von sehr überlegenen Kräften umstellt und wurden 27. Juni bei Langensalza [* 25] vom preuß. General von Flies mit 9000 Mann angegriffen, um festgehalten zu werden, bis die Einschließung vollendet sein würde. Der Angriff wurde aber von der Übermacht (18000 Mann) zurückgeschlagen; dennoch mußten die Hannoveraner, nachdem sie 28. Juni vollständig eingeschlossen worden, eine Kapitulation eingehen, durch die ihre Armee aufgelöst wurde.
Jetzt erst konnte General Vogel von Falckenstein mit jenen drei Divisionen, die sich zu einer Mainarmee (nunmehr 53000 Mann stark) vereinigten, die Operationen gegen die süddeutschen Armeekorps, zu denen noch die kurhess. und nassauischen Kontingente und später auch eine österr. Division (Neipperg) stießen, beginnen. Das 8. Bundeskorps unter dem Prinzen Alexander von Hessen [* 26] zählte 55900 Mann, die bayr. Armee 52000 Mann. Der Führer der letztern, Prinz Karl von Bayern, hatte zugleich den Oberbefehl über alle Bundestruppen erhalten und sollte in nordwestl.
Richtung vorgehen. Vogel von Falckenstein zog seine drei Divisionen (Manteuffel, Goeben, Beyer) 1. Juli bei Eisenach zusammen und ergriff sogleich die Offensive, um sich zwischen die beiden noch getrennten feindlichen Armeen zu werfen. Das 8. Bundeskorps stand nördlich von Frankfurt [* 27] a. M., das bayr. Heer im Fuldathale, zwei Divisionen vorgeschoben nach Dermbach; eine starke Kavalleriekolonne sollte links die Verbindung mit dem 8. Korps aufsuchen. Diese stieß 4. Juli bei Hünfeld auf die Vorhut der preuß. Division Beyer, die auf der großen Straße nach Geisa vorrückte, wurde durch unerwartetes Artilleriefeuer in Unordnung gebracht und ging ziemlich aufgelöst zurück.
Bei Dermbach griff an demselben Tage Goeben die Bayern an, zog jedoch abends seine Truppen zurück und beide Teile schrieben sich den Sieg zu. Goeben sollte jedoch durch einen Vorstoß gegen die Bayern überhaupt nur Luft schaffen und dadurch den Vormarsch der Mainarmee erleichtern. Dies wurde vollständig erreicht. Als dann die bayr. Armee südwärts abzog, um sich dem 8. Korps zu nähern, setzte die Mainarmee den Vormarsch über Fulda [* 28] fort. Am 10. Juli hatte die Division Goeben ein hitziges Gefecht bei Kissingen, [* 29] das von den Preußen erstürmt wurde. Beyer kämpfte an demselben Tage bei Hammelburg, Manteuffel, der gefolgt war, bei Waldaschach und Hausen. Der bayr. Feldherr gab nun seine Operationen in dieser Richtung auf und zog sich nach Schweinfurt [* 30] zurück, Falckenstein dagegen wandte sich von der Fränkischen Saale unerwartet gegen Aschaffenburg. [* 31] Zur Deckung dieses wichtigen Mainübergangs entsandte Prinz Alexander von Hessen von Frankfurt aus die österr. ¶
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und die großherzogliche hess. Division. Letztere hatte 13. Juli bei Frohnhofen und Laufach ein ungünstiges Gefecht, in dem sich auf diesem Kriegsschauplatze zuerst die große Überlegenheit des Zündnadelgewehrs in Defensivstellungen zeigte. Auch die österr. Division vor Aschaffenburg wurde hier 14. Juli geschlagen, nachdem um den vorliegenden Waldpark heftig gekämpft und die Stadt erstürmt worden war. Darauf räumten die Bundestruppen Frankfurt, wo 16. Juli Vogel von Falckenstein einzog. Auch Bieberich und Darmstadt [* 33] wurden von den Preußen besetzt und der Armee einige Ruhetage bewilligt.
Vogel von Falckenstein wurde 19. Juli zum Generalgouverneur von Böhmen ernannt, wodurch das Oberkommando der Mainarmee auf Manteuffel überging. Das 8. Bundeskorps hatte sich endlich mit der bayr. Armee bei Würzburg [* 34] vereinigt. Die Mainarmee war inzwischen durch die oldenb.-hanseatische Brigade, ein Bataillon Waldeck, [* 35] ein Bataillon Schwarzburg-Sondershausen und einige nachgerückte preuß. Truppen bis auf 65000 Mann angewachsen und begann 21. Juli den Vormarsch auf Würzburg.
Der Feind zog sich ostwärts hinter die Tauber, gefolgt von der Mainarmee, wobei zwei coburg-gothaische Bataillone 23. Juli bei Hundheim gegen eine bad. Brigade ins Gefecht kamen. Am 24. Juli wurden die Übergänge der Tauber, die bei Tauberbischofsheim von der württembergischen und bei Werbach von der bad. Division besetzt waren, durch die Preußen genommen. Oldenburger und Hanseaten erstürmten Hochhausen und Werbach (Bataillon Bremen) [* 36] mit großer Entschlossenheit.
Bei Tauberbischofsheim befehligte der württemb. Kriegsminister von Hardegg und versuchte fünfmal vergeblich den Ort wiederzuerobern. Das 8. Bundeskorps besetzte darauf eine Gefechtsstellung bei Gerchsheim, an die sich die bayr. Armee bei Helmstadt und Üttingen anschloß. Gegen diese Position ging 25. Juli die Mainarmee vor. Goeben griff bei Gerchsheim die Bundestruppen, Beyer bei Helmstadt die Bayern an; die Division Flies (vormals Division Manteuffel) wurde zunächst in Reserve gehalten und traf erst gegen Abend ein. In beiden Gefechten wurde der Feind zurückgedrängt.
Prinz Karl von Bayern wollte 26. Juli selbst angreifen und rechnete dabei auf die Mitwirkung des 8. Bundeskorps. Diese Unterstützung blieb indessen aus. Da außer der Division Beyer auch die Division Flies vorrückte, so kam es 26. Juli bei Helmstadt und Roßbrunn zum Zusammenstoß mit der bayr. Armee. Die Verbündeten zogen sich hinter den Main zurück und nahmen östlich von Würzburg Stellung. Am 27. Juli rückte die preuß. Mainarmee auf der ganzen Linie gegen Würzburg vor und beschoß die Bergfeste Marienberg aus Feldgeschützen.
Die aus Böhmen eintreffende Nachricht vom Waffenstillstande beendete jedoch die Operationen. Das in Leipzig [* 37] gebildete 2. Reservekorps, bestehend aus mecklenb., altenb. und preuß. Truppen unter Befehl des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, war 23. Juli über Hof [* 38] in Bayern eingerückt, besetzte 27. Juli Kulmbach und die Plassenburg, 28. Juli Bayreuth, [* 39] hatte 29. Juli kleine Gefechte gegen bayr. Infanterie bei Kolmdorf und Seubottenreut und erreichte 31. Juli Nürnberg, [* 40] während die Mainarmee in Würzburg eingezogen war.
Der Waffenstillstand begann 2. Aug. auch hier, und die Friedensschlüsse mit den einzelnen süddeutschen Staaten, die zugleich ein zunächst geheimgehaltenes Schutz- und Trutzbündnis mit Preußen eingingen, folgten bald, 13. Aug. mit Württemberg, [* 41] 17. mit Baden, [* 42] 22. mit Bayern, zuletzt noch mit dem Großherzogtum Hessen 3. Sept. Österreich schied infolge der Friedensbedingungen aus Deutschland, [* 43] behielt aber, wie Sachsen, seinen Besitzstand und willigte in die Errichtung eines Staatenbundes nördlich vom Main unter Preußens Führung, sowie in die Einverleibung von Schleswig-Holstein, [* 44] Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M. in den preuß. Staat.
Bayern und Hessen traten einige Grenzbezirke ab, der Großherzog von Hessen überdies die ihm kürzlich zugefallene Landgrafschaft Hessen-Homburg. Außerdem trat Hessen mit seinen nördlich des Main gelegenen Landesteilen dem Norddeutschen Bunde bei. Alle deutschen Staaten, die Preußen feindlich gegenüber gestanden hatten (Sachsen-Meiningen ausgenommen), mußten Kriegskosten zahlen, insgesamt über 48 Mill. Thlr. Der Friede mit Sachsen wurde 21. Okt., der mit Sachsen-Meiningen 8. Okt., der mit Reuß [* 45] älterer Linie schon 26. Sept. geschlossen.
Litteratur. Der Feldzug von 1866 in Deutschland (redigiert von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des Großen Generalstabes, Berl. 1868);
Österreichs Kämpfe im J. 1866. Nach den Feldakten bearbeitet durch das k. k. Generalstabs-Büreau (3 Bde., Wien 1868 u. 1869);
Offizieller Bericht über die Kriegsereignisse zwischen Hannover und Preußen (2 Tle., ebd. 1867; vom hannöv. Standpunkte);
Anteil der königl. bayr. Armee am Kriege des J. 1866. Bearbeitet vom Generalquartiermeisterstabe (Münch. 1868);
Der Anteil des königl. sächs. Armeekorps am Feldzuge 1866 in Österreich.
Bearbeitet nach den Feldakten des Generalstabes (Dresd. 1869);
Feldzugsjournal des Oberbefehlshabers des 8. Bundesarmeekorps (2. Aufl., Darmst. 1867);
Die Operationen des 8. Deutschen Bundeskorps im Feldzug des J. 1866 (ebd. 1869);
Borbstädt, Preußens Feldzüge gegen Österreich und dessen Verbündete im J. 1866 (5. Aufl., Berl. 1867);
Dragomirow, Abriß des österr.-preuß. Kriegs im J. 1866 (aus dem Russischen übersetzt, ebd. 1868);
Heinr. Blankenburg, Der Deutsche [* 46] Krieg von 1866 (Lpz. 1867);
W. Menzel, Der Deutsche Krieg im J. 1866 (2 Bde., Stuttg. 1867);
Hiltl, Der Böhmische Krieg und der Mainfeldzug (4. Aufl., Bielef. 1876);
Preußens Feldzug 1866 vom militär. Standpunkte (1.-3. Aufl., Berl. 1866);
die von der topogr. Abteilung des preuß. Generalstabes bearbeiteten Pläne der Schlacht- und Gefechtsfelder von 1866; Verdy du Vernois, Die Teilnahme der Zweiten Armee am Feldzuge von 1866 (anonym, Berl. 1866);
Knorr, Der Feldzug des J. 1866 in West- und Süddeutschland (Hamb. 1867);
Der Bundesfeldzug in Bayern (1. bis 3. Aufl., Wenigen-Jena 1867);
Fontane, Der deutsche Krieg (2 Bde., 2. Aufl., Berl. 1871);
Trinius, Geschichte des Kriegs gegen Österreich und des Mainfeldzugs 1866 (ebd. 1886);
v. d. Wengen, Geschichte der Kriegsereignisse zwischen Preußen und Hannover 1866 (Gotha 1886);
Kunz, Feldzug der Mainarmee 1866 (Berl. 1890);
Kanngießer, Geschichte des Krieges von 1866 (2 Bde., Bas. 1892).