mehr
warb insgeheim Bundesgenossen in Deutschland [* 2] und verstärkte die Truppen in Böhmen [* 3] und Mähren, wodurch Preußen [* 4] sich bedroht und Ende März zu Gegenrüstungen veranlaßt sah. Ein darüber entstandener Notenwechsel nahm einen immer gereiztern Ton an; die Rüstungen [* 5] wurden fortgesetzt. Zwischen Preußen und Italien [* 6] führte 8. April das gemeinsame Interesse zu einem Schutz- und Trutzbündnis. Vom 3. bis 12. Mai erfolgten die Befehle zur Mobilmachung der preuß. Armee, die in 14 Tagen planmäßig vollendet war. Am 27. Mai versuchten die europ. Großmächte den drohenden Bruch noch durch den Vorschlag einer Konferenz zu verhindern, die Preußen annahm, Österreich [* 7] jedoch durch die Forderung, daß dabei nicht über Venetien verhandelt werde, unmöglich machte. Am 1. Juni brachte Österreich die schleswig-holstein. Frage zur Entscheidung an den Bund und berief zum 11. die holstein. Stände nach Itzehoe.
Darauf hin erklärte Preußen den Gasteiner Vertrag für gebrochen, beantragte 2. Juni die Zurückziehung der preuß. und österr. Truppen aus den Bundesfestungen und ließ 7. Juni seine Truppen aus Schleswig [* 8] unter General von Manteuffel in Holstein einrücken, von wo der österr. Statthalter, Feldmarschalllieutenant von Gablenz, die einzige dortstehende Brigade, General Kalik, abmarschieren ließ. Auf dieses selbständige Vorgehen Preußens [* 9] beantragte Österreich 11. Juni beim Bunde die Mobilmachung der ganzen Bundesarmee, mit Ausschluß des preuß. Kontingents, und dieser Antrag wurde 14. Juni von der Majorität angenommen.
Noch bot Preußen den Königen von Hannover [* 10] und Sachsen [* 11] und dem Kurfürsten von Hessen [* 12] 15. Juni die Garantie ihrer Souveränität an, wenn sie neutral bleiben und sich den in den preuß. Cirkulardepeschen vom 21. März und 11. April aufgestellten und 10. Juni an den Bund gebrachten Reformvorschlägen für die Bundesverfassung, wonach Österreich aus Deutschland ausgeschlossen werden sollte, anschließen würden. Diese Forderungen wurden jedoch abgelehnt, worauf unmittelbar die Kriegserklärung an die drei Staaten erfolgte.
Österreich hatte gegen Preußen eine Nordarmee unter Benedek, gegen Italien eine Südarmee unter Erzherzog Albrecht aufgestellt. Die Nordarmee umfaßte sieben Armeekorps (1. bis 4., 6., 8. und 10.), jedes bestehend aus 4 Brigaden (zu 6 Infanterie- und 1 Jägerbataillon, 1 Eskadron und 1 Batterie), einer Geschützreserve von 6 Batterien, 2 leichten und 3 schweren Reserve-Kavalleriedivisionen, die erstern zu 6 und 4, die letztern zu 6 Regimentern mit je 2 Batterien. Die Gesamtstärke der Nordarmee betrug 283000 Mann, zu denen noch 26000 Sachsen hinzutraten.
Dazu kamen die
Besatzungen von
Theresienstadt,
Josefstadt, Königgrätz,
[* 13]
Olmütz
[* 14] und Krakau
[* 15] mit 46000 Mann. Die süddeutschen
Staaten verpflichteten sich, bis 15. Juni folgende Kräfte bereit zu stellen:
Bayern
[* 16] 46000 Mann, nach einigen
Wochen weitere 14000 Mann,
Württemberg
[* 17] 20000 Mann,
Baden
[* 18] 12000 Mann, Nassau 5400 Mann, Großherzogtum Hessen 12700 Mann. Ferner
müssen hinzugerechnet werden 20500 Mann Hannoveraner, 7000
Österreicher bei dem 8. Bundesarmeekorps
und 8500 Mann kurhess.
Truppen.
Preußens Streitkräfte waren in drei Armeen formiert. Die Erste Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl (2., 3., 4. Armeekorps nebst 1 Kavalleriekorps) stand rechts von der Elbe an der sächs. Grenze bis Görlitz [* 19] 93300 Mann); ihr war zuerst noch das Gardekorps zugeteilt, das Mitte Juni zur Zweiten Armee abrückte. Die Zweite Armee unter dem Kronprinzen, anfangs in weitläufigen Kantonierungen bei Landshut [* 20] und Hirschberg [* 21] stehend, war jetzt bei Neisse [* 22] konzentriert (1., 5., 6. Korps und die Garden, zusammen 115000 Mann).
Die Elbarmee unter General Herwarth von Bittenfeld, 1 Division vom 7., das 8. Armeekorps (zusammen 46000 Mann), sowie ein aus Landwehr bei Berlin [* 23] neugebildetes Reservekorps (24300 Mann) stand auf dem linken Elbufer gegen Sachsen. Diese Kriegsmacht zählte nur völlig ausgebildete Soldaten in ihren Reihen und stand seit 6. Juni schlagfertig, was bei der österreichischen, trotz der längern Rüstung, [* 24] noch nicht vollständig der Fall war. Außerdem stand die 13. Division (14300 Mann) bei Minden, [* 25] das Korps Manteuffel (14100 Mann) bei Hamburg [* 26] und die Division Beyer (19600 Mann) bei Wetzlar [* 27] zur Bekämpfung der deutschen Bundesarmee bereit. Im ganzen bezifferten sich die Feldtruppen Preußens auf 326600, die seiner Gegner auf 309000 Mann in Böhmen und 146000 Mann in Deutschland, abgesehen von den gegen Italien aufgestellten drei österr. Armeekorps (5., 7. und 9.). Unbedingt feindlich gegen Preußen waren die vier Königreiche (von denen Bayern 14. Juni Olmütz einen besondern Vertrag mit Österreich geschlossen), beide Hessen, Nassau, durch seine Lage genötigt auch Baden, schwankend die meisten kleinern Staaten; nur Coburg-Gotba und Lippe [* 28] erwiesen sich gleich von Anfang an als seine Bundesgenossen.
I. Feldzug in Böhmen. Für Preußen war nun kein längeres Verharren auf der Defensive statthaft. Die Zweite Armee, die bei Neisse stand, erhielt 19. Juni Befehl, hier nur ein Korps (das 6. Armeekorps) stehen zu lassen, mit den übrigen aber in Böhmen einzurücken und mit der Ersten Armee Verbindung zu suchen; diese sollte aus der sächs. und preuß. Oberlausitz über Reichenberg, [* 29] die Elbarmee von Dresden [* 30] aus über Gabel (weil die nähere Straße im Elbthal durch den von den Sachsen noch besetzten Königstein gesperrt war) auf Gitschin vorrücken.
Die Sicherung der oberschles. Grenze blieb zwei Detachements (General von Knobelsdorff und General Graf Stolberg) [* 31] überlassen, die hier den Parteigängerkrieg führten. Unterdessen hatte aber auch Benedek bereits 17. Juni seine Hauptmacht von Olmütz nach Böhmen abrücken lassen, wahrscheinlich um den Prinzen Friedrich Karl in der Lausitz zu schlagen und dann gegen Berlin vorzudringen. Die Preußen kamen diesem Unternehmen jedoch zuvor. Nach einigen kleinern Gefechten und einer Kanonade bei Liebenau (25. Juni) rückten die Vortruppen des Prinzen Friedrich Karl 26. gegen Podol, welches Dorf nebst der Iserbrücke in einem hartnäckigen Nachtgefecht durch General von Bose den Österreichern entrissen wurde. In diesem Gefecht wurde zum erstenmal die viergliedrige Salve angewendet. Am 27. Juni hatte auch die Vorhut der Elbarmee bei Hühnerwasser ein glückliches Gefecht. Beide Armeen vereinigten sich 28., worauf Prinz Friedrich Karl deren Oberbefehl übernahm und an demselben Tage den österr. General Clam-Gallas in dem blutigen Gefecht bei Münchengrätz schlug. Die Österreicher und Sachsen gingen nunmehr nach Gitschin zurück. Auch hier wurden sie 29. Juni von zwei preuß. Divisionen angegriffen und aus einer steilen Felsposition nach ¶
mehr
der Stadt gedrängt, die Prinz Friedrich Karl noch in der Nacht nach erbittertem Straßenkampfe besetzte.
Die österr. Hauptarmee stand damals mit dem Gros bei Königinhof und hatte, als der Rechtsabmarsch der preuß. Zweiten Armee bekannt geworden, das 6. Korps (Ramming) mit der Kavalleriedivision Holstein 27. Juni nach Stalitz, das 10. (Gablenz) gegen Trautenau und das 8. Korps (Erzherzog Leopold) gegen Jaroměř vorgeschoben. Von der preuß. Zweiten Armee rückte das 1. Korps (Bonin), gefolgt von der Kavalleriedivision Hartmann, über den Paß [* 33] von Trautenau, das 5. (Steinmetz) über den Paß von Nachod in Böhmen ein; das Gardekorps (Prinz August von Württemberg) hielt zwischen beiden Verbindung und marschierte über Braunau.
Die Spitze des Gardekorps überschritt 26. Juni die Grenze, die beiden andern 27. Das 6. Korps (Mutius), das zunächst bei Habelschwerdt gegen das 2. österreichische (Thun) stehen blieb, sollte baldmöglichst dem 5. folgen. Das 1. Korps stieß bei Trautenau auf österr. Truppen, wurde aber nach längerm und verlustreichen Kampfe zum Rückzuge in das Gebirge genötigt. Dagegen war an demselben Tage das 6. Korps (Ramming) bei Nachod durch das Erscheinen der Preußen überrascht und zurückgeschlagen worden.
Benedek verstärkte das Korps Ramming durch das 8. Armeekorps, aber dieses, unter Erzherzog Leopold, wurde 28. Juni von Steinmetz bei Skalitz geschlagen, indem es aus allen Stellungen geworfen wurde, wobei auch die Stadt verloren ging. An demselben Tage griffen die preuß. Garden das 10. österr. Korps bei Soor und Altrognitz an. Die Garden hatten anfangs gegen überlegene Artillerie zu kämpfen (12 gegen 64 Geschütze), [* 34] gingen aber mit unwiderstehlichem Andrang bei Burkersdorf und Altrognitz vor und erstürmten Trautenau.
Gablenz wurde vollständig geschlagen, auch ging eine Fahne verloren. Nun konnte auch das 1. preuß. Armeekorps ungehindert vorrücken. Am 29. Juni nahmen die Garden nach hartem Gefecht noch Königinhof, während Steinmetz bei Schweinschädel (Jaroměř) Teile des 4. österr. Korps (Festetics) schlug. Jetzt traf auch das 6. preuß. Korps ein und vereinigte sich 30. Juni mit dem 5. bei Gradlitz; das 1. war den Garden gefolgt. Benedek ging nach diesen Unfällen der vorgeschobenen Korps (1., 6., 8. und 10.) über die Bistritz zurück und konzentrierte seine ganze Armee westlich der Festung [* 35] Königgrätz. Prinz Friedrich Karl entsendete das 1. Garde-Dragonerregiment, um Verbindung mit dem Kronprinzen zu suchen, und dieses kam 30. Juni nach einem Gewaltmarsche bei Arnau auf dem rechten Flügel der Zweiten Armee an. Am 1. Juli erreichten Truppen dieser Armee Miletin, womit die Verbindung der gesamten preuß. Streitmacht vollkommen gesichert war.
König Wilhelm von Preußen, der auf die Nachricht von den ersten Siegen [* 36] in Böhmen Berlin verlassen hatte, traf 2. Juli in Gitschin bei seinem Heere ein und übernahm dessen Oberbefehl. In seinem Gefolge befanden sich der General von Moltke, der Kriegsminister von Roon, der Ministerpräsident von Bismarck, außerdem viele fürstl. Personen. Man gedachte der Armee einen oder zwei Ruhetage zu geben; aber die abends 11 Uhr [* 37] durch den General von Voigts-Rhetz, Generalstabschef der Ersten Armee, überbrachte Meldung, die Österreicher hätten die Bistritz bei Sadowa überschritten, veranlaßte den Entschluß, am folgenden Tage eine Hauptschlacht zu liefern.
Der Befehl dazu ging in doppelter Ausfertigung in der Nacht an den Kronprinzen, und 3. Juli wurde bei Königgrätz die österr. Nordarmee nebst dem sächs. Korps entscheidend geschlagen. Doch wurde der Sieg preußischerseits nicht genügend ausgenutzt. Am 4. Juli nachmittags 4 Uhr erst begann die preuß. Armee ihre unausgesetzte Verfolgung. Sie überschritt die Elbe auf mehrern Punkten und erhielt nun, indem im Hauptquartier des Königs ein aufgefangenes Marschtableau Benedeks den fernern Operationsplan bestimmte, neue Befehle.
Benedek nämlich hatte seine Hauptmacht eiligst nach Olmütz geführt und nur das 10. Korps, die drei schweren und Edelheims leichte Kavalleriedivision nach Wien [* 38] geschickt; das 8. Korps und die Sachsen bildeten zunächst die Nachhut und blieben einen Marsch hinter der Armee zurück. Benedek hoffte dadurch die ganze preuß. Armee von der Hauptstadt abzuziehen und bei Olmütz festzuhalten. Aber nur die preuß. Zweite Armee erhielt Befehl, ihm zu folgen, während die Erste Armee auf Brünn, [* 39] die Elbarmee auf Iglau [* 40] vorrückten, also in der geraden Richtung nach Wien.
Der Kaiser von Österreich hatte nach der Schlacht bei Königgrätz Venetien an Kaiser Napoleon abgetreten, in der Hoffnung, daß dieser Italien damit beschwichtigen werde, vielleicht auch, um ihn selbst als Bundesgenossen für Österreich zu gewinnen. Aber dieser scheute sich, nach dem glänzenden Siege der Preußen bei Königgrätz, bei der ungenügenden Schlagfertigkeit seines Heers in den Krieg einzugreifen. Der größte Teil der Südarmee wäre dadurch gegen Preußen verfügbar gewesen.
Auch wurden bereits vom 7. Juli an das österr. 3. und 5. Korps nach Wien befördert, und der Erzherzog Albrecht, der 24. Juni die Italiener bei Custozza [* 41] geschlagen hatte, erhielt das Oberkommando über alle österr. Streitkräfte. Benedek wurde angewiesen, mit der Nordarmee von Olmütz nach Wien zu rücken. Bei Floridsdorf waren inzwischen zur Verteidigung der Kaiserstadt provisorische, mit den schwersten Geschützen armierte Verschanzungen angelegt worden. Am 14. Juli setzte Benedek sein Heer in Marsch. Zu dieser Zeit befand sich das Hauptquartier des Königs von Preußen bereits in Brünn. Von der Zweiten Armee sollte das 1. Korps (Bonin) die Eisenbahn bei Prerau, also die Verbindung zwischen Olmütz und Wien, zerstören.
Die Kavalleriedivision Hartmann nebst der Infanteriebrigade Malotki wurde 15. Juli dahin entsendet und stieß bei Tobitschau auf die Vorhut des österr. 8. Korps. Es kam zu einem lebhaften Gefecht, in dem das 5. Kürassierregiment 18 feindliche Geschütze nahm. Die Benutzung der Eisenbahn nach Wien wurde aber den Österreichern (16. Juli) inzwischen durch General Horn, der Lundenburg besetzte, entzogen. Benedek mußte deshalb links der March über die Kleinen Karpaten nach Wien marschieren. Vor Josefstadt und Königgrätz war nur eine schwache preuß. Division (12.), vor Olmütz die 1. Division zurückgeblieben. Das Detachement des Generals Knobelsdorff hatte Österreichisch-Schlesien besetzt und marschierte auf Brünn. Die übrigen Korps der Zweiten Armee folgten in zwei Kolonnen über Brünn und Lundenburg der Ersten Armee, die auf Wien marschierte, ebenso die Elbarmee, während die Garde-Landwehrdivision des nachgerückten 1. Reservekorps (Mülbe) Prag [* 42] besetzt hatte. ¶