mehr
gefielen. Im Norden [* 2] war es vor allem Andreas Schlüter, der im Großen Kurfürsten zu Berlin [* 3] (s. Taf. V, [* 1] Fig. 1; s. auch Taf. IV, [* 1] Fig. 6, eine seiner berühmten Masken [* 4] sterbender Krieger) ein Meisterwerk ersten Ranges schuf, ferner Grupello in Düsseldorf [* 5] und andere von den Niederländern beeinflußte Meister, denen sich in Österreich [* 6] Raphael Donner (s. Taf. V, [* 1] Fig. 4), in Franken P. Wagner (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 9) und zahlreiche andere anschlossen. Früh zeigte sich aber eine Hinneigung zum manieriertern Vortrag, der namentlich durch franz. Künstler beliebt gemacht wurde.
Unter dem Einfluß dieser wendete sich auch die Bildnerei dem Klassicismus zu. Doch erhielt sich zunächst noch eine stark realistische Beimischung; Alexander Trippel in Weimar, [* 7] Dannecker in Stuttgart [* 8] (s. Taf. V, [* 1] Fig. 7), Joh. Gottfr. Schadow und Tassaert in Berlin zeigen diese Eigentümlichkeit, die sich in Rauch (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 10 und Tafel: Friedrich der Große, beim Artikel Friedrich II., König von Preußen) [* 9] und seinen Berliner [* 10] Genossen (Tieck, Drake, Schievelbein, Bläser, Kiß, Wolff) noch zu einer Zeit lebensfähig erhielt, in welcher sonst das individuelle Leben sich unter der Nachahmung der Antike verflüchtigte. Im wesentlichen sind die großen Bildsäulen, welche nach den Freiheitskriegen errichtet wurden, die am besten geglückten Werke dieser Schule, neben ihnen die Tierbilder, während die Neubelebungen antiker Gedanken meist nur für die Zeit selbst Anreiz boten. Neben der Berliner Schule kam durch Rietschel (s. Taf. V, [* 1] Fig. 6) und Hähnel (s. Taf. V, [* 1] Fig. 5) die Dresdener zu bedeutendem Einfluß namentlich durch ihre tief erfaßten Bildwerke; in gleicher Richtung und mit gleichem künstlerischen Erfolge arbeitend, suchte sie schon mit der folgenden Künstlergeneration (Wittig, Donndorf, Kietz, Henze, Kundmann und zahlreiche andere) entschieden den Weg zum Realismus einzuschlagen.
Nur noch in Schilling treibt der alte klassicistische Geist Blüten. Auch eine romantische Schule bildete sich in der Bildnerei, an deren Spitze der formengewandte, aber oberflächliche Schwanthaler stand, dem sich Fernkorn, Gasser und Zumbusch in Wien [* 11] anschlossen. Die neuere Zeit hat der Bildnerei durch den Hinweis auf die Renaissance und durch einen über die antike Formensprache hinausgehenden Realismus eine veränderte Richtung gegeben. An ihrer Spitze steht Reinhold Begas (s. Taf. V, [* 1] Fig. 2) in Berlin, neben dem Siemering, Schaper (s. Tafel: Goethe), Encke, Hundrieser, Brütt (s. Taf. V, [* 1] Fig. 3), Toberentz u. a. wirken. Verwandt sind ihnen Zumbusch, Tilgner, Weyr in Wien;
Weymüller, Rümann, Knoll in München; [* 12]
Volz in Karlsruhe. [* 14] Eine ganz eigene Stellung nimmt Hildebrand in Florenz [* 15] ein, den unmittelbare Naturbeobachtung zur Schaffung eines individuellen Stiles befähigte. -
Vgl. namentlich Geschichte der
[* 16] Deutsche Kunst:
Bode, Plastik
(Berl. 1885);
Lübke, Geschichte der Plastik (3. Aufl., Lpz. 1880);
Ebe, Spätrenaissance.
Kunst
geschichte der europ.
Länder
von der Mitte des 16. bis zum Ende des 18. Jahrh. (2 Bde.,
Berl. 1886).
III. Malerei. Soweit nicht die Malerei in Miniaturen (s. d.)
besteht, haben sich aus der ältesten Zeit der Deutsche Kunst
nur wenige ihrer einst gewiß nicht unbedeutenden
Reste erhalten. Als die frühesten (um das J. 1000) dürften die zu Oberzell auf der Reichenau gelten. Erst seitdem erscheinen
Reste romanischer Malereien, deren es einst gewiß eine große Fülle gab, in größerer Anzahl (in Schwarzrheinsdorf,
Brauweiler, St.
Gereon zu Köln,
[* 17] in den
Domen zu
Soest,
[* 18]
Münster,
[* 19]
Gurk,
Braunschweig,
[* 20] St.
Michael zu Hildesheim,
[* 21]
Klein-Komburg u. a. m.).
In diesen
bis in das 12. Jahrh. hinaufreichenden Werken offenbart sich eine der
Bildnerei entsprechende
Größe der
Auffassung,
ein feierlicher Ernst, aber auch eine hohe Schönheit der Linienführung, die nur gegen das Ende der
Zeit zu einer übertriebenen Grazie und
Biegsamkeit der Gestalten und
Ausdruck der
Bewegungen neigt. Im 13. Jahrh. erschienen
dann auch die ersten erhaltenen Zeichen einer
Tafelmalerei
(Soest,
Münster), welche parallel geht mit der
Glasmalerei
[* 22] (s. d.),
die in
Augsburg
[* 23] ihre ältesten, noch dem 12. Jahrh. zugewiesenen
Beispiele zeigt und sich zunächst auch
neben ornamentalen in bildmäßig umrahmten
Kompositionen äußert.
Während des 13. Jahrh. ist dagegen ein Rückgang der Wandmalerei zu bemerken. Noch erhielten sich in Ramersdorf (bei Bonn), [* 24] in Brauweiler, Basel, [* 25] im Dom zu Köln Bildcyklen, aber das System des got. Stiles mit seiner völligen Auflösung der Wandflächen in tragende und stützende Glieder [* 26] verhinderte ihre weitere Entwicklung. Jedoch findet sich die Darstellung des Totentanzes (s. d.), des Tristanliedes (in Runkelstein) und anderer mehr weltlicher Gegenstände in Bildercyklen öfter wieder.
Mit der Kunst
entfaltung in
Prag
[* 27] (Mitte des 14. Jahrh.) treten zuerst die einzelnen
Maler
(Nikolaus Wurmser,
Theoderich von
Prag,
Thomas von Mutina) individueller hervor, und es beginnt zugleich die got.
Tafelmalerei, die, wie die
Bildnerei,
in
Nürnberg
[* 28] ihre Hauptvertretung hatte (Imhofscher
Altar,
[* 29] Hochaltar der Frauenkirche u. a.), in Köln aber nach dem Auftreten
des einst berühmten, jetzt nicht mehr zu beurteilenden
Meisters Wilhelm von Herle (1370) ihre Vollendung
in dem Hauptwerk des
Meisters
Stephan Lochner, dem Kölner
[* 30] Dombilde (um 1450), erhielt. Eine in ihren einzelnen
Personen, nicht
nach deren meist unbekannt gebliebenen
Namen, wohl aber nach deren scharf hervortretender Eigenart sich sondernde Schule schließt
sich diesen beiden Hauptmeistern an.
Eine neue
Richtung entwickelte sich zunächst unter dem Einflusse der unter den
Brüdern
van Eyck glänzend
hervorgetretenen flandr. Malerei. Dies gilt besonders von den niederdeutschen
Schulen zu
Calcar (zweite Hälfte des 15. Jahrh.),
zu Köln und in Westfalen.
[* 31] Freier halten sich die oberdeutschen
Schulen, deren
Meister weniger auf den flandr. Realismus,
auf die miniaturartige Vollendung der Nebendinge ausgehen, auch die Landschaft und die architektonischen
Hintergründe nicht eben pflegen, dafür aber die sittlichen und gemütlichen
Beziehungen reiner und klarer aussprechen, mehr
Entschiedenheit des
Ausdrucks haben.
Diese Schulen waren die zu
Ulm
[* 32]
(Hans Schülein und
Barth. Zeitblom; s. Taf. VI,
[* 1]
Fig. 7), zu Colmar
[* 33] (Martin Schongauer; s. Taf. VI,
[* 1]
Fig. 1), zu
Augsburg, beginnend mit Holbein,
[* 34] dem
Vater (s. Taf. VI,
[* 1]
Fig. 5), die fränk.
Schule, die in
Michel
Wohlgemuth einen vielbeschäftigten
Meister hat und ihre
Spitze in
Albrecht
Dürer (s. Taf. VI,
[* 1]
Fig. 3; ferner
die
Tafel:
Christus am Kreuz,
[* 35] beim
Artikel
Dürer) findet. Neben diesem ist
Hans Holbein der
Jüngere (s. die
Tafel:
Madonna und die
Textfiguren beim
Artikel Holbein) als der größte deutsche
Maler zu nennen. Zu
Dürers und Holbeins bedeutendsten
Zeitgenossen gehören
Hans
Burgkmair,
Hans von Kulmbach,
Hans Scheufelein, die beiden
Beham (s. Taf. VI,
[* 1]
Fig. 6),
Glockenton,
Altdorfer
(s. Taf. VI,
[* 1]
Fig. 8), Matth.
Grünewald,
¶
mehr
Hans Baldung (s. Taf. VI,
[* 36]
Fig. 2) und Heinrich Aldegrever. Die Richtung der fränk. Schule verbreitete sich nach Sachsen
[* 37] durch
Lukas Cranach den Ältern (s. Taf. VI,
[* 36]
Fig. 4). Kupferstich und Holzschnitt bildeten
sich in reichster Weise aus und trugen zur Verbreitung der Kunst
werke bei. Doch schafft die Mehrzahl der
Genannten bereits mit unter dem Eindrucke neuer aus Oberitalien
[* 38] herübergekommenen Anregungen.
Die altdeutsche Kunst
hatte ihre wesentliche Aufgabe auf dem Gebiete der kirchlichen, der christl. Baukunst
[* 39] gefunden. Wie vorzüglich,
namentlich wie tiefsinnig aber auch ihre Leistungen in den andern Zweigen der bildenden Künste dabei gewesen, so war doch
inzwischen die Verwirklichung des Ideals der christl. Skulptur und Malerei dem italischen Kunst
geiste
zugefallen. Die deutsche
Renaissance führte einesteils die deutschen Schulen in steigendem Manierismus fort (Cranach der
Jüngere) oder wendete sich der Nachahmung fremder Kunst
zu (Spranger, Pieter de Witte, Muelich, Christ. Schwarz, Rottenhammer
u. a.), oder endlich sie beschränkten sich auf die Künste des Kleinmeisters
(Virgil Solis, Lautensack). Im 17. Jahrh. war der Einfluß der Niederlande
[* 40] entscheidend; Elsheimer, Sandrart, Merian, Rugendas,
Screta arbeiteten je nach den zeitgenössischen Einflüssen ohne hervorragende nationale Eigenart.
Kräftiger tritt diese hervor bei den Barockmeistern Süddeutschlands, welche mit erstaunlicher Virtuosität die Freskomalerei
bis ins 19. Jahrh. hinein betrieben (Rottmayr, Troger, Gran,
[* 41] Cosm. und Dam. Asam, Pozzo, Altomonte, Knoller,
Zick u. a.). Der Klassicismus des Nordens erwies sich unfruchtbar für die Monumentalmalerei,
führte vielmehr zu einer Vertiefung in das Kleinleben nach holländ. und franz.
Vorbild (Denner, Seekatz, Chodowiecki; s. Taf. VIII,
[* 36]
Fig. 5) oder zu einer bedeutungsreichen,
aber innerlich leeren antikisierenden Kunst
(Öser, Tischbein). Nur das Porträt erhielt sich wie in der
Bildnerei auf einer bedeutenden Höhe (Kupetzky, Graff, Angelika Kauffmann, Vogel), während in der Historienmalerei Raphael
Mengs den Ideenkreis des Klassicismus mit der Formenwelt des Freskenstiles zu verknüpfen suchte. Die völlige Durchdringung
einer starken Persönlichkeit mit antikem Gefühl, wie sie sich in Carstens (s. Taf. VII,
[* 36]
Fig. 1) gegen
Ende des Jahrhunderts vollzog, blieb zunächst in Deutschland
[* 42] noch wenig beachtet, bis von Rom
[* 43] aus die von J. L. David in Paris
[* 44] angeregten Maler Wächter, Schick, Koch, Reinhardt diese Formensprache zwar mit geringerer Kraft,
[* 45] doch mit größerm Erfolg
aufnahmen.
Sie bereiteten der Schule der Nazarener (s. d.) den Boden vor, deren Häupter Overbeck, Veit, Cornelius, Schnorr gleichfalls in
Rom (um 1815) zusammentrafen. Diese waren vorzugsweise von den romantischen Dichtern beeinflußt, fanden in der Kunst
weise
des Mittelalters, der innigern, frömmern, schlichtern Auffassung die Anregung zu einer größern Vertiefung und zu einer
Rückkehr sowohl von dem Formenüberdrang des Barock als auch von der Formenleerheit des altern Klassicismus zu einer gedankenreichen,
mehr dem geistigen Ausdruck als der malerischen Vollendung nachstrebenden Richtung. Overbeck und Veit, deren Richtung sich später
Steinle, Schnorr von Carolsfeld (s. Taf. VII,
[* 36]
Fig. 2), Führich u. a.
nahe hielten, blieben im wesentlichen in einer feinen, aber von Nachempfindung älterer Frömmigkeit nicht
ganz freien, vorzugsweise katholisierend religiösen Kunstauffassung stehen,
P. von Cornelius (s. Taf. VII,
[* 36]
Fig. 3) hingegen
befreite sich zu einer kraftvoll individuellen Art, die aber leider bei außerordentlicher geistiger Tiefe, dem philos.
Zuge der Zeit entsprechend, von unmittelbarer Naturwahrheit allzusehr absehen zu dürfen glaubte, um
einen ihrer außerordentlichen innern Größe entsprechenden rein künstlerischen Wert zu erlangen. Die mehr oder minder seinem
Beispiel folgenden, bald aber zumeist zu jener Art Historienmalerei abschwenkenden Künstler, welche als Illustration zur Geschichte
oder Dichtung gelten will (Schnorr, Neher, Kupelwieser, Schraudolph, Heß), gewannen auf den deutschen
Geschmack, namentlich der in den abstrakten, ästhetischen Lehren
[* 46] Hegels erzogenen Gebildeten einen starken, für die einfach
sinnliche Wertschätzung der Kunst vielfach abträglichen Einfluß.
Die Kartonzeichnerei erlangte ihren Höhepunkt, sodaß die Malerei ihrer Hauptkraft, der farbigen Wirkung, absichtlich entkleidet
wurde. Diese strebte unter Wilh. von Schadows Leitung erst die Düsseldorfer Schule wieder an, welche
sich bald auch nach Dresden abzweigte, wohin Schnorr auch die Art des Cornelius übertrug. Bendemann, Hübner, Hildebrandt u. a.
gehörten der in ihrer ganzen Bedeutung stark überschätzten Düsseldorfer Schule an, die nur dadurch, daß sie im Genrebild
wieder die Erfassung des wirklichen Lebens versuchte (Schrödter, Hasenclever, Jordan, später Vautier,
Knaus [s. Taf. VIII,
[* 36]
Fig. 4]), Bokelmann, Brütt), eine dauernde Förderung der Deutsche
Kunst ergab. Eine Gestaltung der Historienmalerei
zu einer mehr von innen empfundenen bahnte in Düsseldorf der erst nachträglich in seiner vollen Größe erkannte Alfred Rethel
(s. Taf. VII,
[* 36]
Fig. 9) an, dessen Einfluß auf die jüngere
Schule (Janssen, Geselschap) unverkennbar ist.
Weiter führte die Romantik zu einer vertieften Auffassung der Natur in der Landschaft, wie sie zuerst Schadow anstrebte, später
Lessing (hierin bedeutender wie als Historienmaler), Andreas und Oswald Achenbach fortführten. Der Romantik gegenüber hielt
sich auch noch der Klassicismus wirksam. Wo derselbe sich durch eine starke Individualität umgemodelt
zeigt, wie in Genelli (s. Taf. VII,
[* 36]
Fig. 5), fand er wenig Anklang, um
so größern aber da, wo er mit den Regeln der Komposition und der schönen Zeichnung sowie namentlich mit einer den Tagesgedanken
sich anschmiegenden Gegenständlichkeit zusammentraf, wie in W. von Kaulbach (s. Taf. VIII,
[* 36]
Fig. 1), der
lange Zeit als der erste deutsche
Künstler galt und verwandte, aber selbständigere Kräfte wie Rahl, ja selbst Cornelius
in den Schatten
[* 47] stellte. Preller (s. Taf. VII,
[* 36]
Fig. 8) und Rottmann suchten
die Landschaft im antiken Sinne zu stilisieren, wobei der erstere auf Zeichnung, letzterer auf Farbe das
entscheidende Gewicht legte.
Bis in die siebziger Jahre ergab sich aus diesen verschiedenartigen Anregungen eine sehr lebhafte Kunstthätigkeit, welche den Vorteil hatte, die Zeitgenossen in hohem Grade zu befriedigen. Namentlich glaubte man in der monumentalen Kunst sich unmittelbar den besten Zeiten anreihen zu können. Aber gerade die Wirkung dieser hat kurze Dauer gehabt, während die fein empfundenen und dem Gemütsleben des Volks enger sich anschließenden Kleinwerke eines Moritz von Schwind (s. Taf. VII, [* 36] Fig. 4) und Ludwig Richter (s. Taf. VII, [* 36] Fig. 6) sich in voller Würdigung erhielten.
Der Umschwung von der unter der Überlast der geistigen und daher unkörperlichen Kunst der ¶