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voneinander zu trennen und beide chemisch rein darzustellen. Untenstehende [* 1] Fig. 1 zeigt einen Destillationsapparat, wie er im chem. Laboratorium [* 2] zur fraktionierten Destillation [* 3] gebraucht wird. Die zur Aufnahme der zu destillierenden Flüssigkeit bestimmte Retorte a ruht auf einem Sandbade, das mittels einer Heizvorrichtung erwärmt wird. Der Retortenhals ist aufwärts gerichtet, um die sich schon hier verdichtenden Dämpfe zurückfließen zu lassen, was für die fraktionierte Destillation wesentlich ist. b ist der Liebigsche Kühler, ein von einem Blechmantel umhülltes Glasrohr, in dessen oberes Ende der in der Retorte gebildete Dampf [* 4] eintritt; dieser wird dadurch abgekühlt, daß aus dem Behälter c mittels des Trichterrohres e kaltes Wasser durch den Blechmantel geleitet wird.
In dem Gefäß [* 5] d, der Vorlage, sammelt sich die kondensierte Flüssigkeit (Destillat). Der in [* 1] Fig. 2 dargestellte Apparat dient zur Destillation im größern Maßstab, [* 6] z. B. zur Darstellung der Salpetersäure aus einem Gemisch von Salpeter und Schwefelsäure. [* 7] Die Retorte ist hier in einen eisernen, zur Aufnahme des Halses mit einem Ausschnitt versehenen Kessel (Sandkapelle) versenkt, der über einer Feuerung eingemauert ist. Der Retortenhals ist abwärts gerichtet, um die kondensierte Flüssigkeit direkt in die Vorlage abfließen zu lassen. Aus Blech hergestellte Destillationsgefäße, z. B. der Spiritusfabrikation, [* 8] heißen Blasen.
Die mehrmalige Destillation einer Flüssigkeit bezeichnet man als Rektifikation. Hiervon macht man in umfangreichstem Maße in der Spiritusfabrikation (s. d.) Gebrauch, um den in der vergorenen Maische enthaltenen Alkohol von dem Wasser und seinen sonstigen Begleitern zu trennen und konstruiert die dazu bestimmten Apparate so, daß innerhalb derselben sogleich eine wiederholte Destillation stattfindet. Die hierbei zur Geltung kommenden Grundsätze sind folgende: der in den Maischen enthaltene Alkohol siedet bei 78° C., also wesentlich niedriger als Wasser.
Beim Erwärmen eines Gemisches von Alkohol und Wasser (Maische, Rohbranntwein, Wein) ist es aber nicht möglich, den Alkohol vom Wasser vollständig zu trennen, sondern es bilden die übergehenden und wieder verdichteten Dämpfe nachher wieder ein Gemisch von Alkohol und Wasser, in welchem jedoch der Alkoholgehalt höher ist als in der ursprünglichen Flüssigkeit. Zwischen dem Alkoholgehalt verschiedener Gemische von Alkohol und Wasser und demjenigen des daraus entwickelten Dampfes besteht ein bestimmtes, durch Groening zuerst in folgender Tabelle aufgestelltes Verhältnis:
Alkoholgehalt in 100 Maßteilen der kochenden Flüssigkeit | Siedetemperatur (Temperatur des Dampfes) ° C. | Alkoholgehalt in 100 Maßteilen des kondensierten Dampfes | Alkoholgehalt in 100 Maßteilen der kochenden Flüssigkeit | Siedetemperatur (Temperatur des Dampfes) ° C. | Alkoholgehalt in 100 Maßteilen des kondensierten Dampfes |
---|---|---|---|---|---|
90 | 78,8 | 92 | 15 | 90 | 66 |
80 | 79,4 | 90,5 | 12 | 91,3 | 61 |
70 | 80 | 89 | 10 | 92,5 | 55 |
60 | 81,3 | 87 | 7 | 93,8 | 50 |
50 | 82,5 | 85 | 5 | 95 | 42 |
40 | 83,8 | 82 | 3 | 96,3 | 36 |
30 | 85 | 78 | 2 | 97,5 | 28 |
20 | 87,5 | 71 | 1 | 98,8 | 13 |
18 | 88,8 | 68 | 0 | 100 | 0 |
Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, daß der Siedepunkt von Alkoholwassermischungen von dem Mischungsverhältnis abhängig ist und zwar so, daß der Siedepunkt mit zunehmendem Alkoholgehalt fällt. Wenn man z. B. eine Mischung von 10 Proz. Alkoholgehalt erwärmt, so wird nach obiger Tabelle bei 92,5° C. ein Dampf entwickelt werden, der 55 Proz. Alkohol enthält. Hierdurch wird aber sofort das Mischungsverhältnis der kochenden Flüssigkeit geändert und zwar dadurch, daß mehr Alkohol als Wasser entweicht, in dem Sinne, daß die kochende Mischung immer alkoholärmer wird; es wird daher der Siedepunkt beständig steigen und der Alkoholgehalt der Dämpfe dem Alkoholgehalte der Flüssigkeit entsprechend immer abnehmen. Es ergeben sich hieraus folgende beiden Sätze:
1) Die Siedetemperatur ist abhängig von dem Mengenverhältnis der Mischung; ändert sich das letztere durch die Destillation, so geschieht es stets in der Richtung, daß damit ein Steigen der Siedetemperatur eintritt, bis entweder eine unveränderliche Mischung oder ein isolierter Bestandteil erreicht ist.
2) Das Mengenverhältnis im Dampfgemisch ist abhängig vom Mengenverhältnis der flüssigen Mischung; wo beide gleich sind, bleibt auch die Siede-
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temperatur unverändert; sind sie ungleich, so ist stets derjenige Bestandteil im Dampfe stärker als in der Flüssigkeit vertreten, dessen Abnahme in der flüssigen Mischung die Siedetemperatur derselben erhöht. Dem Umstande, daß die Zusammensetzung der aus einer alkoholhaltigen Flüssigkeit entweichenden Dämpfe beständig alkoholärmer wird, ist es zuzuschreiben, daß bei einer einfachen Destillation alkoholhaltiger Flüssigkeiten, bei welcher man aus einem Gefäß überdestilliert, der Alkoholgehalt des Destillats nicht der obigen Tabelle entspricht, sondern wesentlich niedriger ist. Um das gewonnene Destillat zu verstärken, leitet man die aus einer Blase entwickelten Alkoholdämpfe sofort in eine zweite mit Maische (oder Wein, oder verdünntem Branntwein) gefüllte Blase; hierdurch wird zunächst, solange der Inhalt der zweiten Blase noch kalt ist, der aus der ersten Blase übertretende Alkoholwasserdampf kondensiert unter gleichzeitiger Erwärmung des Blaseninhalts; dieser wird alkoholreicher und entwickelt, wenn seine Temperatur bis zum Siedepunkt des nunmehr stärkern Alkoholgemisches gestiegen ist, einen Dampf, der wesentlich alkoholreicher ist, als der aus der ersten Blase entwickelte Dampf. Dieses zuerst von Pistorius angewandte Princip, welches den Vorzug großer Kostenersparnis hat, ist dann bei den neuern Apparaten wesentlich verbessert worden.
Eine erhebliche Unterstützung findet die Destillation durch die Dephlegmation. Darunter versteht man die Verflüssigung eines Teils der Alkoholdämpfe durch Berührung der letztern mit kältern Körpern. Während man früher annahm, daß, wenn gemischter Dampf von Alkohol und Wasser mit einer kältern Oberfläche in Berührung kommt, sich zunächst die Wasserdämpfe und etwaige hochsiedende Beimengungen (Fuselöl) verdichten, sodaß ein alkoholreicherer Dampf übrig bleibt, wird neuerdings die Ansicht vertreten, daß nur dann eine Verstärkung [* 10] der alkoholischen Dämpfe durch Abkühlung erfolge, wenn nach dem Verdichten wiederholtes Wiederverdampfen stattfindet.
Der thatsächliche Erfolg ist unbeschadet der theoretischen Anschauung derselbe, da durch die fortwährend den Dephlegmatoren zuströmenden neuen Alkoholdämpfe ein Aufkochen der in den Dephlegmatoren niedergeschlagenen Flüssigkeit stattfindet. – Manche Stoffe haben die Eigenschaft, bei Gegenwart anderer Dämpfe (z. B. Wasserdämpfe) weit unter ihrem Siedepunkt überzugehen. Dies benutzt man in der Fabrikation der ätherischen Öle [* 11] derart, daß man die zu verarbeitende Pflanzensubstanz in zerkleinertem Zustande in den Destillierapparat bringt und nun Wasserdampf durch das Material strömen läßt; das in der Pflanzensubstanz enthaltene Öl dunstet dabei in dem Wasserdampf ab und wird mit diesem zugleich verdichtet.
Von der gewöhnlichen unterscheidet man die Trockne Destillation (s. d.). Irrtümlich wird das Wort Destillieren im gewöhnlichen Leben bisweilen für die Bereitung gewisser Extrakte angewandt: Man «destilliert» gewisse Kräuter mit Branntwein in einer verschlossenen Flasche [* 12] eine Woche lang an der Sonne. [* 13] Der richtige Kunstausdruck dafür ist Macerieren oder Maceration (s. d.). Die Destillation der Körper, die aus dem dampfförmigen Zustand unmittelbar in den festen krystallinischen übergehen, bezeichnet man als Sublimation (s. d.).
Destillation ist auch eine ziemlich gebräuchliche Bezeichnung für Spirituosenhandlung, sowie Destillateur für Liqueurfabrikant.