bei den Byzantinern ein aus Sekundogenitur entstandenes und von einem Despoten (s. d.)
regiertes Reich.
Solche Despotat waren diejenigen von Epirus (s. d.) und Morea (s. d.).
In ein Despotat wurde auch das griech. Kaiserreich
von Thessalonik (s. Thessaloniker Kaiserreich) nach der Besiegung des Kaisers Johannes durch Johannes Dukas Vatatzes von Nicäa 1242 verwandelt.
Despotie (vom grch. despotes, s. Despot), Gewaltherrschaft. Mit Despotismus wird ein Regierungssystem
bezeichnet, bei welchem ein absoluter Herrscher seine durch keine Gesetze gebundene Willkür auch nicht durch sittliche Motive,
durch Rücksichten auf das Gemeinwohl und auf die Rechte anderer selbst beschränkt, vielmehr dieselbe schrankenlos, nach
seiner Laune, wirken läßt. Dies entspricht schon der Definition des Aristoteles. Jede despotische Herrschaft
ist stets eine absolute (denn in der beschränkten Monarchie ist die Willkür des Regenten ausgeschlossen); nicht notwendig
muß aber jeder absolute Herrscher ein Despot sein.
(spr. däpreh), César Masuète, franz. Physiker,
geb. zu Lessines in Belgien, war Professor der Physik in Paris am Collège Henri Ⅳ., an der
Polytechnischen Schule und zuletzt an der Sorbonne; er war auch Mitglied der Pariser Akademie der Wissenschaften, in deren Schriften
(«Comptes rendus») sowie in den «Annales
de chimie et de physique» (1817‒56) seine zahlreichen und vorzüglichen Arbeiten erschienen sind. Er starb Von
seinen zahlreichen Schriften sind zu erwähnen: «Recherches expérimentales sur les causes de la chaleur animale» (Par. 1824),
«Éléments de chimie théorique et pratique» (2 Bde.,
ebd. 1828‒30),
«Traité élémentaire de physique» (4. Aufl., ebd. 1836).
Spuches, Giuseppe, Fürst von Galati, ital. Staatsmann,
Gelehrter und Dichter, geb. 1819 zu Palermo, studierte daselbst Philosophie und Rechte, wurde Präsident der königl. Gesellschaft
für Kunst und Altertumskunde, Bürgermeister von Palermo und Mitglied des ital. Parlaments. Er starb im Nov. 1884. Seinen
Ruf als Dichter begründete er mit einer Übersetzung von Sophokles’ «König Ödipus» (Palermo 1838).
Seine übrigen zahlreichen Arbeiten zerfallen in archäol.-litterar., poet. Übersetzungen und Originaldichtungen in griech.,
lat. und ital. Sprache: «Discorsi filologici» (Palermo 1860),
«Epigrafi inedite ed altri oggetti archeologici» (ebd. 1865),
«Alcuni scritti» (ebd. 1881),
u. s. w. Von poet. Übersetzungen sind zu erwähnen: «Medea, Ippolito, la Fenice, Ecuba, Reso
il Ciclope di Euripide» (Neap. 1871) und «Alcune
versioni dal greco» (Palermo 1878). Unter seinen Originaldichtungen sind beachtenswert: «Carmina latina et graeca» (ebd. 1877),
«De Adele Burgoniensi, aut Berengarii excidio» (ebd. 1880),
«Poesie» (Neap. 1868; neue Aufl., ebd.
1880). Die letztgenannte
Sammlung stellt De Spuches den formgewandtesten unter den gleichzeitigen Dichtern Italiens an die Seite. –
Vgl.
Chinigò, Della vita e degli scritti di G. De Spuches (2. Aufl., Messina 1889).
(spr. -lihn), Joh. Jak., Kaiser von Haïti, ein um 1760 in Afrika geborener Neger, der als Sklave nach San
Domingo gebracht wurde und sich dort unter Toussaint L’Ouverture gegen die Franzosen auszeichnete (s.
Haïti). Nach dessen Gefangennehmung stellte er sich selbst an die Spitze der Neger, schlug wiederholt den zur Unterwerfung
der Insel abgesandten franz. General Leclerc im westl. Teile der Insel und besiegte 1802 die Franzosen vollständig. Dessalines zwang
unterstützt durch eine engl. Flotte, den franz.
Obergeneral Rochambeau zur Kapitulation und Räumung der Insel, ließ zu Beginn des J. 1804 Haïti als Republik erklären,
sich zum Generalgouverneur ausrufen und vernichtete erbarmungslos die noch zurückgebliebenen Franzosen. Den span. Teil der
Insel zu unterwerfen, gelang ihm nicht, da die Stadt Domingo sich hielt. Anfang Dez. 1804 stürzte
Dessalines die Republik und ließ sich 8. Dez. als Jakob Ⅰ. zu Port-au-Prince zum Kaiser krönen. Er regierte äußerst despotisch, wurde
jedoch infolge einer Verschwörung der Mulatten unter Pétion mit den Negern unter Christophe ermordet.
1) Kreis im Herzogtum Anhalt, hat 424,59 qkm und (1890) 65626 (31615 männl., 34011 weibl.) E., darunter 1411 Katholiken
und 494 Israeliten, 6823 bewohnte Gebäude mit 15682 Haushaltungen, 5 Städte, 53 Dörfer und 23 Gutsbezirke. Der
Kreis gehört zum Reichstagswahlkreis Dessau-Zerbst (Abgeordneter Roesicke, liberal). – 2) Haupt- und Residenzstadt
des Herzogtums Anhalt, 51° 50’ nördl. Br. und 12° 14’ östl. L. von Greenwich, in 63 m Höhe, an der Mulde, 3 km von
der Mündung derselben in die Elbe, liegt in wiesen- und waldreicher Gegend und hat breite, zum Teil mit
Bäumen bepflanzte Straßen und schöne Parkanlagen auf den zahlreichen Plätzen, sowie (1890) 34658 (16689 männl., 17969 weibl.)
E., gegen 27766 in 1885, i. eine Zunahme (1885‒90) von 6892 Personen oder 24,8 Proz., darunter 1034 Katholiken und 306 Israeliten; 2140 bewohnte
Wohnhäuser, 7494 Familienhaushaltungen, 811 einzeln lebende Personen und 27 Anstalten. In Garnison (525
Mann) liegt das 1. Bataillon des 93. Infanterieregiments.
Kirchen. Die Stadt- und Schloßkirche zu St. Marien am Großen Markt, 1554 im neugot. Stil erbaut, mit Turm (56 m) und Bildern
von Cranach dem Ältern (Christus am Ölberg, Christus am Kreuz), dem Jüngern (Abendmahl) und Franz Schubert
aus Dessau (Auferstehung); in der Gruft unter der Kirche die Grabstätte mehrerer anhalt. Fürsten, so des Fürsten Leopold, dessen
Sarkophag von sechs Grenadieren (Zinkguß) getragen wird;
die Georgenkirche in der Askanischen Straße ist 1712 erbaut, 1821 renoviert;
die Johanniskirche am Neumarkt, 1690 erbaut, 1866 restauriert, hat einen hohen Turm (54 m);
die 1892 vollendete
evang. St. Pauluskirche am Pauliplatz.
Die kath. Kirche zu St. Peter und Paul, 1854 im got. Stil erbaut, hat schöne Glasmalereien von Baudri. Die Synagoge (1688) wird
neu gebaut.
Weltliche Bauten, Denkmäler. Das herzogl. Schloß, von der Mulde durch einen kleinen Garten getrennt, besteht aus einem westl.
Flügel (1532), einem wertvollen Werke der beginnenden Renaissance, zu den frühesten in Deutschland gehörig,
und dem 1748‒51 durch den Berliner Baumeister von Knobelsdorff umgebauten östl. Flügel; der Mittelbau ist 1872‒74 nach
Plänen von Normanns in neuer Renaissance aufgeführt. Im Erdgeschoß die sog. altdeutschen Gemächer,
im Geschmack des 16. Jahrh., in den andern Stockwerken Sammlungen von wertvollen Möbeln, Altertümern,
geschichtlichen Denkwürdigkeiten und etwa 600 Ölbildern, darunter solche von Tizian, Rubens, van Dyck, Leonardo da Vinci u. a.
Das Rathaus (1561) am Kleinen Markt ist 1883 in deutscher Renaissance renoviert;
in der Kavalierstraße das Palais der Prinzessin
Luise und das erbprinzliche Palais, 1883‒87 nach Entwürfen von Ende und Böckmann erbaut, und das Theater
mit dem Konzertsaal (18 m lang, 10 m breit), nach dem Brand von 1855 neu erbaut im Stil des Berliner Opernhauses;
hinter dem
Theater die herzogliche und die Georgsbibliothek (50000 Bände);
das Gymnasium Fridericianum und Realgymnasium (1880‒82),
davor das Denkmal des Dichters der Griechenlieder Wilh.
Müller. Endlich das Landtags- und Behördenhaus
(1872‒75), das Land- und Amtsgericht (1884‒85), die Gebäude der Anhalt-Dessauischen Landesbank (1850) und der Deutschen Kontinental-Gasgesellschaft
(1872). Auf dem Neumarkt das Standbild (1858) des Herzogs Leopold Friedrich Franz (von Kiß), auf dem Großen Markt das Standbild
(1860) des Fürsten Leopold nach dem Modell der Schadowschen Statue auf dem Berliner Wilhelmsplatz (von
Kiß), am Kleinen Markt das 1867 beim 50jährigen Regierungsjubiläum des Herzogs Leopold Friedrich errichtete Jubeldenkmal zur
Erinnerung an die Wiedervereinigung Anhalts (1863), mit den Standbildern Albrechts des Bären, Heinrichs Ⅰ., Joachim Ernsts
und Leopold Friedrichs und vier Städtefiguren (von H. Schubert);
Denkmal für die 1870/71 gefallenen Anhaltiner;
Moses Mendelssohn-Denkmal (1890);
das vom Baron von Cohn, dem Bankier Kaiser Wilhelms Ⅰ., gestiftete Kaiser Wilhelm-Denkmal (Bronzestatue
von Tondeur in Berlin, 1892);
Denkmal des Komponisten Schneider (1893).
Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Oberbürgermeister, zwei besoldeten Stadträten, 30 Stadtverordneten und hat
freiwillige Feuerwehr, ein Wasserwerk (27 km Rohrleitung), Kanalisation, Gasanstalt und elektrische Beleuchtung
(Centralstation der Deutschen Kontinental-Gasgesellschaft), letztere für die herzogl. und einzelne Privatgebäude.
Behörden. Dessau ist Sitz der Landesregierung, der obersten Behörde für die Verwaltung des herzogl. Hofbesitzes, einer Finanzdirektion,
eines Konsistoriums, einer Kreisdirektion, Generalsuperintendentur, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Naumburg) mit 11 Amtsgerichten
(Ballenstedt, Bernburg, Coswig, Cöthen, Dessau, Harzgerode, Jeßnitz, Oranienbaum, Roßlau, Sandersleben, Zerbst),
Amtsgerichts, Eisenbahnbetriebsamtes (365,69 km Bahnlinien) der königlichen preuß. Eisenbahndirektion
Erfurt und einer Reichsbanknebenstelle.
Bildungs- und Vereinswesen. Dessau hat ein herzogl. Gymnasium Fridericianum (1785
von dem Herzog Leopold Friedrich Franz gegründet,
Direktor Dr. Krüger, 19 Lehrer, 9 Klassen, 277 Schüler), Friedrichs-Realgymnasium (Direktor Dr. Suhle, 15 Lehrer, 8 Klassen, 226 Schüler),
herzogl. Vorschule des Fridericianum, herzogl. Antoinetten- (höhere
Mädchen-) schule mit Lehrerinnenseminar (1786 gegründet, 1839 erneuert), Knaben- und Mädchenmittelschulen, Knaben- und Mädchenvolksschulen,
gewerbliche Fortbildungs-, Handwerker-, kaufmännische Fachschule, private höhere (Ließsche) Mädchenschule, Musikschule
(von Fr. Schneider gegründet), Landes-Frauenarbeitsschule (mit dem Friederiken-Institut), je 2 Kleinkinderschulen und Kindergärten;
ferner die herzogliche öffentliche und die Behördenbibliothek (je 50000 Bände), die Volksbibliothek
(7000 Bände), die Sammlungen im Schloß, die Gemäldesammlung in der Amalienstifung (700 Nummern, meist aus dem 18. Jahrh.)
und das Hoftheater (1000 Plätze). An Vereinen hat Dessau 21 zu gegenseitiger Unterstützung der Mitglieder, 12 der Wohlthätigkeit, 9 gemeinnützigen, 12 kirchlichen,
religiösen und Missionszwecken, 12 dem Handel, Gewerbe und Industrie, 4 finanziellen Zwecken dienende Vereine, 9 zur Pflege
von Kunst und Wissenschaft, 5 Militär-, 21 Gesang-, 16 Turn-, Radfahrer-, Ruder-, 16 gesellige Vereine sowie eine Loge.
Wohlthätigkeitsanstalten. Die Amalienstiftung, eine Armenanstalt für alte Frauen, von der 1793 gestorbenen Tochter des
Fürsten Leopold gegründet, Kreiskrankenhaus, Erziehungsanstalt für schwach- und blödsinnige Kinder (1887), Hospital zum
Heiligen Geist, St. Georg, Elisabethhaus und Leopoldsdankstift.
Industrie, Handel. Hauptzweige der in etwa 60 Anlagen betriebenen Industrie sind Fabrikation von Tapeten, Rouleaus, Strohpapier,
Tuch, Maschinen (Berlin-Anhaltische Maschinenbau-Aktiengesellschaft), Wagen, Sprit und Zucker (Dessauer Aktien-Zuckerraffinerie);
ferner Spinnerei (Dessauer Wollgarnspinnerei), Eisengießerei, Brauerei, Ziegelei, Mahl- und Schneidemühlen.
Der Handel erstreckt sich vornehmlich auf Produkte der einheimischen Industrie. Dessau hat eine Handelskammer für das Herzogtum
Anhalt, Reichsbanknebenstelle, Anhalt-Dessauische Landesbank, Kreissparkasse (Ende 1891: 5,68 Mill. M. Einlagen), Darlehnskasse
und 2 Sparvereine. In Dessau haben ihren Sitz die 7. Sektion der Nordwestlichen Eisen- und Stahl- und die 3. Sektion
der Magdeburgischen Baugewerks-Berufsgenossenschaft sowie die Anhaltische Land- und Forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft.
Verkehrswesen. Dessau liegt an den Linien Wittenberg-Cöthen-Aschersleben und Magdeburg-Zerbst-Leipzig der Preuß. Staatsbahnen,
hat Post- und Telegraphenamt erster Klasse, sowie Fernsprecheinrichtung (100 Teilnehmer). Handel und Verkehr werden wesentlich
gefördert durch den 4 km nördlich an der Elbe gelegenen Hafen Wallwitzhafen (s. d.), dessen Güterverkehr
(1891) 218300 t betrug.
Vergnügungsorte und Umgebung. Nördlich vom Bahnhof der Georgengarten mit Schloß, weiter der Wallwitzberg, ein Hügel mit
Burgruine, 5 km westlich davon am Kühnauer See in einem Park das herzogl. Schloß Kühnau,mit Sammlungen für anhalt. Geschichte
und Altertumskunde, östlich des Georgengartens zwischen der Stadt und Wallwitzhafen der Gänsewall, schattige
Promenade inmitten von Wiesen. Rechts der Mulde der Tiergarten und 4 km entfernt Schloß und Park Luisium.
mehr
7 km westlich von Dessau das Dorf Mosigkau; im Schloß (1752), seit 1780 Sitz eines Adlig-Fräuleinstiftes, wertvolle
Gemälde. 18 km entfernt Wörlitz (s. d.).
Geschichte. Dessau, ursprünglich Dissouwe, später Desso, Dessow, wurde wahrscheinlich von Albrecht dem Bären durch einwandernde
Flamländer gegründet: doch wird es erst 1213 urkundlich als Stadt erwähnt. Bei der Teilung Anhalts (s. d.,
Bd. 1, S. 639 a) wurde Dessau 1603 Residenz der Anhalt-Dessauischen Linie. Während des Dreißigjährigen Krieges schlug Wallenstein an der
Dessauer Elbbrücke in der Nähe von Roßlau den Grafen Ernst von Mansfeld. Großen Ruf erlangte am Ende des 18. Jahrh. durch
das 1774 von Basedow gegründete Philanthropin wie durch die Buchhandlung der Gelehrten und die Chalkographische
Gesellschaft. Es ist Geburtsort des Dichters Wilh. Müller (1794), des Philosophen Moses Mendelssohn (1729). –
Vgl. Siebigk,
Ein Bild aus D.s Vergangenheit (Dessau 1864);