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fordern, der Schuldner jederzeit zahlen, nach Preuß. Allg. Landrecht aber nur nach dreimonatlicher, und bei'D. von 150 M. oder weniger nach vierwöchent- licher Kündigung. Der Deutsche [* 2] C'ntwurs schreibt allgemein sechswöchentliche Kündigung vor. Ein über den Empfang des Darlehnskassenvereine ausgestellter Schuldschein beweist zwar gcgen den Aussteller, doch kann derselbe den Gegenbeweis führen, dah er die Darlchnssumme nicht erhalten, z. B. den Schuldschein in Erwartung der Auszahlung dem Gläubiger übersendet hat, ohne dah dieser über- haupt oder zum vollen Betrage Valuta geleistet bat.
Nach den Bestimmungen des röm. Rechts über die exoiMio und ciu6r6la non numerawe pecnni^o sollte jene Beweiskraft erst nach einer bestimmten Zeit eintreten. Das ist durch das Deutsche Handels- gesetzbuch Art. 295 und die Deutsche Zivilprozeß- ordnung,, Einführungsgesetz ß. 17 beseitigt. Der Darlehnsvorver trag spa.ctnm äs inutuo dlniäo) erzeugt eine Klage aus Aufzahlung und andererseits auf Annahme der Darlehnssumme unter den vereinbarten Bedingungen.
Der Gläu- biger ist aber berechtigt zurückzutreten, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners inzwi- schen so verschlechtert haben, daß der Rückzahluugs- anspruch gefährdet sein würde. Darlehnskafsen, vom Staate oder auch vou Gemeinden oder Privaten errichtete Kreditinstitute, welche, um einem zu Zeiten einer Gefchästskrisis ein- getretenen Notstände abzuhelfen, zu einem mäßigen Zinsfüße Darlehen an Gewerbtreibcnde und Hand- werker gewähren.
Nach der Verordnung vom wurden Darlehnskassenvereine von der prcuß.' Regie- rung, und zwar in Berlin [* 3] und den grösiern Pro- vinzialstädten errichtet zu dem Zwecke, Darlcbcn «zur Beförderuug des Handels- und Gewerbsbe- triebs gegen Sicherheit» zu geben auf Waren und inländische Wertpapiere in Beträgen von minde- stens 100 Thlrn., in der Regel nickt über 3, aus- nahmsweise bis auf 6 Monate. Für den Betrag der auf diese Weise gewährten Darlehen wurde ein Staatspapiergeld ohne Zwangskurs, sog. Dar- lehnskassenscheine, nicht über 10 Mill. Tblr., ausgegeben.
Diese Kassen wurden zu Ende 1852 geschlossen und schon seit dem laut Gesetz von selbem Tage wurden keine neuen Dar- lehen mehr gegeben. Ahnliche Verhältnisse ver- anlaßten 1866 die Wiedereröffnung der Darlehnskassenvereine in Preu- ßen und andern deutschen Staaten, sowie auch bei Ausbruch des Deutsch-Frauzösiscken Krieges laut Gesetz vom im Gebiete des Nord- deutschen Bundes. Das Eigentümliche derselben ist, mit andern Kreditinstituten verglicheu, daß der Staat in einer allgemeinen Notlage, nicht in der Absicht einen Gewinn zu machen, sondern im In- teresse des Gemeinwohls seinen eigenen Kredit ein- setzt, um der Kreditnot des Gewerbestandes zu Be- dingungen abzuhelfen, die auf andere Weise in sol- chen Zeiten nicht zu erlangen wären.
Auch die sog. Volksbanken von Schulze-Delitzsch können unter so schwierigen Kreditverhältnisscn nicht so viel leisten, weil sie schwächer als der Staat sind, ihnen selber der Kredit in solchen Zeitläufen leicht versagt oder doch sehr verteuert wird. Je mehr die Darlehnskassenvereine sich von den Grundsätzen des geschäftsmäßigen Bankbctriebs entfernen, je mehr sie die Rücksicht wohlthätiger Hilfe in den Vordergrund stellen, um so mebr fehlt ihnen allerdings auch die geschäftsmäßige Grund- lage, um so weniger sind die mit Vorschüssen be- - > liehenen Sicherheiten als ausreichende finanzielle Deckung der ausgegebenen Darlehnskassenscheine zu betrachten, übrigens sind Darlehnskassenvereine auch von gemein- sinnigen Privaten oder Gemeinden ausgegangen. S. Darlehnskassenvereine (ländliche). -
Vgl. S. Poschinger, Bankwesen und Bankpolitik in Preußen [* 4] (Berl. 1879).
Darlehnskafsenscheine, s. Darlehnskassen. Darlehnskassenvereine, ländliche. Die ländlichen Darlehnskassenvereine, auch Naiffcisensche Darlehnskassenvereine genannt nach ihrem Begründer, dem Bürgermeister Raiff- eisen in Flammersfeld (später in Heddesdorf bei Neuwied, gest. daselbst sind 1849 aus einem Vereine hervorgegangen, der zum Zwecke der Befreiung von demVichhandelunterSolidarhaftder Mitglieder Vieh kaufte und kleinern Landwirten mit mäßigem Gewinn gegen Raten abließ', sie sind Kredit- genossenschaften, welche den kleinen Landwirten in ähnlicher Weise eine Stütze gewähren sollen, wie die Schulze-Delitzschschen Vorschußvereiue den Inter- essen des llciuen Gewerbestandes dienen.
Der Unter- schied des Kreditbedürfnisses dieser beidenKlassen liegt darin, daß sich dasselbe bei den Landwirten häusig aus eineVerluebvungdesstehendenKapitalserstreckt(in Gestalt von Bodenverbesseruugcn, Geräten, Zugvieh u. s. w.) und daß in jedem Falle die Landwirtschaft längere Kreditfristen bedarf, während im Gewerbe der Kapitalumlauf so rasch von statten geht, daß hier in der Regel der turze, ^ Monate nur ausnahms- weise übersteigende Kredit der Schulze-Dclitzschschen Genossmschafteu ausreicht.
Auch kommt in Betracht, daß die Organisation eines ländlichen Kreditver- eins möglichst einfach fein muß und daß alle ver- wickelten Geschäfte und Rechnungen von demselben zu venucidcu sind. Seit 1862 fing der Bürgermei- ster Raisfciscn an, nach solchen Gesichtspunkten in mehrern Gemeinden der Gegend von Neuwied Darlehnskassenvereine ins Leben zu rufen und dieselben haben, im wesent- lichen unter Festhaltung des ursprüuglichen Systems, in der prcuß. Rheinprovinz, [* 5] in Hessen, [* 6] in neuester Zeit auch in Bayern, [* 7] Baden, [* 8] Württemberg [* 9] und ander- wärts trotz manckcr Anfeindungen eine beachtens- werte Verbreitung gefunden.
Die Kreditgrundlage durch die Solidarbaft der Mitglieder geschaffen', Ge- schäftsanteile der Mitglieder waren ursprünglich gar nicbt vorhanden, und wenn solche gegenwärtig von vielen Vereinen gefordertwerden, so sind siedoch mög- lickst niedrig angesetzt und die Höhe der Dividende ist auf den für andere Kapitaleiulagen zu zahlenden Zinsfuß beschränkt. Der Gewinnüberschuh oder bei den Vereinen obne Geschäftsanteile der ganzeReinge- winn, soll in einen unteilbaren Neservesonds fallen.
Die Vereine gewähren ihren Mitgliedern Kredit auf längere Fristen, bis zu 5 und mehr Jahren. Sie erstrecken sich räumlich über kleine Bezirke und er- möglichen damit, daß die Mitglieder untereinander gcuau bekauut und ihre Lage und Kreditwürdigkeit wechselseitig gut zu beurteilen im stände sind; ge- wöhnlich umfaßt ein Verein nur einen, höchstens einige wenige Psarrbezirke. Die Mitglieder, welche die Verwaltung führen, üben diese Funktion als unbesoldetes Ehrenamt aus, oft überuimmt der Pfarrer die Vorstcherschaft. Zu gegenseitiger finan- zieller Unterstützung der einzelnen Darlehnskassenvereine, insbesondere durch Ausgleichung von Kapitalüberfluß und Man- gel, wurde 1877 eine «Landwirtschaftliche Central- Darlehenskassc» in Nenwied gebildet. Für die Be- ratung, Unterstützung und Förderung der Darlehnskassenvereine wirft ¶