mehr
Behörden. Danzig [* 2] ist Sitz des Oberpräsidiums der Provinz Westpreußen, [* 3] der Provinzialsteuerdirektion, Provinziallandschaft, des Provinzialrates, Provinzialschulkollegiums, königl. Medizinalkollegiums, königl. Konsistoriums der Provinz Westpreußen, der königl. Bezirksregierung, königl. Ausführungskommission für die Regulierung der Weichselmündung, der Landratsämter für die Kreise [* 4] Danziger Höhe und Danziger Niederung, je zweier Land- und Wasserbauinspektionen und Katasterämter, einer Kreis- und Hafenbaukasse, eines Seemannsamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Marienwerder) [* 5] mit 9 Amtsgerichten (Berent, Danzig, Dirschau, [* 6] Karthaus, Neustadt, [* 7] Preuß. Stargard, [* 8] Putzig, Schöneck, Zoppot) und Kammer für Handelssachen, eines Amtsgerichts, einer Oberpostdirektion für die Regierungsbezirke Danzig und Marienwerder (mit Ausschluß der Kreise Deutsch-Krone, Flatow, Konitz, [* 9] Schlochau und Tuchel), mit 338 Verkehrsanstalten und 2720,43 km oberirdischen Telegraphenlinien (7546,22 km Leitungen), einschließlich 735,81 km Stadtfernsprechanlagen, einer Reichsbankhauptstelle, eines königl. Eisenbahnbetriebsamtes (409 km Bahnlinien) der Eisenbahndirektion Bromberg; [* 10] ferner einer kaiserl. Werftdirektion, königl. Kommandantur, des Generalkommandos des 17. Armeekorps, der Kommandos der 36. Division, 71. Infanterie-, 36. Kavallerie-, 17. Feldartillerie- sowie einer Gendarmeriebrigade, eines Artilleriedepots, einer Artilleriewerkstatt, königl. Gewehrfabrik, eines königl. Proviantamtes und Garnisonlazaretts.
Unterrichts- und Bildungswesen. Königl. pädagogisches Seminar zur Ausbildung von Lehrern für Höhere-Lehranstalten, besonders der Provinz Westpreußen; königl. Gymnasium, 1876 eröffnet (Direktor Dr. Kretschmann, 23 Lehrer, 16 Klassen mit 430 Schülern, 3 Vorklassen mit 107 Schülern), städtisches Gymnasium, 1558 gestiftet (Direktor Dr. Kahle, 28 Lehrer, 16 Klassen, 512 Schüler), städtisches Realgymnasium zu St. Johann, bestand schon 1552 als lat. Schule (Direktor Dr. Panten, 24 Lehrer, 14 Klassen mit 375 Schülern, Vorklasse mit 15 Schülern), eine städtische Realschule zu St. Petri, 1547 als lat. Schule gestiftet, ist seit 1888 in eine lateinlose höhere Bürgerschule verwandelt (Direktor Dr. Völkel, 23 Lehrer, 6 Klassen mit 118 Schülern, 6 Bürgerschulklassen mit 273 Schülern, und 32 Schüler der Vorschule);
eine Handelsakademie (Kabrunsche Stiftung, 1832), Navigationsschule, höhere Mädchenschule (Viktoriaschule) mit Lehrerinnenseminar, 2 Knabenmittel-, 22 Elementarschulen, Taubstummenanstalt;
von Conradisches Provinzialschul- und Erziehungsinstitut, Privatprorealgymnasium, Privat-Lehrerinnenseminar und 5 private höhere Mädchenschulen;
kath. Schule der königl. Kapelle, Religionsschule der Synagogengemeinde;
endlich je eine allgemeine Vereins-, gewerbliche und Lehrlingsfortbildungsschule, Schulen des Gewerbe-Innungsvereins, des Gärtnereivereins, der Maler- und der Bauinnung, Lehrlingshandelsschule, Gewerbe- und Handelsschule für Frauen und Mädchen und eine Musikschule mit Seminar.
Für anderweite Ausbildung sorgen die Stadtbibliothek (16. Jahrh.), durch die des alten Franziskanerklosters vermehrt (70000 Bände), die Bibliotheken des Allgemeinen Bildungsvereins, städtischen Gymnasiums mit Münzkabinett, der Naturforschenden Gesellschaft und zahlreiche andere; das Stadtmuseum nebst Bildergalerie, das westpreuß. Provinzialmuseum und die Ausstellung des Kunstvereins; die Sternwarten [* 11] der Naturforschenden Gesellschaft, der Navigationsschule und des Realgymnasiums St. Petri.
Ferner bestehen das Stadttheater (800 Plätze) und das Wilhelmtheater (Operetten).
Vereinswesen und Kassen. Von den gelehrten Gesellschaften und zahlreichen Vereinen sind außer oben erwähnten zu nennen die Vereine für neuere Sprachen, für Verbreitung guter Schriften und der westpreuß. Landwirte, die Friedens- und die Litterarische Gesellschaft, der Westpreußische Geschichts-, der Anthropologische, Ornithologische, Ärztliche, Ingenieur-, Gartenbau-, Fischerei-, Gewerbe-, Bildungsverein und der Gewerbliche Centralverein der Provinz Westpreußen, im ganzen 250 Vereine und Gesellschaften; ferner 30 Berufsgenossenschaften, 12 Innungen, 18 Kranken-, Sterbe- und Unterstützungskassen, 22 Betriebskrankenkassen und 26 Centralkranken- und Begräbniskassen. Es bestehen die Freimaurerlogen «Eugenia zum gekrönten Löwen» [* 12] (Royal York),
«Einigkeit» (zu den drei Weltkugeln) und «Zum roten Kreuz» [* 13] (Große Landesloge).
Im J. 1894 erschienen 11 polit. Zeitungen und Anzeigeblätter, darunter die freisinnige «Danziger Zeitung», mehrere Amtsblätter sowie 5 Fachzeitschriften.
Wohlthätigkeitsanstalten. Das städtische Leihamt hatte 1891 an Einnahmen 28740 M., an Ausgaben 25900 M. Es bestehen das chirurg. Stadtlazarett, Lazarett am Olivaer Thor, städtisches Arbeits-und Siechenhaus, Asyl für alte arbeitsunfähige Personen (Reinickestift), Diakonissen-, St. Marienkrankenhaus, Garnisonlazarett, Provinzial-Hebammeninstitut, 7 Hospitäler, Kinder- und Waisenhaus, Spend- und Waisenhaus, 6 Kinderbewahranstalten und zahlreiche milde Stiftungen, aus deren Vermögen (8 Mill. M.) jährlich etwa 400000 M. an Unterstützungen verteilt werden, endlich sind noch die zahlreichen Badeanstalten zu erwähnen.
Industrie und Gewerbe. Unter den Fabrikanlagen nehmen die bedeutenden staatlichen Fabriken, die Gewehr- und Munitionsfabrik sowie die Artilleriewerkstatt, die erste Stelle ein. Außer der großartigen kaiserlichen, für den Bau von Kriegsfahrzeugen bestimmten Werft giebt es noch Privatwerften, wie J. Klawitter, verbunden mit Eisengießerei, [* 14] Maschinenfabrik und Kesselschmiede, Johannsen und die zur Zeit im Bau begriffene von Schichau-Elbing (für die größten Schiffe). [* 15]
Ferner bestehen eine große, 1889 erbaute Zuckerraffinerie in Neufahrwasser, eine Ölmühle (Produktion 1891: 8000 t Rüböl, 13850 Ölkuchen), eine große Dampfmahl- und 5 Wassermühlen (1889: 43500 t Getreide [* 16] vermahlen, 42470 t Mehl [* 17] gewonnen), 6 Eisengießereien und Maschinenfabriken, 3 chem. Laboratorien, 1 Glashütte, sowie Fabrikation von Sprit (7 Fabriken), Essig (6), Chemikalien (7, darunter «Danziger Cellulosefabrik»),
Mineralwasser (7), Papier und Pappen (9), Fruchtsaft (4), Liqueur (12, Danziger Goldwasser, s.d.), Seife (4), Mostrich (2), Tabak [* 18] und Cigarren (6), Kunststeinen (5), Drahtwaren, Stahldraht, Hanf- und Tauwerk (6), Lampen [* 19] (3), Eisschränken (2), Feuerspritzen, [* 20] Bernstein- und Bronzewaren und 14 Brauereien, darunter 3 Jopenbierbrauereien.
Danzig ist Sitz der Westpreußischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, der 2. Sektion der Berufsgenossenschaft der Gas- und Wasserwerke sowie ¶
0796a ¶
mehr
der 1. der Schornsteinfegermeister des Deutschen Reichs, der 1. Sektion der Norddeutschen Holz-, der 2. der Brennerei-, der 4. der Nordöstlichen Baugewerks-, der 2. der Fuhrwerks- und der 6. der Seeberufsgenossenschaft.
Handel. Der eigentliche Hafen der Stadt ist Neufahrwasser, welcher durch einen 850 m langen Granitmolo vor Stürmen und Versandung geschützt wird. Auf der Spitze des letztern erhebt sich ein eiserner Leuchtturm, der im Vereine mit dem alten auf dem Lande neben der Lotsenstation errichteten Leuchtturm den Schiffern die für die Einfahrt in den Hafenkanal einzuhaltende Richtung kenntlich macht. Ihre Bedeutung als Seehafen verdankt die Stadt ihrer Lage an der Mündung der Weichsel, die das reiche poln. Korngebiet dem Handel eröffnet.
Das geräumige und tiefe Bett [* 23] dieses Flusses und die bis zu 5 m ausgebaggerte Mottlau gestatten auch größern Seeschiffen bis ins Innere der Stadt zu gelangen. Der Handel ist sehr bedeutend, obwohl Danzig nicht mehr wie früher den gesamten Handel für Polen monopolisiert; sehr beeinträchtigt wird derselbe durch den niedrigen Wasserstand der Nebenflüsse in trocknen Sommern. Haupthandelsartikel sind Getreide, namentlich Weizen, Holz [* 24] und Zucker. [* 25] Bernsteinwaren werden von Danzig mehr versendet als von Königsberg. [* 26] Die Lange Brücke, [* 27] ein vom Grünen Thor bis zum Fischmarkt an der Mottlau sich hinziehender, mit Läden besetzter Quai, ist der Sammelplatz der Schiffer. Die Zahl der Handelsgeschäfte beträgt 2884, darunter 69 große und 768 mittlere. Die Korporation der Kaufmannschaft bilden 342 Firmen.
Die Ein- und Ausfuhr (in Tonnen) der hauptsächlichsten Handels- und Speditionsartikel betrug:
Einfuhr 1888 t | 1889 t | 1890 t | 1891 t | Ausfuhr 1888 t | 1889 t | 1890 t | 1891 t | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Kaffee | 2543 | 2522 | 2662 | 2647 | - | - | - | - |
Reis | 5077 | 5279 | 4548 | 9017 | 3396 | 3536 | 4511 | 8602 |
Gewürze | 628 | 696 | 689 | 676 | - | - | - | - |
Südfrüchte | 992 | 1210 | 1203 | 1122 | - | - | - | - |
Schmalz | 1439 | 2449 | 4128 | 2758 | - | - | - | - |
Wein | 1942 | 2645 | 2268 | 2051 | 1057 | 1646 | 1371 | 1555 |
Heringe | 16790 | 26886 | 18504 | 19614 | 18896 | 21653 | 25451 | 14960 |
Salz | 7958 | 9334 | 10890 | 9378 | 10302 | 8609 | 9172 | 8270 |
Petroleum | 14522 | 13664 | 10813 | 14755 | 8568 | 9353 | 9822 | 11903 |
Roheisen | 10751 | 21234 | 11622 | 8330 | - | - | - | - |
Droguen und Chemikalien | 15590 | 21224 | 33367 | 34378 | - | - | - | - |
Harz | 1969 | 1941 | 2120 | 2021 | - | - | - | - |
Baumwolle | 123 | 74 | 75 | 223 | - | - | - | - |
Cement | 6105 | 6248 | 4856 | 5366 | 6645 | 3905 | 9799 | 16648 |
Steine | 18526 | 25327 | 23342 | 18267 | - | - | - | - |
Thonröhren und Chamottesteine | 12134 | 6796 | 8936 | 9015 | - | - | - | - |
Steinkohlen und Koks | 287660 | 304220 | 287880 | 389420 | 137722 | 126138 | 113315 | 185034 |
Getreide und Saaten | 378600 | 223330 | 176578 | 212839 | 292533 | 172728 | 86125 | 100483 |
Mehl und Kleie | 585107 | 478048 | 473215 | 346485 | 74691 | 52470 | 56215 | 45847 |
Leinöl | 1222 | 1067 | 876 | 1005 | - | - | - | - |
Spiritus und Sprit | 17381 | 13288 | 16238 | 14826 | 18303 | 14072 | 18851 | 17888 |
Inländischer Rohzucker | 63800 | 81290 | 75730 | 96379 | 77075 | 61068 | 89595 | 136002 |
Holz | 359377 | 558860 | 544830 | 359940 | 294222 | 370735 | 393950 | 399199 |
Rohbernstein | 159 | 60 | 39 | 45 | 14 | 11 | 25 | 16 |
Rüböl | 8541 | 5551 | 6409 | 92423 | 8541 | 5552 | 6410 | 9242 |
Ölkuchen | 5909 | 2355 | 6940 | 10999 | 5909 | 2355 | 6941 | 10999 |
Bier | - | - | - | - | 866 | 845 | 902 | 865 |
Papierstoffe | - | - | - | - | 2063 | 1701 | 1361 | 405 |
Melasse | - | - | - | - | 17862 | 14302 | 9521 | 23553 |
Das ausländische Getreide kommt hauptsächlich über die russ. Südwest- und ihre Hinterbahnen, die Moskau-Brester, die österr.-galiz., die rumän. Bahnen, von Polen über Mlawa-Illowo und Alexandrowo-Ottlotschin sowie zu Wasser auf der Weichsel. Ein großer Teil der eingeführten Gewürze geht lediglich in Spedition über den Danziger Hafen.
Die Ziffern für Einfuhr stellen die Einfuhr seewärts dar, die für Steinkohlen und Koks see- und bahnwärts, die für Rohbernstein see- und stromwärts. Die Ausfuhr von Wein, Salz, [* 28] Bier, Cement, Steinkohlen und Koks umfaßt diejenige zu Bahn, Strom und See, die Ausfuhr von Reis, Heringen, Petroleum, Spiritus [* 29] und Sprit, Steinkohlen und Koks, Rohbernstein diejenige zu Strom und See, die übrige Ausfuhr diejenige zur See.
Die früher bedeutende Messe im August, der sog. Dominik, ist bedeutend zurückgegangen; an den drei ersten Tagen desselben findet in der Vorstadt Ohra ein Pferdemarkt statt. Als Handelskammer wirkt das «Vorsteheramt der Kaufmannschaft»; dasselbe ist befugt, die Angelegenheiten des Handels, der Schiffahrt und der Industrie bei den Behörden zu vertreten, und verwaltet die Unternehmungen der Korporation der Kaufmannschaft (gegründet 1822), namentlich auch die 1884 erbaute Speichereisenbahn. Durch Konsulate sind sämtliche seefahrenden Nationen vertreten.
Bank- und Geldgeschäfte werden vermittelt durch eine Reichsbankhauptstelle (Gesamtumsatz 1891 einschließlich der Bankstellen in Marienwerder, Culm [* 30] und Preuß. Stargard 732978500 M.), die Danziger Privataktienbank (1891: 308044 M. Reingewinn), Danziger Sparkassen-Aktienverein (Umsatz ¶