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den Kessel dampfdicht aufgesetzt; cc sind die Löcher zum Auslassen des Dampfes, wenn der Hahn, [* 2] wie in der Zeichnung angegeben, geöffnet ist; die Bewegung des letztern geschieht durch die Handhabe !i. Der obere Teil des Gehäuses er- weitert sich über cc zu einer Scheibe, von welcher ringsum der Mantel d nur wenig absteht, sodaß zwischen beiden eine schmale, ringförmige Öffnung bleibt. Über dieser hängt die Glocke cl, deren un- terer, scharf abgedrehter Rand 6 sich dirett über der ringförmigen Affnung befindet.
Sobald der Dampf [* 3] aus derselben mit großer Geschwindigkeit ausströmt, trifft er auf jene scharfe Kante, setzt die Glocke in Schwingung [* 4] und erzeugt dabei den bekannten schrillen Ton, dessen Höhe sich durch größere oder geringere Öffnung des Hahns bestim- men läßt. Giebt man der Glocke eine niedrigere, seitlich ausgebauchte Form, so erhält man einen mehr beulenden Ton. Dampfpflug, [* 5] s. Dampf-Bodenkultur. Dampfpumpe, s. Pumpe. [* 6] Dampfraum, bei Dampfkesseln (s. d., S. 723 d) der mit Dampf erfüllte Raum.
Dampfreinigungsapparat, s. Bierdruckappa- rat (Bd. 2, S. 989 !X Dampfrotte oder Dampfröste, eine Vor- arbeit der Flachsspinnerei (s. d.). Dampfschiff, [* 7] Dampfboot oder Dampfer, ein Schiff, [* 8] das ausschließlich oder doch hauptsäch- lich durch eine oder mehrere in demselben befindliche Dampfmaschinen [* 9] bewegt wird. Schon lange be- vor die Dampfmaschinen ts. dampfschiff) zu eigentlicher Voll- kommenheit gelangt waren, kam man auf die Idee, schiffe durch die Dampfkraft zu bewegen: ja es war sogar die erste Anwendung der Dampftraft, die Blasco de Garay 1543 in Vorschlag brachte, da- hin gerichtet.
Papin soll schon 1707 auf der Fulda [* 10] mit einem Dampfboot gefahren sein, das von den Flußschiffern aus Wut zerstört wurde. Auch Savery stellte ein Projett zur Dampfschiffahrt auf, und Ionathan Hüll nahm 1736 ein Patent auf ein Dampfschiff mit atmosphärischer Dampfmaschine, [* 11] das jedoch nicht zur Ausführung gelangte. Ebenso ging es mit den Vorschlägen des Herzogs von Bridge- water und Gautiers. Nach Watts Verbesserungen der Dampfmaschinen führte 1775 Perier das erste Dampfschiff in Frankreich aus, das aber nicht stromaufwärts fahren konnte.
Glücklicher als in Europa [* 12] sielen die Verfuche in Amerika [* 13] aus, wo Ionathan Fitch, ein Uhrmacher in Philadelphia, [* 14] 1783 ein Patent auf ein Dampfschiff nahm und ein solches 1788 vom Stapel ließ, das aber nur bis Burlington fuhr, wo der Kessel sprang. Auch bei spätern Versuchen hatte Fitch viel Unglück; er starb am Ohio in großen Schulden. Seine Geheimnisse binterließ er versie- gelt mit der Bedingung, daß sie erst 39 Jahre nach seinem Tode eröffnet werden follten. Auch Patrick Miller baute 1788 ein Dampfschiff, das alle Erwartungen übertraf, aber dennoch nicht benutzt wurde.
Ebenso mißglückten die Versuche Livingstones, Kinsleys, Nosevells u. a. Erst Fulton (s. d.) gelang es, 1807 zu Neuyork [* 15] den Claremont von 160 t mit einer Wattschen Maschine [* 16] von 18 Pferdekraft herzustellen, mit welchem er den Weg von Neuyork bis Albany, den zurücklegte. Von nun an machte die Dampfschiff- fahrt in Nordamerika [* 17] reißende Fortfchritte, und schon 1815 lief die Dampffregatte Fulton von 32 Kanonen vom Stapei. Dcefe war ein Doppelschiff von 66 m Länge und 17 m Breite, [* 18] mit einem Schaufelrade, das durch eine Dampfmaschine von 120 Pferdekraft in Bewegung gesetzt wurde und sich zwychen beiden Schiffen befand: ferner hatte das Schiff zwei Masten und vorn und hinten je zwei Steuerruder, um vor- und rückwärts zu fahren, ohne zu wenden.
Diese glücklichen Erfolge reizten zur Nachahmung; in we- nigen Jahren besaßen auch England, Frankreich und Deutschland [* 19] Dampfschiff in Menge. Das erste Dampfschiff, das den Atlantischen Ocean durchkreuzte, war die «Savan- nah», die, fast allein mit Dampfkraft, 1819 von Savannah nach Liverpool [* 20] fuhr. (S. Dampfschiff- fahrt, S. 748 a,.) Die Anwendung des Dampfmaschinenprincips auf die Schiffahrt ist ziemlich einfach. Der vordere und hintere Teil des Schiffs dienen zur Aufnahme der Ladung und der Passagiere.
In der Mitte be- findet sich die Maschine, welche nach denselben Prin- cipien wie eine Landdampfmafchine konstruiert ist, aus den Kesseln zur Erzeugung des Dampfes, aus Cylindern, Kolben und Ventilen zu seiner Benutzung, aus einem Kondensator [* 21] zur Verdichtung und einer Luftpumpe [* 22] besteht, um das Kondensationswasser fortzuschaffen und ein Vakuum zu erzeugen. Die Kessel sind meist Heizröhrenkessel ss. Dampfkessel, [* 23] S. 725 d). Der aus Eisenblech konstruierte Schorn- stein sowie das Dampfrohr führen durch die Decke [* 24] aufwärts.
Die Schiffsmaschinen sind entweder Niederdruckmaschinen, wenn sie mit weniger als 2, Mitteldruckmaschinen, wenn sie mit 2 - 5, und Hochdruckmaschinen, wenn sie mit mehr als 5 Atmosphären Überdruck (dampfschiff b. den 1 At- mosphäre betragenden Druck der Luft übersteigend) arbeiten. Die meisten derselben sind Kondensations- maschinen und arbeiten mit Expansion. Die Kon- struktion ist verschieden zunächst nach dem Propeller, der entweder in zwei an den Schiffsseiten angebrachten Schaufelrädern (Naddampfer) oder ein oder zwei, selten drei Propellerschrauben (s. d., Schrauben- dampf c r) besteht.
Für erstere hatte man zuerst Ba- lanciermaschineu nach Wattschem System verwendet; jetzt ist dies nur noch auf amerik. Flußdampfern ge- bräuchlich, wo eincylindrige mit Schwungrad und zweicylindrigc ohne solches verwendet werden. Bald nach 1830 ließ man die Balanciers fallen und führte für alle ^chiffsmasckinen zur Überwindung des toten Punktes mehrere an der Rad- oder Schraubenwelle an besondern Kurbeln wirkende Cylinder ein, zuerst zwei, bald jedoch schon drei, unter Winkeln von 120° zueinander angreifend, um den Gang [* 25] der Mafchine möglichst gleichmäßig und die Umsteuerung [* 26] derselben in die entgegengesetzte Drehbewegung leicht ausführ- bar zu machen.
Gleichzeitig wurde hierbei bedeutend an Raum und Gewicht erspart. Deshalb erhielten die Naddampfer zunächst stehende Cylinder, deren Kol- benstange oben in ein Dreieck [* 27] ausläuft, dessen obere Spitze in einer Führung gleitet und den Kreuzkopf [* 28] trägt, von welchem die Pleuelstange [* 29] an die inner- balb des Dreiecks sich drehende Kurbel [* 30] zurückgreift. Auch einige ähnliche Konstruktionen kamen noch vor. Neuerdings aber ist man für Naddampfer fast ganz auf die Peunschen Maschinen mit oscillierenden Cylindern übergegangen; hierbei schwingen die Cy- linder um bohle Zapfen, [* 31] welche mit dem Schieber- kasten verbunden sind und die Dampfzu- und -Ab- strömung vermitteln. Die Kolbenstangen greifen unmittelbar an den Kurbeln an. Solche Maschinen sind auf den Nadavisos der Kriegsmarinen und auf sonstigen schnellen Raddampfern iFlußdampfcrn) ¶
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jetzt ausschließlich in Anwendung. (^. Schaufel- räder.) Diese Konstruktionen konnten für Rad- dampfer, deren Räder höchstens 30 Umdrehungen pro Minute zu machen braucken, genügen; indeß für Schraubendampfer, deren Motor 80-200 Um- drehungen pro Minute ausführen soll, mußte man die Cylinder festliegend machen. Die geringe Breite der Schiffe, [* 33] die tiefe Lagerung der Schraubenwellc mußten bei der Kolbenbewegungsübertragung auf die Welle besonders berücksichtigt werden.
Bei Kriegsschiffen wollte man außerdem die fo wichtige Mafchine möglichst geschützt, also möglichst tief ge- lagert haben. So entstanden zunächst verschiedene Arten mit horizontalliegenden Cylindern. Da hierbei die Cylinder querschifss an einer Seite der Welle liegen mußten, konnte man den Kolbenhub nur klein machen, gab dafür dem Cylinder einen möglichst großen Durchmesser. Die beste und sehr viel verwendete derartige Maschine ist die von Penn erbaute Trunkmasch ine.
Vei ihr trägt der Kolben statt der sonst massiven Kolbenstange einen hohlen cylindrischen Kasten (ti-auk), welcher, gleich der Kolbenstange, dampfdicht durch den Cylinderdeckel durchgeführt ist. Während sonst der Angriffspunkt der Pleuelstange am Ende der Kolbenstange lag, ist hier die Pleuelstange in der Mitte des Trunks (na- türlich auch in Scharnieren) befestigt. Hierdurch ist erreicht, daß der Kolbenhub ein größerer sein kann und doch die Pleuelstange lang genug ist.
Schwierig aber ist die Dichtung der Cylinderdeckel um den Trunk herum und das Schmieren des Schar- niers (Kreuzkopf) im Innern des sich bewegenden Trunks. Wegen dieser Nachteile hat man auch auf vielen Kriegsschiffen Maschinen mit rückwir- kender Pleuelstange gebaut. Hierbei werden beide Schiffsseiten für den Hub ausgenutzt, indem aus jedem Cylinder je zwei Kolbenstangen, eine über, eine unter der «Hchraubenwelle hinweg bis zur ge- genüberliegenden Seite verlängert sind, und hier an einem von Moundslay erfundenen Kreuztopf an- greifen, von welchem andererseits die Pleuelstange nach der Kurbel zurückgreift. Letztere Konstruktion ist namentlich in der französischen, die Trunkma- schinen in der engl. und deutschen Marine vertreten. Neben seltener verwendeten schräg liegenden Cylindern baut man bei Handelsschiffen und neuerdings auch bei Panzerschiffen und Torpedo- booten die Cylinder in vertikaler Stellung, wobei die ^chraubenwelle unter der Maschine liegt. Wegen der 'Ähnlichkeit [* 34] mit den Dampfhämmern nennt man diese Bauart Hammermaschinen (s. Tafel: Dampfschiff II, [* 32] Fig. 1). Während man bei den ältern Niederdruckmaschinen den Dampf auf der einen Kolbenseite so lange einströmen ließ, bis der Hub vollendet war, hat man seit den sechziger Jahren das Expansionsvermögen des Dampfes mit verwertet. Es geschieht dies durch besondere Verteilungs- und Expansionsschieber, welche nur einen kleinen Teil des Cylinders mit Dampf füllen. Vei den alten Wattschen Maschinen, die bis vor 30 Jahren in Gebrauch waren, mußte ein Dampfer, dessen Maschine etwa 1000 Pferde- traft indizierte, für eine zwanzigtägige Reise 1400 t Kohlenvorrat mitnehmen, wodurch die Dampferfahrt nach entfernten überseeischen Gegenden der Segel- schifsahrt gegenüber sehr wenig nutzbringend war. Die Einführung von Mitteldruckmafchinen bis 5 Atmosphären Überdruck mit einfacher Erpan- sion, d. h. bei welchen man den Dampf in jedem Cylinder für sich mit gleichein Anfangsdruck expan- dieren ließ, gewährte gegen die frühern Resultate nur etwa 12 Proz. Kohlenersparnis. Denn während die gewöhnlichen Niederdruckmaschinen 1,5 bis 1,s k^ Kohlen pro 1 indizierte Pferdetraft und Stunde- brauchten, stellten sich die Einfach-Expansionsma- fchinen auf 1,3 bis 1,4 I Einen gewaltigen Aufschwung nahm der Schiffs- maschinenbau durch Einführung der Compound-^- Maschinen (f. Dampfmaschine, S. 737 a), was zu- erst durch John Elder 1860 in Glasgow [* 35] geschah. Der Vorsprung der Compoundmaschine gegen die Einfach-Erpansionsmaschine beträgt 20 Proz. Koh- lenersparnis. Für eine Pferdekraft und Stunde sind durchschnittlich 1,0 bis 1,i k^ Kohlen nötig. Ein Dampfer, dessen Compoundmaschine 1000 Pferde- kraft indiziert, hat nun für eine zwanzigtägige Reife nur noch 550 - 600 t Kohlenvorrat nötig. Hierdurch wurde die Einrichtung der weitgehendsten Dampferlinien lohnend und andererseits die Ein- führung von Schnelldampfern (s. d.) für möglichst schnellen Personenverkehr. Der Kesseldampf hat einen Überdruck von 5-6 Atmosphären. Mit etwa 4,5 I Überdruck tritt er in den Hochdruckcylinder, wobei seine Temperatur durch "Überhitzen» etwa 155" (,'. beträgt, während er aus dem Niederdruck- cylinder in den Kondensator mit 65" (ü. entweicht. - Die erste Dreifach-Expansionsmaschine wurde auf dem Dampfer «Aberdeen» [* 36] 1882 auf langen Seereifen erprobt; infolge ihrer Vorzüglich- keit breiteten sie sich schnell aus, und 1890 waren etwa 1000 auf europ. Dampfern in Gebrauch. Die ^ größten Maschinen dieser Art haben augenblicklich" die ital. Panzerschiffe [* 37] «Rö Umberto», «Sicilia» und «Sardegna» mit je 20000 (bei künstlichem Zug js. weiter untenj bis 25000) indizierten Pferde- stärken und die beiden Liverpooler Postdampfer «Lucania» und «Campania» mit je 30000 Pferde- stärken.
Bei den meisten derartigen Maschinen be- trägt der Überdruck des Dampfes im Kessel 10 At- mosphären; mit etwa 9,5 Atmosphären gelangt er in den Hochdruckcylinder, wobei seine Anfangstem- peratur 181° (^. beträgt; in den Mitteldruckcylinder tritt er mit 4 Atmosphären und 143' ('., in den Nieder- druckcylinder mit 1^ Atmosphären und 105^., aus letzterm in den Kondensator mit einem Vakuum von 0,? Atmosphären und 67° (^. Temperatur. Die Volu- mina der drei Cylinder verhalten sich dementsprechend wie 1:2,5: 7,5. Wesentlich verschieden gestalten sich die Kriegsschiffsmaschinen, bei denen eö einmal auf eine sparsame Mittelfahrgeschwindigkeit und eine hohe (allerdings teure) Marimalleistung ankommt, ge- genüber den Handelvdampfern, bei denen es sich, je nach ihrem Zweck als Passagier- oder Frachtdampfer, um eine stetige höbere oder geringere Durchschnitts- leistung handelt.
Der Vorteil der Dreifach - Expan- sionsmaschine gegenüber der zweifachen liegt lediglich in der durch die Mehrstufigkeit der Expansion herbei- geführten bessern Ausnutzung des Dampfes. Der Kohlenverbrauch stellt sich im Mittel auf 0,"5 bis 0,?5 1^ Kohlen für eine indizierte Pferdekraft und Stunde; bei sehr guten Kohlen und Kesseln auch noch weniger. Diese Maschinen arbeiten demnach um 25-30 Proz. billiger als die gewöhnlichen Com- poundmaschinen. Ein Dampfer, dessen Dreifach- Expansionsmaschme im Duvä')chnvtt I^W Pscrde- kraft indiziert, braucht jetzt für eine zwanzigtägige Reife nur 430-450 t Kohlen an Bord zu nehmen, i. den dritten Teil dessen, was er noch vor 30 Jahren ¶