Rudolf Jul. Emanuel, Physiker, geb. zu Köslin
[* 2] in
Pommern,
[* 3] studierte seit 1840 zu
Berlin,
[* 4] wo er sich
auch als Privatdocent habilitierte, wurde 1855 als Professor der Physik an das Eidgenossische Polytechnikum nach Zürich
[* 5] berufen
und erhielt bald auch eine ord. Professur an der dortigen
Universität. 1867 folgte er einem Rufe nach
Würzburg
[* 6] und 1869 einem solchen nachBonn.
[* 7] Er starb dort Seine wissenschaftliche Thätigkeit wandte sich vorzugsweise
der Wärmelehre zu, um deren Fortbildung er sich namhafte Verdienste erwarb.
Behufs Zurückführung des Fundamentalgesetzes der Wärme
[* 8] auf mechan. Principien führte Clausius eine
neue
Größe, das Virial, ein, welche für alle stationären
Bewegungen, seien es die großen
Bewegungen
der
Planeten
[* 9] oder die kleinen
Bewegungen der
Atome, eine einfache
Beziehung zwischen der mittlern lebendigen Kraft
[* 10] der
Bewegung
und den wirksamen Kräften giebt.
Außer einer Reihe von
Abhandlungen, die zuerst in Poggendorffs
«Annalen» und später u. d. T.
«Die mechan. Wärmetheorie»
(2. Aufl., 3 Bde., Braunschw.
1876–91; Bd. 1 in 3. Aufl. 1887)
erschienen, schrieb Clausius noch: «Über das Wesen der Wärme, verglichen mit Licht
[* 11] und
Schall»
[* 12] (Zür. 1857),
«Die Potentialfunktion
und das Potential» (Lpz. 1859; 4. Aufl. 1885). –
Adolf von, Förderer des
Handarbeitsunterrichts, geb. in Langenfelde bei
Altona,
[* 13] aus altadligem dän. Geschlecht, war dän.
Reiteroffizier, verlieh die
Armee 1866 und widmete sich dem Erziehungswesen. Ausgehend von dem
Gedanken, daß mit der Ausbildung
des
Geistes harmonisch die Ausbildung der
Hand
[* 14] und des
Auges zu verbinden sei, machte er es zu seiner Lebensaufgabe,
die
Übung der
Hand zugleich im Dienste
[* 15] der Schule, des Hauses und der Häuslichkeit sowie im Dienste des Erwerbs (Hausindustrie)
unter dem
Volke zu verbreiten. Er war 1870 Hauptgründer der dän. «Hausfleißgesellschaft»,
rief eine Reihe ländlicher Hausfleißvereine ins Leben, suchte gelegentlich der Weltausstellungen
(Wien
[* 16] 1873 undParis
[* 17] 1878) für seine Ideen zu wirken und gab durch Vorträge in
Deutschland,
[* 18]
Holland,
Rußland,
Frankreich u. s. w. und durch Abhaltung
von Lehrkursen (Dorpat,
[* 19]
Goldingen,
Emden,
[* 20]
Dresden)
[* 21] wirksamen Anstoß zur Wiederbelebung der Knabenarbeitsschulen und anderer
ähnlicher Bestrebungen.
Seit 1883 betreibt Clauson-Kaas die Förderung hausindustrieller Schulen im Dienste des Erwerbs in einem ihm
im Königreich
Sachsen
[* 22] überwiesenen Distrikt sowie die Organisation des Modellier- und Zeichenunterrichts für blinde
Kinder
in der
Blindenanstalt zu
Dresden. (S.
Handarbeitsunterricht.) Er schrieb: «ÜberArbeitsschulen und Förderung des Hausfleißes»,
Heft 1
(Bremen
[* 23] 1881): ferner «Die
Arbeitsschule neben der Lernschule» (im «Arbeiterfreund» von
Böhmert und Gneist, 14. Jahrg., Heft 2
u. 3, Berl. 1876);
unter seiner Leitung erschienen in Kopenhagen
[* 24] die Zeitschriften «Nordist Husflids Tidende» und «Husflids
Meddelelser».
[* 1] Bergstadt im
Kreis
[* 25] Zellerfeld des preuß. Reg.-Bez. Hildesheim,
[* 26] Hauptort des
ehemals hannov. Harzes und eine der alten Wegsklausen (hospitia peregrinorum), liegt nebst der nur durch den Zellbach von
ihr getrennten Bergstadt Zellerfeld auf einem Plateau des nordwestl.
Teils jenes
Gebirges, in 534 m (Bahnhof)
bis
599 in (Schützenhaus) Höhe, an der
Nebenlinie Langelsheim-Clausthal-Zellerfeld (25 km) der
Preuß. Staatsbahnen
[* 27] und hat (1890) 8736 (4212
männl., 4524 weibl.) E., darunter 124 Katholiken;
Post erster
Klasse,
Telegraph,
[* 28] ein Oberbergamt (s.
Bergbehörden) für die
Provinz Hannover
[* 29] ausschließlich
der Reg.-Bez.
Aurich,
[* 30] Osnabrück
[* 31] und des
Amtes Neustadt,
[* 32] für den Reg.-Bez.
Cassel ausschließlich des
Bezirks Vöhl und für
den Reg.-Bez.
Schleswig
[* 33] (6 Berginspektionen, 1 Bergfaktorei, 9 Hüttenämter), 1Berg- und Landesbauinspektion, 1 Hüttenamt,
Markscheiderbureau,
Steuer- undKatasteramt, Oberförsterei, Superintendentur; evang.
Kirche zum
HeiligenGeist, 1639–42 erbaut, 1689 vergrößert,
die größte Holzkirche der Welt mit vorzüglicher Orgel (1888), kath.
Nikolaikirche,
Denkmal (Granitsäule mit bronzenem
Medaillon) des Geologen
AdolfRömer,
[* 34] 1882
vor derAkademie errichtet, und ein
Kriegerdenkmal auf dem Kronenplatze.
Die
Bergakademie (1892/93: 145 Studierende, darunter 99
Preußen),
[* 35] die älteste preußische, wurde 1775 vom Lyceum abgezweigt, 1805 und
1821–44 erweitert, wobei die Forstakademie (jetzt in Münden) abgetrennt wurde, und erhielt 1859 eine
neue Studienordnung. 1864 wurde sie
«Bergakademie» genannt, während sie bis dahin von 1810 ab
«Bergschule» hieß. Zu ihr gehören
ein physik.
Kabinett, chem. und Probier-Laboratorium, Modellwerkstätte, geognost. Sammlung, eine
Bibliothek (28000
Bände),
Sammlungen von Modellen (500
Stück),
Mineralien
[* 36] besonders des Harzes, Fossilien, Hüttenprodukten und
Instrumenten.
Mit ihr verbunden sind zur Ausbildung von Unterbeamten eine
Bergschule (26
Schüler) und eine
Bergvorschule (24
Schüler). Ferner
bestehen ein königliches luth. Gymnasium mit Realabteilungen (Direktor Dr. Seebeck, 11
Lehrer, 6
Klassen, 143
Schüler, 1 Vorklasse, 10
Schüler),
Bürger- und höhere Mädchenschule,
Handels- und gewerbliche Fortbildungsschule, magnetisches Observatorium
(1843), ein naturwissenschaftlicher
Verein («Maja», 1848 gegründet) mit
Bibliothek und reichen Sammlungen,
Verein für Geschichte
und
Altertumskunde, Freimaurerloge, städtisches
Krankenhaus,
[* 37]
Konsumverein, Vorschußvereinsbank, städtische
Sparkasse.
Die Einwohner arbeiten in den
Bergwerken und Hütten,
[* 38] da
das Klima und die Bodenbeschaffenheit
Landwirtschaft (ausgenommen Viehzucht)
[* 39] nicht gestatten. Außerdem bestehen eine königl. Centralschmiede für
Maschinen- und Werkzeugfabrikation, ferner Fabrikation von Cigarren (4 Fabriken),
Strumpfwaren (4 Fabriken),
Bleiweiß,
[* 40] Zündwaren
und mechan.
Instrumenten; Elfenbeinschnitzerei, 2 Möbeltischlereien, 4 Mühlen,
[* 41]
Brauerei, Kanarienvogelzucht und
-Handel. Clausthal ist
Sitz der 3. Sektion der Knappschaftsberufsgenossenschaft. Die frühere Münze ist 1848 nach Hannover verlegt. Clausthal wird
vielfach als Kurort und
Sommerfrische besucht. Im Badehause des Knappschaftsvereins werden Wannen-,
Sturz-, Fichtennadel- und
mediz.
Bäder gegeben. 1 km entfernt liegt das Sanatorium
Schwarzenbach gegen Neurasthenie,
Störungen des
Kreislaufs und
Stoffwechsels.
Gegenüber eine Meierei mit Milchsterilisierungsanstalt.
Der oberharzischeBergbau
[* 42] gehört nach
Alter und
Umfang der Gruben und Werke zu den großartigsten in
Deutschland.
Nach dem Eingehen des ältern
Bergbaus infolge der
Pest um 1350 suchten
¶
mehr
HerzogHeinrich der Jüngere von Braunschweig
[* 44] in der Umgegend von Grund und Wildemann, die Grafen von Hohenstein
[* 45] in der Gegend
von St. Andreasberg durch erteilte Bergfreiheiten (um 1520) wieder Bergarbeiter nach dem Harze zu ziehen. 1524 wurde die ersteBergordnung für «Grund und umliegende Gebirge» erlassen. 1544 und 1548 wird der Clausthaler Bergbau bereits
erwähnt; 1595 waren bereits 55 Gruben im Bau. Seit 1620 etwa sind die Clausthaler Gruben die wichtigsten. In hoher Blüte
[* 46] waren dieselben um 1730, wo die Gruben Dorothea und Carolina auf ihrer Höhe standen.
Die Stadt hatte 1736: 8930, 1757 unter 8000, 1762 unter 7000 E. 1844 und 1852 litt sie sehr durch Feuersbrünste.
Viele Gruben wurden nach und nach von den Gewerken aufgelassen und gingen an die Regierung über. Am wurden alle
Gruben königlich und gewährten bis in die neueste Zeit reiche Überschüsse. Die Kurinhaber wurden durch Ablösung abgefunden.
Auf den 4 Silberhütten (824 Silberhüttenleute) Clausthal, Altenau, Lautenthal und Andreasberg wurden (1892) 10951 t
einheimische und 3909 t überseeische Erze verhüttet und daraus gewonnen: 83 kg Gold,
[* 47] 49342 kg Silber, 7690 t Blei,
[* 48] 227 t Kupfer,
[* 49] 941 t
Vitriol, 1823 t Schwefelsäure
[* 50] im Gesamtwerte von 8225205 M. Auf der Clausthaler (ehemals Frankenscharner)
Hütte wird Werkblei, Blicksilber und Schwarzkupfer dargestellt, die verkäuflichen Produkte jedoch von der Altenauer und von
der Lautenthaler Hütte geliefert.
Bei der geringen Menge Erze, die der St. AndreasbergerBergbau bietet, werden auf der dortigen, ebenso auch auf der Altenauer
Hütte überseeische Erze verschmolzen. Als bedeutendste Gruben sind zu nennen HerzogGeorg Wilhelm (865
m tief), Anna Eleonore, Bergmannstrost und Rosenhof. Der Georgs-Stollen (19 km lang, 260–285 m tief) wurde 1777–79 erbaut.
1851–-54 wurde ein bei Gittelde ausmündender neuer Stollen, der Ernst-August-Stollen, in Angriff genommen, der in seinem Hauptteil vollendet
wurde und, mit seinen Schachtquerschlägen und Verflügelungen 26 km lang und 200 m unter jenem, ein
Meisterstück der bergmännischen Technik ist.
Zur Wasserabführung sind 170 ober- und 26 unterirdische Wasserräder,
[* 51] 6 Wassersäulenmaschinen
[* 52] und 6 Turbinen mit mehr als 3000 Pferdekräften
im oberharzischen Bergbau im Betriebe. Etwa 390 m unter der Erdoberfläche dient eine etwa 6600 m lange
Wasserstraße zum Transport bis zu einem am höchsten Punkte der großen Aufbereitungsanstalt angelegten Schachte. Die Eisenerze
werden teils auf der fiskalischen Eisenhütte, Rotehütte bei Elbingerode, woselbst hauptsächlich schweres Gußwerk, Hartguß
und Stabeisen verfertigt wird, verschmolzen, teils von westfäl. Hütten verwendet. Die fiskalische Eisenhütte zu Lerbach
liefert Gußwaren für die Oberharzer Werke und Kunstgußwaren, besonders Öfen
[* 53] und Geschirr. Die Förderung
der drei Berginspektionen (3239 erwachsene, 247 jugendliche Arbeiter) Clausthal, Lautenthal und Grund und der Grubenverwaltung Andreasberg
betrug (1892):
Von volkswirtschaftlichem Interesse
sind die zur Unterstützung der Arbeiter dienenden Einrichtungen, wie Kornmagazin, Knappschaftskasse
für Kranke, Invaliden, Witwen und Waisen u. s. w. Die frühern Privilegien, Freiheit von allen Steuern, vom Militärdienste
u. dgl. sind aufgehoben. –
Vgl. Günther, Die Besiedelung des Oberharzes (Halle
[* 54] 1884);
ders., Der Harz in
Geschichts-, Kultur- und Landschaftsbildern (Hannov. 1888);
ders., Aus der Geschichte der Harzlande (Bd. 1-4, ebd. 1890–91).