der großen Dionysosfeste wurde und schon wegen ihres religiösen Hintergrundes den Chor neben dem eigentlichen
Drama nicht
aufgeben konnte. In der
Tragödie und im
Satyrdrama bestand der Chor in der ältern Zeit aus 12, seit
Sophokles regelmäßig aus 15
Personen.
Dies waren in
Athen
[* 2]
Bürger, die unter Leitung eines Chorführers (Koryphaios) meist von dem Dichter des
Stücks, in dem sie auftreten sollten, eingeübt und während dieser Zeit von einem
Bürger, dem Choregen, verköstigt, dann
mit den für ihre Rolle nötigen Kleidern und
Masken
[* 3] versehen wurden. Diese Unterhaltung und
Ausrüstung des Chor (Choregie)
war eine sehr kostspielige Ehrenpflicht vermögender athen.Bürger. Das
Lokal, in dem die Einübung stattfand,
hieß Choregeion oder Chorageion (latinisiert
Choragium). - In die Handlung des
Stücks griff der Chor in der Blütezeit der
griech.
Tragödie gewöhnlich nicht unmittelbar ein, wie denn auch seine
Stelle nicht bei den Schauspielern auf der
Bühne,
sondern unterhalb dieser, in der sog. Orchestra, war; aber er begleitete
die Handlung mit lebendiger
Teilnahme, knüpfte daran Betrachtungen allgemeinern, besonders religiösen
Inhalts und vertrat
in der Hauptsache die öffentliche Meinung, die Volksstimme gegenüber den Handlungen und den
Schicksalen der
Träger
[* 4] der dramat.
Handlung.
Auch die Komödie hatte in der ältern Zeit ihren aus 24 Mitgliedern bestehenden Chor, dessen
Lieder aber meist in loserm Zusammenhange mit der Handlung des
Stücks standen als bei der
Tragödie. Die jüngere attische
Komödie hat den Chor ganz aufgegeben, worin ihr die römische gefolgt ist, während ihn die
Tragödie, wenn auch zuletzt als
bloße Äußerlichkeit, festgehalten hat. Die antiken Chorlieder zeigen eine große Mannigfaltigkeit
der rhythmischen Form, mit der die musikalische
Begleitung in engem Zusammenhange stand.
Sie wurden im wesentlichen gesungen, sei es vom gesamten Chor, sei es von einzelnen
Abteilungen (Halbchören u. s. w.); einige
Teile jedoch, namentlich die im anapästischen Versmaße, scheinen vom Chorführer in ähnlicher
Weise wie das moderne Recitativ
vorgetragen zu sein.
Wenn der am Dialog sich beteiligte, so sprach der Chorführer in dessen
Namen.
Schillers Versuch, den antiken
Chor, den er als notwendig für den ideellen Charakter der
Tragödie und als den rein poet.
Ausdruck ihres reflektierenden Elements
betrachtet, wieder ins Leben zu rufen
(«Braut von Messina»),
[* 5]
in der Kirchenbaukunst eigentlich der für den Sänger bestimmte Raum nahe dem
Altare, in übertragener Bedeutung
der Altarraum selbst. In altchristl. Zeit wird der (oder das) Chor, ohne besondere architektonische Behandlung, nur
von Schranken innerhalb des Kirchenraums umfriedigt. Später trat er als selbständiger Bauteil über die
Kirche hinaus und wurde auch häufig (namentlich im roman.
Stile) über einer
Krypta erhöht; daher auch der
Name hoher Chor. Die
reichste Ausbildung, durch Umgang und Kapellenkranz, hat er in franz.
Kathedralen und verwandten
Kirchen erhalten. Zeitweilig
war im Mittelalter in
Deutschland
[* 6] eine Verdoppelung des Chor, die Anbringung einesOst- und eines Westchors
(doppelchörige
Anlage) üblich. Der ursprünglichen Bedeutung entsprechend nennt man in prot.
Kirchen Chor (Orgelchor, Sängerchor)
die in das Langhaus hineingebauten Emporen zur
Aufnahme der Orgel und der Sänger. -
Über die alten Choranlagen vgl. Otte,
Handbuch
der kirchlichen Kunstarchäologie (5. Aufl., Lpz. 1883-84),
über die in prot.
Kirchen:
Lechler, Das Gotteshaus im Lichte der deutschen
Reformation (Heilbronn
[* 7] 1883).
heißt in der modernen
Musik zunächst eine
Vereinigung von Sängern oder auch Musikern zum gemeinschaftlichen
Vortrage irgend eines Musikstücks, daher die
Ausdrücke Sängerchor,
Musikchor. Der Sängerchor ist ein gemischter oder vollständiger,
wenn die vier menschlichen Hauptstimmen
(Sopran, Alt,
Tenor,
Baß) vertreten sind (dagegen Frauenchöre und
Männerchöre). Musikchor(-korps) nennt man vorzugsweise eine
Vereinigung von
Blasinstrumenten, z. B. Militärmusikchöre(-korps),
die je nach ihrer
Besetzung in Hoboisten-, Trompeter- oder Hornistenchöre zerfallen. Das Wort Chor bedeutet, daß jede
Stimme
von Sängern oder Spielern mehrfach besetzt ist, während einfache
BesetzungTerzett, Quartett,
Quintett u. s. w.
heißt. - Besonders aber bedeutet der
Name Chor das durch einen solchen
Verein von
Stimmen vorgetragene Gesangstück.
Die vorhandenen
Kompositionen dieser Art sind außerordentlich mannigfaltig; von den einfach harmonischen vierstimmigen
Stücken
bis zu den kunstvollsten Stimmengeweben enthalten sie das Großartigste und Machtvollste, was die
Musik geschaffen hat. Der
Chor ist seinem
Sinne nach der
Vertreter der Gesamtheit, was durch die vorhandenen
Kompositionen in allen
Graden und Schattierungen ausgedrückt ist: Halb-, Doppel-,
[* 8] drei- oder vierfache
Chöre u. s. w. Der Chor gedieh bereits im 15. und 16. Jahrh.
zu einer hohen Vollendung, besonders als unbegleiteter
Gesang in der
Kirche (a capella-Chor), und erreichte
in
Händels Oratorien seinen Höhepunkt. - Bei gemischten Orgelstimmen (Mixtur,
Kornett) heißen Chor die zu einer
Taste gehörenden
Pfeifen; denn jeder
Ton eines solchen
Registers wird nie durch einen einfachen, sondern je nach der getroffenen Bestimmung durch
eine Anzahl von drei, vier oder mehr Intervallen intoniert.
Auch die zwei, drei oder vier
Saiten, die auf dem
Pianoforte für einen
Ton aufgezogen und gleichmäßig
gestimmt werden, heißen Chor; man spricht deshalb von einem zwei-, drei- oder mehrchörigen
Bezuge des
Pianoforte.
Endlich nannte
man auch
Instrumente derselben Familie, die in Tonlage verschieden waren, einen Chor. So sprach man zu der Zeit, wo
es Diskant-,
Alt-,
Tenor-, Baßflöten gab, von einem Flötenchor. Ähnlich verhielt es sich mit den andern
Blasinstrumenten.
Heute spricht man noch von einem Posaunenchor.
eigentlich Korps, heißt in der
Weberei
[* 9] jede der
Abteilungen im Webgeschirr
(Harnisch) des Webstuhls für
Bildgewebe,
in die man zur Erzielung größerer Übersicht beim Einziehen der
Kette dieses Webgeschirr zerlegt (s.
Weberei).
eine kirchliche Melodie, die von mehrern einstimmig gesungen wird. Der
Name entstand in der kirchlichen
Musik
des Mittelalters und
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
bezeichnete als musica choralis den einfachen, durch Papst Gregor d. Gr. gestalteten Gesang der liturgischen Stücke im Gegensatze
zur musica figuralis, dem kunstvollen Tonsatze für mehrere Stimmen. Die alten Melodien der mittelalterlichen Choralmusik,
zwar nicht taktlos, aber doch taktfrei gehalten, sind rhythmisch und namentlich melodisch oft von großer Schönheit. Sie
wurden von der kirchlichen
[* 12]
Figuralmusik als Grundmelodien (Themen) verarbeitet und
heißen cantus firmus (s. Choralbearbeitung).
Eine besondere, von der mittelalterlich kirchlichen Weise abweichende Ausbildung und abgeschlossene liedartige Gestalt erhielt
der Choral in der luth. Kirche. Luther sammelte alle Hauptmelodien der alten Kirche von dem sog. Ambrosianischen Lobgesange an bis
auf seine Zeit, vermehrte sie durch herrliche eigene Erzeugnisse und regte seine Freunde, Dichter wie
Musiker, zu gleichen Thaten an. Bald entstanden ganze Sammlungen (von denen diejenigen, welche die Melodien enthalten, Choralbücher
[s. d.] genannt werden) und wuchsen nach und nach zu Tausenden an. Luthers bahnbrechende That hatte in kirchlicher wie in
musikalischer Hinsicht gleich große Folgen.
Der Choralgesang verlieh dem Gottesdienste seiner Anhänger eine feste Gestalt und auszeichnende Eigentümlichkeit; die spätern
ähnlichen Erzeugnisse der Reformierten, der Anglikaner und selbst der Katholiken waren nur eine mehr oder weniger modifizierte
Nachahmung der luth. Vorbilder. Hinsichtlich der Kunstmusik wurde der Choral im Bereiche der luth.
oder evang. Kirche so herrschend, daß die Geschichte eines Hauptzweigs der deutschen Musik, welchem die größten Meister angehören,
als harmonische Ausgestaltung dieser schönen Kirchenmelodien betrachtet werden kann.
Was man heute Choral nennt, bezieht sich denn auch vorzugsweise auf die Kirchenlieder der Lutheraner und deutet sowohl die Eigentümlichkeit
wie auch eine gewisse Beschränktheit der prot. Kirchenmusik an. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes
Choral, als Bezeichnung des vom Chor Gesungenen, hat sich noch im Englischen erhalten. Ein Chorgesangverein heißt in England Choral
Society, und Beethovens 9. Sinfonie wird wegen der Beteiligung des Gesanges dort Choral Sinfony genannt. -
Vgl. von Winterfeld,
Der evang. Kirchengesang (3 Bde., Lpz. 1843-47);
Bäumker, Das kath. deutsche Kirchenlied in seinen Singweisen (2 Bde., Freiburg
[* 13] 1883-86);