1) Jodchlorür,Einfach-Chlorjod, JCl, entsteht, wenn man Chlorgas so lange auf trocknes
Jod wirken läßt, bis dieses flüssig
geworden ist;
die braune Flüssigkeit erstarrt in der Kälte zu
Krystallen, die nicht ohne
Zersetzung in
Wasser löslich sind.
2)
Jodchlorid, Dreifach-Chlorjod, JCl3, entsteht durch anhaltende Einwirkung von trocknem
Chlor auf trocknes, erwärmtes
Jod als bei 25° schmelzende, unverändert flüchtige Krystallmasse.
KCl, findet sich als Mineral
Sylvin (s. d.), als
Bestandteil des Meerwassers und in
größter Menge in Form eines Doppelsalzes im
Carnallit (s. d.). Der
Carnallit ist ein
Bestandteil der sog.
Abraumsalze, die
ein Gemenge von diesem
Salz
[* 10] mit Kieserit und
Steinsalz sind. Zur Gewinnung des Chlorkalium werden die zerkleinerten
Abraumsalze mit einer
zur Lösung des Ganzen unzureichenden Menge von Wasser durch einströmenden
Dampf
[* 11] zum Sieden erhitzt und
die gesättigte Lauge von dem Salzrückstand getrennt. Es löst sich dabei vorzugsweise
Carnallit, der aber bei der
Auflösung
in seine
Bestandteile Chlorkalium und
Chlormagnesium zerfällt, während Kieserit und
Steinsalz zum größten
Teil zurückbleiben.
Die Carnallitlauge scheidet beim Erkalten eine reichliche
Krystallisation von ab, das von der
Mutterlauge,
die bei der nächsten
Operation unter Zusatz von wenig Wasser zum Aufkochen des
Abraumsalzes dient, getrennt und mit kaltem
Wasser gewaschen wird. Nach dem in Flammöfen ausgeführten
Trocknen und schwachen Rösten ist das Chlorkalium Handelsware und in diesem
Zustande das Rohmaterial für die technische
Darstellung der meisten Kaliumverbindungen. Nach der durch Umkrystallisation
bewirkten Reindarstellung bildet es farblose, würfelförmige
Krystalle, die mit kochendem Wasser eine Lösung von 37 Proz.
Salzgehalt geben, während die Lösung bei 15° nur 25 Proz.
Salz enthält; es schmilzt bei schwacher
Glühhitze und verdampft
bei höherer
Temperatur in erheblicher Menge.
[* 12]
(Bleichkalk,
Bleichpulver,
Calcaria chlorata), eine
Verbindung von
Chlor mit
Kalkhydrat von ungewisser chem. Konstitution.
Scheele, der Entdecker des
Chlors, erkannte bereits die bleichende Wirkung, die dasselbe auf Pflanzenfarben ausübt, die technische
Verwendbarkeit dieser Eigenschaft wurde 1785 von
Berthollet gezeigt,
der für diesen ZweckChlorwasser
anwandte.
Da aber das Wasser nur eine verhältnismäßig geringe Menge von
Chlor aufnimmt, so sah man sich bald nach einem
andern Absorptionsmittel um, durch welches es zu ermöglichen sein würde, eine größere Menge von
Chlor in ein kleineres
Volum zu bringen, um so ein versandfähiges Präparat darstellen zu können.
Als solches wurde schon 1789 eine Lösung von kohlensaurem Kalium angewandt, die unter
Bildung von unterchlorigsaurem
Salz das Vierfache an
Chlor im
Vergleich zum Wasser aufzunehmen vermag; die mit
Chlor gesättigte Flüssigkeit bildete lange
unter dem
Namen Javellesche Lauge (s.
Eau de Javelle,
Eau de Labarragque) einen nicht unbedeutenden Handelsartikel. Von
größter Tragweite wurde bald darauf die Entdeckung Tennants, daß das
Chlor sich in großen Mengen an
Kalkhydrat binden lasse
und damit ein an wirksamem
Chlor reiches, trocknes Pulver bilde. Hiermit (Tennants engl.
Patent ist vom datiert)
war der Grundstein zu einem der wichtigsten Zweige der chem. Großindustrie
gelegt, die sich von kleinen Anfängen so entwickelt hat, daß die heutige Produktion an Chlorkalk allein in England
gegen 150000 t. jährlich beträgt.
Chlorkalk entsteht immer, wenn
Chlor mit
Kalkhydrat zusammentrifft, und es läßt sich der dabei stattfindende Prozeß auf einfachste
Weise durch folgende
Gleichung ausdrücken:
Ca(OH)2 + 2 Cl = CaOCl2 + H2O.
Über die chem. Konstitution der
Verbindung CaOCl2.H2O sind sehr verschiedene
Ansichten aufgestellt worden. Sicher ist
nur, daß das
Chlor im C. zur Hälfte als unterchlorigsaures
Salz, zur andern als Metallchlorür vorhanden ist.
Das zur Chlorkalkbereitung erforderliche
Chlor wird meist durch Einwirkung von Salzsäure auf
Mangansuperoxyd, Braunstein,
entwickelt, wie im
ArtikelChlor beschrieben, nur kommen wegen der Massenproduktion selbstverständlich andere
Apparate in Verwendung,
die aus
Steingut oder noch besser aus Sandstein hergestellt werden. Der Sandstein muß möglichst dicht und feinkörnig, frei
von Poren sein, darf an Säure, selbst bei langer Digestion, nur kleine Mengen von
Substanz abgeben und
muß bei anhaltendem
Kochen mit Salzsäure fest und unverändert bleiben, wenn die
Apparate nicht nach kurzer Zeit zu
Grunde
gehen sollen.
Bei der Konstruktion der
Apparate wählt man Formen und Größenverhältnisse so, daß eine Zusammenfügung aus vielen
Stücken
möglichst vermieden wird. Eine Form, die sich im praktischen Betriebe sehr gut bewährt hat, ist in
umstehender
[* 1]
Figur dargestellt. Hier bildet der
Apparat einen cylindrischen, aus zwei
StückenA und B zusammengesetzten Behälter
mit einem aus zwei Sandsteinplatten gefertigten Seihboden C, in der Mitte steht ein aus einem
Stück gebohrtes Rohr D. Bei
Abmessungen von 1 m lichter
Breite
[* 13] und 2 m Höhe sind die dazu erforderlichen Steinblöcke unschwer zu
beschaffen.
Die einzige Fuge, die hier vorhanden ist, wird gedichtet, indem vor dem
Aufsetzen des Oberteils die in den untern
Teil eingearbeitete
Nut mit einem Kitt von
Teer und
Thon ausgestrichen wird. Der obere Verschluß wird durch eine starke Bleiplatte gebildet,
die an den aufwärts gerichteten Rändern mit Teerkitt gedichtet und mit eisernen
Klammern
[* 14] befestigt wird.
Beim Betriebe wird
der
Apparat etwa zur Hälfte mit grobstückigem
Braunstein gefüllt und durch das Trichterrohr H
^[Artikel, die man unter l5 vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
5-600 kg Salzsäure zugefügt. Die Entwicklung des Chlors beginnt bereits in der Kälte, das Gas entweicht durch das Rohr F
und wird in den Absorptionsapparat geleitet. Wenn die freiwillige Entwicklung nachläßt, so erwärmt man die Flüssigkeit,
indem man Dampf durch die Röhren
[* 16] E D einbläst.
Das zur Absorption des Chlors bestimmte staubtrocken anzuwendende Kalkhydrat wird in aus Mauerwerk ausgeführten,
innen mit Teer gestrichenen ventilierbaren Kammern auf dem cementierten Boden etwa 15 cm hoch gleichmäßig ausgebreitet und
das Chlorgas hineingeleitet. Man hält den Betrieb am besten so, daß die Kammern zeitig morgens mit Kalkhydrat beschickt
werden. Sobald dies geschehen ist, wird die Chlorentwicklung in Gang
[* 17] gesetzt und bis abends beendet. Die
Kammer bleibt dann verschlossen nachts stehen bis etwa zwei Stunden vor Beginn der Tagesarbeit, um welche Zeit die Thür geöffnet
und gut ventiliert wird.
Morgens wird der fertige Chlorkalk rasch aus der Kammer in einen Vorraum geschafft, wo er mindestens 24 Stunden
bis zur völligen Abkühlung liegen bleibt, ehe er verpackt wird. Die geleerte Kammer wird sofort mit frischem Kalkhydrat beschickt.
In manchen Fabriken werden die Kammern aus Bleiplatten hergestellt. Bei der Absorption des Chlors durch das Kalkhydrat findet
Selbsterwärmung statt, die nicht zu hoch steigen darf, weil sonst das unterchlorigsaure Calcium sich
in Chlorcalcium und chlorsaures Salz, zwei technisch wertlose Verbindungen, umwandelt.
Die Monate der kältern Jahreszeit sind aus diesem Grunde den Fabrikanten weit günstiger als die Sommerzeit. Wegen der Anwesenheit
des Chlorcalcium und des chlorsauren Kalks ist der Wert des Chlorkalk nicht proportional der Gesamtmenge des darin
enthaltenen Chlors, sondern wird bedingt durch die Menge des in der bleichenden Verbindung enthaltenen sog. wirksamen Chlors,
dessen Menge bei guter Ware etwa 35 Proz. beträgt und durch analytische Untersuchung (s.
Chlorometrie) festzustellen ist. Der Chlorkalk kommt in Fässern von 300 kg Inhalt in den Handel und kostet 1893 im Großhandel 21 M.
für 100 kg. Deutschland,
[* 18] England, Rußland und Amerika
[* 19] verkaufen nach Prozenten wirksamen Chlors, während Frankreich nach sog.
Gay-Lussac-Prozenten verkauft; diese geben an, wieviel LiterChlor bezogen auf 0° und 760 mm Druck von 1 kg Chlorkalk entwickelt werden
(35 Proz. Chlor entsprechen 110-111 Gay-Lussac-Graden).