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chonin enthält, mit Weingeist ausgekocht, der hauptsächlich das leichter lösliche Chinin aufnimmt; der weingeistige Auszug mit Schwefelsäure [* 2] versetzt und abdestilliert. Aus dem Rückstand krystallisiert fast das ganze Chinin als schwefelsaures Salz [* 3] aus, während die leichter löslichen Sulfate der andern China-Alkaloide fast vollständig in der Mutterlauge bleiben.
Das aus seinen Lösungen durch Alkalien gefällte Chinin bildet anfangs eine käsige Masse, die sich aber beim Verweilen in der Flüssigkeit bald in mikroskopische Krystalle, die 3 Moleküle Wasser enthalten, umwandelt. Die Krystalle schmelzen bei 57°, geben dabei Wasser ab, werden fest und schmelzen dann wieder bei 176°. Das krystallisierte Chinin löst sich in 1400 Teilen kaltem Wasser und in 770 Teilen heißem. Es ist nicht ganz leicht löslich in Alkohol und Äther, am leichtesten löst es sich in Chloroform, auch in Schwefelkohlenstoff. Die Lösungen sind charakterisiert durch einen intensiv rein bittern Geschmack, sie reagieren alkalisch und haben die Eigenschaft, die Ebene des polarisierten Lichtes stark links zu drehen. Die Lösungen der meisten Salze des Chinin zeigen schön blaue Fluorescenz. Saure Lösungen, mit Chlorwasser vermischt und mit überschüssigem Ammoniak versetzt, werden intensiv grün. (S. Chiningrün.)
Das Chinin verbindet sich mit fast allen Säuren zu meist wohl krystallisierten Salzen, und zwar bildet es als zweisäurige Base neutrale und saure Salze. Ferner gehen viele Chininsalze mit andern Salzen Doppelverbindungen ein. Von den zahlreichen Chininverbindungen sind folgende in das Deutsche [* 4] Arzneibuch von 1890 aufgenommen worden:
1) Chininsulfat, Chininum sulfuricum, (C20H24N2O2)2.H2SO4 + 7 H2O ^[(C20H24N2O2)2.H2SO4 + 7 H2O].
Die Darstellung ist oben bei der Gewinnung des aus den Chinarinden beschrieben. Ein schneeigweißes, aus seidenglänzenden, biegsamen, sehr lockern Nadeln [* 5] bestehendes Salz, löst sich in 25-30 Teilen kochendem und in 750-800 Teilen kaltem Wasser, wenig löslich in Äther, unlöslich in Chloroform; die Lösungen fluorescieren schön und reagieren neutral. Beim Liegen an der Luft giebt es einen Teil, bei 120° den Rest des Krystallwassers ab.
2) Chlorwasserstoffsaures oder salzsaures Chinin, Chininum hydrochloricum s. muriaticum, C20H24N2O2.HCl ^[C20H24N2O2].HCl], wird durch Zersetzung von neutralem Sulfat mit Chlorbaryum dargestellt. Das gebildete schwefelsaure Baryum setzt sich rasch am Boden des Gefäßes ab, die davon abfiltrierte Lösung des Chininsalzes krystallisiert beim Erkalten. Die Krystalle sind weiß und seidenglänzend, löslich in 20 Teilen kaltem Wasser, löslicher in Weingeist.
3) Chinintannat, gerbsaures Chinin, Chininum tannicum;
gelblichweißes, amorphes Pulver von schwach bitterm Geschmack, wenig in Wasser, etwas mehr in Weingeist löslich.
4) Chinineisencitrat, citronsaures Eisenchinin, Chininum ferro-citricum; glänzende, durchscheinende, dunkelrotbraune Blättchen von eisenartigem, bitterm Geschmack; langsam, aber in jedem Verhältnis in Wasser, wenig in Weingeist löslich.
Das Chinin hat als das wichtigste aller Alkaloide von jeher die Aufmerksamkeit der Chemiker auf sich gelenkt, ohne daß es bis jetzt gelungen wäre, seine chem. Konstitution völlig aufzuklären, oder es auf künstlichem Wege herzustellen. Ebensowenig kann eins der zahlreichen künstlichen Fiebermittel das Chinin in seiner therapeutischen Wirkung ersetzen. Das Chinin ist seiner Konstitution nach mit dem Cinchonin (s. d.) sehr nahe verwandt, indem es an Stelle eines Wasserstoffatoms des Cinchonins die Methoxylgruppe OCH3 besitzt:
C19H21(OH)N2 ^[C19H21(OH) (OCH3)] Cinchonin
C19H20(OH) (OCH3)N2 ^[C19H20(OH) (OCH3)N2] Chinin.
Mit der Aufklärung der chem. Konstitution des Cinchonins ist daher auch die Frage nach der Konstitution des Chinin gelöst.
Als Handelsartikel erfuhr das Chinin seit seiner Entdeckung große Preisschwankungen, die teils durch den Ausfall der Chinarindenernte, teils durch die Verschiedenheit des Bedarfs und durch Spekulation bedingt wurden; im allgemeinen sind die Preise nach und nach herabgegangen, wozu die große Produktion an kultivierten Rinden in Ceylon, [* 6] Java u. s. w. sowie die Vervollkommnung der Fabrikation beigetragen haben. So waren z. B. für schwefelsaures Chinin die Preise in London [* 7]
1. Jan. des Jahres | Mark pro Kilogramm |
---|---|
1822 | 1370 |
1868 | 160 |
1872 | 265 |
1879 | 410 |
1882 | 335 |
1885 | 145 |
1888 | 75 |
1889 | 47 |
1890 | 42 |
1891 | 36 |
1893 | 30 |
Der Verbrauch von Chinin auf der ganzen Erde wird für 1892 auf 220000 kg geschätzt; bisher war ein stetes Wachsen von 10 Proz. pro Jahr im Verbrauch zu verzeichnen. Die Hauptmenge von Chinin, etwa 70 Proz. der Gesamtfabrikation, die 1891 rund 230000 kg betrug, wird in Deutschland [* 8] produziert, aber nur 5 Proz. davon werden hier verbraucht; London ist Hauptmarkt für den Chininhandel.
Als Arzneimittel ist das Chinin von unschätzbarem Werte. Die schon seit Jahrhunderten bekannte specifische Wirkung der Chinarinde gegen die Wechselfieber gründet sich wesentlich auf dieses Alkaloid, welches schon in geringen Mengen hemmend auf die Keimung und Vermehrung jener niedrigsten mikroskopischen Organismen einwirkt, welche als die Träger [* 9] der Infektionskrankheiten zu betrachten sind; nach neuern Beobachtungen aus tropischen Sumpfgegenden vermag der tägliche Gebrauch mäßiger Chiningaben auch prophylaktisch die Empfänglichkeit des Körpers für das Malariagift bedeutend herabzusetzen.
Auch in andern fieberhaften Krankheiten führt das Chinin, in hinreichend großen Dosen gereicht, durch direkte Verminderung der Wärmeproduktion einen raschen, beträchtlichen Fieberabfall herbei und findet deshalb bei Typhus, Kindbettfieber, Lungenentzündung und andern schweren Fiebern neben kalten Bädern ausgedehnteste Anwendung. In großen Dosen (3-5 g) erregt es Schwindel, Herzklopfen, Ohrensausen, Schwerhörigkeit und einen rauschähnlichen Zustand (sog. Chininrausch); die Arbeiter in Chininfabriken leiden häufig an Anschwellungen der Augenlider und Lippen, an Hautausschlägen u. dgl. Auf den Stoffwechsel wirkt das Chinin nach den Untersuchungen von Binz, Unruh und Kerner insofern alterierend ein, als durch den länger fortgesetzten Gebrauch kleiner Gaben eine deutliche Verminderung des Eiweißumsatzes im Körper und damit bei geschwächten Personen eine Förderung des Kräfte-
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
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und Ernährungszustandes stattfindet, weshalb es bei Schwächezuständen der verschiedensten Art, bei Verdauungsstörungen, Blutarmut und Nervenleiden, zumeist in Verbindung mit Eisenpräparaten, mit größtem Vorteil benutzt wird. Der jährliche Chininbedarf ist infolgedessen ein ganz außerordentlich großer; in Deutschland ist er neuerdings seit der Anwendung des Antipyrins erheblich geringer geworden, der Weltkonsum ist jedoch noch zunehmend (s. oben). -
Vgl. Binz, Das Chinin nach den neuern pharmakologischen Arbeiten dargestellt (Berl. 1875);
ders., Zur Theorie der Salicylsäure- und Chininwirkung (Lpz. 1877).