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nördl. und einen südl. Zweig zerfällt. Hauptsitz des letztern ist Nan-king, während der Pekinger Dialekt die verschliffenste, lautlich verderbteste, aber zugleich als eleganteste geltende Form des nördl. Mandarinendialektes repräsentiert.
2) Der Dialekt von Tsche-kiang und Kiang-su.
3) Der Kanton-Dialekt als die bekannteste der Mundarten von Kwang-tung.
4) Der Hakka-Dialekt in den Provinzen Kwang-tung und Kwang-si.
5) Der Dialekt von Fu-kien. Lautlich weichen die Dialekte sehr stark voneinander ab. Der lautärmste von allen ist der Dialekt von Peking, [* 2] welcher u. a. im Auslaute keinen Konsonanten außer n und ng duldet, sodaß sich die Gesamtzahl seiner verschiedensten Lautkomplexe auf 420 beschränkt. Die südl. Dialekte sind bedeutend lautreicher und sprachgeschichtlich besonders dadurch wichtig, daß sich in ihnen die alten Auslaute k, t, p und m erhalten haben. Da im Chinesischen die Zahl der nach unsern Begriffen lautlich verschiedenen Wörter naturgemäß sehr gering ist (der Dialekt von Fu-tschou erreicht mit 928 die höchste Zahl von allen), kommt den sog. Tönen als sprachbildendem Moment eine besondere Bedeutung zu. Jedes Wort besitzt nämlich seinen eigentümlichen Ton, der ihm untrennbar anhaftet.
Diese Töne sind nach der Tonlage, Quantität und Qualität verschieden. Der Ton ist erstens entweder hoch oder tief, zweitens entweder gleichmässig oder ungleichmäßig und im letztern Falle entweder langsam oder rasch steigend oder fallend, oder endlich kurz abgebrochen. Wörter von gleichem Lautwerte können auf diese Weise je nach dem zugehörigen Tone die verschiedensten Bedeutungen haben: so bedeutet z. B. lì (mit dem tiefen rasch steigenden Tone) Pflaume, lì (mit dem hohen rasch steigenden Tone) Birne, und lih (mit dem kurz abgebrochenen Tone) Kastanie.
Daß trotz alledem die Zahl der Gleichklänge sehr beträchtlich bleiben muß, liegt auf der Hand, [* 3] und als ein Mittel, der Mehrdeutigkeit und dem Mißverständnisse vorzubeugen, spielen daher Wortzusammensetzungen verschiedener Art, besonders aber zahllose Synonymkomposita in der chines. Umgangssprache der Gegenwart eine geradezu beherrschende Rolle. Sehr wahrscheinlich sind die Töne ursprünglich ein Ersatz für ausgefallene Silben oder Laute; der kurz abgebrochene Ton ist z. B. nachweislich allemal an die Stelle eines ursprünglich anslautenden k, t oder p getreten.
Der grammatische Bau des Chinesischen ist durch zwei Momente charakterisiert: die Wortstellung und die Hilfswörter. Das Wort als solches ist einsilbig und unveränderlich, eine lautliche Unterscheidung der Redeteile und grammatischen Formen also ausgeschlossen. Die chines. Grammatik ist demnach lediglich Syntax. Als wichtigste Stellungsgesetze gelten die Regeln, daß das Subjekt vor dem Prädikate, das Verbum vor seinem Objekte, das Attribut vor dem zu bestimmenden Worte steht.
Jeder Satz kann ohne weiteres in einen Satzteil verwandelt werden, indem das Prädikat als genetivisches Attribut vor das Subjekt tritt. So kann z. B. der Satz: wâng pào min (König-beschützen-Volk), «der König beschützt das Volk», vermittelst des genetivischen Hilfswortes tschī in den substantivischen Satzteil: pào min tschī wâng (beschützen-Volk-nota genitivi-König) = der König, welcher sein Volk beschützt, verwandelt werden. Wenn das Chinesische trotz seiner scheinbar geringen Mittel einen erstaunlich hohen Grad von logischer Schärfe sowie Kraft, [* 4] Feinheit und Biegsamkeit des Ausdrucks erreicht hat, so sind diese Vorzüge zumeist den grammatischen, besonders den modalen Hilfswörtern zuzuschreiben; diese durchbrechen die starre Herrschaft der Stellungsgesetze und verleihen so der Sprache [* 5] eine Geschmeidigkeit, die ihr sonst versagt geblieben wäre. Die moderne Umgangssprache hat diese Vorzüge der klassischen Sprache durch das Überhandnehmen der Formwörter freilich zum guten Teil wieder eingebüßt. - Unter den zahlreichen ältern und neuern Grammatiken sind besonders hervorzuheben die von Marshman (Serampur 1814), von Prémare (lateinisch, Malaka 1831; englisch von Bridgman, Kanton [* 6] 1847), von Rémusat (Par. 1822; 2. Aufl. von de Rosny, 1858), Gonçalvez (Macao 1829), Medhurst (Batavia [* 7] 1842), Summers (Lond. 1863);
dazu kommen noch die deutschen Arbeiten von Endlicher, «Anfangsgründe der chines. Grammatik» (Wien [* 8] 1845);
Schott, «Chines. Sprachlehre» (Berl. 1857),
«Über chines. Verskunst» (ebd. 1857) und «Zur chines. Sprachlehre» (ebd. 1868);
G. von der Gabelentz, «Chines. Grammatik» (Lpz. 1881) und «Anfangsgründe der chines. Grammatik» (ebd. 1883).
An Wörterbüchern sind zu erwähnen das «Dictionnaire chinois, français et latin» vom Missionar Basilius de Glemona, hg. von Deguignes dem Jüngern (Par. 1813),
nebst Klaproths «Supplément» (ebd. 1819),
das aber Fragment geblieben und außerdem, eine Anzahl aus Prémares «Notitia linguae sinicae» wörtlich entlehnter Artikel abgerechnet, fast wertlos ist;
Morrisons «Dictionary» (6 Bde., Macao 1815-22);
Gonçalvez' «Diccionario china-prtuguez» (ebd. 1833),
desselben «Diccionario portuguez-china» (ebd. 1831) und «Lexicon magnum latino-sinicum» (ebd. 1841);
Medhursts «Chinese and English dictionary» (2 Bde., Batavia 1843) nebst dessen «English and Chinese dictionary» (2 Bde., Shang-hai 1847-48);
Wells Williams, «A tonic dictionary of the Chinese language» (Kanton 1856) und dessen weit ausführlicheres «Syllabic dictionary of the Chinese language» (Shang-hai 1874).
Der Stil der gebildeten Umgangssprache (den man mit ihrem lautlichen Charakter nicht verwechseln darf) ist speciell dargelegt von Morrison (Serampur 1815),
Rochet (Par. 1846),
besonders aber von Bazin, «Grammaire mandarine» (ebd. 1856),
«Grammar of the
Chinese
colloquial language»
(Shang-hai 1857) und Medhurst,
«Chinese dialogues» (neue Aufl., ebd. 1861) und von Arendt in seinem «Handbuch
der nordchines. Umgangssprache mit Einschluß der Anfangsgründe des neuchinesischen
offiziellen und Briefstils» (Berl.
1892). Für das
Studium der chines. Dialekte vgl. Dennys, Handbook of the
Canton vernacular of the
Chinese language
(Hongkong 1874);
Edkins, Grammar of colloquial Chinese, as exhibited in the Shanghai dialect (Shang-hai 1868);
Fielde, First lessons in the Swatow dialect (Scha-tou 1878);
Eitel, Chinese dictionary in the Cantonese dialect (4 Tle. und Suppl., Hongkong 1877-87);
Stent, Chinese and English dictionary in the Pekinese dialect (Shang-hai 1876).
II. Schrift. Die chines. Schrift ist Wortschrift, d. h. jedes einzelne Schriftzeichen stellt ein Wort dar, und die Gesamtzahl dieser Schriftzeichen beträgt annähernd 24000. Der Ursprung der Schrift verliert sich im Dunkel sagenhafter Vorzeit. In ihrer ältesten Form bestand die Schrift aus teils einfachen, teils zusammengesetzten Bildern und Symbolen; sie wird als kù-wên, alte Schrift, bezeichnet. Um 800
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
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v. Chr. tritt eine neue Form auf, die tá-tschwén, die große Tschwen-Schrift, der sechs Jahrhunderte später die kleine Tschwen-Schrift, eine gefälligere Form der vorigen, folgte. Beide Formen sind auf zahlreichen alten Bronzen erhalten. Zur Zeit der Han-Dynastie, um den Beginn unserer Zeitrechnung, kamen zwei neue Schriftformen auf, in denen sich der Einfluß des inzwischen eingeführten Schreibpinsels deutlich geltend macht: die Kurialschrift, lí-schū, und die Kursivschrift, tshào-schu, «Grasschrift», genannt.
Die erstere wird nur noch als Zierschrift in Vorreden u. dgl. angewandt, während die letztere im brieflichen und Geschäftsverkehr noch allgemein verbreitet ist. Seit dem 4. Jahrh. unserer Zeitrechnung endlich ist die Normalschrift, khiài-schu, die allgemein übliche, besonders auch als Druckschrift verwendete, geblieben. Die Schriftzeichen sind teils einfach, teils zusammengesetzt. Die erstern gehen größtenteils auf alte Bilder und Symbole zurück, während die letztern in symbolische und phonetische Zusammensetzungen zerfallen.
Unter symbolischen Zusammensetzungen versteht man solche, deren Teile sich derart zu einem Ganzen verbinden, daß der Bedeutungswert des zusammengesetzten Zeichens einem tertium comparationis der komponierenden Elemente entspricht. So bedeutet die Zusammensetzung der Zeichen für Sonne [* 10] und Mond: [* 11] Licht; [* 12] die der Zeichen für Mensch und Wort: wahr, treu. Weitaus die Mehrzahl der zusammengesetzten Zeichen besteht aus sog. phonetischen Zusammensetzungen, bei denen der eine Teil die Bedeutungs- oder Begriffskategorie des Wortes, der andere seinen Lautwert andeutet.
Die so gebildeten Zusammensetzungen sind für sprachgeschichtliche und sprachvergleichende Untersuchungen vom größten Werte, da sich durch sie in vielen Fällen die ältern Lautwerte wenigstens annäherungsweise wiederherstellen lassen.
Vgl. Edkins, Introduction to the study of the Chinese characters (Lond. 1876);
Grube, Die sprachgeschichtliche Stellung des Chinesischen (Lpz. 1881).
In den Wörterbüchern werden die Schriftzeichen entweder encyklopädisch (nach Bedeutungskategorien) oder graphisch oder phonetisch (nach den phonetischen, den Lautwert angebenden Elementen) angeordnet. In den graphisch geordneten Wörterbüchern ist der ganze lexikalische Bestand unter 214 sog. Klassenhäupter oder Radikale verteilt, welche in der Regel die Begriffskategorie des Wortes andeuten. Innerhalb der Klassenhäupter sind die Zusammensetzungen nach der Zahl der Striche, aus denen der hinzutretende Bestandteil besteht, angeordnet.
III. Litteratur. Die chines. Litteratur ist in ihren meisten Zweigen eine der selbständigsten, die es giebt. Dabei ist sie unstreitig die umfangreichste, in geogr., ethnogr. und geschichtlicher Beziehung auch die wichtigste des ganzen Morgenlandes. Ohne alle Unterbrechung läßt sie sich bis ein halbes Jahrtausend vor Christi Geburt zurückverfolgen. Der Bücherdruck ward in China [* 13] 860 Jahre früher erfunden als in Europa, [* 14] nämlich unter den Sui 593 n. Chr. Er verbreitete sich unter den Thang (618-904) und gelangte zur Vollkommenheit unter den Sung (960-1278). Zwischen 1041-49 ward von einem Schmied der Druck mit beweglichen Typen (wörtlich «lebendigen Tafeln», ho pan) aus feiner Thonerde erfunden.
Doch scheint derselbe damals nicht in Aufnahme gekommen zu sein. Das gewöhnliche Vervielfältigungsmittel in China ist der Holztafeldruck, der 1205 in Japan eingeführt wurde und sich auch nach Tibet und Hinterindien [* 15] verbreitete. Der Kaiser Khang-hi ließ zwar auf Veranlassung der Missionare kupferne Typen gießen und auch ein großes encyklopäd. Werk von 5000 Bänden mit denselben drucken, doch wurden dieselben bald darauf wieder eingeschmolzen. Mit andern beweglichen Typen, die Khien-lung 1777 herstellen ließ, wurde in Peking bis auf die neuere Zeit herab gedruckt.
Die erwähnten Holztafeln (viereckig, 1,5 cm dick und zwei chines. Druckseiten enthaltend) sind aus Kirsch-, Birn- oder Brustbeerbaumholz. Die Blätter werden mit der Bürste abgedruckt. Ein geschickter Arbeiter zieht deren täglich 2000 ab. Die Bücherpreise sind in China weit billiger als in Deutschland; [* 16] nur auf Staatskosten gedruckte Werke sind selten und teuer. Viele Bücher werden auf Subskription gedruckt, andere auf Kosten der Buchhändler, deren es in allen bedeutendern Städten giebt.
Ein Hauptplatz für Buchdruck und Buchhandel war bisher Su-tscheu. Große Bibliotheken finden sich überall im Reiche, besonders in Peking und Nan-king; jeder Gebildete besitzt eine mehr oder minder umfangreiche Büchersammlung. Die Zahl der vorhandenen Bücher ist unberechenbar. Der gedruckte Katalog der Bibliothek des Kaisers Kjan-long besteht aus 122 Bänden, und eine Auswahl der klassischen Litteratur Chinas, mit Kommentaren und Scholien, die auf Befehl desselben Kaisers veranstaltet wurde, sollte 163000 Bände umfassen, von denen bis 1818 wirklich 78731 erschienen.
Die Chinesen ordnen ihren Bücherschatz unter vier Gruppen:
1) kīng, kanonische Bücher; doch werden unter dieser Rubrik auch Werke der taoistischen und buddhistischen Litteratur, wie z. B. alle buddhistischen Sutras und Werke philol. Inhalts aufgezählt;
2) ssè, Geschichte; doch hat Ma-twan-lin auch den histor. Roman unter diese Rubrik aufgenommen;
3) tsè, Philosophie;
4) tsih, schöngeistige Litteratur.
Die im engern Sinne klassische Litteratur der Chinesen besteht aus den ngù-kīng, den fünf kanonischen Büchern, und den ssé-schū, den vier klassischen Büchern. Die fünf kīng oder kanonischen Bücher sind:
1) Jih-kīng, das Buch der Wandlungen, das von den Chinesen für das älteste Denkmal ihrer Litteratur und Philosophie gehalten wird. Seinen Grundtext bilden 64 Hexagramme, deren Grundelemente die 8 kwa oder Trigramme bilden, Kombinationen von geraden und gebrochenen Linien, deren Erfindung dem mythischen Kaiser Fu-hi zugeschrieben wird. Diesen Hexagrammen ist ein erklärender Text, Twán genannt, beigefügt, für dessen Verfasser König Wen-wang gilt (lebte im 12. Jahrh. v. Chr.). Hierauf folgt eine Erklärung der einzelnen Bestandteile jener Hexagramme, welche den Tscheu-kung, den Sohn des Wen-wang, zum Verfasser haben soll, und den Beschluß bilden die Schih-jih oder «Zehn Flügel», ausführlichere Kommentare, die, jedenfalls mit Unrecht, dem Confucius zugeschrieben werden.
Vgl. Y-king, antiquissimus sinarum liber, quem ex latina interpretatione P. Regis edidit J. Mohl (2 Bde., Stuttg. 1834-39).
2) Schū-kīng, das kanonische Buch der Bücher, das Überlieferungen über die Reden und Thaten der Herrscher der drei ersten Dynastien enthält. Es erstreckt sich über einen Zeitraum von nahezu 1500 Jahren, vom 23. Jahrh. bis zum Jahre 721 v. Chr.
Vgl. Gaubil, Le [* 17] Chou-king (in franz. Übersetzung,
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