Zu der
Plattform gelangt man durch so bequeme
Treppen,
[* 2] daß man sie hinaufreiten kann. In Zwischenräumen befinden sich
Türme,
oft aus zwei
Stockwerken. Die Hauptthore sind durch Ringmauern geschützt. Nordwestlich von
Peking
[* 3] ist die
Mauer zweifach, dreifach,
ja so oft aufgeführt, als die Umstände es nötig zu machen scheinen. Sie windet sich über Abgründe
und Bergrücken. An einer
Stelle erreicht sie die Höhe von 1700 m. Doch war ihr Nutzen immer ein sehr geringer.
Seitdem die Mandschu Herren von
China
[* 4] geworden sind, ist sie völlig überflüssig. Sie ist daher auch teilweise schon verfallen
und verfällt immer mehr. Teilweise scheint von Anfang an nur ein Wall von lose aufgeschichteten
Steinen,
teilweise nur ein Lehmwall bestanden zu haben, wie es andererseits ganz aus Granit und Porphyr aufgeführte
Strecken giebt.
Gab es schon Jahrhunderte vor Thsin-schi-Hwang-ti derartige Grenzwälle (zur Zeit der Tschou), so erreichten sie doch zur
Zeit der Ming-Herrschaft erst ihr Ende und gerade da, wo
Ausländer am meisten die
Mauer zu sehen bekamen,
nordwestlich von
Peking. Dort in der innern
Mauer ist das berühmte
Thor Kü-jung-kwan, wo
Inschriften in Sanskrit, in chines.,
mongol., uigurischer, tibetischer und shutschi-tungusischer
Sprache
[* 5] die innern
Wände füllen (vom J. 1345, erneuert 1445).
Die
Mauer oder Grenzbefestigung, welche Möng-tien, der Feldherr des Thsin-schi-Hwang-ti, 214
v. Chr. bauen
ließ, hatte im
W. einen südlichern und östlichern, im O., wo sie in Liau-tung endete, einen nördlichern Verlauf. -
Vgl.
Möllendorff, Die
GroßeMauer von
China (in der «Zeitschrift der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft», Jahrg. 35);
Talg, fälschlich auch zuweilen
Chinesisches Wachs (s. d.) genannt, ist das Produkt des
Talgbaums (s. d.).
Die im November oder Dezember gesammelten schwarzen, erbsengroßen Samen
[* 6] sind von einer weißen Talgschicht
umhüllt, die man durch Abschmelzen in Wasser oder durch Abpressen der zerquetschten Samen gewinnt; häufig setzt man dem
Talg noch 25 Proz. Leinöl hinzu, um ihn geschmeidiger zu machen. In reinem Zustande besteht
er hauptsächlich aus Palmitin und wenig
Stearin, besitzt ein spec. Gewicht von 0,918 und einen Schmelzpunkt von
44° C. In
China wird er als Leuchtmaterial verwandt, auch ab und zu nach England exportiert, wo er in der Seifenfabrikation
verwandt wird.
Schrift, s.
Chinesische Sprache, ^[= und Litteratur. I. Sprache. Das Chinesische gehört zu dem indochines. Sprachstamme, soweit ...]Schrift und Litteratur.
Grün
(Chinagrün,
Lokao), ein aus
China kommender grüner Farbstoff, der namentlich in der Seidenfärberei
Verwendung gefunden hat.
Über die in
China übliche Bereitungsart ist, trotz mannigfacher Publikationen,
wenig Sicheres bekannt. Das zu seiner
Darstellung dienende Rohmaterial ist angeblich die
Rinde von Rhamnus utilis Dosne und
Rhamnus chlorophoraLindl.; aus derselben wird durch anhaltendes
Kochen ein Dekokt bereitet, das nach dem Abseihen mit etwas
Soda versetzt wird. In die so erhaltene bläuliche Flüssigkeit werden baumwollene Gewebe
[* 8] eingetaucht
und dann auf dem Rasen dem Sonnenschein ausgesetzt, wobei aber darauf achtzugeben ist, daß das Licht
[* 9] weder zu intensiv noch
auch zu gering ist, weil in beiden Fällen die
Operation mißlingt.
Auf der dem Licht zugekehrten Seite des Gewebes entwickelt sich nach kurzer Zeit die grüne
Farbe, worauf
dasselbe Zeug wieder in die Brühe getaucht, von neuem belichtet und damit 10-15mal fortgefahren wird, bis der richtige
Farbenton
erzielt ist. Die so mit Farbstoff beladenen Gewebe werden an andere Fabrikanten abgegeben. Diese kochen die grünen Gewebe
in Wasser, bis der Farbstoff sich löst, die Lösung wird dann zur Sirupskonsistenz verdampft, auf Papierblätter
gestrichen und an der Luft langsam getrocknet. Nach Untersuchungen verschiedener Chemiker ist das ein Farblack, dessen Gehalt
an unverbrennlichen
Stoffen ein Viertel bis nahezu zur Hälfte seines Gewichts ausmacht. Der organische
Bestandteil,
Lokaïn
genannt, läßt sich mit einer Lösung von kohlensaurem
Ammoniak extrahieren und bleibt beim Verdunsten
derselben zurück. Er scheint ein
Glykosid zu sein, da er beim Behandeln mit Säuren einen Zucker
[* 10] abspalten läßt.
Heerwesen. I. Landheer. Die Landmacht
Chinas besteht aus Bannertruppen und
Söldnern; hinzutreten sollen
im Kriegsfall die irregulären
Aufgebote der zu
China im Vasallenverhältnis stehenden Distrikte. Die Bannertruppen
ergänzen sich aus den auf Lebenszeit wehrpflichtigen Mitgliedern der erblichen Kriegerkaste und sind in 24
Banner eingeteilt,
deren jede der drei Hauptnationalitäten:
Chinesen, Mandschu, Mongolen, je 8 aufzustellen hat. Die
Banner unterscheiden sich
innerhalb ihrer Nationalität durch die verschiedenen
Farben ihrer Fahnen. In jedem
Banner sollen Infanterie,Kavallerie,
Artillerie vertreten sein; über das Stärkeverhältnis dieser Waffen
[* 11] zueinander wie der
Banner überhaupt und ihrer
Teile fehlen
genauere Angaben.
Hinsichtlich der
Bewaffnung bilden
Armbrust
[* 12] und Hinterlader die Grenzen.
[* 13] Zur
Unterkunft der Bannertruppen, von denen stets nur
ein
Teil zum Dienst herangezogen ist, während der andere seinen bürgerlichen Beschäftigungen nachgeht, sind
in den einzelnen
Städten die sog. Tatarenviertel bestimmt. Die Gesamtstärke der Bannertruppen wird auf
250000-300000 Mann geschätzt. Der Umstand, daß die Bannertruppen unter der Centralregierung stehen, läßt dieselben als
den zuverlässigern
Teil der chines. Heeresmacht erscheinen.
Die
Söldner (Nationalmilizen) stehen im
Solde der Vicekönige oder Gouverneure der einzelnen
Provinzen, die
nach
Größe und Wohlstand derselben ein entsprechendes Kontingent anzuwerben, auszurüsten und zu verpflegen gehalten sind.
Die Verfügungsfreiheit der Regierung über diese
Truppen ist gering. Die Sollstärke dieser Söldnertruppen wird auf 600000
Mann angegeben. Bannertruppen wie Nationalmilizen verteilen sich auf fünf Heeresgruppen: die
Armeen der Mandschurei, der
Mongolei, von
Turkestan, des Küstengebietes, von
Peking, deren jeder die Verteidigung des betreffenden
Landstriches zufällt. Rechnet man zu obigen unzuverlässigen Zahlenangaben die Vasallenkontingente hinzu, so ergiebt
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
sich für den Kriegsfall allerdings eine Gesamtstärke von etwa 1 Mill. Streitern für das ChinesischeReich.
Die reorganisatorischen Bestrebungen haben zur Zeit in der Armee des Generalgouverneurs von Pe-tschi-li ihren Höhepunkt erreicht.
Bei der anscheinend planlosen Beschaffung modernen Kriegsmaterials giebt der der abschließenden chines.
Behörde erwachsende finanzielle Nutzen vielfach den Ausschlag. Die Armee vonPe-tschi-li, etwa 40000 Mann,
umfaßt Infanterie, Artillerie, Kavallerie ohne Scheidung der einzelnen Waffen; die Pferde
[* 15] sind mongol. Doppelponies, sehr ausdauernd,
bei der Artillerie zur Bewältigung der Zuglast zu schwach.
Die Bekleidung hat den Schnitt der bauschigen Nationalkleidung, hindert am Gebrauch der Glieder
[* 16] und Waffen. Die Ausrüstung
der Mannschaften besteht in Patronentasche am Leibriemen, auch Seitengewehr. Die Zugpferde sind nach europ., die Reitpferde
nach chines. Muster ausgerüstet. Die gesamte Ausrüstung ist, wenn vorhanden, im Verfall. Die Infanterie hat österr. Mausergewehr,
die Artillerie Kruppsche Kanonen; die Feldgeschütze entsprechen dem preuß. 7,85 Feldgeschütz.
Die Gebirgsgeschütze sind zerlegbar. Die Kavallerie hat Winchester-Repetierkarabiner. Daneben bestehen
noch viele andere Modelle. Die Munitionsfrage ist noch ungeregelt. Untergebracht sind die Mannschaften je 500 in quadratisch
gebauten Lagern, die von einem krenelierten Lehmwall umschlossen sind. Besoldung und Beköstigung erfolgt durch die Lagerkommandanten;
Unregelmäßigkeiten aus gewinnsüchtiger Absicht sind an der Tagesordnung. Während die Kavallerie in ihren
Fechtspielen die nationalen Überlieferungen wahrte, dienen für die andern Waffen einzelne Abschnitte aus dem preuß. Exerzierreglement
als Grundlage und Ausschmückung für den grotesken Waffentanz, der als höchstes Ziel des Drills gilt; jahraus jahrein mit
den nämlichen Mannschaften geübt, täuscht die Präcision der Aufführung den Laien über den wahren Wert der
Truppe.
Von einer sachgemäßen Behandlung der Waffen und Schießausbildung ist wenig die Rede. Die niedern Führer gehen aus der
Truppe nach langer Dienstzeit hervor; höhere gelangen durch Protektion zu diesen einträglichen Stellen. In ganz vereinzelten
Fällen haben europ. Lehrmeister Augenblickserfolge erzielt. Der Militärschule in Tien-tsin liegt der Lehrplan einer preuß.
Kriegsschule zu Grunde. Ebenda befinden sich ein Arsenal und eine Pulverfabrik.
Die
Befestigungen werden an den Flußmündungen aus mit Häcksel vermischtem Moorschlamm hergestellt, zum Teil cementiert.
IhreArmierung bilden alte chines. Geschütze oder solche von KruppArmstrong und de Bange. Der Kriegshafen Port Arthur kann, weil
bei Anlage wie Ausführung Fachleute wenig zu Worte kamen, seinen Zweck nicht erfüllen; ein neuer Kriegshafen
Wei-hai-wei ist unter gleichen Vorbedingungen in Angriff genommen.