dicksten (0,04 bis 0,08
mm im Durchmesser der Zellen) Bastfasern des
Pflanzenreichs und besteht aus reiner
Cellulose, steht
also im Wert von
Lein- und Hanffaser; ihr nahe verwandt ist die Ramiefaser (s.
Ramie) und noch ein anderes ostasiat. Produkt,
die Roa-Faser von Pipturus argenteus; alle drei liefern seidenartig glänzende, sehr dauerhafte Gewebe
[* 2] und Seilerwaren, auch halten sie
Farbe.
In den Stammländern der
Pflanze, in
China
[* 3] wenigstens, findet ein eigentlicher Spinnprozeß nicht statt, sondern die durch mühsames
Spalten mit den Fingern und daraus folgendes Hecheln gewonnenen Fasern werden mit den
Enden aneinander gestückt und durch
Rollen
[* 4] unter der
Hand
[* 5] (Andrehen) oder Verknoten vereinigt, weshalb der entstehende
Faden
[* 6] nicht rund wie
andere Garne, sondern platt wie ein sehr schmales Bändchen erscheint. In England, wo dieses Material erst durch die
Londoner
Weltausstellung von l85l weitern
Kreisen als Grass-cloth (Grasleinen), wahrscheinlich infolge einer Verwechselung der Stammpflanze,
bekannt wurde, werden die zur Verarbeitung dahin verschifften rohen
Stengel
[* 7] einer ähnlichen Behandlungsweise
wie der Flachs unterworfen.
Der
Verbreitung der Chinagrasfabrikate ist namentlich die durch den amerik. Bürgerkrieg veranlaßte
Unterbrechung der Baumwolleinfuhr
förderlich gewesen. Auf der
Pariser Weltausstellung von 1867 trat diese
Industrie bereits in bemerkenswerter
Weise hervor,
und seitdem ist dieselbe in stetem Fortschritt begriffen. Im südl.
Frankreich, überhaupt in der Mittelmeerregion
ist die
Boehmeria kulturfähig; wenn man vor einigen Jahren versucht hat, sie ihres wertvollen Produktes wegen auch in
Deutschland
[* 8] zum Anbau zu empfehlen, so beruhte das auf unverständigen
Vorstellungen, da diese
Pflanzennur fürGlashaus-Überwinterung
geeignet sind.
ChinasAusfuhr beträgt durchschnittlich jährlich 11 Mill. kg.
eine flüssige organische
Base von der Zusammensetzung C10H9N und dem Siedepunkte
243°. Das Chinaldin ist seiner chem. Konstitution nach
alpha-Methyl-Chinolin und ist dem
Chinolin (s. d.) sehr ähnlich. Es kann
nach verschiedenen synthetischen Methoden gewonnen werden.
Republik Nicaragua,
[* 10] hat (1888) 23 719 E. und Maisbau.
Die
Hauptstadt Chinandega, etwa 40 km im NW. von
Leon, mit dem Hafenort Corinto und der Hauptstadt Managua durch Eisenbahn
verbunden, hat 8000 E. und ansehnlichen
Handel.
kurz
China, auch
Fieberrinde,
peruvianische Rinde (Cortex
Chinae, Cortex peruvianus) und
Cascarilla (s. d.)
genannt, von verschiedenen
Bäumen der im äquatorialen
Südamerika
[* 11] heimischen Gattung Cinchona
(Chinarindenbaum) stammende
Rinde. Cinchona gehört in die Familie der
Rubiaceen (s. d.), wo sie mit andern ihr verwandten eine
eigene
Abteilung, die Cinchoneen, bildet.
IhreArten, deren man gegenwärtig 33 bis 36 unterscheidet, sind stattliche, bisweilen
riesige
Bäume, manche jedoch auch
Sträucher, sämtlich aber mit prachtvoller immergrüner Belaubung.
Sie haben gegenständige, ganze und ganzrandige
Blätter, gestielte, meist in zusammengesetzte, gabelteilige
Trugdolden
gruppierte
Blüten mit unterständigem, fünfspaltigem
Kelche, trichterförmiger, fünfteiliger, an den Lappen bärtig
behaarter
Blumenkrone und zweifächerige, mit zahlreichen geflügelten Samen
[* 12] gefüllte Kapseln.
[* 13] Sie wachsen in den ungeheuern
Waldungen, welche die Abhänge der
Anden bedecken, vom westl.
Venezuela
[* 14] bis zum nördl.
Bolivia,
[* 15] oder zwischen dem 10.° nördl.
und dem 19.° südl.
Br., woselbst sie zwischen 1200 und 3200 m Höhe teils vereinzelt, teils forst- und
bestandweise auftreten und einen sehr charakteristischen
Bestandteil in der
Vegetation jenes weiten
Bezirks bilden, weshalb
A. von
Humboldt denselben das
Reich der Cinchoneen genannt hat. Die Kenntnis von diesen
Bäumen ist noch sehr mangelhaft; nur
von wenigen der zahlreichen in den
Handel kommenden Rindensorten weiß man, von welcher
Cinchona-Art sie
abstammen.
Das Sammeln der Rinden ist mit großen Schwierigkeiten verbunden und wird von besonders darin geübten Leuten betrieben,
welche
Cascarilleros, d. h. Rindensammler heißen, ein
Name, der auch den mit Chinarinde handelnden
Personen gegeben zu werden pflegt.
In Columbia
[* 16] sammelt man die Rinden zu jeder, in
Peru und
Bolivia nur in der trocknen Jahreszeit. Man fällt
die
Bäume dicht an der
Wurzel,
[* 17] zieht die Rinde in
Streifen ab und trocknet sie an der
Sonne
[* 18] oder über
Feuer in eigens dazu konstruierten
Schuppen.
Die abgeschälten dünnen Rinden rollen sich an der
Sonne zusammen; die dickeren werden nur kurze Zeit
der
Sonne ausgesetzt, dann flach ausgebreitet, in Haufen kreuzweise übereinander geschichtet und mit
Steinen beschwert. Ein
Baum von 20 m
Hohe und 1,2 m Durchmesser liefert etwa 10 Ctr. trockne Rinde.
In denStädten werden die trocknen Rinden sortiert,
verpackt und dann nach den Hafenplätzen versendet. Man verpackt sie zu 40 kg und darüber in Säcken
oder «Seronen» von Büffelfellen, die mit der Haarseite nach innen gekehrt
sind.
Der seit der Entdeckung des
Chinins (s. d.) enorm gesteigerte
Verbrauch der Chinarinde im
Verein mit der Befürchtung der durch den
südamerik.
Raubbau vorauszusehenden Ausrottung der Chinabäume bewog die niederländ.
Regierung 1854, Versuche der Kultur auf Java zu unternehmen, die nach vielen Mühen große Erfolge aufweisen konnten. 1860-61
folgte England mit dem Anbau in
Britisch-Ostindien, und ungefähr zu gleicher Zeit begannen die ersten Kulturversuche auf
Ceylon;
[* 19] später folgten Westindien,
[* 20] Jamaika, und schließlich
Südamerika selbst
(Bolivia,
Ecuador). Im
Handel unterscheidet man
heute Fabrikrinden und Medizinalrinden.
Erstere, meist kultivierte Rinden, von Cinchona succirubra Pav.,
officinalisL., Ledgeriana, calisaya Wedd.
u. a. abstammend, werden ohne Rücksicht auf ihr Aussehen und ihre
Abstammung lediglich nach dem Gehalt an
Chinin bezahlt,
wobei als Preiseinheit das
Unit, d. h. der Wert für je 1 Proz.
Chinin in einem Pfund Rinde gilt. Beträgt
der Wert des
Units z.B. 1 ¼
Schilling und enthält die Rinde 4 Proz.
Chinin, so kostet das Pfund Rinde 5
Schilling. Die Medizinalrinden
dagegen werden auch heute noch wie früher nach dem Aussehen und der
Abstammung als rote, braune oder graue und gelbe Chinarinde unterschieden.
Die roten Chinarinde, meist Stammrinden alter Chinabäume, kommen von der an den westl.
Abhängen der Cordilleren in
Ecuador heimischen Cinchona succirubra Pav. Dieselbe
Art liefert in den Kulturen von Java und
Ceylon die vom
Deutschen
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
Arzneibuche aufgenommene Cortex Chinae succirubrae. Während die erstern flache oder wenig gebogene, rotbraune, mit dicker
Borke, die viel Längsrisse zeigt, besetzte Stücke bilden, sind die kultivierten roten Rinden, Röhren
[* 22] und Halbröhren mit
graubräunlicher bis graulich weißer Korkschicht und braunroter Bastschicht. Graue und braune Chinarinde sind die
Rinden jüngerer Aste und Zweige südamerik. und anderer Herkunft. Stammpflanzen derselben sind CinchonaofficinalisL. (Kronenchina von Loxa), Cinchona nitida und micrantha R.u. Pav. (Huanuco- und Guayaquil-Rinden); es sind
federkiel- bis fingerdicke Röhren von graubrauner, längs- und querrissiger Außenfläche, oft noch mit weißlichem Kork
[* 23] bedeckt,
und hellzimmetfarbener Innenfläche. Zu den gelben Chinarinde. - Ast- und Stammrinden, denen die obere Borkenschicht
fehlt, die also aus Bast
[* 24] bestehen - zählen die Cinchona calisaya Wedd.
(s. Tafel: Rubiinen,
[* 21]
Fig. 2, Königschinarinde von Südperu und Bolivien), ferner die columb.
Rinden der östl. Abhänge der mittlern Cordilleren, von Cinchona lancifolia Mutis (Carthagenarinde)
und Cinchona cordifolia (Maracaiborinde) abstammend. Das Deutsche
[* 25] Arzneibuch von 1890 hat die Einzelbenennungen
der offizinellen Chinarinde abgeschafft und nur die Rinde von Cinchona succirubra aufgeführt, deren Gehalt an Alkaloid mindestens 5 Proz.
betragen muß. Die in den J. 1880 - 83 an den Markt gelangte sog. Cuprearinde ist eine chininhaltige
Rinde der den Cinchonaceen nahe verwandten Gattung Remijia, an den Ostabhängen der Cordilleren im columb.
Staat Santander seiner Zeit entdeckt. Sie gilt bis jetzt als einziges Beispiel des Vorkommens von Chinin in andern Pflanzengattungen.
Wirksame Bestandteile der Chinarinde sind eine Anzahl Chinaalkaloide oder Chinabasen (s. d.), unter denen das Chinin (zu 1-10 Proz.
darin enthalten) das wichtigste ist. Außerdem kommen darin vor die Chinasäure (s. d.) zu 5 - 9 Proz.,
die Chinagerbsäure (s. d.), der Chinovabitter (s.d.) und das Chinarot (s. d.).
Die Chinarinde als Arznei betrachtet, sind das kräftigste von allen gewürzhaft-bittern und zusammenziehenden, sog.
tonischen Mitteln. Die zusammenziehende und fäulniswidrige Wirkung beruht auf ihrem Gehalt an Chinagerbsäure,
während die specifisch fiebervertreibende Kraft,
[* 26] welche sie gegen Wechselfieber und Malaria zeigt, sowie zum Teil ihre stärkende
Eigenschaft, derentwegen sie bei durch Krankheit, namentlich infolge von Blut- und Säfteverlust (z. B. Typhus, Blutarmut und
Bleichsucht) entkräfteten Personen mit oft so großem Erfolge angewandt wird, den Chinabasen zukommt.
Eine üble Nebeneigenschaft dieses kräftigen Heilmittels ist, daß es bei fortgesetztem Gebrauch die
Verdauung stört und Übelkeit und Magendrücken veranlaßt. Jedoch bewirken dies weniger die Alkaloide als die Substanz der
Rinde. Deshalb war die Entdeckung des Chinins (s. d.) von außerordentlicher Wichtigkeit. Äußerlich wurde früher
die Chinarinde bei bösartigen Geschwüren, bei brandigen Wunden u. s. w. vielfach angewendet.
Auch bereitet man aus ihr verschiedene Essenzen, Extrakte, Tinkturen u. s. w.
Zu den Surrogaten der Chinarinde, die sich indessen in den meisten Fällen nicht bewährt haben, gehören in erster Reihe:
die unechten Chinarinde, welche der Mehrzahl nach von verschiedenen tropischen Bäumen aus der Familie der Rubiaceen abstammen, z. B.
die Para-China von
einer in Brasilien
[* 27] wachsenden Ladenbergia, die China alba granatensis von Ladenbergia
macrocarpa Klotzsch, die China nova von Ladenbergia oblongifoliaKarst., die China rubra brasiliensis von Ladenbergia RiedelianiaKl., die China caribica oder jamaicensis von Exostemma caribaeum W., die China Sanctae Luciae von Exostemma floribundum W. auf
den Antillen u. a. m. Alle diese unechten Chinarinde ermangeln der in den echten vorkommenden Basen, haben meist
einen stärkern, widerlich bittern und kaum gewürzhaften Geschmack und vermögen die echte Chinarinde ebensowenig zu ersetzen als
mehrere andere, besonders während der Kontinentalsperre empfohlene Surrogate, wie z. B. die Weiden-, Kastanien-, die Eichenrinde
und deren charakteristische Bestandteile (Salicin, Quercin u.s.w.). Gleiches gilt von den als Surrogat für
das Chinin vorgeschlagenen Alkaloiden, nämlich dem Ilicin, Phloridzin, Aricin, Buchsin u. a. m. Auch den synthetisch hergestellten
Arzneimitteln, dem Antipyrin (s. d.), Antifebrin (s. d.) u. a., kommt wohl die temperaturherabsetzende,
aber nicht die specifische Wirkung bei Wechselfieber und Malaria zu; sie sind außerdem frei von tonischer
Wirkung.
Während früher naturgemäß Südamerika das einzige Exportland für Chinarinde war, haben sich die Verhältnisse jetzt vollständig
geändert. Noch 1879-80 kamen nach London
[* 28] und Amsterdam,
[* 29] den Haupt-Handelsplätzen für C.:
Dagegen führte 1885 Ceylon allein 15300000 Pfd. aus. In den letzten Jahren ist allerdings die Produktion Ceylons sehr zurückgegangen,
dagegen hat diejenige Javas mit jedem Jahre zugenommen und betrug 1891/92: 8874857 Pfd. Von Bolivia, Centralamerika, Columbia
und Ecuador wurden 1889 nur noch 2182300 Pfd. zugeführt.
Der Gesamtbestand der Chinabäume auf Java betrug 1890: 40 Mill., die ein Quantum von 40 Mill. kg Rinde oder 1200000 kg Chinin
repräsentieren. Von den Medizinalrinden abgesehen, wurden 1889 in den hauptsächlichsten Rindendistrikten produziert:
schwefelsaures Chinin, in den Rinden berechnet, während der Chininkonsum in demselben Jahre nur auf 205000 kg geschätzt
wird.
Die Anwendung der Chinarinde als Heil-, besonders fiebervertreibendes Mittel ist in Südamerika jedenfalls uralt, denn Quina oder «China»
bedeutete in der Sprache
[* 30] der Inkas eine fiebervertreibende, Quina-Quina eine besonders heilkräftige Rinde. 1636 wurde
die Gräfin Chinchon, Gemahlin des damaligen Vicekönigs von Peru, durch den Gebrauch des Rindenpulvers geheilt. Durch ihre
Vermittelung und unter Beihilfe der Jesuiten kam das Pulver als «Gräfinpulver», «Jesuitenpulver» nach Spanien,
[* 31] während es in
England 1671 durch einen ArztTalbot eingeführt wurde. In Italien
[* 32] führte es der Kardinal Juan deLugo ein,
und nach ihm nannte man das Pulver auch «Kardinalpulver».
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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