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kommen waren. 1552 kam der berühmte Jesuit Franciscus Xaverius nach China, [* 2] starb aber bald danach, ohne selbst den ersten Grund zu der christl. Mission gelegt zu haben. Ihm folgten 1579 M. Ruggiero und bald nachher M. Ricci, ebenfalls der Gesellschaft Jesu angehörend, als eigentliche Gründer des röm.-kath. Christentums in China, sowie bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrh. viele andere Jesuiten, unter ihnen viele durch Gelehrsamkeit ausgezeichnete Männer, die durch zahlreiche Schriften Land und Volk, Sprache [* 3] und Litteratur der Chinesen in Europa [* 4] zuerst näher bekannt machten.
Die große Klugheit in ihrem Auftreten, die Gewandtheit, mit der sie den christl. Begriff von Gott der Anschauung der Chinesen von der Gottheit anzupassen verstanden, ihre Duldsamkeit gegen altherkömmliche Gebräuche, z. B. gegen die göttliche Verehrung der Vorfahren und des Confucius, die Pracht des in seiner äußern Form dem Buddhismus ähnlichen röm.-kath. Kultus verschafften dem Christentum zunehmende Verbreitung unter dem Volke, während eine Anzahl Missionare sich in Peking [* 5] und selbst an dem Hofe des Kaisers durch ihr mathem. und astron.
Wissen, ihre Kenntnisse in der Mechanik und, wie z. B. Vater Schall [* 6] aus Köln, [* 7] durch Geschicklichkeit in der Stückgießerei großes Ansehen erlangten. Diese Erfolge der Jesuiten erregten die Eifersucht anderer geistlicher Orden, [* 8] namentlich der Franziskaner und Dominikaner. Sie traten bei Papst Clemens XI. als Kläger gegen die Jesuiten auf, und dieser sandte den Legaten Tournon nach um die Handlungsweise der Jesuiten zu untersuchen, den chines. Christen aber alle Teilnahme an den einheimischen, altherkömmlichen Ceremonien zu untersagen.
Der Kaiser Schöng-tsu nahm sich der Jesuiten an und verbannte alle andern Missionare sowie auch Tournon. Die Sendung eines zweiten Legaten, des Patriarchen Mezzabarba, 1720 war ebenfalls erfolglos. Jung-tschöng, der Nachfolger von Schöng-tsu erklärte sich gegen das Missionswesen überhaupt, und von nun an trat eine fast ununterbrochene Verfolgung des Christentums ein. Fast vollständig vernichtet ward die kath. Mission, als 1805 eine Karte der Provinz Schan-tung, die man zur Schlichtung eines bischöfl.
Streites nach Rom [* 9] schicken wollte, von den chines. Behörden mit Beschlag belegt wurde. 1814 wurde der Bischof Dufresne enthauptet. Nachteilig auf das Missionswesen, das aller Verfolgungen ungeachtet im geheimen fortbestand, wirkte auch der erste Krieg der Engländer (1840-42) ein, bis durch die Verträge von Tien-tsin vom 26. und sowie die nachträgliche Konvention zu Peking vom 24. und den Angehörigen christl. Glaubensgenossenschaften Sicherheit der Person und des Eigentums sowie freie Ausübung ihrer Religion, den in das Innere reisenden Missionaren, wenn sie mit Pässen versehen, wirksamer Schutz zugesichert wurde; auch sollte der Übertritt und die Ausübung der christl. Religion erlaubt und straflos sein.
Ungeachtet dieser Bestimmungen gab der Haß der Bevölkerung [* 10] gegen die Europäer und die Erbitterung der Gelehrten, besonders der Verehrer von Confucius, gegen die Missionare auch noch später Veranlassung zu blutigen Auftritten. 1870 wurden franz. Missionare und chines. Christen zu Tu-sang in der Provinz Sze-tschwan und 21. Juni desselben Jahres zu Tien-tsin 28 europ. und 40 chines. Katholiken ermordet. Die Schätzung der Gesamtzahl der kath. Chinesen schwankt zwischen einer halbe und zwei Millionen.
Christl. Gemeinden bestehen in den Provinzen Sze-tschwan, Kiang-nan und Fu-kien. Ende der sechziger Jahre gab es apostolische Vikare in den Provinzen Fu-kien, Schan-tung, Jün-nan, Kwei-tschou, drei in Sze-tschwan, drei in Pe-tschi-li, je einen in Kiang-nan, Ho-nan, Kiang-si, Tsche-kiang, Hu-nan, Hu-pe, Schen-si, Schan-si und einen apostolischen Präfekten für Kwang-tung, Kwang-si und Haí-nan. In Fu-kien sind span. Dominikaner, in Schan-tung ital. Franziskaner, dergleichen in Hu-nan, Hu-pe, Schen-si und Schan-si, in Jün-nan, Kwei-tschou, Sze-tschwan, Kwang-tung und Kwang-si Mitglieder der franz. Mission (Congrégation des Missions étrangères), in Kiang-nan und einem Teile von Pe-tschi-li Jesuiten, in Pe-tschi-li und Ho-nan Lazaristen.
Damals zählte man mit Hongkong 158 europ., 169 einheimische Priester, 325000 Gemeindeglieder und 15 Seminare. Nach einer neuern Angabe sollen unter 41 Bischöfen 664 europ. und 559 eingeborene Priester stehen (1881). Ungleich jünger ist die evangelische Mission in China, die erst zu Anfang des 19. Jahrh. mit der Übersetzung der Heiligen Schrift begann, aber erst nach dem Frieden von Nan-king festen Fuß fassen konnte. Außer verschiedenen englischen und amerikanischen sind auch deutsche Gesellschaften daran beteiligt, und zwar letztere auch an der Bekehrung der Miao-tze. Können sich die prot. Missionen auch in der Anzahl der Bekehrten nicht mit den katholischen messen, so haben sie doch durch Verbreitung von Bildung im allgemeinen, durch Ärzte und Krankenhäuser und durch Beförderung unserer Kenntnis von Land, Sprache und Bevölkerung desto mehr gewirkt.
Der Islam verbreitete sich schon früh in China. Wenn auch die Sage, daß ein altes Grab in Kanton [* 11] dasjenige eines Oheims Mohammeds sei, wohl auf Verwechselung beruht, so berichtet doch die chines. Geschichte über eine Plünderung Kantons durch Araber und Perser 758, und die arab. Berichte der Reisenden Suleiman und Ibn Wahb aus dem 9. Jahrh. lassen auf die Anwesenheit von Mohammedanern in großer Menge schließen. Mitte des 14. Jahrh. wurde die Kantoner Moschee umgebaut; der stehengebliebene Turm [* 12] soll Mitte des 7. Jahrh. vorhanden gewesen sein. Mohammed. Gemeinden giebt es auch in Ning-po, Shang-hai, Nan-king, Kai-föng, Peking, namentlich aber in Schen-si, Kan-su und Jün-nan, sodaß man vor dem großen Aufstande der sechziger Jahre wohl 3-4 Mill. annehmen konnte. - Von Juden in China im 9. Jahrh. reden die oben genannten arab. Berichte. W. Martin sah auf seiner Reise durch Kai-föng 1866 ein Denkmal mit der Zeitbestimmung Lung-hing (1163-65), welches die Erbauung eines jüd. Tempels berichtet. Die noch vorhandenen Nachkommen der alten jüd. Gemeinde konnten ihre Gesetzrollen nicht mehr lesen. Ihr letzter Rabbiner war 30-40 Jahre zuvor gestorben. Die ersten Juden sollen schon zur Zeit der Han eingewandert sein.
Unterrichtswesen. In jeder Provinz ist ein von dem Gouverneur derselben unabhängiger Generalstudiendirektor angestellt, unter dessen Ressort alle Lehranstalten der betreffenden Provinz mit ihrem Lehrer- und Schülerpersonal gehören. Dieser Lehranstalten hat jede Bezirks- oder Kreisstadt mindestens eine. Außer den Staatsschulen befinden sich allenthalben, selbst in kleinsten Flecken und Dörfern, entweder von der Gemeinde unterhaltene Volksschulen,
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oder es wird durch Privatlehrer Elementarunterricht erteilt. Es giebt kaum ein anderes Land, wo besser als in China für den ersten Unterricht der Kinder, selbst der aus den ärmsten und niedrigsten Familien gesorgt wäre. Daher kommt es auch, daß die Prozentzahl derer, die etwas lesen, schreiben und rechnen können, daselbst groß ist; doch ist die gewaltige Anzahl der Schriftzeichen ein Hindernis und es giebt schwerlich einen, der sie alle innehat. Über das Altherkömmliche hinaus erstreckt sich der Unterricht kaum.
Nach dem Elementarunterricht gehen diejenigen, welche nach einer höhern Geistesbildung und durch diese bedingten spätern Anstellung im Staatsdienst streben, in die allen, ohne Unterschied des Ranges und Reichtums, zugänglichen öffentlichen Lehranstalten über, indem sie sich zu den Prüfungen melden, von denen die erste in der Hauptstadt des Kreises (hien), die zweite in der des Bezirkes (fu), die dritte in der der Provinz stattfindet. Durch letztere wird die Stufe des Siu-tsai (glänzend an Geistesgaben) erreicht und die Befähigung zum Staatsdienst dargethan; Anspruch auf Anstellung wird durch Bestehung der zweiten Prüfung am selben Orte oder in Peking in der Stufe eines Siü-schên (Hervorgehobenen) erworben.
Eine höhere Würde erreicht man durch eine dritte Hauptprüfung in Peking als Tsin-schi oder vorgerückter Gelehrter. Diese letzten beiden Prüfungen finden nur alle 3 Jahre einmal statt. Enthalten die Prüfungshöfe in den Provinzen mehrere tausend schmale Hütten, [* 14] in denen die Prüflinge einige Tage und Nächte eingesperrt leben müssen, so ist das mit der höchsten Stufe des Han-lin (Pinselwald) anders, da die betreffende Prüfung in der kaiserl. Hofburg stattfindet. Obwohl die Inhaber dieser Würde teilweise im Han-lin-jüen (der Akademie, s. S. 199 b) Verwendung finden, so sind sie doch auch anderweit in hohen Ämtern anzutreffen.
Zeitungswesen. In keinem civilisierten Lande der Welt ist das einheimische Zeitungswesen so dürftig wie in China. Das ungeheure Reich hat nur 16 chines. Zeitungen bez. Zeitschriften, von denen 5 in Shang-hai, 5 in Hongkong, 2 in Singapur [* 15] und je 1 in Tien-tsin, Amoy, Kanton und Peking erscheinen. Die Ursache des geringen Zeitungsbedürfnisses des Chinesen liegt in dessen Gleichgültigkeit gegen dasjenige, was sich innerhalb und außerhalb der Grenzen [* 16] seines Reichs ereignet, und in der Armut eines großen Teils des Volks.
Als die älteste Zeitung, nicht nur C.s, sondern der gan1zen Welt, gilt «King-Pau» (Hauptstadt-Zeitung) in Peking. Sie ist nur eine täglich in geschriebener und gedruckter Form erscheinende Sammlung der amtlichen Bekanntmachungen, die an einem Thore des kaiserl. Palastes angeschlagen werden. Ferner erscheinen in den kleinen Tagesheften diejenigen Berichte der Beamten der Hauptstadt und der Provinz, welche die Regierung in der Staatskanzlei zur Mitteilung an die Beamten- und Litteratenwelt täglich auslegt. Um die Verbreitung über das ganze Reich hinzu ermöglichen, ist es Privatunternehmern gestattet, Abschriften zu nehmen, welche dann in der angegebenen Form im Buchhandel erscheinen.
Die geschriebene Zeitung ist gewöhnlich die vollständigere und zuverlässigere und daher teuer. Diese Verbreitungsweise der Amtsnachrichten besteht seit etwa tausend Jahren. Die älteste Zeitung nach europ. Art ist «Shön-Pau» oder «Shen-Pau» (die Shang-hai-Zeitung),
das gediegenste und gelesenste (monatliche Auflage 350000) Blatt [* 17] C.s; es wurde 1870 von dem engl. Kaufmann Ernst Major gegründet. Daneben wird die seit 1881 erscheinende «Hu-Pau» (Shang-hai-Zeitung) viel (Auflage 60000) gelesen. Sie ist Eigentum der «North China Daily News» (Shang-hai),
besitzt auch mehrere illustrierte Zeitschriften, so die von Chinesen seit 1887 herausgegebene «Tien-Shi-Tschai-Hwa-Pau» (Auslage 20000 monatlich); ferner befassen sich die in Shang-hai ansässigen Missionare mit der Ausgabe illustrierter Blätter, zumeist für jugendliche Leser. In Sü-sia-we (unweit Shang-hai) erscheint seit 1879 «Ji-Wen-Luh» (Der Verbesserer der Litteratur). Das Blatt gehört den Mitgliedern der Gesellschaft Jesu in Sü-sia-we und wird in deren Buchdruckerei hergestellt (Auflage 15000 monatlich). In Tien-tsin erscheint noch «Shih-Pau» (Die Zeit). Es ist Eigentum eines Konsortiums engl. Kaufleute und dient der Förderung der engl. Handelsinteressen (Auflage 30000). In Kanton erscheint seit 1886 «Kwang-Pau» (Kanton-Zeitung). Hongkong besitzt 5 chines. Zeitungen, von denen 4 (nämlich «Chung-Wai-Shing-Pau», «Hwa-Tsze-Juh-Pau», «Wei-Shing-Juh-Pau», Auflage je 15000 monatlich, und «Jue-Pau», 30000) von Europäern gegründet wurden. «Lat-Pau» in Singapur ist mit monatlicher Auflage von 30000 das Organ der von Jahr zu Jahr ungemein zunehmenden chines. Bevölkerung der Straits-Settlements.
Die europäische Presse [* 18] ist in China verhältnismäßig stark vertreten. Das älteste Blatt ist das «Canton Register». Von größerer Bedeutung sind ferner «Chinese Recorder», «North China Daily News», «North China Herald», «The Celestial Empire», «Journal of the North China Branch of the Royal Asiatic Society» (sämtlich in Shang-hai),
«Foochow Advertiser» (in Fu-tschou),
«Daily Press», «China Mail», «Echo do Povo» (portugiesisch),
«China Review» (in Hongkong); «The Straits Observer» (in Singapur). Seit dem erscheint in China einmal wöchentlich auch eine deutsche Zeitung: «Der ostasiatische Lloyd», welche die Interessen der Deutschen in Ostasien vertritt.
Entdeckungsgeschichte. Über die Kenntnis des Landes und die Reisen während des Altertums und Mittelalters s. Asien [* 19] (Bd. 1, S. 987 fg.). In der neuern Zeit haben sich namentlich die Jesuiten große Verdienste um die Erforschung C.s erworben. Bald nachdem sie ihre Thätigkeit hatten einstellen müssen (s. oben, Religion), erschien 1792 Lord Macartney als engl. Gesandter; über seine Reise wurden von seinen Begleitern mehrere Berichte veröffentlicht. 1820 kamen die ruß. Reisenden Timkowski und Bitschurin zu Lande nach China. Nach dem Opiumkriege bereiste Rob. Fortune von 1843 bis 1845 die Theedistrikte, um dieselbe Zeit etwa war auch der Missionar Gützlaff dort thätig und durchzogen die franz. Lazaristen Huc und Gabet die innern Provinzen.
Eine neue Periode der geogr. Forschung trat durch die Erschließung des Reichs für Fremde im Vertrage von Tien-tsin (Juni 1858) ein. Zunächst sind zu nennen die Aufnahmen des Pei-ho 1858 durch Osborn und Ploix; des Jang-tse-kiang bis Han-kou 1858 durch Ward und bis Ping-schan 1862 durch Sarel und Blakiston, 1869 durch Michie; des Si-kiang und Kwang-tungflusses 1859 durch engl. Marineoffiziere. Den Unterlauf des Hoang-ho erforschte 1868 Elias, der 1875 die Provinz Jün-nan bereiste. Pumpelly nahm zuerst umfassende geolog. Untersuchungen in
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