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gemacht worden und auch das jetzige Herrscherhaus hat sie beibehalten (mit je drei Abstufungen). Hierzu kommen noch vier andere Adelsnamen. Der Adel wird teilweise erblich verliehen, ist aber an keinen Grundbesitz geknüpft. Der einzige Kung, von welchem wir sichere Nachrichten haben, ist heutzutage der in Schan-tung ansässige Nachkomme des Kung-tze (Confucius). Schon unter Han-phing-ti im J. 1 n. Chr. war Kung-tze nachträglich zum Kung ernannt und diese Würde ist dann für die ältesten Söhne des Hauses erblich geworden. Nach Edkins beträgt der Grundbesitz mindestens 70-80000 Morgen. Doch sollen der Nachkommen des Kung-tze zwischen 20 und 30000 sein, von denen viele arme Leute sind. Bis auf gewisse äußerliche Ehrenbezeigungen und etwa die oben bezeichneten Vorrechte, welche für das kaiserl. Haus und die Beamten gelten, sind keine weitern mit dem Adel verbunden.
Alle Verhältnisse des socialen und staatlichen Lebens bewegen sich noch gegenwärtig in den starren, unveränderlichen Formen, welche vielleicht Jahrtausende v. Chr. festgesetzt wurden. Diesem Formzwange ist jeder Chinese von seiner Geburt bis zu seinem Tode unterworfen. Für die Aufrechthaltung und pünktliche Inachtnahme des von den ältesten Vorfahren überkommenen Ceremoniells bei allen Ereignissen des privaten und öffentlichen Lebens sorgt das Ministerium des Ritus in Peking. [* 2]
Die Feststellung der Ehe als Staatsinstitut soll schon von Fu-hi, dem ersten Herrscher der halb-mythischen Periode, herrühren und ihm werden mehrere noch jetzt bestehende Gesetzesbestimmungen, wie die, daß kein Mann eine Frau gleichen Familiennamens heiraten darf, zugeschrieben. (Nach den ursprünglichen «100 Sippennamen» Po-sing wird das Volk Po-sing genannt. Auf den Sippennamen sing folgt, wie in Ungarn [* 3] und Japan, [* 4] der besondere Name Ming, oder der Rufname Hao.) Die Ehe trägt einen ernsten, strengen Charakter; die Frau ist ihrem Manne zu Unterwürfigkeit, Treue und Gehorsam verpflichtet, aber keineswegs als rechtlose Sklavin desselben, sondern in gesicherter und gesetzlich festgestellter Stellung.
Die Kinder beweisen ihren Müttern dieselbe Liebe, Verehrung und denselben Gehorsam wie ihren Vätern. Bleibt die Frau während einer Reihe von Jahren unfruchtbar, so darf der Mann eine oder mehrere Nebenfrauen nehmen, die aber der eigentlichen Frau untergeordnet sind. Die Zahl der Nebenfrauen des Kaisers war häufig eine sehr große. Die Nebenfrau ersten Ranges (Kwei-fe) wird durch die Geburt eines Thronfolgers zur zweiten Kaiserin (Hwang-ho), weitere Rangstufen sind die der Fe und Pin. Zu ihrer Bedienung und Bewachung werden in der Haushaltung des Kaisers, aber ausschließlich nur dort, Eunuchen verwandt, welche zuerst in der Zeit der Tschou in Gebrauch kamen, seitdem fortwährend, nur ab und zu zeitweilig unterdrückt, eine sehr wichtige und einflußreiche Rolle gespielt haben und selbst bei Staatsumwälzungen thätig gewesen sind.
Der zuerst 934 n. Chr. aufgekommene Gebrauch, die Füße der Kinder weiblichen Geschlechts durch feste Einwicklungen am Wachstum zu verhindern, fällt bei denjenigen, die gezwungen sind, ihrem Erwerb nachzugehen, fort. Die Mandschu, Mongolen und Tataren haben diesen Gebrauch niemals angenommen, dagegen den Gebrauch der Zöpfe eingeführt. Das Töten und Aussetzen von Kindern weiblichen Geschlechts soll besonders in den großen Seestädten des Südens öfter vorkommen, wenn die Eltern zu arm sind, um eine größere Anzahl Kinder zu ernähren.
Religion. Die älteste und ursprüngliche Religion bestand in einem Naturkultus, in welchem der Himmel, [* 5] chines. Thien, als Sitz der Gottheit, mit letzterer identifiziert wurde und die Himmelskörper, die Elemente sowie alle heil- oder verderbenstiftenden Naturkräfte Gegenstände der Anbetung bildeten. Dieser Naturkultus, zu dem, außer den Chinesen, sich auch alle übrigen Völker des mittlern und östl. Asien [* 6] bekannten, bis sie zum Buddhismus oder zum Islam übertraten, wurde nach der Überlieferung zuerst von dem halbmythischen Fu-hi zur Reichsreligion erhoben und in bestimmte Formen gebracht, welche sich großenteils bis in die Gegenwart erhalten haben.
Der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele und an ein Leben nach dem Tode fand in dieser ältesten Religion der Chinesen wenig Raum, wogegen aber schon frühzeitig die göttliche Verehrung und Anbetung der Seelen der Vorfahren und anderer um den Staat und das Gemeinwohl verdienstlicher Personen hinzutraten. Mit dem ausschließlichen Rechte, seine Ahnen zu verehren, verband sich bei den Kaisern dasjenige, den von ihnen anerkannten frühern Herrschern überhaupt an ihren Gräbern Opfer darzubringen, als Zeichen ihrer göttlichen Sendung; hierbei aber wurde ein himmlischer Urahn Schang-ti als «oberster Herrscher» angenommen, dessen Verehrung sich mit der des Himmels vermischte.
Der oftmalige Wechsel der Herrscherhäuser läßt jedoch nicht zu, den Namen der Kaiser «Thien-tze» (Sohn des Himmels) so wörtlich zu nehmen, wie es bei den Ten-o (Thien-wang, «Himmelskönigen») Japans der Fall ist. Himmel und Erde wurden nicht bildlich dargestellt, wohl aber die Götter der Berge, der Donnergott u. s. w. Die Stadtgötter stellen um das Gemeinwohl verdiente Menschen vor, die von den Kaisern dazu ernannt werden, wie es den letztern auch zusteht, widerwillige Gottheiten, wie z. B. von Flüssen, zu strafen. Uralt ist die Verehrung der Berge, namentlich die der ebengenannten fünf. - Neben diesem alten Glauben entstanden im 6. Jahrh. v. Chr. fast gleichzeitig: die Lehre [* 7] vom Tao, deren vielfach mißverstandener Stifter unter dem Beinamen Lao-tze (s. d.) von seinen vorgeblichen Anhängern vergöttert worden ist, und die Moralphilosophie des Kung-tze, in europäisierter Form Confucius (s. d.). Der Buddhismus (s. d.), 61 n. Chr. unter der Regierung des Kaisers Ming-ti zuerst eingeführt, verbreitere sich bald, besonders unter den niedern Volksklassen, wurde aber, anstatt auf die Denkweise des Volks einzuwirken, durch das specifisch chines. Element selbst umgestaltet.
Das Christentum gelangte zuerst in der ersten Hälfte des 7. Jahrh. durch die Nestorianer nach China, wie die berühmte Inschrift von Si-ngan-fu in chines. und syr. Sprache [* 8] bezeugt. Jahrhundertelang war diese Lehre in China verbreitet worden. Noch die ersten abendländ. Glaubensboten, welche während der Mongolenherrschaft erst das innere Asien, dann China besuchten, hatten nestorianische Gemeinden angetroffen. 1307 ernannte Papst Clemens V. einen Erzbischof für die christl. Gemeinde in Peking, die aber nur bis 1369 bestand. Die neue Verbreitung des Christentums in China beginnt erst im 16. Jahrh., nachdem die Portugiesen den Seeweg nach Indien um das Vorgebirge der Guten Hoffnung aufgefunden hatten und 1516 nach China ge-
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kommen waren. 1552 kam der berühmte Jesuit Franciscus Xaverius nach China, starb aber bald danach, ohne selbst den ersten Grund zu der christl. Mission gelegt zu haben. Ihm folgten 1579 M. Ruggiero und bald nachher M. Ricci, ebenfalls der Gesellschaft Jesu angehörend, als eigentliche Gründer des röm.-kath. Christentums in China, sowie bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrh. viele andere Jesuiten, unter ihnen viele durch Gelehrsamkeit ausgezeichnete Männer, die durch zahlreiche Schriften Land und Volk, Sprache und Litteratur der Chinesen in Europa [* 10] zuerst näher bekannt machten.
Die große Klugheit in ihrem Auftreten, die Gewandtheit, mit der sie den christl. Begriff von Gott der Anschauung der Chinesen von der Gottheit anzupassen verstanden, ihre Duldsamkeit gegen altherkömmliche Gebräuche, z. B. gegen die göttliche Verehrung der Vorfahren und des Confucius, die Pracht des in seiner äußern Form dem Buddhismus ähnlichen röm.-kath. Kultus verschafften dem Christentum zunehmende Verbreitung unter dem Volke, während eine Anzahl Missionare sich in Peking und selbst an dem Hofe des Kaisers durch ihr mathem. und astron.
Wissen, ihre Kenntnisse in der Mechanik und, wie z. B. Vater Schall [* 11] aus Köln, [* 12] durch Geschicklichkeit in der Stückgießerei großes Ansehen erlangten. Diese Erfolge der Jesuiten erregten die Eifersucht anderer geistlicher Orden, [* 13] namentlich der Franziskaner und Dominikaner. Sie traten bei Papst Clemens XI. als Kläger gegen die Jesuiten auf, und dieser sandte den Legaten Tournon nach um die Handlungsweise der Jesuiten zu untersuchen, den chines. Christen aber alle Teilnahme an den einheimischen, altherkömmlichen Ceremonien zu untersagen.
Der Kaiser Schöng-tsu nahm sich der Jesuiten an und verbannte alle andern Missionare sowie auch Tournon. Die Sendung eines zweiten Legaten, des Patriarchen Mezzabarba, 1720 war ebenfalls erfolglos. Jung-tschöng, der Nachfolger von Schöng-tsu erklärte sich gegen das Missionswesen überhaupt, und von nun an trat eine fast ununterbrochene Verfolgung des Christentums ein. Fast vollständig vernichtet ward die kath. Mission, als 1805 eine Karte der Provinz Schan-tung, die man zur Schlichtung eines bischöfl.
Streites nach Rom [* 14] schicken wollte, von den chines. Behörden mit Beschlag belegt wurde. 1814 wurde der Bischof Dufresne enthauptet. Nachteilig auf das Missionswesen, das aller Verfolgungen ungeachtet im geheimen fortbestand, wirkte auch der erste Krieg der Engländer (1840-42) ein, bis durch die Verträge von Tien-tsin vom 26. und sowie die nachträgliche Konvention zu Peking vom 24. und den Angehörigen christl. Glaubensgenossenschaften Sicherheit der Person und des Eigentums sowie freie Ausübung ihrer Religion, den in das Innere reisenden Missionaren, wenn sie mit Pässen versehen, wirksamer Schutz zugesichert wurde; auch sollte der Übertritt und die Ausübung der christl. Religion erlaubt und straflos sein.
Ungeachtet dieser Bestimmungen gab der Haß der Bevölkerung [* 15] gegen die Europäer und die Erbitterung der Gelehrten, besonders der Verehrer von Confucius, gegen die Missionare auch noch später Veranlassung zu blutigen Auftritten. 1870 wurden franz. Missionare und chines. Christen zu Tu-sang in der Provinz Sze-tschwan und 21. Juni desselben Jahres zu Tien-tsin 28 europ. und 40 chines. Katholiken ermordet. Die Schätzung der Gesamtzahl der kath. Chinesen schwankt zwischen einer halbe und zwei Millionen.
Christl. Gemeinden bestehen in den Provinzen Sze-tschwan, Kiang-nan und Fu-kien. Ende der sechziger Jahre gab es apostolische Vikare in den Provinzen Fu-kien, Schan-tung, Jün-nan, Kwei-tschou, drei in Sze-tschwan, drei in Pe-tschi-li, je einen in Kiang-nan, Ho-nan, Kiang-si, Tsche-kiang, Hu-nan, Hu-pe, Schen-si, Schan-si und einen apostolischen Präfekten für Kwang-tung, Kwang-si und Haí-nan. In Fu-kien sind span. Dominikaner, in Schan-tung ital. Franziskaner, dergleichen in Hu-nan, Hu-pe, Schen-si und Schan-si, in Jün-nan, Kwei-tschou, Sze-tschwan, Kwang-tung und Kwang-si Mitglieder der franz. Mission (Congrégation des Missions étrangères), in Kiang-nan und einem Teile von Pe-tschi-li Jesuiten, in Pe-tschi-li und Ho-nan Lazaristen.
Damals zählte man mit Hongkong 158 europ., 169 einheimische Priester, 325000 Gemeindeglieder und 15 Seminare. Nach einer neuern Angabe sollen unter 41 Bischöfen 664 europ. und 559 eingeborene Priester stehen (1881). Ungleich jünger ist die evangelische Mission in China, die erst zu Anfang des 19. Jahrh. mit der Übersetzung der Heiligen Schrift begann, aber erst nach dem Frieden von Nan-king festen Fuß fassen konnte. Außer verschiedenen englischen und amerikanischen sind auch deutsche Gesellschaften daran beteiligt, und zwar letztere auch an der Bekehrung der Miao-tze. Können sich die prot. Missionen auch in der Anzahl der Bekehrten nicht mit den katholischen messen, so haben sie doch durch Verbreitung von Bildung im allgemeinen, durch Ärzte und Krankenhäuser und durch Beförderung unserer Kenntnis von Land, Sprache und Bevölkerung desto mehr gewirkt.
Der Islam verbreitete sich schon früh in China. Wenn auch die Sage, daß ein altes Grab in Kanton [* 16] dasjenige eines Oheims Mohammeds sei, wohl auf Verwechselung beruht, so berichtet doch die chines. Geschichte über eine Plünderung Kantons durch Araber und Perser 758, und die arab. Berichte der Reisenden Suleiman und Ibn Wahb aus dem 9. Jahrh. lassen auf die Anwesenheit von Mohammedanern in großer Menge schließen. Mitte des 14. Jahrh. wurde die Kantoner Moschee umgebaut; der stehengebliebene Turm [* 17] soll Mitte des 7. Jahrh. vorhanden gewesen sein. Mohammed. Gemeinden giebt es auch in Ning-po, Shang-hai, Nan-king, Kai-föng, Peking, namentlich aber in Schen-si, Kan-su und Jün-nan, sodaß man vor dem großen Aufstande der sechziger Jahre wohl 3-4 Mill. annehmen konnte. - Von Juden in China im 9. Jahrh. reden die oben genannten arab. Berichte. W. Martin sah auf seiner Reise durch Kai-föng 1866 ein Denkmal mit der Zeitbestimmung Lung-hing (1163-65), welches die Erbauung eines jüd. Tempels berichtet. Die noch vorhandenen Nachkommen der alten jüd. Gemeinde konnten ihre Gesetzrollen nicht mehr lesen. Ihr letzter Rabbiner war 30-40 Jahre zuvor gestorben. Die ersten Juden sollen schon zur Zeit der Han eingewandert sein.
Unterrichtswesen. In jeder Provinz ist ein von dem Gouverneur derselben unabhängiger Generalstudiendirektor angestellt, unter dessen Ressort alle Lehranstalten der betreffenden Provinz mit ihrem Lehrer- und Schülerpersonal gehören. Dieser Lehranstalten hat jede Bezirks- oder Kreisstadt mindestens eine. Außer den Staatsschulen befinden sich allenthalben, selbst in kleinsten Flecken und Dörfern, entweder von der Gemeinde unterhaltene Volksschulen,
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