Chiēse
(spr. ki-), Nebenfluß des Oglio (s. d.).
(spr. ki-), Nebenfluß des Oglio (s. d.).
(spr. kĭēti). 1) Provinz im Königreich Italien, bis 1871 Abruzzo citeriore genannt, grenzt im NW. an die Provinz Teramo, im O. an das Adriatische Meer, im S. an die Provinz Campobasso und im W. an Aquila, hat 2861 (nach Strelbitskij 3092) qkm, (1881) 343948 E. und zerfällt in die 3 Kreise Chieti (115559 E.), Lanciano (112730 E.) und Vasto (115659 E.) mit zusammen 120 Gemeinden. Das Land ist gebirgig und steigt vom Meere bis zu dem Majellagebirgc (Monte Amaro, 2795 m) auf; bewässert wird es von dem Alento, Foro, Moro, Sangro mit Aventino, Sinello und Trigno (auf der Grenze gegen Campobasso), welche sämtlich von SW. nach NO. ins Adriatische Meer fließen. Die Bewohner bauen Getreide, Reis, Flachs, Tabak und Ölfrüchte und treiben Schweine- und Schafzucht. Die Industrie erstreckt sich auf Fabrikation von Tuch, Woll- und Baumwollwaren, Handschuhe und Schuhwaren. Die Eisenbahnlinie Ancona-Foggia durchzieht die Provinz entlang der Meeresküste. – 2) Chieti oder Civita di Chieti (spr. tschiwitah), Hauptstadt der Provinz Chieti, unfern des Flusses Pescara (Aternus), auf einer Anhöhe (330 m), von der man eine schöne Aussicht auf das 13 km entfernte Adriatische Meer hat, an der Linie Castellamare Adriatico-Rom des Adriatischen Netzes, ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs (Erzdiocese Chieti, Diöcese Vasto), der Kommandos der 14. Division und Infanteriebrigadc «Pavia» und hat (1881) 20282, als Gemeinde 21835 E., in Garnison das 1. und 2. Bataillon des 27. Infanterie- und die 1. Eskadron des 24. Kavallerieregiments, 10 Kirchen, darunter eine prächtige got. Kathedrale, 12 Klöster, ein Gymnasium, Seminar, Theater, 4 Konservatorien und ein Militärhauptspital; ferner Tuckweberei, Öl-, Wein-, Getreide- und Seidenbau sowie Handel mit den Erzeugnissen des Landes. – Im Altertum hieß Chieti Teate Marrucinorum, war eine der bedeutendsten festen Städte der Sabeller und fiel im letzten samnitischen Kriege 305 v. Chr. in die Hände der Römer. Nach dem Sturze des Römischen Reichs geriet sie zuerst in die Gewalt der Goten, dann der Langobarden. Von Pippin dem Kurzen zerstört, wurde sie von den Normannen wieder aufgebaut, die sie zur Hauptstadt der Abruzzen machten, und mit Neapel vereinigt. Der Orden der Theatiner (s. d.), von Paul Ⅳ. (1555) gegründet, der Erzbischof von Chieti war, hat seinen Namen von der Stadt.
(spr. ki-), s. Theatiner.
(spr. schĭähwr), Stadt in der belg. Provinz Hennegau, an der Dender, 21 km nordwestlich von Mons, an der Linie Ath-St. Ghislain der Belg. Staatsbahnen, hat (1890) 3404 E., Post, Telegraph, ein schönes got. schloß; Korn- und Viehhandel. Chièvres war früher Sitz einer dem Grafen von Egmont gehörigen Herrschaft.
(spr. schiffóng), im Verkehr mit Webwaren Bezeichnung für ein leichtes baumwollenes ungemustertes, weder gebleichtes noch appretiertes Gewebe, das infolge Fehlens aller Beschwerungsmittel einen weichen Griff hat und sich deshalb zur Herstellung von Unterkleidern eignet.
(frz., spr. schiffonnĭeh), Lumpensammler; Chiffonnière (spr. schiffonnĭähr), Lumpensammlerin; auch Kommode, Kästchen für Putzgegenstände; chiffonniren, zerknittern, zerknüllen.
(frz., spr.,chif'r), Ziffer, Zahl, Zahlzeichen, Namenszeichen; dann Geheimzeichen (s. Chiffrieren). ^[]
Chiffrierschrift (spr. schi), eine Art der Geheimschrift (Kryptographie), die Zahlen oder Buchstaben nach einem nur dem Eingeweihten bekannten System der Bedeutung und Anordnung verwendet, also dem Uneingeweihten das Lesen der betreffenden Mitteilung unmöglich machen soll. Die Anwendung von Geheimschriften ist sehr alt. Bei den Juden bestand eine solche, die auf Umsetzung des Alphabets beruhte und bis beute noch unter dem Namen Alphabetum ATBaS bekannt ist. Es ist die einfachste Methode der Kryptographie, indem der erste Buchstabe des Alphabets (im hebräischen das A) durch den letzten (das T), der zweite (das B) durch den vorletzten (das S) ersetzt wird. So findet sich in nachexilischen Bestandteilen des Jeremia (25,26; 51,41) der Name Babylons (BaBeL) unter dem Namen Se Sa K- also statt B immer das S und K statt L. Auch bei Griechen und Römern finden sich Nachrichten über Geheimschriften. Im Mittelalter beschäftigten sich bedeutende Gelehrte mit der Aufstellung kryptograpbischer Systeme, u. a. Johs. Tritheim (Trithemius), aber mehr praktischen Wert und wesentlichen Aufschwung gewinnt die Kryptographie erst durch Athanasius Kircher und seinen Schüler Kaspar Schott. Ersterer erfand neben andern Methoden insbesondere ein sinnreiches System, das auf einer Kombination von Ziffern und Buchstaben nach folgendem Schema (s. nachstehende Fig. 1) ^[Abb: Fig. 1.] beruht: Die wagerecht laufenden Buchstaben dienen für den «Schlüssel», die senkrecht laufenden für das Geheimnis. Als Schlüssel dient irgend ein unter den Korrespondenten vereinbarter Spruch. Nun wird ein Brief, ein Buch oder irgend ein Schriftstück als Hülle für das Geheimnis benutzt. Es laute z. B. der als Schlüssel gebrauchte Wahlspruch «Wahrheit und Aufrichtigkeit seien unsere Losung», und das mitzuteilende Geheimnis sei: «Das Haus N. N. hat seine Zahlungen eingestellt». Man geht nun von dem ersten Buchstaben des Schlüssels (w) senkrecht und von dem ersten Buchstaben des Geheimnisses (D) wagerecht bis zu der Zahl, die beiden Reihen gemeinsam ist (24). In dem als Deckmittel dienenden Schreiben wird also in diesem Fall der 24. Buchstabe mit einem Punkte bezeichnet. Die beiden folgenden Buchstaben sind a (Schlüssel) und A (Geheimnis): das Feld, das sie beide gemein haben, ist
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
1; man hat daher den 25. Buchstaben des gleichgültigen Schreibens mit einem Punkte zu versehen, zum Zeichen, daß die zweite Ziffer 1 ist. Die dritten Buchstaben sind h (Schlüssel) und S (Geheimnis), das beiden Rubriken gemeinschaftliche Feld ist wieder 1; wir zählen also von dem letzten Punkte an abermals einen Buchstaben im Deckschreiben ab und setzen unter ihn einen Punkt. Der Empfänger des Schreibens, dem natürlich der Wahlspruch «Wahrheit u. s. w.» bekannt sein muß, hat zunächst die Nummern der mit einem Punkt bezeichneten Buchstaben zu notieren, also im vorliegenden Falle 24. 1. 1. u. s. w., sodann unter w, dem ersten Buchstaben des Wahlspruchs, die Zahl 24 zu suchen und nun die wagerechte Linie nach links hin zu verfolgen, wobei er auf den Buchstaben D trifft. Wenn er so der Reihe nach weiter verfährt, wird er das Geheimnis leicht entziffern.
Weiter noch als Kircher geht Kaspar Schott, der in seinem Buche «De Magia universali» (Würzburg 1676) sogar eine katoptrische Kryptographie giebt, die als Vorläufer unserer heutigen telegr. Chiffrierschrift angesehen werden kann. Ein nicht geringeres Verdienst als die beiden letztgenannten hat sich Thomas Willis um die Kryptographie erworben in seinem Buch «The Schoolmaster in the art of Stenography» (Lond. 1647). Neben den vielen neuen Methoden ergänzt und erweitert er auch die eigentliche Zifferschrift dadurch, daß er durch Kombinationen als «Schlüssel» für die Ziffer andere Ziffern gebraucht, derart, daß nach Übereinkommen der im schriftlichen Verkehr stehenden Personen zu den geschriebenen Ziffern noch andere zugezählt oder von ihnen abgezogen werden.
Das anfänglich bei der telegraphischen Kryptographie meist in Anwendung gebrachte System ist auf das oben dargelegte Kirchersche zurückzuführen und hat folgendes Schema (s. nachstehende Fig. 2):
^[Abb. Figur 2].
Die erste wagerechte Linie, die Sprachlinie, enthält das Alphabet in der ursprünglichen Ordnung. In den folgenden wagerechten Zeilen wird der Anfang des Alphabets stets um einen Buchstaben vorgeschoben, ohne daß die Reihenfolge sonst geändert wird. Die am Anfange fehlenden Buchstaben werden nach dem z hinzugefügt. In der zweiten Reihe bezeichnet also z. B. b das a und a das z, in der letzten das z das a. und y das z. Der Absender einer Depesche hat demnach die Wahl zwischen 24 Alphabeten. Die Linie, in der das von ihm benutzte Alphabet steht, heißt die Wahllinie, und der Buchstabe, mit dem diese Linie beginnt, der Schlüssel, den der Empfänger kennen muß. Die heutige Diplomatie könnte sich solcher Mittel, um ihre Geheimnisse zu bewahren, nicht bedienen, da eine in der oben angegebenen Weise geschriebene Depesche durch höchstens 24 mechan. Versuche (mit 24 Alphabeten) zu entziffern wäre. Viel schwieriger ist die Entzifferung, wenn die Buchstaben in dem verwendeten Alphabet nicht regelmäßig verschoben werden, sondern bunt durcheinander gehen, also etwa a durch x, b durch p u. s. w. bezeichnet werden. Z. B.:
a b c d e f g h i k l m n o p q r s t u v w x y z
c k z h m y r i a n s d o t b v l e p f q g x u w.
Mit Hilfe des dem Empfänger bekannten zweiten Alphabets (des Schlüssels) liest er den zweiten auf das Zeichen + folgenden Teil der Depesche: aiznt mdddtlomvylimifdeamopfli + hlmayfmoyemziey foywgmaemziehlma
^[richtig: aiznt mdddtlomrylimffdeamomkfli + hlmayfmoyemziey fmoywgmaemziehlma; per Programm kontrolliert], und findet die Worte: drei, fünf, sechs, fünf, zwei, sechs, drei. Er weiß nun, daß die Worte der eigentlichen Depesche der Reihe nach aus der angegebenen Zahl von Buchstaben bestehen. Wenn er dann die erste Hälfte jedes Wortes von vorn, die zweite dagegen von hinten liest, wobei, wenn das Wort aus einer ungeraden Anzahl von Buchstaben besteht, die größere Hälfte zum zweiten Teil gezogen wird, so liest er: «Ich komme morgen früh um sieben Uhr.»
Ein in ein beliebiges Alphabet umgesetztes Schriftstück ist, wenn es nicht gar zu kurz ist, unschwer zu enträtseln, wie denn überhaupt, entgegen der frühern Meinung, jede geheime Depesche von einem geübten und geschickten Dechiffreur entziffert werden kann, wenn ihm genügende Zeit zur Auffindung des Schlüssels zu Gebote steht. Zunächst kommt es darauf an die Sprache zu erkennen, in der das chiffrierte Schriftstück verfaßt ist; handelt es sich um die deutsche, französische oder lateinische, so hat man seine Aufmerksamkeit auf die Endbuchstaben zu richten. Kommt ein Buchstabe am Ende nie verdoppelt vor, so hat man lateinisch vor sich; wenn nur ein einziger Buchstabe verdoppelt erscheint, so kann man auf französisch schließen; eine größere Anzahl verdoppelter Endbuchstaben verrät das Deutsche. Der im Deutschen am häufigsten vorkommende Laut e ist alsbald zu erkennen, desgleichen das c, da dieses stets nur in Verbindung mit h oder k erscheint. Hat man ein zweibuchstabiges Wort mit anlautendem e entdeckt, so kann der zweite Buchstabe nur i, r oder s sein. Kommt dieser zweite Buchstabe auch am Anfange eines andern zweibuchstabigen Wortes vor, so kann es nur ein i (im, in) oder s (so) sein, da mit r kein zweibuchstabiges Wort beginnt. Wenn auf dieses unbekannte x in einem zweibuchstabigen Worte sonst ein unbekanntes y oder auch z folgt, so muß jenes ein i sein. Mit Hilfe zweier bekannten Buchstaben errät man im kurzen Worte bald einen dritten und vierten; mit jedem Schritt wird es leichter und leichter. Vesin de Romani hat in dem Buche «La Cryptographie dévoilée» (1875) für eine Anzahl von Sprachen die unter eine bestimmte Formel fallenden zwei- und mehrbuchstabigen Wörter zusammengestellt. Die Formel abba hat z. B. im Deutschen Anna, Ebbe, Egge, Esse, Otto, die Formel abcdabc im Französischen nur die Worte cherche und quelque.
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]