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technischen Staatslehranstalten am Schillerplatz, das Hospital St.
Georg, das
Theater,
[* 2] die
Börse, der großartige, vom
Stadtbaurat
Hechler angelegte
Schlacht- und Viehhof, die
Gebäude der von Zimmermannschen Naturheilanstalt, einer mit etwa 750000 M. ausgestatteten
Stiftung des
Geh.
Kommerzienrats von Zimmermann, das Hedwigbad mit dem größten überdachten Schwimmbassin
Deutschlands
[* 3] und
das neue Gesellschaftshaus der Kasinogesellschaft. (Hierzu: Stadtplan.)
Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet durch einen Oberbürgermeister (Dr. André, lebenslänglich, 12000 M.), einen Bürgermeister (Stadler), 6 besoldete Stadträte, darunter 1 Baurat, und 16 unbesoldete Stadträte, einen Polizeidirektor und 48 Stadtverordnete. Dem Feuerschutz dient eine Berufs- und eine freiwillige Feuerwehr mit 89 in allen Teilen der Stadt aufgestellten elektrischen Feuermeldern und 752 Hydranten. Das städtische Wasserwerk (Anlagekosten über 4 Mill. M.) führt aus dem Gebirge das nötige Wasser zu und wurde 1890 mit einem Aufwand von 1300000 M. durch eine Thalsperre [* 4] vergrößert. Die städtischen Gasanstalten liefern jährlich etwa 8 Mill. cbm Gas, darunter 1,447 Mill. cbm für die öffentliche Beleuchtung. [* 5] Ein städtisches Elektricitätswerk zur Abgabe von Licht [* 6] und Kraft [* 7] an Private ist im Bau.
Finanzen. Das Vermögen betrug (Ende 1892) 13783496 M., die Anleiheschulden 13 ¾ Mill. M. An direkten Gemeinde- und Schulanlagen wurden (1892) 2140581 M., an Kirchenanlagen 186460 M. vereinnahmt; die Bedürfnisse der polit. Gemeinde betrugen 6793487 M., die der Schulgemeinde 1231616 M., denen Deckungsmittel in Höhe von 6780138 M. und 1320069 M. gegenüberstanden.
Behörden. Chemnitz [* 8] ist Sitz der Amtshauptmannschaft Chemnitz, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Dresden) [* 9] mit 16 Amtsgerichten (Annaberg, [* 10] Augustusburg, Burgstädt, Chemnitz, Ehrenfriedersdorf, Frankenberg, Limbach, Mittweida, Oberwiesenthal, Penig, Rochlitz, Scheibenberg, Stollberg, [* 11] Waldheim, Wolkenstein, Zschopau), 5 Civil-, 5 Straf- und 2 Kammern für Handelssachen (569250 Gerichtseingesessene), eines Amtsgerichts (190994), eines Zollamtes, eines Hauptsteueramtes, einer Eisenbahnbetriebs-Oberinspektion (375,58 km Bahnlinien), zweier Bezirksschulinspektionen, je einer königl. Gewerbe-, Berg-, Straßen- und Wasserbau- und Brandversicherungs-Inspektion sowie eines Landbauamtes.
Schul- und Bildungswesen. Chemnitz hat ein königl. Gymnasium (1868 eröffnet, Rektor
Dr.
Arnold, 34
Lehrer, 18
Klassen, 463
Schüler), ein Realgymnasium, 1857 gestiftet (Rektor Dr. Pflüger, 26
Lehrer, 17
Klassen, 411
Schüler),
Realschule (1893 eröffnet), technische Staatslehranstalten mit höherer
Gewerbe-,
Baugewerken-,
Werkmeister-,
Müller-, Färber-,
Seifensieder- und Gewerbezeichenschule, eine höhere städtische Webe-, eine Wirk-, eine landwirtschaftliche Schule, eine
höhere
Knaben-, 2 höhere Mädchenschulen, ein Kindergärtnerinnenseminar, 15
Bezirksschulen (1892: 21950
Schüler)
mit 2
Abteilungen für hauswirtschaftlichen und Kochunterricht, eine kath.
Volksschule, Fachschulen für
Weber, Schneider,
Maler,
Glaser,
Barbiere und Friseure, Droguisten und
Gastwirte, eine vom
Handwerkerverein gegründete Handwerkerschule mit
Abteilung
für Mädchen, eine Abendnähschule und mehrere Privatlehranstalten. Im Handwerkervereinshaus befindet sich das Gewerbemuseum,
in dem
Gebäude des
Vereins
«Kunsthütte» eine Kunstsammlung und die städtischen naturwissenschaftlichen
Sammlungen; im alten Schloß das königl. Meteorologische
Institut. Ferner besitzt die Stadt eine Stadtbibliothek (26000
Bände),
ein Stadttheater und ein Sommertheater im
Tivoli.
In C. erscheinen vier polit.
Zeitungen.
An Vereinen bestehen 2 Freimaurerlogen, 33 Spar-, 7 Konsumvereine, eine Orts-, 4 Innungskrankenkassen, 69 Betriebskrankenkassen und Begräbnisunterstützungsvereine, 22 Militärvereine, 66 Musikvereine sowie 65 Vereine für Kunst und Wissenschaft, darunter die Kunsthütte und der Verein für Chemnitzer Geschichte, beide mit umfangreichen Sammlungen.
Wohlthätigkeitsanstalten. Chemnitz, dessen Armenpflege nach Elberfelder System eingerichtet ist, besitzt verschiedene größere städtische Armen- und sonstige gemeinnützige Anstalten, z. B. die städtische Leihanstalt, ein Versorghaus für Erwachsene, ein Kinderversorghaus, ein Waisenhaus, eine städtische Speiseanstalt, zwei öffentliche Volksbäder, außerdem aber auch eine beträchtliche Zahl von Wohlthätigkeits- und Unterstützungsvereinen (60), darunter den Verein zu Rat und That mit eigenem Grundstück, in dem sich ein Knabenhort befindet, den Frauenverein, der 2 Mädchenhorte unterhält, 5 Kinderbewahranstalten, 3 Volkskindergärten, 1 Herberge zur Heimat, 1 Mägdeherberge, Marthaheim genannt, und 1 Albertzweigverein.
Industrie und Gewerbe. Chemnitz ist in erster Linie Industriestadt; dem Emporblühen der Großindustrie verdankt es in der Hauptsache sein schnelles Wachstum. Als Hauptindustriezweige sind zu nennen: Eisengießerei, [* 12] Lokomotiven- sowie Maschinenbau aller Art, Baumwollspinnerei, Weberei, [* 13] hauptsächlich von Möbelstoffen, Tischdecken, Portieren, Wirkwarenfabrikation, besonders Strumpf-, Handschuh- und Tricotstofffabrikation, Färbereien und Appreturen, chem. Industrie, Buchdruckergewerbe, Kartonnagenfabrikation.
Hauptfirmen sind: Sächsische Maschinenfabrik, vormals Richard Hartmann (gegen 4000 Arbeiter), Sächsische Webstuhlfabrik, früher L. Schönherr, Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik, früher J. ^[Johann] Zimmermann, Maschinenfabrik Germania, [* 14] Dampf- und Spinnerei-Maschinenfabrik (O. Schimmel [* 15] & Co.), Chemnitzer Aktienspinnerei (über 80000 Spindeln), Webereien von Wilhelm Vogel, Eduard Lohse, R. Hösel & Co., Joh. Giehler, Strumpfwarenfabrikation von Moritz Sml.
Esche, Ed. Creutznach Nachfolger, Hermann Stärker, Wex u. Söhne; Handschuhfabrikation: Heinr. Gulden, Gebr. Herfurth, Hoffmann & Müller;
Tricotagen: William Jansen;
Färbereien: Chemnitzer Aktienfärberei und Appreturanstalt, Louis Hermsdorf, Gebrüder Lohse;
Tintenfabrik: Eduard Beyer;
Orseille und Anilinfarbe: Theodor Peters;
Buchdruckerei: J. ^[Julius] Chemnitz F. Pickenhahn u. Sohn;
Weberei für Kleiderstoffe von Ferd. Waldau.
Die Fabrikation von Wirkwaren, deren Mittelpunkt Chemnitz ist und die (1890) 50000 Arbeiter beschäftigte und etwa für 70 Mill. M. (1851: 7½ Mill. M.) Ware fertig stellte, darunter etwa 13 Mill. M. Handschuhe, hat jedoch ihren Schwerpunkt [* 16] in den Dörfern und einigen benachbarten kleinen Städten und ist noch immer wesentlich Hausindustrie. Der Übergang zum Großbetrieb vollzieht sich nur langsam, und letzterer stellt nur gewisse Massenartikel und Neuheiten her. Die meisten der sog. Fabrikanten sind jedoch thatsächlich nur Händ-
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
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ler, die die Appretur der bezogenen Waren und die mannigfaltige Verpackung besorgen (1890: etwa 3500 Arbeiter). Die Möbelstofffabriken beschäftigten (1890) etwa 3300 Arbeiter und lieferten für mehr als 20 Mill. M. Waren, die andern Webereien beschäftigten 600, die Färbereien und Appreturanstalten 2300 Arbeiter. Von den (1890) 12800 im Maschinenbau beschäftigten Personen entfallen 5600 auf den Bau von Maschinen für Spinnerei, Weberei, Wirkerei, [* 18] Strickerei und Appretur, 2500 auf Werkzeugmaschinenbau, 2700 auf den allgemeinen Maschinenbau (Dampfkessel, [* 19] Dampfmaschinen, [* 20] Pumpen, [* 21] Spritzen u. s. w.), 500 auf den Bau von Brauereimaschinen.
Die Gesamtproduktion des Maschinenbaues beträgt (1889) etwa 27 Mill. M. (1851: 4 Mill. M.). Am wurden in Gewerbsanlagen, die mindestens 10 Arbeiter beschäftigen oder doch Dampfkessel oder Wind-, Wasser-, Gas-, Heißluftmaschinen [* 22] benutzen, gezählt 24087 männliche und 10565 weibliche Arbeiter, von diesen 34652 waren über 21 J. alt 22849, zwischen 16 und 21 Jahren: 7476, 14-16 Jahre: 3365, 12-14 Jahre: 962. Chemnitz ist Sitz der 9. Sektion der Papiermacher- und der 4. Sektion der Sächsischen Baugewerks-Berufsgenossenschaft.
Handel. Der Handel bewegt sich hauptsächlich in Rohmaterialien und Halbfabrikaten, zum Teil auch in Ganzfabrikaten der genannten Industriezweige sowie in Getreide [* 23] und Petroleum. Größere Buch- und Kunsthandlungen bestehen 10, Musikalienhandlungen 2. An Banken bestehen eine Reichsbankstelle (Gesamtumsatz 1892: 983½ Mill. M.), Chemnitzer Stadtbank (118½ Mill. M.), Chemnitzer Bankverein (183½ Mill. M.), Chemnitzer Viehmarktsbank mit dem Sitz im Schlacht- und Viehhof, Filialen der Sächsischen Bank zu Dresden und des Dresdener Bankvereins sowie 9 kleinere Bankgeschäfte. Sämtliche Industriezweige, mit Ausnahme der Appretur und teilweise der Färberei, exportieren. Die Ausfuhr aus dem Konsulatsbezirk Chemnitz nach den Vereinigten Staaten [* 24] von Amerika [* 25] betrug ohne Glauchau [* 26] (1892) 27 Mill. M. In C. besteht eine Handels- und Gewerbekammer für die Stadt Chemnitz, die Amtshauptmannschaften Chemnitz, Flöha, Marienberg, Annaberg, Borna, Döbeln, [* 27] Rochlitz und Glauchau.
Verkehrswesen. Der wiederholt, zuletzt 1888 erweiterte und zur Verbindung zweier Stadtteile untertunnelte (230000 M. Kosten) Centralbahnhof im O. der Stadt, nahe dem Schillerplatz, nimmt folgende Linien der Sächs. Staatsbahnen [* 28] auf: Chemnitz-Dresden (79,7 km), Chemnitz-Annaberg-Weipert (74,60 km), Chemnitz-Döbeln-Riesa (66,10 km), Chemnitz-Zwickau-Reichenbach (71,5 km), Chemnitz-Aue (50,93 km), Leipzig-Kieritzsch-Chemnitz (83 km), Chemnitz-Reitzenhain-Komotau (48 km) sowie die Nebenlinien Chemnitz-Wittgensdorf-Limbach (16,7 km), Chemnitz-Hainichen-Roßwein (46 km) und Chemnitz-Stollberg (33,1 km); außerdem besteht im S. der Stadt der Haltepunkt Nikolaivorstadt. 1890 verkehrten auf dem Haupt- (und dem mit ihm verbundenen Werkstätten-) Bahnhof insgesamt 88220, d. i. täglich 242 Züge, mit 1584472 Wagen.
Die 1133761 Fahrkarten brachten 1,972 Mill. M. ein. Im Güterverkehr gingen ein 406094 t, aus 409259 t. Eine
Pferdebahnlinie durchzieht die Stadt vom
Schlachthof (im NO.) bis nach dem Vorort Schönau (SW.); gleichzeitig ist eine neue
Linie von Altendorf durch die Hartmannsstraße über den Markt und die Reitbahnstraße entlang nach dem neuen Friedhof angelegt
worden; auf beiden Linien ist elektrischer Betrieb eingerichtet. Ausserdem besteht
ein lebhafter Omnibusverkehr
mit den entferntern Ortschaften.
Den Post- und Telegraphenverkehr vermitteln 2 Postämter erster, 4 Postämter zweiter Klasse und ein Telegraphenamt mit insgesamt 109 Beamten und 211 Unterbeamten. 1890 gingen ein 8238700 Briefe, Postkarten, Drucksachen und Warenproben, 709066 gewöhnliche und Wertpakete, 62290 Geldbriefe, 67594 Nachnahmesendungen, 28580 Postaufträge im Werte von über 4½ Mill. M., Postanweisungen im Betrage von 33,089 Mill. M. und 2750110 Zeitungsnummern. Abgesandt wurden 9910900 Briefe u. s. w., 912629 Pakete, 67940 Geldbriefe, Anweisungen im Betrage von 23,681 Mill. M. 1890 kamen an 123022 Telegramme, gingen ab 112252. Die Stadtfernsprecheinrichtung umfaßt über 1100 Sprechstellen.
Geschichte. Die Stadt hat ihren Namen von dem Flusse Chemnitz (kurz nach 1000 Camenizi, d. i. Steinfluß). Ein offener Ort (locus Kameniz) bestand indes bereits, als Kaiser Lothar (gest. 1138) hier ein Benediktinerkloster, jetzt Schloß Chemnitz, stiftete und dasselbe mit jener Ortschaft wie mit ausgedehnten Gütern in der Umgegend ausstattete, die damals Reichsgut war. Indem König Konrad III. dann 1143 dem Kloster das Marktrecht verlieh, gab er den ersten Anlaß zur Begründung einer größern städtischen Niederlassung an der Stelle der heutigen Altstadt.
Das rasche Aufblühen derselben wird im 13. Jahrh. durch die Existenz der Pfarrkirche zu St. Jakob (erwähnt 1254) und einer zweiten Kirche zu St. Johannis (extra muros) bezeugt (1264). In derselben Zeit erscheint Chemnitz als befestigter Ort (civitas, 1254); 1298 hat es ausgebildete städtische Verwaltungsbehörden (magister civium, consules, d. i. Bürgermeister und Ratsherren). Als das Pleißnerland, zu dem Chemnitz damals gehörte, 1290 an das Reich zurückgenommen wurde, erhielt Chemnitz (Kemnicz) die Eigenschaft einer Reichsstadt, kam aber am Anfange des 14. Jahrh. mit dem Pleißnerlande endgültig an die Wettiner. 1414 erhielt es sein ältestes Stadtrecht.
Neben der uralten Leinweberei und einer ausgedehnten, durch Regierungsmonopole geschützten Bleicherei erreichte das Tuchmachergewerbe bald einen für damalige Zeiten großartigen Umfang, und als die Stadt 1485 bei der Teilung Sachsens an die Albertinische Linie kam, war sie eine der blühendsten im Meißnerlande. 1539 wurde durch Heinrich den Frommen die Reformation eingeführt und 1546 das reiche, bei der Stadt befindliche, von Lothar 1125 begründete Benediktinerkloster (Schloßchemnitz) aufgehoben. Im Dreißigjährigen Kriege wurde die Stadt 1633-36 fast gänzlich zerstört; erst in der letzten Hälfte des 17. Jahrh. erhob sich die Baumwollweberei als ein neuer Nahrungszweig, welcher 1739 schon 2000 Stühle beschäftigte und 20 Jahre später alle deutschen Konsumtionsplätze mit rohen Kattunen versorgte. Chemnitz wurde 1765 Sitz der in den umliegenden Dörfern verbreiteten Strumpfwirkerei.
Schlüssel aus Hamburg [* 29] legte hier 1770 die erste sächs. Zeugdruckerei an. Die engl. Piquéweberei wurde 1775, die engl. Handspinnmaschine 1790 durch Forkel und Irmscher, die Baumwollmaschinenspinnerei nach Arkwrightschem System 1799 durch Wöhler und Whitfield eingeführt. Alle diese Gewerbe erhoben Chemnitz während der Kontinentalsperre zur höchsten Blüte, [* 30] die aber nach dem Pariser Frieden durch die unglückliche Handelspolitik des Landes erheblich beeinträchtigt wurde, bis Chemnitz 1834
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶