Treten in einem chem. Prozesse unter den Ingredienzien oder Produkten mehrere
Moleküle auf, so wird der Formel der betreffenden
Verbindung auf der
Zeile die betreffende
Ziffer vorgesetzt. Die multiplizierende
Wirkung dieser auf der
Zeile stehenden
Ziffern erstreckt sich nach rechts hin bis zum nächsten algebraischen Zeichen. So heißt
z. B.
Soll dagegen die Multiplikation einer ganzen Formelsumme ausgeführt werden, so schließt man dieselbe in
Klammern
[* 4] ein und
setzt den multiplizierenden
Faktor entweder auf die
Zeile vor denAusdruck, oder unter
(bez. über) die
Zeile
dahinter. So bedeutet z. B. die
Gleichung
(grch.) wurde von ihrem Erfinder Chemitypie Piil, einem Dänen, die
Kunst genannt, durch ein chem.
Verfahren Hochdruckplatten zum
Abdruck von
Illustrationen in der Buchdruckerpresse herzustellen.
Das
Verfahren ist im wesentlichen folgendes: Auf einer blankpolierten Platte von reinem
Zink wird in gewöhnlicher
Weise durch Gravierung und Ätzung eine vertiefte Zeichnung ausgeführt, welche einen
Abdruck in der Kupferdruckerpresse geben
würde. Diese Zeichnung wird durch Einlöten eines leichtflüssigen Metalls (7
Teile Wismut, 16
Teile Zinn, 13
TeileBlei)
[* 6] ausgefüllt
und letzteres dann wieder genau bis auf die Oberfläche der Zinkplatte weggeschliffen, sodaß nur die
vertieften Züge ausgefüllt bleiben.
Wenn man sodann mit verdünnter Salpetersäure ätzt, die nur das
Zink, jedoch nicht das ausfüllende Metall angreift, so
bleibt dieses als Relief stehen, indem es auf das genaueste die vorher vertieften Züge in hochstehenden Linien
wiedergiebt, sodaß die Platte nun in derselben
Weise wie ein Holzschnitt sich behandeln läßt. Die Chemitypie hat jedoch nie vermocht,
dem Holzschnitt erfolgreich Konkurrenz zu machen, denn sie erreichte nie dessen Weichheit, auch hatten seine Lufttöne und
Ausgänge stets etwas Rohes und
Dickes. Dagegen wurde sie viel
zur Herstellung von Karten und
Plänen im
Buchdruck angewendet, während sie jetzt wohl überall durch die sehr vervollkommnete
Zinkhochätzung (s.
Zinkographie) ersetzt
ist.
1)
Amtshauptmannschaft (ohne Stadt Chemnitz) in der sächs. Kreishauptmannschaft
Zwickau,
[* 8] hat (1890) 187 800 (91 749 männl., 96 051 weibl.) E., 3
Städte und 79 Landgemeinden.
2) SelbständigeStadt, erste Fabrikstadt
Sachsens und eine der bedeutendsten
Deutschlands,
[* 9] etwa 35 km von der österr. Grenze,
liegt in 306 m Höhe (Bahnhof), 50° 50' von Greenwich, in einer Einsenkung des Erzgebirgischen
Beckens,
am gleichnamigen Flüßchen und hatte (1888) im
Mittel eine Jahrestemperatur von etwa 7° C., einen Luftdruck von 734
mm und
eine Niederschlagsmenge von 637
mm sowie einen Flächenraum von etwa 15,36 qkm.
Bevölkerung.
[* 10] Chemnitz hatte 1840 : 23 476, 1864: 54 827, 1880: 95 123, 1885: 110 808, 1890: 138 954 (67 864 männl., 71 090 weibl.)
E.,
d. i. eine Zunahme (1885-90) von 28 146 (25,4 Proz.) oder jährlich 5629
Personen;
Geburten (1892) 6218, Sterbefälle 4586,
Eheschließungen 1236, Zuzug (1892) 20 891,
Abzug 19 902. Dem Religionsbekenntnis nach waren 129 176
Lutherische, 7138 röm., 440 deutsche
Katholiken, 278
Reformierte und 953 Israeliten;
der
Staatsangehörigkeit nach 5531
Österreicher, 364
Angehörige der übrigen
europ.
Staaten und 69 Nichteuropäer. In Garnison (1717 Mann) liegt das Infanterieregiment Prinz
FriedrichAugust von
Sachsen
[* 11] Nr. 104. Rechnet man zu der Einwohnerzahl von 1890 (138 954) noch diejenige der Ortschaften,
welche an Chemnitz angrenzen, mit der Stadt in regem Verkehr stehen, und deren Bewohner daselbst
Beschäftigung finden, nämlich
Altchemnitz (6398 E.),
Altendorf (3834), Bernsdorf (2080),
Borna (2299), Furch (1907), Gablenz
(9857), Hilbersdorf (4893) und Kappel (5245), zusammen 36 513 E., so erhält man für Groß-Chemnitz eine Einwohnerzahl von 175 467.
Anlage. Plätze. Bauwerke. Die Stadt ist nur in ihrem Mittelpunkte, der ehemaligen Festung,
[* 12] ältern
Ursprungs; die Vorstädte sind erst in diesem Jahrhundert entstanden. Etwa 50 ha des Weichbildes sind von freien Plätzen
und Promenaden bedeckt; zu nennen sind die Schloßteichanlagen, der Stadtpark, der große Festplatz am Küchwald und der
mit der Petrikirche besetzte Schillerplatz in der Nähe des Hauptbahnhofs. Chemnitz hat 7 evang.
Kirchen, darunter die Jakobikirche aus dem J. 1389, im 18. Jahrh. und 1879-80 abermals
im got.
Stile umgestaltet, mit einem Gemälde von Lukas Kranach dem
Ältern in der
Sakristei; die 1514-25 in spätgot.
Stil vollendete Schloßkirche mit beachtenswertemPortal und Bildern der alten frank. Schule; die 1888 erbaute
got.
Kirche St.
Nikolai auf dem Niklasberge von Schramm und die ebenfalls neue Petrikirche von Enger; ferner eine kath.
Kirche. Von weltlichen Bauten sind zu erwähnen das alte spätgot. Rathaus mit Laubengängen und hohem
Turm
[* 13] am Markt und
das neue Rathaus an der Poststraße, die Post, das Reichsbankgebäude, das auf dem Kaßberg, der Centralbahnhof,
die königl.
¶
mehr
technischen Staatslehranstalten am Schillerplatz, das Hospital St. Georg, das Theater,
[* 15] die Börse, der großartige, vom Stadtbaurat
Hechler angelegte Schlacht- und Viehhof, die Gebäude der von Zimmermannschen Naturheilanstalt, einer mit etwa 750000 M. ausgestatteten
Stiftung des Geh. Kommerzienrats von Zimmermann, das Hedwigbad mit dem größten überdachten Schwimmbassin Deutschlands und
das neue Gesellschaftshaus der Kasinogesellschaft. (Hierzu: Stadtplan.)
Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet durch einen Oberbürgermeister (Dr. André, lebenslänglich, 12000 M.), einen Bürgermeister
(Stadler), 6 besoldete Stadträte, darunter 1 Baurat, und 16 unbesoldete Stadträte, einen Polizeidirektor und 48 Stadtverordnete.
Dem Feuerschutz dient eine Berufs- und eine freiwillige Feuerwehr mit 89 in allen Teilen der Stadt aufgestellten
elektrischen Feuermeldern und 752 Hydranten. Das städtische Wasserwerk (Anlagekosten über 4 Mill. M.) führt aus dem Gebirge
das nötige Wasser zu und wurde 1890 mit einem Aufwand von 1300000 M. durch eine Thalsperre
[* 16] vergrößert. Die städtischen
Gasanstalten liefern jährlich etwa 8 Mill. cbm Gas, darunter 1,447 Mill. cbm für die öffentliche Beleuchtung.
[* 17] Ein städtisches Elektricitätswerk zur Abgabe von Licht
[* 18] und Kraft
[* 19] an Private ist im Bau.
Finanzen. Das Vermögen betrug (Ende 1892) 13783496 M., die Anleiheschulden 13 ¾ Mill. M. An direkten Gemeinde- und
Schulanlagen wurden (1892) 2140581 M., an Kirchenanlagen 186460 M. vereinnahmt; die Bedürfnisse der polit.
Gemeinde betrugen 6793487 M., die der Schulgemeinde 1231616 M., denen Deckungsmittel in Höhe von 6780138 M. und 1320069
M. gegenüberstanden.
Behörden. Chemnitz ist Sitz der Amtshauptmannschaft Chemnitz, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Dresden)
[* 20] mit 16 Amtsgerichten (Annaberg,
[* 21] Augustusburg, Burgstädt, Chemnitz, Ehrenfriedersdorf, Frankenberg, Limbach, Mittweida, Oberwiesenthal, Penig, Rochlitz, Scheibenberg,
Stollberg,
[* 22] Waldheim, Wolkenstein, Zschopau), 5 Civil-, 5 Straf- und 2 Kammern für Handelssachen (569250
Gerichtseingesessene), eines Amtsgerichts (190994), eines Zollamtes, eines Hauptsteueramtes, einer Eisenbahnbetriebs-Oberinspektion
(375,58 km Bahnlinien), zweier Bezirksschulinspektionen, je einer königl. Gewerbe-, Berg-, Straßen- und Wasserbau- und Brandversicherungs-Inspektion
sowie eines Landbauamtes.
Schul- und Bildungswesen. Chemnitz hat ein königl. Gymnasium (1868 eröffnet, Rektor
Dr. Arnold, 34 Lehrer, 18 Klassen, 463 Schüler), ein Realgymnasium, 1857 gestiftet (Rektor Dr. Pflüger, 26 Lehrer, 17 Klassen, 411 Schüler),
Realschule (1893 eröffnet), technische Staatslehranstalten mit höherer Gewerbe-, Baugewerken-, Werkmeister-, Müller-, Färber-,
Seifensieder- und Gewerbezeichenschule, eine höhere städtische Webe-, eine Wirk-, eine landwirtschaftliche Schule, eine
höhere Knaben-, 2 höhere Mädchenschulen, ein Kindergärtnerinnenseminar, 15 Bezirksschulen (1892: 21950 Schüler)
mit 2 Abteilungen für hauswirtschaftlichen und Kochunterricht, eine kath. Volksschule, Fachschulen fürWeber, Schneider, Maler,
Glaser, Barbiere und Friseure, Droguisten und Gastwirte, eine vom Handwerkerverein gegründete Handwerkerschule mit Abteilung
für Mädchen, eine Abendnähschule und mehrere Privatlehranstalten. Im Handwerkervereinshaus befindet sich das Gewerbemuseum,
in dem Gebäude des Vereins
«Kunsthütte» eine Kunstsammlung und die städtischen naturwissenschaftlichen
Sammlungen; im alten Schloß das königl. Meteorologische Institut. Ferner besitzt die Stadt eine Stadtbibliothek (26000 Bände),
ein Stadttheater und ein Sommertheater im Tivoli. In C. erscheinen vier polit. Zeitungen.
Wohlthätigkeitsanstalten. Chemnitz, dessen Armenpflege nach Elberfelder System eingerichtet ist, besitzt verschiedene größere
städtische Armen- und sonstige gemeinnützige Anstalten, z. B. die städtische
Leihanstalt, ein Versorghaus für Erwachsene, ein Kinderversorghaus, ein Waisenhaus, eine städtische Speiseanstalt, zwei
öffentliche Volksbäder, außerdem aber auch eine beträchtliche Zahl von Wohlthätigkeits- und Unterstützungsvereinen (60),
darunter den Verein zu Rat und That mit eigenem Grundstück, in dem sich ein Knabenhort befindet, den Frauenverein, der 2 Mädchenhorte
unterhält, 5 Kinderbewahranstalten, 3 Volkskindergärten, 1 Herberge zur Heimat, 1 Mägdeherberge, Marthaheim
genannt, und 1 Albertzweigverein.
Industrie und Gewerbe. Chemnitz ist in erster Linie Industriestadt; dem Emporblühen der Großindustrie verdankt es in der Hauptsache
sein schnelles Wachstum. Als Hauptindustriezweige sind zu nennen: Eisengießerei,
[* 23] Lokomotiven- sowie Maschinenbau aller Art,
Baumwollspinnerei, Weberei,
[* 24] hauptsächlich von Möbelstoffen, Tischdecken, Portieren, Wirkwarenfabrikation,
besonders Strumpf-, Handschuh- und Tricotstofffabrikation, Färbereien und Appreturen, chem. Industrie, Buchdruckergewerbe,
Kartonnagenfabrikation.
Die Fabrikation von Wirkwaren, deren Mittelpunkt Chemnitz ist und
die (1890) 50000 Arbeiter beschäftigte und etwa für 70 Mill. M. (1851: 7½ Mill. M.) Ware fertig stellte, darunter etwa 13 Mill.
M. Handschuhe, hat jedoch ihren Schwerpunkt
[* 27] in den Dörfern und einigen benachbarten kleinen Städten und ist noch immer wesentlich
Hausindustrie. Der Übergang zum Großbetrieb vollzieht sich nur langsam, und letzterer stellt nur gewisse Massenartikel
und Neuheiten her. Die meisten der sog. Fabrikanten sind jedoch thatsächlich nur Händ-
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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