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die Anwendungen der Chemie auf die Gewerbe, namentlich zur fabrikmäßigen Herstellung von chem. Präparaten, die als Handelsprodukte (s. Chemische Präparate) [* 2] dienen.
Geschichte der Chemie. Die Chemie als Wissenschaft ist verhältnismäßig noch jung, obgleich man chem. Erscheinungen seit dem grauen Altertum kannte und auch der Name Chemie schon früh, etwa vom 4. Jahrh. an, vorkommt. Der Ursprung desselben ist in Ägypten [* 3] zu suchen, seine ursprüngliche Bedeutung jedoch ist zweifelhaft. Das ägypt. Wort chêmi bedeutet einmal Ägypten selbst, danach könnte Chemie die speciell «ägyptische" Kunst heißen sollen, gleichzeitig aber auch «schwarz», sodaß Chemie die «schwarze Kunst» ist, vielleicht von der Beschäftigung mit einem schwarzen, für alchimist. Zwecke dienenden Präparat.
Erste Veranlassung zu chem. Untersuchungen gab zweifellos das Bestreben, unedle Metalle in Gold [* 4] zu verwandeln, das wiederum auf der Beobachtung beruhte, daß man namentlich dem Kupfer [* 5] die Farbe des Silbers und Goldes durch Zusammenschmelzen mit andere Metalle enthaltenden Mineralien [* 6] zu geben vermag. So hielt man zeitweise das weiße Arsenkupfer für Silber, die Legierungen mit Zinn und Zink für Gold, und bestrebte sich später, als man erkannte, daß diese Produkte sich noch von den wirklichen Edelmetallen unterschieden, Mittel (den Stein der Weisen) zu finden, um die vermeintlich teilweise Umwandlung zu einer vollständigen zu machen. Vom 4. bis zur ersten Hälfte des 16. Jahrh. kannte die Chemie nur diese Aufgabe. Diese Richtung wird Alchimie (s. d.) genannt. Sie ist erst im 19. Jahrh. verschwunden.
Im 16. Jahrh. beginnt die zweite Periode der Entwicklung der Chemie in der sog. Iatrochemie (s. d.). Sie ist in den Händen von Ärzten, welche die Vorgänge im gesunden und kranken Organismus auf chem. Verhältnisse, stets in Anlehnung an alchimist. Vorstellungen, zurückzuführen und durch solche zu erklären suchen. Die Therapie hat für sie den Zweck, die in der Krankheit gestörten normalen chem. Mischungsverhältnisse wiederherzustellen, und bedient sich dazu chem. Präparate als Heilmittel, deren Bereitung Aufgabe der Chemie ist.
Erst von Robert Boyle (1661) an beginnt die Chemie sich zur selbständigen experimentellen Naturwissenschaft, deren Zweck zunächst einzig Naturerkenntnis ist, zu entwickeln. Da ihre Untersuchungsmethoden zunächst rein qualitative waren, so gelangte sie betreffs der Zusammensetzungsverhältnisse der chem. Körper und der Natur großer Gruppen von chem. Prozessen zu Vorstellungen, die vor den in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. aufkommenden Studien über die Mengen der sich vereinigenden Bestandteile chem. Verbindungen vollständig zusammenbrachen. Charakteristisch für jene Zeit und die chem. Theorie beherrschend ist die Erklärung des Wesens der Verbrennungserscheinungen durch die Annahme des hypothetischen Stoffes Phlogiston, sodaß die bis gegen Ende des 18. Jahrh. dauernde Epoche die der phlogistischen Chemie (s. d.) genannt wird.
Unmittelbar auf die Entdeckung des Sauerstoffs folgte die auf quantitative Versuche gestützte richtige Erklärung der Verbrennungsvorgänge durch Lavoisier (1775), und hiermit beginnt die letzte und neueste Entwicklungsstufe der Chemie, die man daher zunächst als Antiphlogistische Chemie (s. d.) bezeichnete. Sie führte bald zur Entdeckung der wichtigsten stöchiometrischen Gesetze (s. Stöchiometrie), zur Aufstellung der naturwissenschaftlichen Atomtheorie durch Dalton, ihrer experimentellen Durcharbeitung durch Berzelius u. s. w. Früher als Scheidekunde bezeichnet, da die Erkennung und Trennung der Bestandteile der chem. Körper ihr Hauptzweck, sie also vorwiegend analytisch war, hat sie sich bald und in wunderbarem Aufschwung den synthetischen Aufbau chem. Verbindungen zu einer ihrer Hauptaufgaben gesetzt.
Während in der ersten Hälfte unsers Jahrhunderts die sog. unorganische Chemie als das wichtigste Arbeitsgebiet erscheint, hat später, namentlich seit etwa 1860, die organische Chemie die führende Rolle übernommen. In diesem synthetischen Zeitalter, in dem sich auch die technische Chemie vielfach entwickelt hat, befindet sie sich noch und häuft theoretisch und praktisch Erfolge auf Erfolge. In neuester Zeit entwickelt sich neben ihr die physikalische Chemie in ungeahnter Weise.
Die chem. Litteratur ist ungemein umfangreich. Besonders zu nennen sind die im folgenden angegebenen Werke. Gesamte Chemie: Graham-Otto, Ausführliches Lehrbuch der Chemie (5 Bde., Braunschw. 1868 fg.);
Regnault-Strecker, Kurzes Lehrbuch der Chemie (von Wislicenus, 2 Bde., ebd.; 1. Bd., 9. Aufl. 1877-81: 2.Bd., 6. Aufl. 1876): Roscoe und Schorlemmer, Ausführliches Lehrbuch der Chemie (5 Bde., ebd. 1879-91): dies., Kurzes Lehrbuch der Chemie (9. Aufl., ebd. 1890).
Handwörterbücher: Neues Handwörterbuch der Chemie (hg. von von Fehling, nach dessen Tode von Hell; gegenwärtig im 6. Bde., ebd. 1871-93);
Handwörterbuch der Chemie, hg. von Ladenburg (Bd. 1-11, Breslau [* 7] 1883-93). - Allgemeine Chemie: von Hofmann, Einleitung in die moderne Chemie (6. Aufl., Braunschw. 1877);
Naumann, Allgemeine und Physik. Chemie (als 1. Bd. der 6. Aufl. von Gmelin-Krants Handbuch der anorganischen Chemie, Heidelb. 1877);
Meyer, Die modernen Theorien der Chemie (5. Aufl., Breslau 1884);
Horstmann, Theoretische Chemie (als I. Abteil. des 1. Bds. von Graham-Ottos Ausführlichem Lehrbuch der Chemie, Braunschw. 1885);
Ostwald, Lehrbuch der Allgemeinen Chemie (2. Aufl., 1. Bd.: Stöchiometrie, Lpz. 1891; 2. Bd., 1. Tl.: Chemische Energie, ebd. 1893);
ders., Grundriß der Allgemeinen Chemie (ebd. 1889);
Mendelejeff, Grundlagen der (aus dem Russischen, Petersb. 1892). - Anorganische Chemie: Gmelin-Krant, Handbuch der anorganischen Chemie (3 Bde., 6. Aufl., Heidelb. 1877; bis 1893 noch nicht vollendet);
Ira Remsen, Anorganische Chemie (Tüb. 1890);
Dammer, Handbuch der anorganischen Chemie (3 Bde.; erschienen Bd. 1 u. 3, Stuttg. 1892-93). - Organische Chemie: Schorlemmer, Lehrbuch der Kohlenstoff-Verbindungen (3. Aufl., Braunschw. 1885 fg.);
Fittig, Wöhlers Grundriß der organischen Chemie (11. Aufl., Lpz. 1886);
Beilstein, Handbuch der organischen Chemie (2. Aufl., 3 Bde., Hamb. 1886-90; 3. Aufl., Hamb. und Lpz. 1892 fg.);
von Richter, Chemie der Kohlenstoffverbindungen oder organische Chemie (6. Aufl., Bonn [* 8] 1891);
Bernthsen, Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie (3. Aufl., Braunschw. 1891);
Elbs, Die synthetischen Darstellungsmethoden der Kohlenstoffverbindungen (2 Bde., Lpz. 1891);
Meyer und Jacobson, Lehrbuch der organischen Chemie (in 2 Bdn., ebd. 1891 fg.). - Analytische Chemie: Fresenius, Anleitung zur quantitativen chem. Analyse (6. Aufl., 2 Bde., Braunschw. 1873 - 87);
Bunsen, Gasometrische Methoden (2. Aufl., ebd. 1877);
Hoppe-Seyler, Handbuch der physiol.- und pathol.-chem. Analyse (5. Aufl., Berl. 1883);
Fresenius, Anleitung zur qualitativen chem. Analyse (15. Aufl.,
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
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2 Bde., Braunschw. 1886);
Mohr, Lehrbuch der chem.-analytischen Titriermethode (6. Aufl., bearbeitet von Classen, ebd. 1886);
Post, Chem.-technische Analyse (2. Aufl., 2 Bde., ebd. 1888-91);
Hempel, Gasanalytische Methoden (2. Aufl., ebd. 1890);
Classen, Handbuch der analytischen Chemie (4. Aufl., 2 Bde., Stuttg. 1889-91);
Roscoe, Spektralanalyse [* 10] (3. Aufl., Braunschw. 1890);
Winkler, Lehrbuch der technischen Gasanalyse (2. Aufl., Freiberg [* 11] 1892). - Technische Chemie: Volley, Handbuch der chem. Technologie (8 Bde., Braunschw. 1862-89; nebst «Neuer Folge», 5 Hefte, ebd. 1880-82);
Muspratt, Theoretische, praktische und analytische Chemie in Anwendung auf Künste und Gewerbe.
Encyklopäd. Handbuch der technischen Chemie von F. Stohmann und B. Kerl (4. Aufl., in 8 Bdn.; Bd. 1-4, ebd. 1886-93); von Wagner, Handbuch der chem. Technologie (von Dr. Ferd. Fischer, 13. Aufl., Lpz. 1889); Ost, Lehrbuch der technischen Chemie (Berl. 1890). Einzelbände für die verschiedenen Zweige der chem. Industrie enthält Hartlebens Chem.-technische Bibliothek (Wien). [* 12] - Pharmaceutische Chemie: Schmidt, Ausführliches Lehrbuch der pharmaceutischen Chemie (2. Aufl., 2 Bde., Braunschw. 1887 - 90). - Geschichte der Chemie: Kopp, Geschichte der Chemie (4 Bde., Braunschw. 1843-47);
ders., Die Alchemie (2 Bde., Heidelb. 1886);
von Meyer, Geschichte der Chemie (Lpz. 1889);
Jagnaur, Histoire de la chimie (2 Bde., Par. 1892). - Gerichtliche Chemie: Baumert, Lehrbuch der gerichtlichen Chemie (Braunschw. 1893). - Zeitschriften: die Schriften der größern chem. Gesellschaften, vor allem die «Berichte» der Deutschen Chemischen Gesellschaft zu Berlin, [* 13] das «Journal of the Chemical Society of London» [* 14] und das «Bulletin de la Sociéte chimique de Paris»; [* 15]
ferner Liebigs «Annalen der Chemie» (Lpz.),
die «Annales de physique et de chimie», das «Journal für praktische Chemie» (Lpz.),
«Monatshefte für Chemie» (Wien),
die «Gazetta chimica», das «American Journal of Chemistry», «Chem. [* 16] Centralblatt» (Hamb.),
«Chemikerzeitung» (Cöthen), [* 17]
«Deutsche [* 18] Chemikerzeitung» (Berl.),
«Repertorium der analytischen Chemie» (Hamb.),
«Zeitschrift für analytische Chemie» (Wiesb.),
«Zeitschrift für physiologische Chemie» (Straßb.),
«Chem.-technische Zeitung» (Lpz.),
«Die chem. Industrie» (ebd.) u. a. Zusammenfassende Berichte giebt regelmäßig der von Liebig begründete «Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie» (Gieß.).