Charis
(grch.), Anmut (s. d.);
(grch.), Anmut (s. d.);
Juda ibn Salomo, hebr. Dichter, geb. in Spanien, [* 3] starb vor 1235. Er ist besonders berühmt durch seine u. d. T. «Tachkemoni» nach dem Vorbilde des Hariri (den er auch in das Hebräische übersetzte) verfaßten Makamen, in welchen Charisi Sprachgewandtheit, dichterisches Talent und scharfe Beobachtungsgabe entwickelt und die für die Zustände seiner Glaubens- und Zeitgenossen von Interesse sind. Einzelne Teile daraus sind in verschiedenen Bearbeitungen erschienen;
eine deutsche Übersetzung begann Kämpf (Berl. 1845), der auch die dreisprachige erste Makame mit Übersetzung versah;
ältere Textausgaben sind die von Konstantinopel [* 4] 1578 und von Amsterdam [* 5] 1729;
in neuerer Zeit veranstalteten solche Stern (Wien [* 6] 1854) und de Lagarde (Gött. 1883).
Außerdem übersetzte Charisi mehreres von Maimonides ins Hebräische.
mittelalterlicher Name für Chiwa (s. d.). ^[= Der Name ist griech. Ursprungs; die einheimische Benennung war Kemet (kopt., Keme in oberägypt., ...]
(lat.; grch. Charisterĭon), milde Beisteuer, wie sie z. B. Bischöfe in dringender Not von Kirchen erheben.
oder Caritas (lat.; ital. Carità, Liebe, besonders Mutterliebe, Mildthätigkeit (s. Charité);
auch personifiziert als Gegenstand von Kunstwerken (s. Carità);
Charitatīv, milde Gabe.
fratres, s. Charité. ^[= # (frz., spr. scha-), christl. Nächstenliebe, Barmherzigkeit, dann auch Krankenhaus, gebildet ...]
Geldzahlungen der deutschen Reichsritter (seit 1521) an den Kaiser an Stelle der persönlichen Dienstleistung (s. Deutsches Heerwesen, C).
Charité
(frz., spr. scha-), christl. Nächstenliebe, Barmherzigkeit, dann auch Krankenhaus, [* 7] gebildet von dem lat. caritas, mittellat. charitas. Mit letzterm Worte bezeichnete man schon im Mittelalter u. a. auch solche Stiftungen, welche ein Werk der christl. Liebe waren, namentlich Krankenanstalten für Verarmte. Aus ähnlichem Grunde hießen auch Ordensleute von der Regel des heil. Augustin, welche von Jean de Dieu im 16. Jahrh. zur Wartung der Kranken angeordnet wurden, Chariten oder Charitatis fratres. Noch gegenwärtig führen den Namen Charité manche öffentliche Krankenhäuser in Frankreich und nach diesem Vorbilde in Deutschland. [* 8] Die berühmtesten Charité sind die von Paris [* 9] und Berlin. [* 10]
La (spr. scha-), Hauptort des Kantons La Charité (258,57 qkm, 14 Gemeinden, 14842 E.) im Arrondissement Cosne des franz. Depart. Nièvre, am rechten Ufer der Loire, in 170 m Höhe, an der Linie Paris-Nevers-Lyon der Franz.
Mittelmeerbahn, hat (1891) 4484, als Gemeinde 5443 E., Post, Telegraph, [* 11] eine roman. Kirche von Ste. Croix, die, 1106 geweiht, zu der von Hugo von Cluny gegründeten Priorei Caritus gehörte, ferner Hochöfen, Wollspinnerei, Schuhfabriken und Seilerei.
(in der Einzahl Charis), in der griech. Mythologie göttliche Wesen, welche als Personifikation der Anmut, Heiterkeit und Lieblichkeit in der Natur wie im Menschenleben zu betrachten sind. Die Homerische Poesie hat sie noch in unbestimmter Mehrzahl aufgefaßt (eine der «jüngern Chariten» wird in der Ilias Pasithea genannt), bei Hesiod aber erscheinen sie in der Dreizahl: Aglaïa (d. h. Glanz), Euphrosyne (Frohsinn) und Thalia (blühendes Glück), Töchter des Zeus [* 12] und der Eurynome.
Diese Zahl und Benennung ist dann die allgemein übliche in der Poesie und der bildenden Kunst geworden, welche letztere sie in älterer Zeit bekleidet, später ganz nackt in jungfräulich schlanken Formen, meist mit verschlungenen Armen zu einer Gruppe vereinigt, darstellte. Nach Pausanias, der als ihre Eltern Helios [* 13] und Aigle nennt, wurden in einigen Gegenden Griechenlands, abweichend von der gewöhnlichen Tradition, nur zwei Chariten verehrt; so in Sparta, wo sie Kleta und Phaënna, und in Athen, [* 14] wo sie Auxo und Hegemone genannt wurden.
Doch ist diese Angabe wahrscheinlich irrig. Wie es scheint, wurden die Chariten auch in Attika in der Dreizahl verehrt, und führten dort Namen, welche auch den drei Horen [* 15] beigelegt wurden: Thallo, Auxo und Karpo, d. h. die Göttin der Blüte, [* 16] des Wachstums und der Früchte, während Hegemone ein Name der Hekate [* 17] war, welche mit den Chariten zusammen verehrt wurde. (Vgl. Robert, De Gratiis Atticis, in den «Commentationes in honorem Mommseni» (Berl. 1877.) - In Rom [* 18] sind die Chariten (hier Grazien [Gratiae] genannt) niemals Gegenstand religiöser Verehrung gewesen, sondern nur nach griech. Vorbildern von Dichtern und Künstlern gefeiert worden. Aus dem Altertum erhalten ist ein die drei Chariten darstellendes Relief im kapitolinischen Museum zu Rom und die, allerdings verstümmelte, Marmorgruppe in der Opera del Duomo zu Siena, die 1460 im Palazzo Colonna in Rom gefunden wurde. In der modernen Plastik sind die Chariten dargestellt von Canova und Thorwaldsen.
(charitatis fratres), Ordensleute, s. Charité. ^[= # (frz., spr. scha-), christl. Nächstenliebe, Barmherzigkeit, dann auch Krankenhaus, gebildet ...]
soviel wie Chariten (s. d.). ^[= # (in der Einzahl Charis), in der griech. Mythologie göttliche Wesen, welche als Personifikation ...]
aus Aphrodisias, vermutlich erdichteter Name und Geburtsort des Verfassers eines Romans aus dem 4., 5. oder 6. Jahrh. n. Chr., worin die Liebesabenteuer des Chäreas und der Kallirrhoe beschrieben werden. Die Handlung ist in die Zeit des Peloponnesischen Krieges verlegt. Die erste Ausgabe besorgte mit einem gelehrten Kommentar d’Orville (Amsterd. 1750; verbesserter, mit der lat. Übersetzung von Reiske vermehrter Abdruck von Beck, Lpz. 1783); neuere Ausgaben lieferten in den «Scriptores erotici» Hirschig (Par. 1856) und Hercher, Bd. 2 (Lpz. 1859); deutsche Übersetzungen Heyne (ebd. 1753) und Schmieder (ebd. 1807).
(spr. scha-; mittellat. carivarium, im 14. Jahrh. charivalli, charavallium; provençal. caravil), ein franz. Wort von unbekannter Abstammung, soviel wie Katzenmusik. In übertragener Bedeutung wurde das Wort als Titel einer 1832 zu Paris gegründeten satir.
Zeitung gebraucht, die sich durch rücksichtslose Angriffe gegen Deputierte, Minister und König Ludwig Philipp auszeichnete.
Das deutsche, bis 1830 nur mundartlich vorhandene Wort Krawall ist eine volkstümliche Verstümmelung von charavallium.
1) Gouvernement in der südl. Hälfte des europ. Rußland, zu den kleinruss. oder ukrainischen Gouvernements gehörig, grenzt im N. an die Gouvernements Kursk und Woronesch, im O. an das Land der Donischen Kosaken, im S. an Jekaterinoslaw, im W. an Poltawa und hat 54495,2 qkm mit (1890) 2390433 E. (43,8 auf 1 qkm). Der Boden ist an der Nordgrenze erhöht, besonders aus der Wasserscheide zwischen Don und Dnjepr, und senkt sich allmählich nach Süden, doch ragen an der Südgrenze wieder Ausläufer des Donezkischen Höhenzugs herein. Im östl. Teil findet neben der Senkung nach S. auch eine terrassenförmige Abstufung nach O. statt. Die Höhenmessungen schwanken zwischen 136 und
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
234 m. In geolog. Beziehung wiegt die Kreideformation [* 20] vor. An einzelnen Stellen finden sich Eisenerze und Steinkohlen. Die oberste Schicht ist fruchtbare Schwarzerde. Der Waldbestand ist gegen früher sehr gering. Die fließenden Gewässer geboren im W. zum Gebiet des Dnjepr (Sula, Psjol, Worskla) und im O. zu dem des Don (der Nördliche Donez mit seinen Nebenflüssen, besonders dem Oskol). Keiner der Flüsse [* 21] ist schiffbar. Das Klima ist gemäßigt, aber sehr schwankend.
Die Temperatur geht im Sommer bis 35°, im Winter bis -37,5°, und ist im Jahresmittel 6° C. Die Bevölkerung (zu 87,8 Proz. Kleinrussen) gehört größtenteils der russ.-orthodoxen Kirche an und bildet in kirchlicher Beziehung die Eparchie Charkow-Achtyrka (gegründet 1799). Die Andersgläubigen, darunter 3500 Katholiken, 2800 Protestanten, 6500 Israeliten, bilden nur 0,9 Proz. der Bevölkerung. [* 22] Die Hauptbeschäftigung ist Ackerbau und Viehzucht, [* 23] besonders Schafzucht. 1888 bestanden im Gouvernement 536 Fabriken mit einer Produktion von nahezu 18 Mill. Rubel.
Von Bedeutung sind die Wollwäschereien, Mühlen [* 24] und Branntweinbrennereien. Der Handel ist beträchtlich. An Eisenbahnen liegen in Chárkow die ganze Sumy-Bahn (Merefa-Woroshba), 242 km, ferner von den Linien Kursk-Chárkow-Asow 233, Chárkow-Nikolajew 68, Kursk-Kiew 45, Koslow-Woronesch-Rostow 57, zusammen 645 km. Neben der Universität in der Stadt Chárkow besteben (1890) 528 mittlere und niedere Schulen mit rund 50000 Schülern, davon ein Fünftel Mädchen. Das Gouvernement zerfällt in die 11 Kreise: [* 25] Chárkow, Achtyrka, Bogoduchow, Walki, Woltschansk, Smijew, Isjum, Kupjansk, Lebedin, Starobjelsk und Sumy. - Städteüberreste, Kurgane, Baby (s. Baba 2), letztere nur im S., bilden Denkmäler vorhistor. Völker. Im 10. Jahrh. waren daselbst, zum Teil seßhaft, Chasaren, Petschenegen, Polowzen u. a., im 13. Jahrh. drangen Tataren ein. Zu Anfang des 17. Jahrh. wanderten Kosaken ein, gründeten Städte und Sloboden. Die Verfassung war eine militärische und das Land wurde bekannt unter dem Namen der Slobodskischen Ukraine. Das Gouvernement Chárkow in seinem heutigen Bestande wurde 1835 errichtet. - 2) Kreis [* 26] im mittlern Teil des Gouvernements Chárkow, hat 3306,2 qkm, 344762 E. (85 Proz. Kleinrussen), Ackerbau, Vieh-, auch Bienenzucht [* 27] und 46 Fabriken. - 3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises Chárkow, an den Flüßchen Charkowka, Netetscha und Lopanj, die mit dem Udy zum Nördlichen Donez gehen, sowie an der Staatsbahn Kursk-Chárkow-Asow-Rostow und an der Linie Jelisawetgrad-Chárkow der Staatsbahn Chárkow-Nikolajew, liegt auf welligem, stellenweise niedrigem, selbst sumpfigem Boden und wird durch die Flüsse in drei Stadtteile geteilt.
Sie hat im allgemeinen ein hübsches Aussehen, nur die Straßen der Vorstadt sind nicht gepflastert. Die Bevölkerung betrug 1856: 30600, 1866: 60798, 1879: 102049, 1888: 194702 E., darunter etwa 60 Proz. Großrussen, 29 Proz. Kleinrussen, 5 Proz. Juden und 2 Proz. Deutsche. [* 28] Chárkow ist Sitz des Gouverneurs und des Erzbischofs, der Kommandos des 10. Armeekorps, der 31. Infanteriedivision und der beiden Brigaden derselben, der 10. Kavalleriedivision; in Garnison liegt das 121. und 122. Infanterieregiment, das 1. Orenburg-Kosakenregiment und das 61. Reservebataillon. Chárkow hat 1 Kathedrale mit Glockenturm, 26 andere russ. Kirchen, 1 kath., 1 prot.
Kirche, 1 Synagoge. Von den Unterrichtsanstalten steht obenan die kaiserl. Universität (gegründet 1803) mit histor.-philol., physik.-mathem., jurist. und mediz. Fakultät, botan. Garten [* 29] und (1890) 96 Docenten und 1300 Studenten und einem Budget von 537213 Rubel. Dann folgen 1 Technologisches Institut (500 Studenten), 1 Veterinärinstitut, 1 Stift für adlige Fräulein (seit 1818), 3 Knaben-, 2 Mädchen-Gymnasien, 1 Knaben-, 1 Mädchen-Progymnasium, Realschule, Kreisschule, Geistlichen-Seminar, Hebammenschule, 2 Feldscherschulen (darunter 1 für Frauen), zahlreiche Elementar- und Privatschulen.
Ferner giebt es eine Naturforscher-, eine mediz., eine agronom., eine histor.-philol. Gesellschaft, eine Abteilung der Russischen Musikgesellschaft mit Musikklassen, 2 Theater, [* 30] 2 Tageblätter und 8 Fachzeitschriften. An Kreditinstituten sind vorhanden: eine Abteilung der Russischen Staatsbank, die städtische Kommunalbank, die Charkower Handelsbank, die Charkower Aktien-Landesbank, eine Filiale der Wolga-Kama-Kommerzbank, eine Agentur der Landesbank von Poltawa und drei gegenseitige Kreditgesellschaften.
Ferner giebt es eine 1838 gegründete Wollhandelscompagnie, eine Charkower Zuckerraffinade-Gesellschaft, eine Feuer-Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit und gegen 100 Fabriken mit einer Produktion von 6 Mill. Rubel, darunter Wollwäschereien, Equipagen-, Lack-, Tabak- und Cigarrenfabriken. In Bezug auf Handel ist Chárkow einer der bedeutendsten Plätze Rußlands; es vermittelt den Verkehr zwischen dem Norden [* 31] und dem Süden. Aus dem Auslande eingeführt werden (zumeist durch die Ostseehäfen, namentlich Libau; [* 32] die Einfuhr durchs Schwarze Meer ist im Abnehmen) Maschinen (namentlich landwirtschaftliche) und Maschinenteile, Manufakturen, Thee, Tabak [* 33] und Wein. Von den 4 Jahrmärkten in Chárkow ist der kreschtschenskische (vom 10. Dez. a. St. bis 27. Jan.; Umsatz 34 Mill. Rubel) der bedeutendste. - Der Sage nach wurde Chárkow von dem Kosaken Chariton oder Charko gegründet, 1556 mit hölzerner Befestigung versehen, später war es der Bezirksort des Charkowschen und Tscherkassischen Regiments. 1708 gehörte es zum Gouvernement Kiew, [* 34] 1732 zum Gouvernement Bjelgorod, 1765 wurde es Hauptstadt des Slobodsko-Ukrainischen Gouvernements, 1780 der Statthalterschaft Chárkow, 1796 wieder des Slobodsko-Ukrainischen Gouvernements und 1835 des Gouvernements Chárkow.