standes, 7. Febr., trat er zurück. Schon am nächsten Tage wurde er in die Nationalversammlung gewählt, wo er zur Union républicaine
gehörte; 1876 entsendete ihn der Wahlbezirk Beaune in die Deputiertenkammer. Als solcher gehörte er zu den 363, die gegen
den Staatsstreich vom 16. Mai 1877 protestierten. Er ward 1877 wiedergewählt und 26. Aug. 1878 Unterstaatssekretär
unter Freycinet als Bautenminister. Am 23. Sept. 1880 übernahm er selbst dieses Portefeuille unter Ferry und trat 14. Nov. 1881 mit
diesem zurück.
In der Legislaturperiode 1877–81 stimmte er als gemäßigter Republikaner gegen den Antrag, das Ministerium vom 16. Mai in
Anklagestand zu versetzen, dann gegen Verweltlichung des Volksschulunterrichts, Absetzbarkeit der
Richter und Aufhebung des Cultusbudgets. 1881 wieder gewählt, war er 1883 und 1884 Vicepräsident der Kammer, bis er 6. April 1885 imMinisterium Brisson wieder die öffentlichen Arbeiten, 16. April die Finanzen übernahm, die er auch in dem folgenden Ministerium
Freycinet bis 3. Dez. 1886 behielt.
Nach dem Rücktritt Grévys von der Präsidentschaft wurde neben Ferry und Freycinet sofort Carnot als Kandidat aufgestellt,
der zwar nicht die polit. Geltung, aber auch nicht die Herrschsucht und den rücksichtslosen Ehrgeiz jener beiden besaß.
Gleich im ersten Wahlgange 3. Dez. 1887 erhielt Carnot die meisten Stimmen, und in der engern Wahl drang er mit 616 von 827 Stimmen
der Kongreßmitglieder durch. Von allen republikanischen Parteien ward ihm Vertrauen entgegengebracht, das er durch würdige,
konstitutionelle Haltung zu rechtfertigen suchte.
Seine wiederholten Reisen im Lande und seine friedlichen Kundgebungen gegenüber dem chauvinistischen Drängen der Boulangisten
trugen ihm viel Sympathien der ruhig denkenden Volkselemente ein. 1889 eröffnete er die Weltausstellung
und präsidierte allen Festen. Versuche seiner Gegner, ihn in den Panamaskandal hineinzuziehen, mißlangen. Carnot beabsichtigte,
nach Ablauf seiner Präsidentschaftsperiode sich ins Privatleben zurückzuziehen. Da traf ihn, als er sich im Juni 1894 nach
Lyon zum Besuch der dort stattfindenden Kolonialausstellung begeben hatte, am Abend des 24. Juni, während
er auf der Fahrt nach dem Theater begriffen war, der Dolchstoß eines Anarchisten ital. Herkunft, Namens Santo Caserio. Carnot starb
wenige Stunden darauf 25. Juni morgens und wurde 1. Juli im Pantheon zu Paris neben den irdischen Überresten seines Großvaters,
des Grafen Lazare Carnot, beigesetzt. Carnot war kein glänzender, wohl aber ein klarer Redner. Er übersetzte
J. Stuart Mills Werk über die Revolution von 1848 ins Französische (Par. 1875). –
Vgl. Burdeau, Une famille des patriotes
(Par. 1888);
Hubbard, Une famille républicaine. les Carnot (ebd. 1888);
M. Dreyfous, Les trois Carnot (ebd.
1888);
Barbou, Les grands citoyens de la France. S. Carnot: historie de sa vie (ebd. 1888);
Py, Sadi Carnot, sa vie, ses œuvres,
sa politique 1837–87 (ebd. 1888).
(spr. -noh), Nicolas Léonard Sadi, Physiker, Sohn von Lazare Nicolas Carnot, geb. 1. Juni 1796 zu
Paris, trat 1812 in die Polytechnische Schule, 1814 in das Geniekorps, wurde seiner polit. Gesinnung wegen
erst 1826 zum Kapitän befördert, nahm den Abschied 1828 und starb 24. Aug. 1832 an der Cholera in Paris. Sein hochgeschätztes
Werk «Réflexions sur la puissance motrice du feu et les machines propres à développer cette puissance» ^[]
(Par. 1824) bildet eine
bedeutende Grundlage der heutigen «Mechanischen
Wärmetheorie» (s. d.).
Befestigungsmanier, die von Lazare Nicolas Carnot (s. d.) in seinem Werk «De la défense des places fortes»
(4. Aufl., Par. 1814) vorgeschlagene Art der Befestigung. Er empfiehlt
den tenaillierten Grundriß, die Anlage eines Glacis en contrepente, die Aufstellung zahlreicher Mörser
als Hauptgeschützart in kasemattierten Räumen, deren Feuer den Gegner, der infolge der durch die vorgeschlagene Glacisform
erleichterten Ausfälle zu starker Besetzung der Laufgräben genötigt ist, vernichten soll. Die Sturmfreiheit der Eskarpen
wird durch Anlage freistehender krenelierter Bogenmauern sicher gestellt. (S. auch Permanente Befestigung und Tenaillierter Grundriß.)
norischer (kelt.) Ort in Niederösterreich und ehemalige röm.
Festung (seit dem 1. Jahrh. n. Chr. zu Pannonien gehörig),
zwischen Deutsch-Altenburg und Petronell, rechts der Donau gelegen, war ein sehr alter Stapelplatz für den Bernsteinhandel
aus den nördl. Ländern und als solcher Endstation der sog. Bernsteinstraße, die über
Steinamanger, Pettau, Cilli und Laibach nach Italien führte, weshalb dieser Ort wegen seiner günstigen Lage die Aufmerksamkeit
der Römer auf sich zog.
Deshalb wählte schon Tiberius auf seinem Zuge gegen Marbod (6 n. Chr.) Carnúntum zum Hauptquartier.
Die Römer machten sodann Carnúntum zum Mittelpunkte ihrer Befestigungen längs der Donau, die
sich vom Wienerwalde (Vindobona, Wien) bis zur Waag (Brigetio, das heutige Ó-Szöny) erstreckten. Die Kaiser Vespasian und
Trajan vergrößerten diese Anlagen, indem sie in Carnúntum und den beiden Flankenpunkten Vindobona und Brigetio je ein vollständiges
Legionslager errichteten und ersterer die Legio XIV. nach der Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.) hierher
verlegte, während die Legio XIII.
Gemina von Pettau (Poetovio) nach Vindobona versetzt wurde. Das im J. 73 vollendete Legionslager auf einer Anhöhe zwischen
Petronell und Deutsch-Altenburg hatte ein Praetorium, Lagerheiligtümer, ein Forum mit einer gewaltigen Säulenreihe und zahlreiche
Bäder. Zwischen Carnúntum und Vindobona waren die Mündungen der Schwechat und Fischa in die Donau durch die
Kastelle Ala nova und Aequinoctium gesichert und die Verbindung derselben durch eine Donauflottille, deren Station Carnúntum war, hergestellt.
Von aus gingen Heerstraßen längs der Donau, d. i. der Reichsgrenze (limes), nach Vindobona, eine nach Scarabantia (Ödenburg)
und nach Aquae (Baden). An diese Legionslager schlossen sich bald Städte an, die unter Hadrian Municipalverfassung
erhielten. In C. hielten sich Hadrian, Antoninus Pius und Marc Aurel auf, von denen der letztere während des Markomannenkrieges
(172–175 n. Chr.) in Carnúntum sein Standquartier hatte, hier auch das zweite Buch seiner Selbstbetrachtungen schrieb und 180 bei
Vindobona starb. Ein in Carnúntum aufgefundenes Mithrasdenkmal bezeugt die gleichzeitige Anwesenheit
von vier Kaisern in Carnúntum gegen Ende des J. 307, als Galerius in Gegenwart der damals bereits abgetretenen Kaiser Diocletian und
Herculius den bisherigen Cäsar Licinius zum Augustus ernannte. Carnúntum wurde im 4. Jahrh. von den Deutschen zerstört, erholte
sich wieder unter Valentinianus und scheint
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
mehr
erst im Mittelalter durch die Ungarn völlig zu Grunde gerichtet worden zu sein. Die Ausgrabungen in Carnúntum wurden in den letzten
Jahren, namentlich durch den in Wien dafür gegründeten Verein «Carnuntum», sehr gefördert. -
Vgl. Sacken, Die röm. Stadt
Carnúntum (Wien 1853);
Kubitschek und Frankfurter, Führer durch Carnúntum (ebd. 1891).