soll dort noch angenehmer singen als der seit dem 10. Jahrh. in Europa,
[* 2] und zwar zuerst in
Cadiz,
[* 3] dann in Süditalien
[* 4] eingeführte
Vogel, der sich von dort aus weiter nordwärts verbreitete. Auf der
Insel Elba ist er
jetzt verwildert und verbleibt dort das ganze Jahr hindurch. Er frißt vornehmlich gern die Samen
[* 5] des
Canarienglanzgrases. Im wilden Zustande ist das Männchen oben grün, schwarz gefleckt, Oberkopf,
Kehle und
Bürzel grünlichgelb,
Brust und
Bauch
[* 6] gelb. Das Weibchen ist matter gefärbt.
Durch die Kultur hat sich jedoch diese Färbung sehr verändert, indem die graue und grünliche immer mehr verschwunden ist
und derVogel schließlich einfarbig hochgelb wurde. Im wilden Zustande baut der Canarienvogel ein zierliches
Nest
und belegt dasselbe mit 5 blaß blaugrünen rostrot getüpfelten Eiern. Der in der Gefangenschaft gezüchtete
Vogel läßt
sich leicht mit andern Finkenarten, besonders mit
Stieglitz und
Zeisig paaren und die dadurch erzeugten unfruchtbaren
Bastarde
zeigen oft sehr ansprechende Färbung.
Der Canarienvogel existiert jetzt in einer großen Anzahl von verschiedenen
Varietäten oder Züchtungsspielarten. Der gemeine deutsche
Canarienvogel oder die Landrasse, früher allgemein verbreitet, gegenwärtig aber zurückgedrängt, wird nur noch
von besondern Liebhabern in verschiedenen Spielarten, sog. Farbenvögeln gezüchtet. Früher
wurden Mischlinge, hauptsächlich von
Stieglitz mit Canarienvogelweibchen, eifrig gezogen. - Ungleich
wichtiger ist der Harzer Canarienvogel. Seit 4-5 Jahrzehnten hat sich die
Lehre
[* 7] vom
Gesang des Harzer Hohlrollers zu einem förmlichen
Wissenschaftszweige entwickelt.
Man unterscheidet acht Haupttouren oder Rollen:
[* 8] Koller, Hohlrolle, Klingelrolle, Baßrolle (Knarr-,
Knorr- und Krachrolle),
Schwirr- oder Lispelrolle, Wasserrolle, Schnatterrolle und Flöten. Die jungen Harzer Canarienvogel müssen
in besondern Gesangskasten durch die vorzüglichsten alten Roller als
Vorschläger ausgebildet werden. Den Canarienvogelhandel
mit Einschluß der bedeutenden Ausfuhr, vornehmlich nach Nordamerika,
[* 9]
Australien,
[* 10]
Rußland (wo sich der Canarienvogel nicht fortpflanzt)
und des lebhaften Verkaufs an die einheimischen Liebhaber darf man auf einen jährlichen
Umsatz von 600000 bis 750000 M. schätzen.
Hauptstätten der Canarienvogelzucht sind außer
Andreasberg u. a. Orte im Harz, Hannover,
[* 11]
Leipzig,
[* 12]
Magdeburg,
[* 13]
Frankfurt
[* 14] a. M.,
Nürnberg,
[* 15]
Stuttgart
[* 16] und namentlich auch
Berlin.
[* 17] Preise für gute Mittelvögel 15-20 M., aber hinauf auf 50, 75,100 M. und sogar 150 M.
für den vorzüglichsten oder sog. Prima-Hohlroller. Geringe
Vögel,
[* 18] welche massenhaft gezüchtet werden, sind
heutzutage kaum mehr abzusetzen. Alljährliche Canarienvogelausstellungen an den Hauptstätten der Züchtung u. a.
großen
Städten befördern die
Verbreitung der Canarienvogelzucht und des Canarienvogelhandels.
Durchaus verschiedene Liebhaberei herrscht in andern
Ländern für den Canarienvogel; sie betrifft nur
Farben- und Gestalt-, nicht Gesangsvögel.
Die Canarienvogel der holländischen Rasse sind Gestaltvögel und man unterscheidet: a.
Trompeter, deren größte, schlankeste Rasse b.
Pariser und recht zottige canarienvogel Lord-Mayor heißen, d.
Brabanter, e.
Brüsseler,
unter denen die sog.
Katzenbuckel die wertvollsten sind. Man bezahlt das Paar mit 50 M., selbst 100 bis 400 M. In England
hat die Zucht des Canarienvogel sich den Farbenrassen zugewandt, welche in beträchtlicher Anzahl
gezogen werden.
Die Preise stehen von 30 bis 50
M. für den
Kopf oder auch das
Pärchen und erreichen beim Manchester-Coppy 200 M. und darüber.
Aber an diesen prächtigen Farbenvögeln hat man sich noch keineswegs genügen lassen; man züchtet dieselben Farbenschläge
auch noch in sog. Pfeffervögeln, welche durch
Fütterung mit Cayennepfeffer orangerot gefärbt sind und
in den schönsten
Vögeln mit außerordentlichen
Summen bezahlt werden. In
Deutschland
[* 19] hat die Liebhaberei für die Gestalt-
und Farbencanarienvögel noch wenig
Boden gewonnen. Dagegen wird der gemeine deutsche Canarienvogel zuweilen zu Künsten abgerichtet
und in mehrern Fällen hat man ihn zum Nachahmen menschlicher
Sprache
[* 20] gebracht.
Fütterung: Während der gemeine deutsche Canarienvogel mit Hanf- und
Canariensamen, auch wohl unter Zugabe von Zucker,
[* 21]
Biskuit
[* 22] sowie Grünkraut,
Vogelmiere,
Salat u. a. gefüttert wird, bedarf der Harzer Canarienvogel sorgfältigster
Ernährung;
nur bester süßer Sommerrübsen,
nebst Zugabe von hartgekochtem
Ei
[* 23] oder Löffelbiskuit, besser sog. Eifutter (gekochtes
Ei und
Weißbrot
zusammengerieben), darf ihm gereicht werden.
Zur Mauserzeit dazu einige
Körner gequetschten Hanf und zur Abwechselung
Canariensamen,
auch ein wenig Grünkraut; Zucker
u. dgl. hält man ihm fern. Sehr bequem ist das von G.
Voß in Köln
[* 24] gemischte Singfutter.
Die übrigen Rassen werden wie der deutsche Canarienvogel ernährt, die holländischen vornehmlich
mit Hanf, die englischen mit
Canariensamen. Für die sog. Pfeffervögel wird ein Gemisch von rotem Cayennepfeffer
(Capsicum
annuum) mit erweichtem feinem Weizenbrot in der Mauserzeit dargeboten, und durch
Aufnahme des Farbstoffs in das
Blut werden
die hervorsprießenden Federn rot gefärbt. -
Vgl.
Ruß, Der Canarienvogel (6. Aufl., Magdeb. 1889);
Brandner, Der Harzer Canarienvogel (2
Tle., 2. Aufl., Stett. 1881).
Persulfocyan, ein gelber, durch
Oxydation von Rhodankalium mit Salpetersäure oder
Chlor dargestellter Farbstoff
von der Zusammensetzung C3N3S3H . Canarin ist in
Alkalien löslich und dient zum Zeugdruck;
die Färbungen
zeichnen sich durch große Beständigkeit gegen Licht
[* 25] und Seife aus, weniger durch Schönheit.
Inseln,span.IslasCanarias, eine administrativ zu den
Provinzen, nicht zu den
KolonienSpaniens gehörende
Gruppe von sieben größern (Siete
Islas) und sechs kleinern
Inseln, an der westl.
KüsteAfrikas, in der subtropischen Zone,
zwischen 28 und 29° nördl.
Br., 90-300 km vom Festlande entfernt, bedeckt eine
Fläche von 7624 qkm und
hat eine
Bevölkerung
[* 26] von 291 625 (130 781 männl., 160 844 weibl.) E. Die sieben bewohnten
Inseln sind:
Teneriffa (span. Tenerife),
Gran-Canaria,
Palma, Gomera,
Ferro (span. Hierro), Fuerteventura und Lanzarote (s. die einzelnen
Artikel). Die sechs Eilande
(Islas menores oder Islotes) Allegranza, Graciosa,
MontañaClare, Rocque del
Oeste, Rocque del
Este und Isleta de Lobos werden, weil unbewohnt, auch
Desiertas genannt und bedecken zusammen 44 qkm.
Oberflächengestaltung. Nach ihrem landschaftlichen Charakter lassen sich die
Inseln in zwei Gruppen teilen; die westlich vom
15.° westl. L. von Greenwich gelegenen,
Gran Canaria,
[* 27]
Teneriffa, Gomera,
Palma und
Ferro, die neuern vulkanischen
Ursprungs sind und den erloschenen Krater
[* 28] entweder noch unversehrt oder zur Hälfte eingestürzt tragen, sind sehr fruchtbar
und von landschaft-
Canarische Inseln
* 29 Seite 53.898.
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
licher Schönheit. Gran Canaria und Gomera, die fast kreisrund sind, werden ganz von dem ehemaligen Vulkan eingenommen; die
höchsten Erhebungen der Inseln liegen in der Mitte derselben und das von tiefen Erosionsthälern (Barrancos, s. d.) radial durchschnittene
Land fällt gleichmäßig zum Meere hin ab. Auf Teneriffa ist der Vulkan, Pico de Teyde, 3716 m zwischen
den den Norden
[* 30] und Westen der Insel einnehmenden alten Gebirgen aufgeschüttet, und auf Palma nimmt der domartige Vulkankegel
(2360 m) den Norden der Insel ein, während die nach S. gerichtete dreieckige Spitze neuern vulkanischen Ursprungs ist; die
halbmondförmige InselFerro ist der stehen gebliebene Rest eines alten, halb eingestürzten Kraters.
Gänzlich verschieden von diesen Inseln sind die beiden östlichsten, Fuerteventura und Lanzarote, welche ziemlich unfruchtbar
sind und sehr verwickelte Gebirgsbildung
[* 31] zeigen, aber nur eine Höhe von 680 m erreichen; die mit der erstern durch einen
niedrigen Basaltrücken verbundene ebenfalls basaltische Halbinsel Jandia erreicht 844 m. Fuerteventura
zeigt in großer Ausdehnung
[* 32] Thonschiefer und Grünsteingebirge und nur an einer einzigen Stelle vulkanische Gebilde jüngster
Zeit.
Weite Strecken sind auf beiden Inseln mit von Afrika
[* 33] herübergewehten Dünen bedeckt und der Rest des Landes ist nur in geringem
Maße zum Ackerbau geeignet, sodaß die Viehzucht
[* 34] in großer Blüte
[* 35] steht. Ihnen fehlt die Mannigfaltigkeit,
die die westl. Inseln so reizend macht. Diese (außer Gomera) zeigen eine große Menge von Laven, die bis in dieses Jahrhundert
hinein entstanden sind, und das Land ist stellenweise mit parasitischen Auswurfskegeln förmlich besät. Der jüngste Ausbruch
hat auf Lanzarote aus der Montaña del Fuego stattgefunden. Den Basalt durchziehen überall
Tuffschichten (Toscales), welche sehr zur Höhlenbildung geneigt sind, sodaß es kaum ein grottenreicheres Land giebt.
Klima.
[* 36] Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in der Meereshöhe 17-18°, die tiefste Wintertemperatur auf der Nordseite
etwa 10°, auf der Südseite 12°. Schnee
[* 37] fällt selten tiefer hinab als 1500 m. Im
Sommer ist auch der Pico de Teyde von Schnee entblößt. Temperaturen über 26° sind selten. La Palma und Teneriffa erheben
sich bedeutend über die 1000-1500 m hoch schwebende Wolkenschicht, welche die den größten Teil des Jahres hindurch wehenden
Nordostwinde herbeiführen; sie sind deshalb auf dieser Seite reichlich bewässert, während die entgegengesetzte
Seite, La Banda, manches Jahr ganz ohne Regen bleibt. Auf Canaria, Gomera und Ferro fällt dagegen ziemlich reichlich Regen, und
die Gipfel der Berge sind meist von Wolken umschleiert, während die beiden östlichen, Fuerteventura und Lanzarote, in ihrer
oft jahrelangen Regenlosigkeit ebenso wie in ihrer trocken-dürren Vegetation den Übergang zur Sahara
bilden.
Pflanzen- und Tierwelt. Die Vegetation ist eine sehr mannigfache und vonL. von Buch, A. von Humboldt, neuerdings von Christ auf
das anziehendste geschildert worden. In der untern Region gedeihen alle Früchte wärmern Klimas vortrefflich; hier giebt es
auch eine Abart Dattelpalme (PhoenixJubal), dazu Tamarisken, fleischige Wolfsmilch u. s. w. Darüber beginnt
die zweite Stufe mit (ehemals) Weinbau, Orangen, Weizen, höher hinauf Kartoffeln und Kastanien. Bis 1200 m steigen, oft nahe
von der Küste an, die immergrünen Wälder, in denen EricaarboreaL. (mit bis 80 cm dicken Stämmen), Myrica faya, mehrere Lorbeerarten
(besonders Laurus canariensis und Oreodaphne) Hauptbestand bilden. Die dritte Region hat noch Fichtenwälder
(Pinus canariensis) mit Erikagesträuchen, und über diesen allen bildet auf Teneriffa die Retema blanca (Spartocytisus nubigenus)
über 1800 m Höhe ein alpines, blattloses Ginstergesträuch. Die canarische Flora ist reich an eigentümlichen Pflanzen; auffällig
sind namentlich die kaktusartigen Euphorbien (Euphorbia
[* 38] canariensisL.) und die zahlreichen Semperviven.
Landtiere sind verhältnismäßig nur wenig entwickelt, und ein guter Teil der größern Formen ist aus Europa oder Afrika
eingeführt. Die eigentümliche canarische Ziege, sehr große Hunde,
[* 39] als Lasttiere Maultiere und Esel, auf den östl. Inseln
auch das Kamel, sind neben Schweinen, Schafen, Frettchen und Katzen
[* 40] die verbreitetsten Haustiere. Die
einzigen wild vorkommenden und nicht durch den Menschen eingeführten Säugetiere sind zwei auch in Europa vorkommende Fledermäuse.
Von Landvögeln haben 50 Gattungen Vertreter und 5 Arten werden nur hier gefunden. Der wilde Canarienvogel wird außerdem noch
auf Madeira
[* 41] angetroffen. Reptilien und Amphibien kommen nicht vor, Käfer
[* 42] sind durch etwa 1000 teils europ.,
teils nordafrik. sowie einige originelle Arten vertreten; viele mögen mit Waren eingeschleppt sein. Heuschrecken
[* 43] ziehen oft
von Afrika herüber. Das benachbarte Meer ist reich an Fischen. Es wird die Zucht von Seidenraupen und Bienen getrieben.
Landwirtschaft, Industrie und Verkehrswesen. Der Boden ist im Besitze großer Majorate, und die Pächter haben
mit den hohen Steuern zu kämpfen. Von den Erzeugnissen kommen Zwiebeln und Kartoffeln nach Westindien
[* 44] zur Ausfuhr. Das vorzüglichste
war früher ein weißer, milder Wein, Canariensekt (s. d.). Seit dem Ausbruch der Traubenkrankheit wurde aber der Weinbau vollständig
verlassen. Die Cochenillezucht, der man sich zuwandte, mußte wegen Überproduktion und Änderungen der
Färbemethoden eingeschränkt werden. Es wurden nun Versuche mit Tabak,
[* 45] Zuckerrohr und Seidenbau gemacht und stellenweise auch
der Weinbau wieder aufgenommen.
Die Industrie ist gering; man verfertigt Seiden-und Wollstoffe und grobes Leinen. Der Verkehr der Inseln untereinander wird
durch regelmäßige Fahrten (zwei- bis achtmal monatlich) kleinerer Segelschiffe vermittelt. Gran Canaria
und Teneriffa sind durch zweimalige monatliche Postdampfer mit Cadiz verbunden und letzteres durch fünfmalige Dampfer mit Liverpool
[* 46] (West-African Mail). Seit der beste Hafen des ganzen Archipels, Garachico auf Teneriffa, durch einen Lavastrom unbrauchbar gemacht
wurde, ist Arrecife der einzige Hafen.
Bevölkerung und Kultur. Die Canarier sind zuverlässig und mäßig, arbeitsam und von unbegrenzter
Gastfreundschaft. Kapellen und Wallfahrtsorte giebt es viele, die früher zahlreichen Klöster sind aufgehoben. Für die
höhern Stände bestehen gute Schulen. Des Lesens unkundig waren 1887: 223 602 Personen, d. i. 80 Proz. der Bevölkerung. Zu Verwaltungszwecken
ist das Gebiet in 7 Gerichtsbezirke geteilt. Die span. Garnison ist an Zahl
gering; es besteht jedoch eine Landmiliz. Sta. Cruz de Tenerife und Ciudad de las Palmas sind Festungen.
Geschichte. Wahrscheinlich waren die Canarische Inseln schon den Phöniziern, gewiß den Karthagern bekannt,
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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