die Verschleuderung der
Kommissare und das Raubsystem der Schreckensmänner erklärte. Von Robespierre heftig angegriffen,
verband sich Cambon mit einigen Gleichgesinnten im
Konvent zu dessen
Sturz; als er aber Billaud, Collot und andere Mitglieder der
Ausschüsse verteidigte, zog er sich den Haß der Partei
Talliens zu, die in ihm einen der
Urheber des
Aufstandes
vom 12.
Germinal verfolgte und ihn aus dem Finanzausschuß vertrieb. In contumaciam zur Deportation verurteilt, durfte er
erst nach der
Amnestie vom sich auf sein Landgut bei Montpellier
[* 2] zurückziehen. Die
Ämter, die ihm Napoleon 1805 antrug,
wies er zurück. Während der
Hundert Tage nahm er ein
Mandat für die Kammer an, wo er gegen die Rückkehr
der
Bourbonen protestierte. 1816 mußte Cambon als «Königsmörder»
nach
Brüssel
[* 3] flüchten, wo er starb.
(spr. kämmborn),Stadt in der engl.
GrafschaftCornwall, 19 km im
NO. von Penzance, hat (1891) 14700 E. und
Verhüttung der ergiebigen Kupfer-,
Blei- und Zinnminen der Umgebung.
1)
Arrondissement im franz. Depart. Nord, hat 893,34 qkm,
(1891) 197535 E., 118 Gemeinden und zerfällt in die 7 Kantone: Cambrai-Est (88,91 qkm, 23175 E.), Cambrai-Ouest (78,92 qkm, 26924 E.),
Carnières (101,78 qkm, 30980 E.),
Le Cateau
[* 4] (159,18 qkm, 31052 E.), Clary (137,31 qkm, 34749 E.), Marcoing
(199,59 qkm, 24932 E.),
Solesmes (127,65 qkm, 25723 E.). - 2) Cambrai,
Cambray, deutsch
Camerik oder Kambryk, Hauptstadt des
Arrondissements
Cambrai, Festung
[* 5] und Kriegsplatz zweiter
Klasse, 72 km südöstlich von Lille,
[* 6] in 53 m Höhe, an der Schelde, welche in dreiArmen
die Stadt durchzieht, am Anfange des
Kanals von St. Quentin und an den Linien Busigny-Somain, Cambrai-Belg.
Grenze (56 km), St. Just-Epehy-Douai der
Franz. Nordbahn und der
Lokalbahn Cambrai-Catillon (36 km), ist ein schöngebauter Ort
mit Giebelhäusern, hat (1891) 14360, als Gemeinde 24122 E., in Garnison das 1. Infanterie- und 4. Kürassierregiment,
ein schönes
Stadthaus, feste, von alten runden
Türmen flankierte
Mauern, eine Citadelle und eine jetzt restaurierte
Kathedrale
mit dem Grabmal Fénélons. Cambrai ist Sitz eines 1841 wiederhergestellten Erzbistums, eines
Handels- und zweier Friedensgerichte,
einer Gewerbekammer, einer Filiale der
Bank von Frankreich und des Kommandos der 2. Infanteriebrigade, hat ein
Kommunal-Collège, 2 bischöfl.
Seminare, 7 Klöster, Museum,
Bibliothek (35000
Bände, 1230 Manuskripte), eine
Statue von
Baptiste, dem Erfinder der Batistgewebe,
ein Militärhospital,
Theater,
[* 7] mehrere gelehrte Gesellschaften und drei
Zeitungen.
Die Industrie ist seit alter Zeit sehr bedeutend,
namentlich in Batistleinwand, den sog. Cambricstoffen oder Kammertuch, feinen Baumwollgeweben,
baumwollenen
Spitzen und
Tülls (jährlich für 8½ Mill.
Frs.), Lederwaren, Zucker
[* 8] und Seife. Außerdem
bestehen Leinen- und
Baumwollspinnerei,
Salz- und Ölraffinerie, Bierbrauerei,
[* 9]
Brennerei;
Handel mit Getreide,
[* 10] Ölsaat, Hanf,
Hopfen,
[* 11]
Wolle, Rindvieh,
Butter,
Steinkohlen und den eigenen Fabrikaten.
Cambrai, das alte
Cameracum, unter den
Römern eine der bedeutendsten
StädteGalliens, besaß
Amphitheater,
Paläste und
Wasserleitungen. Es kam im 5. Jahrh. in den
Besitz der
Franken, deren König Ragnachar 481 - 509 hier herrschte. Später bildete
es mit seinem Gebiet
(Cambrésis) eine
Grafschaft, welche König
Heinrich I. nach dem Erlöschen des gräfl.
Geschlechts an den
Bischof von Cambrai verlieh, und die bis zum 17. Jahrh. zum
DeutschenReiche gehörte, obwohl die Diöcese im Erzbistum Reims
[* 12] lag.
(spr. kangbrä dinji),LuigiGuglielmo,
Graf, ital. Minister, geb. zu
Florenz,
[* 18] wo seine Familie 1740 aus der Picardie eingewandert war, studierte zu
Paris
[* 19] und Pisa
[* 20] die
Rechte, erwarb sich das Vertrauen
des
GroßherzogsLeopold II. und trat 1848 Guerrazzi entgegen. Nach der Herbeirufung der
Österreicher durch
Leopold II. aber
zog er sich zurück; später riet er
Leopold vergeblich zu liberalen Maßregeln und Loslösung von
Österreich.
[* 21] Nach dem
Abzug des
Großherzogs verhandelte er 1859 für die Provisorische Regierung unter
Ricasoli in
Turin
[* 22] und betrieb in der
Kammer von
Toscana den Anschluß an Piemont. In die ital. Kammer und in den Senat 1860 getreten,
übernahm er die
Verwaltung der königl.
Civilliste und der Krongüter in
Toscana, leitete nach Verlegung des Regierungssitzes
nach
Florenz als dessen
Bürgermeister (1864 - 66) die verderblich rasche Vergrößerung und Verschönerung der Stadt und war
Okt. 1867 bis Dez. 1869 unter Menabrea Finanzminister, in welcher Eigenschaft er das
Salz- und
Tabaksmonopol
(sog. Regia) schuf, das sowohl von der Linken wie von einem
Teil des rechten Centrums aufs schärfste angegriffen wurde. Er
veröffentlichte finanzpolit.
Abhandlungen und 1853 die «Ricordi della Commissione governativa toscana del
1849».
(spr. kämmbrĭänn), s.
Großbritannische Eisenbahnen. ^[= # Die Eisenbahnen Großbritanniens umfaßten 1. Jan. 1892 insgesamt 20191 Miles = 32490 km. Hiervon ...]
1) Cambridge
(Cambridgeshire oder
Cambs),
Grafschaft im südöstl. England, zwischen Lincoln im N.,
Northampton,
Huntington und
Bedford im W., Hertford im S., Essex,
Suffolk und Norfolk im O., zählt auf 2124 qkm (1891) 188862 E. Die Hauptflüsse
sind die kanalisierte Nene an der Nordgrenze und die von W. nach O. fließende Ouse mit
Cam und Lark. Der nördl.
Teil gehört zum flachen korn- und viehreichen Fenn-Distrikt, ist fast durchweg drainiert und wird
¶
mehr
von Kanälen und Dämmen durchzogen. Im N. der Ouse führt der Landstrich (nach der Stadt Ely, s. d.) den Namen der Elyinsel
(Isle of Ely). Das südliche Cambridge ist ein aus Kreide
[* 25] und Grünsand bestehendes Hügelland. Nur ein Drittel der
Grafschaft enthält Ackerboden, das übrige ist Grasland, namentlich das Nenethal fast nur Wiesen-
und Weideland. Bei Upware sind Lager
[* 26] von Koprolithen, die wegen ihres reichen Gehaltes an Phosphaten als künstlicher Dünger
dienen. Die Haupterwerbszweige sind Ackerbau und Viehzucht.
[* 27] Die Grafschaft schickt drei Mitglieder in das Parlament. In alter
Zeit war Cambridge Wohnsitz der Iceni. Es fehlt nicht an Überresten röm. Altertümer.
2) Hauptstadt der Grafschaft Cambridge, alte Municipalstadt, Parlamentsborough und nächst Oxford
[* 28] die bedeutendste engl.
Universitätsstadt, liegt an dem schiffbaren, hier zwölfmal überbrückten Cam in flacher Gegend, an 4 Bahnlinien, zählt
(1891) 36983 E. und hat mit ihren engen unregelmäßigen ältern Stadtteilen, den herrlichen alten Bäumen (besonders in den
Backs hinter den Colleges), den Wiesen und Spielplätzen den halb-mittelalterlichen, idyllischen
Charakter bis heute gewahrt.
Industrie und Manufaktur fehlen fast gänzlich; die Universität ist die Hauptnahrungsquelle der Einwohner. Cambridge besitzt an Sehenswürdigkeiten
die Universitätskirche St. Mary the Great, die Bibliothek, die älteste, drittgrößte Englands (400000 Werke und über 6500 Handschriften,
darunter der CodexBezae, ein neues Testament von etwa 500 n. Chr.), das stattliche Fitzwilliam Museum (mit
wertvollen Kunstsammlungen), das Senate House, die Pitt Press (Universitätsdruckerei), Addenbrooke's Hospital sowie die 1101 eröffnete
altertümliche Round Church (Kirche des HeiligenGrabes) im frühnormann. Stil. - Cambridge, als Cair Grant eine Niederlassung der Briten,
hieß zur Römerzeit Camboritum, im spätern Mittelalter Grantebrigge oder Cantebrigge.
3) Die Universität bildet ein Gemeinwesen für sich und hat der Stadt gegenüber mehrere alte Privilegien, z. B.
die Aufrechterhaltung der öffentlichen Disciplin und Handhabung eines Teils der Sittenpolizei, die Überwachung der Häuser,
in denen Studenten wohnen dürfen (licensed lodgings), das Verbot des Besuchs gewisser Geschäfte, welche
der Verschwendungssucht der Studenten Vorschub leisten (Discommuning), zäh bewahrt. Über ihren Ursprung fehlt es an urkundlichen
Nachrichten.
Sie wurde, gleich Oxford, nach dem Muster der UniversitätParis zu Anfang des 13. Jahrh. eingerichtet und entwickelte sich
vermutlich aus dem Unterricht, den Geistliche der Diöcese Ely hier bereits im 12. Jahrh.
erteilten. Der Anteil, den am geistigen Leben der Nation genommen, war nie bedeutender als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh.,
seitdem durch zwei königl. Kommissionen (1850 und 1872) und unter Beihilfe von Mitgliedern der Universität die größtenteils
aus der Zeit Elisabeths stammende Verfassung im Geiste der Neuzeit umgestaltet wurde.
Aus den Untersuchungen der ersten Kommission gingen die Statuten von 1858 hervor. Da die Änderungen alsbald nicht mehr genügten,
wurden durch die zweite Kommission die Reformen weiter geführt, in der Universities of Oxford and Cambridge Act (1877) festgelegt
und 1882 durch die Bestätigung der Königin rechtskräftig. Die wichtigsten Änderungen waren die Abschaffung
des Monopol der engl. Hochkirche (abolition of religious tests, 1871) auf Ämter und Einkünfte
der Universität und der Colleges
sowie auf viele Stiftungen, welche jetzt auch Dissenters erringen können, die Umgestaltung der Einrichtungen betreffend Fellowships
(Fellows dürfen jetzt heiraten und erhalten ihre Fellowship meist nur auf 6-7 Jahre), die Heranziehung
der Colleges zu Beiträgen für Universitätszwecke, die Umgestaltung älterer und Einrichtung neuer Studienzweige sowie
die Zulassung von Studentinnen für die höchsten Studien und Prüfungen.
Verwaltung und Einkünfte. Die Universität ist völlig selbständig in Bezug auf Verwaltung, Aufstellung von Lehrplänen, Prüfungsordnungen
und Anstellung ihrer Beamten. Sie erhält keinerlei Staatszuschüsse und hat zwei besondere Abgeordnete
im Parlament. Die Verwaltungsbehörde wird gebildet durch sämtliche Doctors und Masters der Faculties, welche in ihrer Gesamtheit
als Senate bezeichnet werden, und deren Zahl (1892) 6774 beträgt. Die Gesamtzahl aller Angehörigen der Universität beläuft
sich auf 13044. Ein engerer Ausschuß wird gebildet durch etwa 500 in Cambridge ansässige Senatsmitglieder,
meist Universitäts- und Privatlehrer, auch Fellows der Colleges, welche, unter gewissen Bedingungen, ausgedehntere Rechte,
besonders Wahlrechte, haben.
Man nennt sie Graduates on the Electoral Roll. Aus ihnen bildet die Universität wieder eine Reihe von Ausschüssen für die
verschiedenen Verwaltungs- und Lehrzwecke. Nach außen wird die Universität vertreten durch den Chancellor,
den High Steward und Deputy High Steward, die, den gewöhnlichen Geschäften fernstehend, hauptsächlich repräsentieren. Praktisch
steht an der Spitze der meist alle 2 Jahr wechselnde Vice-Chancellor, welcher stets Master eines Colleges sein muß.
Ihm zur Seite stehen der Registrary (Archivar), Commissary, Librarian, Counsil (Rechtsbeistand), 2 Esquire
Bedells sowie der Public Orator (der im Namen der Universität öffentliche Reden in lat. Sprache
[* 29] hält). Die innere Verwaltung
und Disciplin liegt in den Händen von Comittees. Die wichtigsten Fragen der Verfassung und Verwaltung berät der Council, ein
Rat aus 16 regelmäßig wechselnden Vertrauensmännern (außer dem Kanzler und Vicekanzler). Die Finanzen
verwaltet der Financial Board, dessen Bericht alljährlich im «University Reporter» veröffentlicht wird; die Disciplin wird
gehandhabt von den Sex Viri (für Graduates), vom Court of Diciplin (6, für Undergraduates).
Die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Straßen und die Sittenpolizei besorgen die 2 Proctors und 4 Pro-Proctors
mit ihren Pedellen. Eine wichtige Rolle spielen auch die 17 Heads of Colleges sowie der Censor der Non-Collegiate Students.
Die oberste Studienleitung liegt in den Händen des General Board of Studies, in welchem die einzelnen Fächer
[* 30] durch je einen
Abgeordneten vertreten sind. Für die Sonderinteressen der Einzelfächer bestehen Special Boards of Studies,
welche teilweise den deutschen Fakultäten entsprechen.
Solcher Special Boards besitzt Cambridge 12, nämlich für Divinity, Law, Medicine, Classics, Medieval und Modern Languages, OrientalStudies, History and Archæology, Moral Science (Philosophie und Volkswirtschaftslehre), Mathematics, Physics and Chemistry,
Biology and Geology und für Music. Alle Professoren und ältern Docenten sind Mitglieder der Special Boards,
von den jüngern Lehrkräften nur eine beschränkte Anzahl. Alle Lehrpläne, Prüfungsordnungen, An-
^[Artikel, die man unter C vermisst, sind unter K aufzusuchen.]
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