mehr
stianae", zuerst lateinisch, dann französisch (deutsch von
Spies, Wiesb. 1888). Das Werk wurde
Franz I. gewidmet, um ihn durch
klare Darlegung der prot.
Lehre
[* 2] zu einem mildern
Verfahren gegen die
Protestanten zu bewegen. Später hat Calvin
die «Institutio»
vielfach überarbeitet (die wichtigsten
Ausgaben sind neben der ersten die
Straßburger von 1539, die
Genfer
von 1559), aber
Anlage und Grundgedanken des Werks blieben dieselben. Die ganze
Glaubenslehre wird darin an der
Hand
[* 3] des apostolischen
Symbols entwickelt; die enge
Verbindung der
Glaubens- und der
Sittenlehre zeigt die praktische
Richtung von
C.s
Reformation; die
Art, wie die Prädestinationslehre den Mittelpunkt des ganzen
Systems bildet, bezeugt das streng geschlossene
Denken des Verfassers.
Von Basel
[* 4] begab sich Calvin
an den
Hof
[* 5] der Herzogin Renata von Ferrara.
[* 6] Nach kurzem Aufenthalt entzog er sich der
Inquisition durch schleunige
Flucht nach
Paris,
[* 7] 1536; auch hier nicht sicher, beschloß er wieder nach Basel
zu gehen. Der Kriegsunruhen wegen reiste
er über Genf,
[* 8] wo er anlangte und auf Veranlassung Farels (s. d.) blieb.
Als er aber mit den
Genfer Predigern Farel und Caraud
Ostern 1538 erklärte, wegen der herrschenden Sittenlosigkeit das
Abendmahl
nicht austeilen zu können, erhielten die Libertiner (s. d.) das Übergewicht:
den drei Predigern wurde befohlen, die Stadt innerhalb dreier
Tage zu verlassen. Calvin
begab sich
nach
Straßburg,
[* 9] wo er das Predigtamt an der Gemeinde franz. Flüchtlinge und eine Professur
an der
Akademie übernahm. Von hier aus trat Calvin
auch den deutschen
Reformatoren näher, besonders
Melanchthon. Um eine
Vereinigung
zwischen den Anhängern der schweiz. und der deutschen
Reformation anzubahnen, unterzeichnete Calvin
die
Augsburgische Konfession
und schrieb seine
Abhandlung über das
Abendmahl (französisch 1540; lateinisch von des Gallars 1545).
Nach wiederholter
Aufforderung kehrte Calvin
nach Genf
zurück, und wurden die von ihm entworfenen kirchlichen
Organisationsgesetze angenommen. Die Stadt ward in bestimmte
Bezirke eingeteilt, die Zahl der Geistlichen
und ihre Verrichtungen festgesetzt; ihre
Wahl sollten die andern Geistlichen vollziehen, dagegen dem
Rat und den Gemeinden
nur die
Bestätigung zustehen. Den Geistlichen wurden
Älteste beigeordnet. Die (12)
Ältesten und die (6) Geistlichen bildeten
das Konsistorium, das die Kirchenzucht übte, über die
Lehre dagegen nicht zu urteilen hatte.
Der Besuch des Gottesdienstes ward obrigkeitlich überwacht, alljährlich nahm das Konsistorium häusliche Visitationen vor
zur Erforschung des
Glaubens und der
Sitte. Wo kirchliche
Strafen erfolglos blieben, schritten die weltlichen
Richter mit harten
Maßregeln ein. Diese
Strenge verursachte 1555 einen
Aufruhr der Libertiner; sie wurden überwunden und
vier der Führer hingerichtet, überhaupt übte Calvin
keine Schonung, wo es galt, das von ihm als notwendig Erkannte
in
Glauben oder
Sitte durchzuführen.
Castellio (s. d.) mußte aus Genf
weichen, Servet (s. d.)
ward wegen abweichender
Auffassung der Trinitätslehre 1553 verbrannt. Unermüdlich thätig war Calvin für Predigt und Seelsorge.
Hatte er schon 1536 in franz.
Sprache
[* 10] (1538 lateinisch) einen
Auszug aus der «Institutio» herausgegeben,
der, obgleich ohne Frage und Antwort, meist
«Katechismus» genannt wurde, so erschien 1545 der «Catéchisme
de l' église de
Genève».
Durch solche Mittel erreichte Calvin, daß das ganze öffentliche und private Leben in Genf von dem Geiste strenger Kirchlichkeit getragen wurde. Die 1559 gestiftete Genfer Akademie wurde bald die Bildungsanstalt für die meisten reform. Geistlichen aller Länder und Calvin ihr Lehrer. Seine Vorlesungen behandelten die Exegese der biblischen Schriften, und aus ihnen sind seine Kommentare hervorgegangen. Durch ausgedehnten Briefwechsel nahm Calvin direkten Anteil an den Geschicken der reform. Kirche fremder Länder, Frankreichs, Englands, Hollands; durch den Consensus Tigurinus (s. Consensus und Bullinger) von 1549 wandte sich auch die deutsche Schweiz [* 11] der Lehrweise C.s zu. Er starb
Calvin und nicht Zwingli hat der reform. Kirche ihren eigentümlichen Charakter aufgeprägt. Wie alle Reformatoren der Schweiz und Deutschlands, [* 12] geht auch Calvin von dem Augustinischen Gedanken der allwirkenden Macht Gottes aus, neben der die menschliche Freiheit völlig verschwindet. Keine eigene Leistung kann uns das Heil erwerben, es beruht allein auf dem ewigen Ratschluß Gottes. Dieser ist ein doppelter; ohne Rücksicht auf menschliches Verdienst, bloß auf Grund göttlichen Wohlgefallens für die einen ein Ratschluß zum Heil und zur ewigen Seligkeit, für die andern ein Ratschluß zum Bösen und zur ewigen Verdammnis, der alle Menschen durch Adams Sünde verfallen sind. Da die Menschen eine ungenügende natürliche Erkenntnis Gottes und des Heils haben, so muß die Offenbarung in der Schrift eintreten.
Ihr demütig zu folgen ist des Menschen Sache. C.s Eigentümlichkeit ist es nun, diese Forderung ebenso nachdrücklich für das Handeln wie für das Glauben geltend gemacht und damit die Durchdringung aller Verhältnisse des Lebens durch den ernsten Geist gesetzlicher Frömmigkeit erstrebt zu haben. Die Schriften C.s erschienen gesammelt Genf 1617 in 12 Foliobänden, dann Amsterd. 1671 und im «Corpus Reformatorum» (hg. von Baum, Cunitz und Reuß, [* 13] bis Ende 1892 48 Bde., Braunschw. seit 1863). -
Vgl. Henry, Das Leben J. C.s (3 Bde., Hamb. 1835 - 44);
Stähelin, J. Calvin (2 Bde., Elberf. 1860 - 63);
Galiffe, Quelques pages d' histoire (ebd. 1863);
Biguet und Tissot, Calvin d' après Calvin (ebd. 1864);
Kampschulte, J. Calvin, seine Kirche und sein Staat in Genf (Bd. 1, Lpz. 1869);
Lobstein, Die Ethik C.s (Straßb. 1877);
Eigeman, Leven van Calvijn (Leiden [* 14] 1881);
vom kath. Standpunkte: Audin, Histoire de la vie, des ouvrages et des doctrines de Calvin (2 Bde., Par. 1841; 6. Aufl. 1873; deutsch von Egger, 2 Bde., Augsb. 1843 - 44);
Cornelius, Die Verbannung C.s aus Genf (Münch. 1886);
ders., Die Rückkehr C.s nach Genf (2 Abhdl., ebd. 1888 - 89).
Klarheit über C.s Jugendzeit bringt: Lefranc, La jeunesse de Calvin (Par. 1888).