mehr zum
Durchbruch. Ein anderer Umstand veränderte den Charakter dieses regierenden Kollegiums. Während dasselbe früher
stets in Gegenwart des Königs tagte, wurde die
Abwesenheit des Königs allmählich zur festen Regel. Hierdurch wurde es aber
nötig, daß ein Minister besonders den Verkehr mit dem Könige übernahm, und aus dieser
Notwendigkeit entwickelte
sich das
Institut eines Premierministers. Die Existenz eines leitenden Staatsbeamten war früher nicht beliebt gewesen, und
die Abschaffung der Hauptstaatsämter Lord High Treasurer und Lord High
Admiral hing hiermit zusammen.
Daraus erklärt es sich auch, daß die Bezeichnung Prime Minister noch lange verpönt blieb;
Sir Robert
Walpole, der thatsächlich
als der erste engl. Premierminister bezeichnet werden muß, lehnte den
Titel ab. Erst vom Anfange des 19. Jahrh.
kommt er regelmäßig in Gebrauch. Amtlich ist er zum erstenmal auf dem
Berliner Kongreß
[* 2] angewandt worden; in dem
Protokoll
wird Lord
Beaconsfield als First Lord of
Her Majesty's Treasury, Prime Minister of England bezeichnet.
- Die Versuche
Georgs III., nach der alten
Weise durch Verkehr mit den Staatsdepartements ohne Vermittelung eines Regierungskollegiums
die
Geschäfte zu leiten, bedrohten die weitere
Entwicklung des
Instituts eines
Staatsministeriums, mußten aber bereits 1782 aufgegeben
werden. Das in diesem Jahre gebildete Ministerium Rockingham kann als das erste Cabinet im modernen
Sinne angesehen werden. Von dieser Zeit an entwickelt sich auch der Grundsatz der
Solidarität des Cabinet. Jetzt ist es ein unumstößlicher
Grundsatz, daß, wenn das
House of Commons die Politik eines Ministers mißbilligt, dies den Rücktritt aller Minister und
die
Nachfolge der
Anhänger des neuen Ministerpräsidenten bedingt.
Wenn sich die
Lage der Parteien im
House of Commons verändert, beruft der
Souverän ein leitendes Mitglied
der herrschenden Partei, mit dem
Auftrage, ein Cabinet zu bilden. Wenn er diesen
Auftrag annimmt, wird er Prime Minister, und er
besorgt dann die Verteilung der
Ämter. Es besteht keine feste Regel darüber, welcheÄmter zu einem Sitze
im C. berechtigen. Immer sind im C. der Lord Chancellor (s. d.), der Präsident
des
Privy Council, die fünf
Staatssekretäre, der First Lord of the Treasury (erster Verweser des
Amtes des Lord High
Treasurer
- seine Thätigkeit als
Departements-Chef ist gering; er ist Leiter der Partei imHouse of Commons und
meistens Prime Minister) und der Chancellor of
Exchequer (Finanzminister). Ist ein neuzuernennender
Kabinettsminister noch
nicht
Privy Councillor, so muß er vor seiner Ernennung als solcher bestellt werden. Die
Beratungen des Cabinet werden streng geheimgehalten.
(S. auch
Kabinett.)
(engl., spr. kehbl, frz.
Encablure),
Kabellänge, Längenmaß der Seeschiffahrt (nautisches
Maß), ist ursprünglich die Länge der Ankertaue. In England
und den
Vereinigten Staaten
[* 3] von
Amerika
[* 4] war das Cable = 120
Faden
[* 5] (fathoms) oder 240
Yards (720 Fuß) = 219,15 m. Neuerdings rechnet
man es, wenigstens in England,Deutschland
[* 6] und
Österreich-Ungarn,
[* 7] gleich dem zehnten
Teile der Seemeile=1/600
Äquatorgrad, welcher 202,866
Yards oder 185,511 m, rund 185 m, ergiebt. In
Frankreich hat die neue oder metrische
Kabellänge
(Encablure nouvelle) 200 m, während die frühere 120 alte
PariserFaden (brasses) oder 600 alte
Pariser Fuß = 194,904 m hatte.
(S. auch
Faden.)
(spr. kehbl),GeorgeWashington,
[* 8] nordamerik. Novellist, geb. zu Neuorleans, war anfangs
Kaufmann, dann
unter allerlei Wechselfällen
Soldat, Laufbursche, Geometer, Journalist, bis seine 1879 erschienenen «Old
Creole
Days» seine Schriftstellerlaufbahn sicherten. Cable ist ein ausgezeichneter Beobachter, Kenner und Schilderer
des kreolischen und Negerlebens in Louisiana. Er wohnt seit 1886 in
Northampton (Massachusetts). Seine
Werke sind: «The Grandissimes» (1880),
(spr. -oschiäng),Name einer demokratischen Partei 1411 in
Paris,
[* 9] die sich nach ihrem Führer, dem Fleischergesellen
Caboche, nannte.
In den Kämpfen der Hofparteien unter dem schwachen
Karl VI. erklärten sich die Cabochiens für den volksfreundlichen
Johann den Unerschrockenen vonBurgund und rissen die Herrschaft in
Parisan sich.
Bald aber erschien die
Gegenpartei der
Orléans
[* 10] unter dem
Grafen von
Armagnacvor der Stadt;
Burgund selbst und die
Bürger wandten sich von der Pöbelherrschaft
der ab, und gegen letztere brach nun
(Sommer 1413) eine grausame Reaktion herein. -
(frz., spr. -oschóng), ein
Edelstein, der oben rund geschliffen ist (mugeliger Schnitt). Ist die Unterseite
eben, so heißt er einfacher Cabochon, ist der
Stein auch unten gerundet, doppelter (S. auch
Edelsteinschleiferei.) Man verwendet
den mugeligen Schnitt für schillernde
Edelsteine
[* 11] (z. B. für
Opal,
Sternsaphir) und für undurchsichtige,
die nur der Schönheit ihrer
Farbe wegen Verwendung finden (z. B.
Türkis). Flache Cabochon, wie sie besonders für
Opal angewendet
werden, nennt man gouttes de suif. - Cabochon chevé oder évidé heißt ein unten ausgehöhlter mugeliger
Stein (böhm. Granat).
[* 12]
Frio,Vorgebirge mit
Leuchtturm, an der Ostküste
Brasiliens, unter 23° 0' 42" südl.
Br. und
42° westl. L. von Greenwich, liegt auf der Südspitze einer etwa 5 km langen, im nördl.
Teile 394 m hohen
Insel. Eine bis 200 m tiefe Enge im Gneisfelsen, welche die
Insel vom Festlande trennt, bietet selbst den
größten Schiffen vollkommenen Schutz und dient als Kriegshafen und den nach Rio
[* 13] de Janeiro fahrenden
Dampfern als Schiffahrtsstraße. Im Hintergrunde der
Bai, an der Lagune Araruama, die Stadt Cabo Frio
engl.
Cabot, zwei
Italiener,
Vater und Sohn, die zu den ersten Entdeckern
Amerikas gehören.
Giovanni Caboto, der Entdecker des nordamerik. Festlandes, geb. um 1420 wahrscheinlich
in Genua,
[* 14] kam in Handelsinteressen etwa 1490 nach
Bristol und entdeckte, nach mehrern vergeblichen Versuchen, einen Weg nach
Kathai
(China)
[* 15] zur See zu finden, endlich (nicht 1494), begleitet von seinem
Sohne Sebastian,
die
Küste
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
Nordamerikas, die er «Terra de prima vista» nannte, und weiter die St. Johns-Insel. Wahrscheinlich traf er auf die Küste von
Labrador. Eine zweite Expedition mit 5 Schiffen ging ab und kehrte wahrscheinlich im Herbste zurück. Die Resultate
sind nicht bekannt geworden. Giovanni Caboto oder John Cabot, wie er in England hieß, starb 1498 oder 1499. -
Sebastian Caboto, geb. 1472 zu Venedig,
[* 17] machte nach des VatersTode um 1503 noch eine Fahrt, trat aber, nach dem Tode des Königs
Heinrich VII. (1509), 1512 in span. Dienste.
[* 18]
Ferdinands des KatholischenTod 1516 vereitelte seinen Plan, die nordwestl. Durchfahrt nach Asien
[* 19] zu suchen.
Hierauf trat er wieder in engl. Dienste und führte 1517 ein Geschwader nach Labrador, wo er aber durch die Feigheit seines
UnterbefehlshabersThomas Pert zur baldigen Rückkehr genötigt ward. Von neuem trat er nun in span. Dienste
und sollte 1526 ein Geschwader nach den Molukken führen; aber er kam nur bis zum La-Plata, weshalb er
nach seiner Rückkehr durch den IndischenRat auf 2 Jahre nach Oran verbannt wurde. 1544 entwarf er in Sevilla
[* 20] seine berühmte
Weltkarte (vgl. Jomard, Les Monuments de la géographie, Par. 1862). Gegen Ende 1547 verließ er heimlich Spanien
[* 21] und ging
wieder nach England, wo ihm Eduard VI. das Amt eines Oberaufsehers über das Seewesen erteilte. Noch 1555 wurde
er der Urheber und Beförderer einer Expedition der Merchants Adventurers, welche den Handel der Engländer nach Rußland begründete,
indem Rich.
Chancelor am Bord derBonaventura im Hafen von Archangelsk einlief. Caboto starb kurz nach 1557 zu London.
[* 22] -
Vgl.
d'Avezar, Les navigateurs terreneuviens Jean et Sébastien Caboto (Par. 1869);
Nicholls, Life, adventures and discoveries of Seb.
Caboto (Lond. 1869);
H. Harrisse, Jean et Sébastien Caboto (Par. 1882).