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brachte. Leontius und Tiberius wurden enthauptet, ihre Anhänger mit furchtbarer Grausamkeit verfolgt; die Chersoniten aber, an denen sich Justinianus wegen der Geringschätzung, die er bei ihnen erfahren hatte, zu rächen gedachte, stellten ihm Philippikos Bardanes als Gegenkaiser entgegen. Von seinem Heer und den Bulgaren verlassen, ward Justinianus 711 ermordet. Mit ihm erlosch Heraklius’ Stamm. Philippikos machte sich durch Begünstigung der seit 680 verdammten Lehren [* 2] der Monotheleten verhaßt und wurde schon 3. Juni 713 abgesetzt und geblendet.
Sein Nachfolger Anastasios II. (713–716) begab sich zu Anfang des J. 716 in ein Kloster, da das gegen die Araber bestimmte Heer sich gegen ihn empört und Theodosius III. als Kaiser ausgerufen hatte. Dieser legte nach einigen Monaten die Krone nieder, als der gewaltige Leo, ein Isaurier und Feldherr der Truppen des Orients, ihn nicht anerkannte und gegen Konstantinopel [* 3] anrückte. Leo III. (s. d.; 717–741) behauptete sich auf dem Throne gegen einen furchtbaren Angriff der Araber und trieb sie im Aug. 718 siegreich von Konstantinopel zurück.
Leo trat mit energischen Reformen auf, namentlich in Stärkung der Centralgewalt, in der Verwaltung, der Rechtspflege, der Finanzwirtschaft und als Schöpfer einer neuen, sehr kriegstüchtigen Armee. Dagegen gab sein Auftreten (seit 723 und noch mehr seit 725) gegen den zu krassem Aberglauben ausgearteten kirchlichen Bilderdienst Anlaß zum Bruch mit den Italienern wie zum Ausbruch erbitterter innerer Streitigkeiten und zur Entstehung der Parteien der Ikonodulen und Ikonoklasten (s. Bilderdienst und Bilderverehrung).
Das Exarchat von Ravenna ging darüber verloren. Die morgenländ. Provinzen wurden gegen die Raubzüge der Araber, gegen die er 739 bei Akroinon in Phrygien eine große Schlacht gewann, kraftvoll geschützt. Sein Sohn Konstantin V. (741–775), als bilderstürmender Kaiser mit dem Schimpfnamen Kopronymos («mistnamig») bezeichnet, ein tapferer und energischer Fürst, bezwang seinen aufrührerischen Schwager Artabasdos, einen Bilderfreund, 743 in Kleinasien, entriß den Arabern einen Teil Syriens und Armeniens und überwand zuletzt auch die Bulgaren seit 755 in harten Kämpfen.
Ihm folgte sein Sohn Leo IV. (775–780), der mild herrschte und durch seine Feldherren die Grenzen [* 4] gegen die Araber sicherte; diesem sein unmündiger Sohn Konstantin VI., dessen herrschsüchtige Mutter Irene als Vormünderin und Mitregentin sich 787 durch Wiedereinführung des 754 durch ein Konzil verdammten Bilderdienstes eine mächtige Partei machte. Konstantin strebte in reifern Jahren umsonst, sich von ihrem und ihres Lieblings Staurakios’ Einfluß zu befreien; endlich wurde er auf Befehl seiner Mutter 797 geblendet und vom Thron [* 5] verdrängt.
Eine Empörung, die infolge der gewaltthätigen Regierung Irenes ausgebrochen war, erhob 802 den Finanzminister Nikephoros auf den Thron. Irene starb 803 auf Lesbos. Der Krieg gegen die Araber und Bulgaren hatte indes fortgedauert; Nikephoros fiel in einer Schlacht gegen die letztern 25. Juli 811. Sein Sohn Staurakios verlor schon nach wenigen Monaten die Krone an seinen Schwager Michael I. Rhangabé. Dieser mußte 813 seinem Feldherrn Leo V., dem Armenier (813–820), weichen.
Leo war ein kräftiger Regent und siegreich gegen die Bulgaren; er fiel aber 820 durch eine Verschwörung, die sich wegen seines Eifers gegen den Bilderdienst wider ihn gebildet hatte. Michael II., der Stammler (820–829), früher Freund und Feldherr Leos, ward aus dem Kerker auf den Thron gehoben. Er überwand 824 in Kleinasien den abtrünnigen Feldherrn Thomas, den die Araber unterstützten; aber Kreta (seit 824) und seit 827 auch Sicilien gingen unter ihm an diese verloren.
Unter der Regierung seines Sohnes, des vielfach ausgezeichneten Theophilos (829–842), kämpften die Feldherren Manuel und Theophobus siegreich, aber doch im ganzen fruchtlos gegen die Araber. Theodora (s. d.), Theophilos’ Gemahlin, beendete als Vormünderin (bis 856) Michaels III. (842–867) den Streit über den Bilderdienst, der nunmehr durch ein Lokalkonzil zu Konstantinopel 842 wieder eingeführt wurde. Während man die Paulicianer verfolgte, verwüsteten die Araber asiat. Provinzen.
Nachdem Theodora von der Regentschaft zurückgetreten war, führte für ihren grausamen und ausschweifenden Sohn bis 866 ihr Bruder Bardas die Regierung, und nach dessen Ermordung Michaels Günstling, der Oberkammerherr Basilius, der Macedonier. Dieser ließ Michael töten und herrschte hierauf als Basilius I. (s. d.) mit Weisheit und Kraft [* 6] (867–886). Gegen die Paulicianer und gegen die Araber war er siegreich, doch ging Syrakus [* 7] 878 an die letztern verloren. Seine Dynastie, die der macedon.
Kaiser, erhielt sich mit wenigen Unterbrechungen bis 1056 auf dem byzant. Throne. Die Regierung seines gelehrten Sohnes, Leos VI., des Philosophen (886–912), war nicht glücklich. Die Einfälle der Bulgaren und Araber, deren Korsarenflotte 904 Thessalonich plünderte, häuften sich und dauerten auch unter seinem Sohne Konstantin VII. Porphyrogennetos (912–959) fort, über den anfangs sein Oheim Alexander, früher Leos VI. Mitregent, gest. 913, dann seine Mutter Zoe die Vormundschaft führte.
Romanos I. Lekapenos, Konstantins Großadmiral und Schwiegervater, zwang diesen 920, den Thron mit ihm und seinen Söhnen zu teilen; doch bemächtigte sich Konstantin desselben gegen Ende 944 wieder allein und regierte mild, aber schwach. Unter seinem Sohne Romanos II. (959–963) ward Kreta 961 den Arabern durch Nikephoros Phokas entrissen. Diesen erhob nach des Kaisers Tode dessen Witwe Theophano auf den Thron als Nikephoros II., ließ ihn aber 969 ermorden, um seinem Neffen Johannes I. Tzimiskes ihre Hand [* 8] zu geben, welcher bis 976 regierte, wie sein Vorgänger siegreich gegen die Araber in Kleinasien war und mit Erfolg gegen die Bulgaren sowie gegen die Russen kämpfte, die zuerst unter Michael III. als Feinde des Byzantinisches Reich erschienen waren.
Johannes' I. Nachfolger Basilius II. (s. d.; 976–1025), Romanos’ II. Sohn, wußte sich gegen zwei rebellische Feldherren, Bardas Skleros und Bardas Phokas, zu behaupten. Das bulgar. Reich ward durch ihn nach langem Kampfe 1018 byzant. Provinz und blieb es bis 1186, wo die Bulgaren sich wieder unabhängig machten. Sein Bruder Konstantin VIII. (1025–28) glich ihm nicht. Durch dessen Tochter Zoe (s. d.) gewann 1028 Romanos III. Argyros den Thron, welcher, in seinen Kriegen gegen die Araber meistens unglücklich, einige Erfolge nur seinen Feldherren Maniakes, Theoctistus und Karandenos verdankte. Kaiserin Zoe reichte nach Romanos’ Tode 1034 dem fallsüchtigen Michael IV. ihre Hand, ¶
Byzantinisches Reich um das Jahr 1000 n. Chr. ¶
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der nur dem Namen nach regierte. Nach dessen Tode 1011 regierte ihr Adoptivsohn Michael V. (s. d.) wenige Monate. Der letzte Gatte der alternden Zoe wurde dann 1042 Konstantin IX. Russen, Petschenegen und Araber verheerten indes das Reich; in Asien [* 11] traten die seldschuk. Türken als gefährliche Feinde auf; in Unteritalien ward durch die Normannen die byzant. Herrschaft auf Bari eingeschränkt. Nach Konstantins Tode ward Theodora (s. d.), der Zoe Schwester, zur Kaiserin gewählt.
Michael VI., seit 1056 ihr Nachfolger, wurde schon 1057 durch einen Aufstand der Aristokratie entsetzt und Isaak I. Komnenos (s. d.) auf den Thron erhoben. Dieser, mit dem die Reihe der komnenischen Kaiser beginnt, ging 1059 freiwillig ins Kloster. Sein von ihm ernannter Nachfolger aus anderm Geschlecht, Konstantin X. Dukas, focht glücklich gegen die Uzen. Eudokia, dessen gelehrte Gemahlin, seit 1067 als Witwe Vormünderin seiner Söhne Michael, Andronikos und Konstantin, heiratete Romanos IV. Diogenes und gab diesem dadurch die Krone.
Nachdem derselbe anfangs glücklich gegen die Seldschuken gefochten hatte, geriet er in deren Gefangenschaft 1071; er kaufte sich los, wurde aber als Gegner des inzwischen auf den Thron gekommenen Michael VII. in Kleinasien besiegt und darauf geblendet. Seinen Nachfolger Michael VII., Konstantins X. Sohn, entthronte 1078 Nikephoros III. und diesen zu Anfang des April 1081 Alexios I. Komnenos (s. d.; 1081–1118), Isaaks I. Neffe, unter dem die Kreuzzüge begannen.
Alexios zeigte polit. Gewandtheit sowie Tapferkeit in seinen Kriegen mit den Normannen und den Seldschuken; ebenso erscheint er auch in seinem Verhältnis zu den Kreuzfahrern. Die nördl. Grenzen sicherte er durch Siege über die Petschenegen und Kumanen. Sein Sohn Johannes II. (1118–43) und dessen Sohn Manuel I. (1143–80) waren tüchtige Fürsten und in ihren Kriegen, namentlich an der Nordgrenze und mit den Seldschuken, meist vom Glück begünstigt. Manuels Sohn, Alexios II., ward schon 1183 durch seinen Vormund Andronikos I. (s. d.) gestürzt und dann ermordet, dieser selbst aber, der letzte der komnenischen Kaiser, in einem Aufruhr, den seine Grausamkeiten erregt hatten, 1185 umgebracht, worauf Isaak II. Angelos (s. d.; 1185–95) auf den Thron kam.
Dieser ward nach einer unruhigen Regierung von seinem Bruder Alexios III. 1195 geblendet und gestürzt. Die Kreuzfahrer des vierten Kreuzzugs und die Venetianer setzten ihn aber mit Gewalt 1203 wieder ein, zugleich mit seinem Sohne Alexios IV., der, durch seine Schwester Irene ein Schwager des deutschen Königs Philipp, bei ihnen Hilfe gesucht hatte. Aber die Konstantinopolitaner fügten sich nicht, sondern riefen im Jan. 1204 Alexios V. Dukas Murtzuphlos zum Kaiser aus, der Alexios IV. ermorden ließ, während zugleich Isaak II. vor Kummer starb.
Darauf rückten 1204 die «Lateiner» (Venetianer, Lombarden, Niederländer und Franzosen) wieder vor Konstantinopel, eroberten 13. April die Stadt und nahmen diese wie die europ. Länder des Reichs in ihren eigenen Besitz. Das Ganze ward in vier Teile geteilt, den einen (das südl. Thrazien und die diesem gegenüber liegenden Küstenlandschaften Kleinasiens vom Sangarius bis Lesbos) mit der Hauptstadt erhielt Graf Balduin von Flandern, der zum Kaiser erhoben ward (Lateinisches Kaisertum «Romanien» 1204–61), und von dem die andern Teile den übrigen Teilnehmern des Zugs zu Lehn gegeben wurden. So erlangten die Venetianer Küstenstriche am Adriatischen Meere, ein Stück von Morea und viele Inseln des Ägäischen Meers (später auch Euböa) und namentlich Kreta, das ihnen Bonifacius, Markgraf von Montferrat, verkaufte, dem als König von Thessalonich Macedonien nebst Thessalien und Südgriechenland gegeben ward.
Außerdem wurden viele Herzogtümer, Grafschaften u. s. w. zu Athen, [* 12] Salona, in Morea, auf den Inseln und andern Orten für franz. und ital. Ritter gestiftet. Aber auch einzelne griech. Dynasten behaupteten sich unabhängig auf dem Festlande. In dem westl. Teile Kleinasiens erhielt sich Theodorus Laskaris (s. d.), der von den Griechen zum Kaiser gewählt worden war und Nicäa zum Sitz der Herrschaft erhob. Im Nordosten Kleinasiens, von Sinope bis zum Phasis, machte sich zu Trapezunt ein Enkel des Andronikos, Alexios Komnenos, zum unumschränkten Herrn.
Allmählich bildeten sich aber auch griechischerseits das Despotat von Epirus (s. d.) und das Thessalonikische Kaiserreich (s. d.). Indessen konnten in Konstantinopel weder Balduin noch seine Nachfolger den schwankenden Thron behaupten; der nationale Hochmut und die kath. Unduldsamkeit der Franken machten ein gutes Verhältnis zu der unterworfenen Bevölkerung [* 13] unmöglich. Balduin selbst fiel 1205 in die Gefangenschaft der Bulgaren;
ihm folgte Heinrich von Angre, sein Bruder, der weise und tapfer bis 1216 regierte;
dann Peter, Graf von Auxerre und Courtenay, dessen Schwager, der 1217 von Theodorus Angelos, dem griech. Despoten von Epirus, gefangen wurde;
endlich, nachdem das Reich vier Jahre thatsächlich ohne Kaiser gewesen und in gänzliche Zerrüttung geraten war, Peters jüngerer Sohn Robert (1221–28).
Unter diesem und seinem Nachfolger, Balduin II. (1228–61), Roberts jüngerm Bruder, der 1231–37 unter der Vormundschaft des Titularkönigs von Jerusalem, [* 14] Johann von Brienne stand, ward ein großer Teil des Reichs von Johannes III. Dukas Vatatzes (s. d.) eingenommen, der 1246 auch Thessalonich dem Epiroten Theodorus entriß. Dem Johannes III. Vatatzes folgte in Nicäa sein Sohn Theodorus II. (1255–58), dessen minderjähriger Sprößling Johannes IV. aber durch Michael VIII.
Paläologos (s. d.) verdrängt ward. Dieser, der Stifter der letzten byzant. Dynastie (der Paläologen), eroberte endlich mit Hilfe der Genuesen, die dafür erhebliche Privilegien erhielten, Konstantinopel und machte so dem Lateinischen Kaisertum ein Ende, obwohl sich einige von Lateinern gestiftete Herrschaften in Griechenland [* 15] und auf den Inseln noch bis zum Untergang des Byzantinisches Reich und darüber hinaus erhielten. Balduin starb 1273 in Italien. [* 16] Michael suchte die Macht des Reichs neu zu erheben, erregte aber durch seine versuchte Annäherung (1274) an die lat. Kirche, von der die griechische 1054 sich definitiv getrennt hatte, die heftigste Erbitterung des Klerus und des Volks. Sein Sohn Andronikos II. (s. d.), der ihm 1282 folgte, brach daher diese Beziehungen sogleich wieder ab. Innere Unruhen und äußere Kriege, besonders wider die Osmanen, gegen die er catalon. Mietstruppen in Sold nahm, die dann aber selbst zu einem Kriege gegen ihn in Thrazien (1304–9) getrieben wurden, zerrütteten das schwache Reich. Nach dem Tode seines Sohnes Michael IX. 1320, den er zum Mitregenten angenommen hatte, nötigte ihn ¶