Bürgerliches Gesetzbuch für Österreich - Bürgerrecht
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(§§. 1749-2164) das
Erbrecht. Trotz aller
Anfechtungen, die der
Entwurf erfahren hat, ist ihm das Zeugnis nicht zu versagen,
daß er eine gründliche, ernste, im einzelnen wohlerwogene
Arbeit ist, die sich als Grundlage für eine allerdings notwendige
weitere Bearbeitung wohl eignet. Die weitere Bearbeitung ist bereits seit 1891 inAngriff genommen. Unter
dem Vorsitz des
Staatssekretärs im Reichsjustizamt
Bosse, an dessen
Stelle im März 1892 sein Nachfolger, der
StaatssekretärHanauer trat, ist eine Revisionskommission, bestehend aus Juristen, Geschäftsmännern und Parlamentariern, zusammengetreten.
Nach den Eröffnungen, welche im
DeutschenReichstage gemacht sind, steht zu erwarten, daß
das neueGesetzbuch um dieWende
des 19. Jahrhunderts wird in das Leben treten können.
Recht oder Privatrecht, die Rechtssätze, welche sich auf die Rechtsverhältnisse der
Menschen als einzelner
zueinander beziehen. Das
Recht der Einzelperson und die Pflichten der andern gegen den als Einzelperson Berechtigten geben
dem Bürgerliches Recht die Signatur, wie das
Recht der Gesamtheit und die Pflichten der einzelnen gegen die Gesamtheit
dem öffentlichen
Recht (s. d.). Das Vermögen und die Familie sind die zwei großen
Kreise,
[* 3] in welchen sich das Bürgerliches Recht bewegt.
Auch wo die einzelnen zu Gesellschaften oder
Vereinen mit vermögensrechtlichen Zwecken zusammentreten,
oder wo die
Vereine und die öffentlichen Gewalten des
Reichs, des
Staates, der
Kirche, der Gemeinde Vermögen erwerben, dasselbe
nutzen, in vermögensrechtliche
Beziehungen treten, ist es das Bürgerliches Recht, welches diese
Beziehungen beherrscht. Das Familienrecht
umfaßt die Rechtssätze über die
Ehe, ihre Eingehung und
Auflösung, die ehelichen Pflichten undRechte,
die Rechtsverhältnisse der Eltern und
Kinder, die
väterliche Gewalt, die besondere Gestaltung des ehelichen Güterrechts
und die
Rechte und Pflichten der Eltern und
Kinder gegeneinander in
Beziehung auf das Vermögen.
Das Vermögensrecht umfaßt die Bestimmungen über das Eigentum, die dinglichen
Rechte (s. d.), das geistige und gewerbliche
Eigentum (s. d.), dasRecht der
Verträge, die Forderungsrechte und Schuldverhältnisse
(Obligationenrecht,
s. d.), das
Erbrecht. Die allgemeinen Bestimmungen über Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit, über die Sachen als Gegenstand
von
Rechten, über Erwerb und
Verlust der
Rechte, über Rechtsgeschäfte, über die Gestaltung, welche die streitigen
Rechte
durch den Prozeß gewinnen oder erleiden, und auch die Bestimmungen über Korporationen und
Stiftungen
pflegen in einem allgemeinen
Teil zusammengefaßt zu werden.
Zum Bürgerliches Recht gehören auch die besondern Gruppen des
Handels-, Wechsel- und Seerechts, desBerg- und
Wasserrechts, des Lehnrechts
und bäuerlichen Güterrechts, des
Rechts der Familienfideikommisse und der
Stammgüter, des Gewerberechts, wenn auch Wissenschaft
und Gesetzgebung diese Gruppen mehr aus Bequemlichkeit als aus Zweckmäßigkeitsgründen zum
Teil besonders
behandeln und ordnen. In
Deutschland
[* 4] hat die Wissenschaft das Privatrecht nach seinem Ursprung in
Römisches Recht (s. d.)
und
Deutsches Recht (s. d.) geteilt und behandelt beide voneinander gesondert.
Das wird aufhören, wenn das
Deutsche Reich
[* 5] ein
Bürgerliches Gesetzbuch (s. d.) hat.
(Bürgemeister oder
auch
Burgemeister, vom mittelhochdeutschen burc in der Bedeutung
von Stadt, also das Oberhaupt der Stadt, nicht das der
Bürger; im Schwabenspiegel burcmeister; holländ. burgemeester; dän.
borgemester; schwed. borgmästare; engl. burgomaster; franz.
bourgmestre; ital. borgomastro) ist der jetzt allgemein gebräuchliche
Titel für den Vorsitzenden der städtischen Verwaltungsbehörde
(Stadtrat, Magistratskollegium).
Als die
Städte im Mittelalter sich mehr und mehr entwickelten und Selbstverwaltung erhielten, stellten
sie an ihre
Spitze Bürgermeister, welche an einigen Orten auf längere Zeit, sogar unter Umständen auf
Lebensdauer, gewöhnlich aber
nur auf ein oder zwei Jahre gewählt wurden, aber auch im letztern Falle oft lange Zeit im
Amte blieben.
Meist waren zwei auch drei Bürgermeister vorhanden, welche jährlich oder halbjährlich alternierten oder aber die
Geschäfte nach materiellen
Gesichtspunkten teilten; insbesondere für die Rechtspflege waren besondere Justizbürgermeister
vorhanden.
Zur Seite stand ihnen ein
Rat, oft auch eine Vertretung der Bürgerschaft, wenn diese so zahlreich war, daß sie in ihrer
Gesamtheit zu
Beratungen nicht mehr zusammenzutreten vermochte. Die
FreienStädte haben sich diese
Verfassung
lange zu erhalten gewußt; in den monarchischen
Staaten mußten sich aber die
Städte später große Einschränkungen auch
bei der Einsetzung ihres ersten Vorstehers gefallen lassen. Wie noch jetzt in
Frankreich, wurden die in vielen
Ländern, bis
zur Steinschen
Periode (1808) auch in
Preußen,
[* 6] von der Regierung ernannt.
Gegenwärtig werden sie in der Regel von der Gemeindevertretung
(Stadtverordnetenversammlung) auf eine Reihe von Jahren (in
Preußen 12) erwählt und von der Regierung (Regierungspräsident, bei großen
Städten vom König) bestätigt. In einigen
Territorien
Deutschlands
[* 7] ist staatliche
Bestätigung nicht erforderlich, so in
Baden.
[* 8] Die
Stellung der Bürgermeister ist
nach den verschiedenen Städteverfassungen sehr verschieden. In
Deutschland sind sie meist nur die Vorsitzenden des beschließenden
Gemeindevorstandes (Magistrat,
Stadtrat).
Doch kommt es auch, wie z. B. in den westl.
ProvinzenPreußens,
[* 9] vor, daß sie als Einzelbeamte unter dem
Beistande der ihnen
beigegebenenGehilfen (Beigeordneten), welche zugleich ihre
Stellvertreter sind, fungieren und nur von
der Gemeindevertretung kontrolliert werden. Dies letztere Verhältnis ist in
Frankreich (s.
Maire) und in England (s. Mayor)
allgemein. Wie der engl. Mayor zugleich Friedensrichter ist und nur als solcher, nicht als Mayor,
die Polizeigewalt in der Stadt übt, so ist auch in manchen deutschen
Staaten der Bürgermeister vom
Staate bestellter
Polizeiverwalter und, wo Polizeigerichte bestehen, Polizeianwalt. In großen
Städten wird die Polizei regelmäßig durch
besondere Staatsbehörden verwaltet. Hier und da haben auch die Vorsteher der ländlichen Gemeinden den
Namen Bürgermeister erhalten.
- In Westfalen
[* 10] und dem preuß. Rheinland werden häufig mehrere Dörfer,
Weiler und
Höfe zu einer größern (Samt-)Gemeinde,
Bürgermeisterei, vereinigt, anderen
Spitze ein Bürgermeister steht. Sind in großen
Städten zwei Bürgermeister vorhanden, so führt der erste oft den
Titel Oberbürgermeister. (S. auch Magistrat.)
Staatsbürgerrecht,Inbegriff der einem Staatsangehörigen zustehenden
Rechte, s.
Staatsbürger und Indigenat. - Bürgerrecht als
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Ortsbürgerrecht ist der Inbegriff der einem Gemeindegliede zustehenden Rechte. Dieselben bestehen in der Regel, abgesehen
von dem nach den Principien der Freizügigkeit und Gewerbefreiheit jetzt selbstverständlichen Rechte, in der Gemeinde bleibend
zu wohnen, Grundstücke zu besitzen, Gewerbe zu treiben, aus der besondern Berechtigung, an den Bürgernutzungen, Stiftungen
und etwa vorhandenen Privilegien teilzunehmen, im Falle der Not aus Gemeindemitteln Unterstützung zu
empfangen, aktiv an den Wahlen für die städtische Vertretung teilzunehmen und zu den Stadtämtern wählbar zu sein.
Das Ortsbürgerrecht wird oft nur durch ausdrückliche Verleihung und gegen Entrichtung einer Gebühr erworben, wobei man
die Befähigung und die Verpflichtung dazu sowie den Anspruch darauf unterscheiden kann. An manchen Orten
werden den Bürgern zum Zeugnis ihrer Aufnahme in das Gemeindebürgerrecht Bürgerbriefe ausgestellt. Die deutschen Gesetzgebungen
über das Gemeindebürgerrecht sind auch heute noch sehr verschieden, doch gelangt das nach der Französischen Revolution
allmählich auch in Deutschland angenommene System der reinen Einwohnergemeinde zu immer allgemeinerer
Anerkennung und beherrscht insbesondere auch die preuß. Städteordnungen. In einigen Gegenden unterscheidet man allerdings
auch heute noch streng zwischen Einwohnergemeinde und Bürgergemeinde. Der erstern gehören alle Einwohner der Gemeinde an,
der Bürgergemeinde nur diejenigen Personen, welche die Mitgliedschaft erworben haben. Die Bürgergemeinden besitzen meist keine
polit. Vorrechte, aber mehr oder weniger beträchtliches Eigentum, welches sie verwalten und an dessen
Nutzungen ihre Glieder
[* 12] teilnehmen. (S. Bürger.) - Römisches Bürgerrecht, s. Civitas und Römisches Recht.