Nach dem
Abschlüsse des
Tilsiter Friedens (1807) wurde er bei der
Bildung des
Staatsrats im neuerrichteten Königreich Westfalen
[* 8] als Mitglied desselben nach
Cassel berufen und 1808 zum Finanzminister ernannt. Unter den schwierigsten
Verhältnissen organisierte er das
System und die
Verwaltung der
Steuern und war mit vielem Geschick bemüht, den namentlich
durch Napoleons maßlose Forderungen zerrütteten
Finanzen Ordnung und Festigkeit
[* 9] zu verleihen. In
Anerkennung dessen erhob
ihn König
Jérôme in den Grafenstand, den 1816 auch der König vonPreußen
[* 10] bestätigte.
Jedoch infolge von
Intriguen seiner Gegner wurde er als deutsch-patriotischer Gesinnungen verdächtig seines
Amtes
entlassen und lebte von da an auf seinem Gute Essenroda, bis ihn der König von
Preußen gegen Ende 1813 auf
HardenbergsVorschlag
zum Staats-und Finanzminister ernannte. Als ehemaliger westfäl. Beamter hatte er von vornherein hier
eine ungünstige
Stellung.
Daß er Ersparungen erstrebte durch Schwächung der Wehrverfassung, steigerte die Gegnerschaft gegen
ihn, und seine Finanzpläne fanden 1817 entschiedene
Ablehnung im
Staatsrate. Er trat zurück und übernahm das für ihn neuerrichtete
Ministerium des
Handels und der
Gewerbe nebst dem Baudepartement. Als darauf 1825 das Ministerium des
Handels
und der
Gewerbe mit dem Ministerium des Innern verbunden wurde, übertrug ihm der König das Oberpräsidium von
Schlesien.
[* 11] Bülow starb jedoch bald darauf im
Bade zu
Landeck.
Margarete von, Novellistin, geb. zu
Berlin, verbrachte ihre Kindheit teils in
Thüringen, teils
in Smyrna, wo ihr
Vater preuß. Konsul war.
Früh zu Selbständigkeit entwickelt, lebte sie 1876-78 mit der Familie in England,
seit 1881 in
Berlin, wo sie beim Versuche, einen beim Eislauf eingebrochenen
Knaben zu retten, im Rummelsburger See
ertrank. Sie schrieb «Novellen» (Berl. 1885;
mit
Vorwort von Julian Schmidt),
Ernst von, konservativer Publizist, geb. zu Pritzau in
Mecklenburg-Schwerin, trat 1788 als
Lieutenant in die hannov.
Armee ein, schied jedoch 1790 bereits wieder aus. Nachdem er in Rostock
[* 12] und
Jena
[* 13] studiert hatte, ließ er sich als Grundbesitzer in
Pommern
[* 14] nieder und erwarb u. a. 1804 das Gut Cummerow im
Kreise
[* 15] Regenwalde.
Seit dieser Zeit nahm er sehr thätigen Anteil an den ständischen Verhandlungen über die Verfassungsreformen in
Preußen. 1812 war
er Mitglied der sog. interimistischen Nationalrepräsentation und später
der unter dem Vorsitze des Kronprinzen gebildeten
Kommission für die
Beratung der neuen ständischen Organisationsgesetze.
Besondere
Aufmerksamkeit schenkte er den Kredit- und Kulturverhältnissen des
flachen
Landes. Bülow-Cummerow ging als Politiker von rein
praktischen
Gesichtspunkten aus. Teilweise ein
Anhänger der Hardenbergschen liberalen
Reformen und ohne
Adelsprätensionen, wollte er doch andererseits dem Grundbesitze als solchem eine bevorzugte
Stellung im
Staate gewahrt wissen;
dem modernen Konstitutionalismus und der Herrschaft der
Bureaukratie war er entschieden abhold. Aufsehen erregten seine
Schriften
«Ein Punkt aufs I» (Lpz. 1821) und als Fortsetzung
«Über die
Verwaltung des
StaatskanzlersHardenberg»
(Zerbst
[* 16] 1821). An der Gründung der
Pommerschen Ritterschaftlichen
Privatbank 1824 war er hervorragend beteiligt.
Später zog er sich von den öffentlichen
Geschäften zurück, um der
Verwaltung seiner
Güter und seinen schriftstellerischen
Bestrebungen zu leben. Sein Werk
«Preußen, seine
Verfassung und
Verwaltung, sein Verhältnis zu
Deutschland»
[* 17] (2
Tle., 3.
bez. 2. Aufl.,
Berl.
u.
Jena 1842-43) besprach die preuß. Zustände in freimütiger
Weise. Sodann folgten u. a. «Polit.
und finanzielle
Abhandlungen» (2 Hefte, Berl. 1844 -45),
«Die europ.
Staaten nach ihren innern und äußern polit. Verhältnissen»
(Altona
[* 18] 1845),
«Der Zollverein» (Berl. 1844),
«Preußen im Jan. 1847 und das
Patent vom 3. Febr." (ebd. 1847).
Ein neuer
Abschnitt seines öffentlichen Wirkens begann nach der Umwälzung von 1848, wo er, um der angebahnten Aufhebung
der Grundsteuerbefreiung des ritterschaftlichen Grundbesitzes entgegenzutreten, einen
"Verein zum Schutze des Eigentums" gründete,
der von gegnerischer Seite den
Namen «Junkerparlament» erhielt. Auch in der
Presse
[* 19] war er außerordentlich thätig. Von spätern
Flugschriften seien genannt: «Die Revolution, ihre
Früchte u. s. w.» (Berl. 1850),
François, franz. Schriftsteller, geb. 1803 zu Vulbens (Depart.
Haute-Savoie),
war erst Korrektor in einer Druckerei, übersetzte manches aus dem
Englischen und begründete 1831 die
«Revue des Deux Mondes» (s. d.), die er über 40 Jahre lang leitete
und zu einer Zeitschrift ersten Ranges erhob. Obgleich Buloz wenig geschrieben hat, war sein Einfluß auf seine Zeitgenossen
doch groß,
denn er besaß ein vorzügliches litterar.
Urteil und verstand es, alle hervorragenden
Talente für seine
Zeitschrift zu gewinnen. Hervorzuheben sind seine «Lettres et mémoires».
Er starb zu
Paris.
[* 20]
Heinrich Alfr., Dichter und Dramaturg, geb. zu
Bremen,
[* 21] studierte 1868-72 in
Würzburg,
[* 22] Göttingen,
Berlin und
Leipzig
[* 23] die
Rechte, ward Hauslehrer in Kiew
[* 24] und bereiste den
Orient, Griechenland,
[* 25]
Tunis
[* 26] und
Italien.
[* 27] Seit 1875 Rechtsanwalt in seiner Vaterstadt, wurde er 1879 Stadtbibliothekar daselbst und erhielt 1892 den Professortitel.
Schon als Gymnasiast begann Bulthaupt die Jambentragödie
«Saul» (gedruckt 1871; aufgeführt 1870); ihr folgten das bürgerliche
Drama
«Ein corsisches
Trauerspiel» (Lpz. 1872),
die kleinen oft gegebenen
Lustspiele «Die Kopisten» (1875) und
«Lebende
Bilder» (1876) und 1877 das sociale
Trauerspiel «Die
Arbeiter» (ungedruckt). Eine
Frucht theoretisch-kritischer Beschäftigung
mit dem
Theater
[* 28] sind: «Dramaturgische
Skizzen»
(Brem. 1878; 2. Ausg. 1884),
«Streifzüge auf dramaturgischem und kritischem Gebiet
(ebd. 1879;
¶
sämtlich Vorarbeiten für die «Dramaturgie der Klassiker» (2
Bde., Oldenb. 1881-82; 4. Aufl.
erweitert als «Dramaturgie des Schauspiels», 3 Bde.,
1890), die aus der Betrachtung Shakespeares und unserer großen Klassiker und Romantiker induktiv die dramaturgischen Gesetze
gewinnen will. Seine fernern dramat. Schöpfungen, eingeleitet durch eine
Beendigung von Schillers «Malteser» (Frankf, a. M. 1884)
und eine Bearbeitung von Shakespeares «Cymbeline» («Imogen»,
1885),
weisen einen Fortschritt auf: «GeroldWendel» (Oldenb. 1885; 2. Aufl. 1891),
«Eine neue Welt» (ebd. 1885; 2. Aufl. 1890) und «Der
verlorene Sohn» (ebd. 1889). Daneben schrieb Bulthaupt Texte zu Opern, Oratorien u. s. w. von M. Bruch («Achilleus»,
«Das Feuerkreuz»),
Reinthaler («Das Käthchen von Heilbronn»)
[* 30] u. a.,
die Broschüre «Dumas, Sardou und die Franzosenherrschaft auf der deutschen Bühne» (Berl. 1888) und eine «Dramaturgie
der Oper» (2 Bde., Lpz. 1887).
Auch gab er «Nachgelassene Gedichte Franz von Holsteins, nebst Biographie» (ebd. 1880) heraus. Formschön sind
B.s Gedichte «Durch Frost und Gluten» (Bresl.
1877),
während er auf epischem Gebiete («Der junge Mönch.
Novellette in Liedern», Norden
[* 31] 1879; 2. Aufl. 1880; «Vier
Novellen», Dresd. 1888) der Eigenart entbehrt.