mehr
an der Bahn Buenos-Trenque-Lauquen, Campana an der Bahn Buenos-Rosario, Tandil nahe der Sierra de Tandil und Mar del Plata am Kap Corrientes.
2) Buenos-Aires, eigentlich Ciudad de Nuestra Señora de Buenos-Aires, Hauptstadt (seit 1862) der Argentinischen Republik, bis 1880 auch Hauptstadt der Provinz Buenos-Aires, liegt unter 34° 36' 21'' südl. Br. und 58° 21' 33'' westl. L. an dem 5-8 m hohen, meist ziemlich steil aufsteigenden Südufer des hier 45 km breiten La-Plata-Mündungstrichters, 200 km westlich von Montevideo [* 2] und 275 km vom offenen Meere und wird im S. von dem kanalisierten Flüßchen Riachuelo begrenzt, ist Sitz der Regierung der Republik, des Kongresses, des diplomat.
Korps, der meisten Konsulate (s. unten) und des Erzbischofs für die Argentina [* 3] und hatte 1857: 122000, 1888: 472 300, 556 934 E., zur Hälfte Eingeborene, zur Hälfte Fremde, meist Europäer. (Hierzu ein Plan.) Die Stadt wird durch eine Citadelle und mehrere Forts geschützt und ist sehr regelmäßig gebaut, sodaß die Straßen Cuadras von je 140 m Seitenlänge bilden. Jetzt werden von O. nach W. 2 Boulevards durch die Stadt gelegt; einer von der Plaza Victoria [* 4] ausgehend, der andere zwischen Calle (Straße) Cordoba [* 5] und Calle Paraguay. Die früher einstöckigen Häuser mit flachem Dach [* 6] werden nach und nach durch Neubauten in europ. Stile ersetzt, Straßen und Plätze werden jetzt mit Holz, [* 7] sonst mit Granit (von der Insel Martin Garcia) gepflastert. Mit der eigentlichen Stadt verwachsen mehr und mehr die im NW. und W. gelegenen Vororte Belgrano und San José de Flores.
Anlage, Gebäude, Denkmäler. Unter den 15 schönen Plätzen sind zu nennen: die Plaza S. Martin, Independencia, 11 de Setiembre und vor allem die Plaza de la Victoria mit dem Dom und dem Rathaus (Cabildo); früher stand hier auch die Recoba vieja, eine 140 m lange doppelte Ladenreihe im maur. Stil, die jedoch 1882 abgebrochen wurde. Dadurch bilden die Plaza Victoria und die Plaza 25 de Mayo einen großen Platz. Auf demselben steht ein Obelisk mit Statue der Freiheit, zum Andenken an die Revolution vom und der Regierungspalast; diesem gegenüber das in Erz gegossene Reiterstandbild des Generals San-Martin.
Die Kathedrale, der Pariser Madeleinekirche ähnlich und 1621 von den Jesuiten begonnen, hat eine schöne Façade aus weißem Marmor und einen Portikus mit 12 korinth. Säulen; [* 8] das Schiff [* 9] ist 100 m lang, 35 m breit. Außerdem besitzt Buenos-Aires 14 andere kath. und 4 prot. Kirchen (1 deutsche, 1 amerikanische und 2 englische), 6 Kapellen, mehrere Klöster und 5 Kirchhöfe. Die alte prot. Kirche, die erste in dem damals span. Amerika [* 10] erbaute, bildet einen Zweig der unierten evang. Landeskirche in Preußen [* 11] und steht unter dem Konsistorium der Provinz Brandenburg, [* 12] welches auch die Predigerstelle besetzt. Weiter sind noch zu erwähnen: das Repräsentantenhaus, das schönste Gebäude der Stadt, die Bank, die Universität (ehemals Jesuitenkollegium), die Münze, das Opernhaus (Teatro Colon) sowie 9 andere Theater, [* 13] die Post und das Hospital.
Schul- und Bildungswesen. An der Spitze steht die 1821 gestiftete Universität, eine der besten in Südamerika, [* 14] mit gegen 1000 Studierenden, einer juristischen, mediz. und philos. Fakultät sowie einer Bibliothek von mehr als 27000 Bänden. Ferner bestehen eine Militärschule in der Villenvorstadt Palermo [* 15] und eine Marineakademie, beide von österr. Offizieren eingerichtet, ein geistliches Seminar, eine Lateinschule, 73 öffentliche und 98 Privatschulen, Kunst- und Gewerbeschulen, ein histor. und geogr. Institut, eine Sternwarte, [* 16] ein naturhist.
Museum (eine Schöpfung Burmeisters) mit ausgezeichneten Sammlungen (Fossilien des La-Plata), eine Gesellschaft von Freunden der Naturgeschichte, ein zoolog. Garten [* 17] in Palermo und eine öffentliche Bibliothek (70000 Bände). Es erscheinen 102 Zeitungen, darunter 24 täglich, 4 in deutscher, 7 in ital., 5 in franz., 4 in engl. Sprache. [* 18] Namentlich hat das deutsche Element trotz seiner numerischen Schwäche einen bedeutenden und wohlthätigen Einfluß gewonnen; unter den Argentinern ist die deutsche Sprache vielfach verbreitet und die Universität besitzt einen Lehrstuhl für dieselbe.
Gemeinnützige Anstalten. hat 19 Spitäler, darunter ein deutsches, englisches, französisches, italienisches, spanisches, das Hospital und eins für Frauen, eine Irrenanstalt, ein Waisen- und Findelhaus, eine Entbindungsanstalt und ein Asyl für Einwanderer, welches vom Staate namhaft unterstützt wird. Das bedeutendste Spital, das 1611 gegründete «General de Hombres», ist jetzt durch das Hospital San Roque und andere ersetzt. Die Plaza Victoria, die Bahnhöfe [* 19] und öffentlichen Gebäude haben elektrische (System Brush), die übrige Stadt Gasbeleuchtung. Den Wasserbedarf liefern oft bis 20 m tiefe Brunnen. [* 20] Die Lebensmittel, die lange Züge von Ochsenkarren täglich in die Stadt führen, stehen in großen überdachten Markthallen [* 21] zum Verkauf. Die Polizeiverwaltung in Buenos-Aires ist gut, die Feuerwehr läßt zu wünschen übrig; die Kloakenabfuhr geschieht durch Kanalisation.
Handel und Industrie. Durch seine Lage ist Buenos-Aires der natürliche Mittelpunkt des Handels für den Süden des Erdteils, hat aber infolge der schweren Finanzkrisen des Landes die gehoffte Entwicklung noch nicht nehmen können, und alle merkantilen Verhältnisse befinden sich, zumal bei der allgemeinen Spekulationswut, in großer Unsicherheit. Die Ausfuhr besteht wesentlich aus Erzeugnissen der Viehzucht; [* 22] 1891 wurden exportiert: Häute, trocken 1 566 574, gesalzen 799 098 Stück, Schaffelle 19 862 t, lebende Schafe [* 23] 65 904 Stück, Wolle 116 341 t, Talg und Fett 14 422 t, Dörrfleisch 21 251 t, Zungen 585 t, gefrorene Hammel in Kühlschiffen, besonders nach Havre [* 24] 9944 t, Mais 45 574 t, Weizen 172 332 t, Knochen [* 25] und Knochenasche 25 600 t, Mineralien [* 26] (Silber, Kupfer [* 27] und Bleierze) 763 t, ferner Sämereien, Flachs (lino), Mais und Hörner.
Die Einfuhr war vor der Krise noch stärker als die Ausfuhr und besteht aus Metallen und Metallwaren, Kohlen, engl. Stahlschienen, Papier, Baumwollwaren, Bauholz, span. Weinen, deutschen Bieren und ital. Wermut und zahlreichen Erzeugnissen der europ. und nordamerik. Manufaktur, wie Leder- und Bekleidungsgegenständen, Porzellan und Glaswaren, Kaffee und Zucker [* 28] aus Brasilien. [* 29] Die eigene Industrie hebt sich allmählich infolge der hohen Schutzzölle. Dem Handel dienen 5 große Banken, darunter die deutsche Überseebank in und Berlin [* 30] (Kapital 10 Mill. M.). Generalkonsulate haben in Buenos-Aires Brasilien, Dänemark, [* 31] Italien, [* 32] Paraguay, Peru, [* 33] Schweden [* 34] und Norwegen, die Schweiz [* 35] und Uruguay; Konsulate oder Vicekonsulate: Belgien, [* 36] Bolivia, Chile, Deutsches Reich, Frankreich, Griechenland, [* 37] Hawaii, Niederlande, [* 38] Nicaragua, [* 39] Österreich-Ungarn, [* 40] ¶
mehr
Portugal, [* 42] Rußland, Spanien und die Vereinigten Staaten [* 43] von Amerika.
Verkehrswesen. Den Verkehr in der Stadt vermitteln 7 Pferdebahnlinien, welche 1891 57,8 Mill. Fahrgäste beförderten. Die Fernsprecheinrichtungen sind ungemein ausgedehnt (auf 115 E. ein Abonnent) und haben Anschluß an Rosario, Montevideo und La-Plata. hat zahlreiche Eisenbahnhöfe; außer der Estacion central der Westbahn bestehen zwei Südbahnhöfe und in den Vororten sowie am Hafen eine Reihe von Stationen, welche zum Teil mit großem Luxus hergerichtet sind. Es giebt sieben Eisenbahngesellschaften, Buenos-Rosario, Central-Argentino, Pacifico, Gran-Oeste-Argentino, Andino, Central-Entreriano, Este-Argentino.
Immer neue Konzessionen für Eisenbahnen werden gesucht. Mit Montevideo und den nähern Plätzen am Parana und Uruguay steht in täglicher Dampferverbindung nach Art der Hudsonsteamer, während im La-Platagebiet überhaupt diese Verbindungen bis nach Brasilien (Cuyaba) hineinreichen. Die Entwicklung des Handels litt in Buenos-Aires durch den Mangel eines guten Hafens; einen Hafen gab es nur für kleine Boote in der Mündung des Riachuelo. 45 km südöstlich von Buenos-Aires liegt Ensenada an der Ensenada (Bucht) de Barragan, welche einen bequemen Hafen für Schiffe [* 44] bis 5 m Tiefgang bildet.
Derselbe ist im Juli 1874 nach Eröffnung der Eisenbahn von Buenos-Aires zum Einfuhrhafen erklärt worden. Seit langer Zeit schon dient aber jetzt die Boca del Riachuelo als Segelschiffhafen und die Hafen- und Dockanlagen für Dampfer an der Stadt selbst schreiten rasch vor. 1891 liefen ein: 1885 Dampfer mit 1 626 472 t und 1952 Segler mit 481 852 t. Dazu kommen 4263 Segler (343 485 t) und 2051 Dampfer (821 140 t) für Küstenhandel und Binnenverkehr. Dem Tonnengehalte nach fallen drei Viertel des gesamten überseeischen Handels der Argentinischen Republik auf Buenos-Aires Regelmäßige Dampferlinien verbinden Buenos-Aires mit Liverpool, [* 45] Southampton, Glasgow, [* 46] Havre, Hamburg, [* 47] Bremen, [* 48] Antwerpen, [* 49] Amsterdam [* 50] und Rotterdam, [* 51] Bordeaux, [* 52] Marseille, [* 53] Genua [* 54] und Neuyork. [* 55]
Die Einwanderung in Buenos-Aires betrug (1891) 28 266, und zwar: 15 511 Italiener, 4290 Spanier, 2915 Franzosen, 832 Deutsche, [* 56] 272 Engländer, 263 Österreicher und 4183 andere, d. i. mehr als ein Drittel der Einwanderung in Argentinien überhaupt.
Die Umgebung der Stadt auf der Landseite bilden schöne Landhäuser, Gärten, von Agaven, Kaktus und Opuntien eingefaßte Pfirsich- und Olivenhaine. Unmittelbar südlich von Buenos-Aires liegt zu beiden Seiten des Riachuelo die Vorstadt Barracas, benannt nach den öffentlichen und Privatmagazinen, welche den Fluß abwärts bis zur Boca begleiten. Eine Stunde Eisenbahnfahrt von Buenos-Aires im NW. liegt Tigre, ein beliebter Ausflugsort mit reizenden Villen und üppiger Vegetation.
Geschichtliches. Buenos-Aires wurde 1535 durch Don Pedro de Mendoza gegründet, mußte aber wegen der Feindseligkeiten der Indianer zweimal verlassen werden, bis es 1580 gelang, eine dauernde Niederlassung anzulegen. Durch ihre gute und gesunde Lage, der sie ihren Namen verdankt, hob sie sich schnell, wurde 1620 Sitz eines Bistums und 1700 zählte sie bereits 16000 E. 1776 wurde sie Hauptstadt des gleichnamigen Vicekönigreichs, welches Bolivia, Paraguay, Uruguay und die spätere Argentinische Republik [* 57] umfaßte.
Durch die 1778 erfolgte Eröffnung des Verkehrs auf dem La-Plata hob sie sich noch mehr, wurde aber 1806 von den Engländern eingenommen, die jedoch bald wieder weichen mußten. 1810 brach daselbst die Revolution aus, die mit Losreißung des Landes von Spanien endete, und seitdem ist die Geschichte von Buenos-Aires eigentlich die Geschichte Argentiniens. Nur zur Zeit der Secession 1852-60 war sie Hauptstadt eines besondern Staates (Estado independiente de Buenos-Aires). Der Sitz der Centralregierung ist jetzt definitiv in Buenos-Aires. Bis 1867 waren epidemische Krankheiten hier, trotz des vollständigen Mangels einer Sanitätspolizei, unbekannt. Im genannten Jahre trat zuerst die vom Kriegsschauplatze in Paraguay eingeschleppte Cholera auf, welche viele Opfer forderte und auch die nächsten Sommer wiederkehrte. Von Jan. bis Mai 1871 wurde jedoch Buenos-Aires stark vom Gelben Fieber heimgesucht, welchem bis April bereits an 26000 Menschen erlegen waren.
Vgl. Andree, und die argentin.
Provinzen (Lpz. 1856);
Vidal, Picturesque illustrations of Buenos-Aires (Lond. 1870);
Latzina, El Mapa demográfico illustrativo del censo de 1869 (Buenos-Aires 1881);
E. Coni, Movimento de la poblacion de la ciudad de Buenos-Aires durante el anno 1880 (ebd. 1881);
Nolte, Fremdenführer durch Buenos-Aires (Hamb. 1882);
Greger, Die Provinz Buenos-Aires (Basel [* 58] 1884);
Schnabl, Buenos-Aires Land und Leute am silbernen Strome (Stuttg. 1885);
Dessein, Annuaire statistique de la Province de Buenos-Aires 1887 (La-Plata 1889);
Censo general de la ciudad de Buenos-Aires (2 Bde., Buenos-Aires 1889);
Dorn, Die Seehäfen des Weltverkehrs, [* 59] Bd. 2 (Wien [* 60] 1891).