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J. G. Nordin, Svensk Bocktryckeri-Historia 1483-1883 (Stockh. 1883): R. Dickson und J. Phil. Edmond, Annals of Scottish printing (Cambr. 1890).
II. Technisches. Die Arbeiten, deren technische Herstellung der Buchdruckern zufällt, teilen sich in drei Klassen: Werk-, Zeitungs- und Accidenzarbeiten. Werkdruck heißt der eigentliche Bücherdruck, einschließlich des Drucks von höchstens wöchentlich erscheinenden Zeitschriften, deren Vertrieb hauptsächlich dem Buchhandel zufällt. Der Zeitungsdruck betrifft die täglich oder mehrmals wöchentlich erscheinenden polit. Tage- und die Anzeigeblätter, bei welchen Schnelligkeit der Herstellung ein Haupterfordernis ist; der Accidenzdruck umfaßt alle durch die vielen Bedürfnisse des gewerblichen und geselligen Lebens hervorgerufenen Druckarbeiten.
Jede dieser drei Klassen erfordert zwei voneinander ganz verschiedene Thätigkeiten: Setzen und Drucken. Die Typographen teilen sich demgemäß in zwei Klassen: Setzer und Drucker, letztere Maschinenmeister genannt, wenn sie die Maschine (Schnellpresse) bedienen. Übt ein Arbeiter, was nur selten geschieht, beide Funktionen aus, so heißt er Schweizerdegen und ist gut in kleinen Druckereien verwendbar. Der Setzer bildet, indem er Buchstaben an Buchstaben reiht, Zeilen, Seiten, Bogen, den Satz; der Drucker überzieht den Satz mit Farbe und druckt ihn dann mittels Maschine auf Papier ab. Bei der Schnellpresse fallen dem Maschinenmeister nur die vorbereitenden Arbeiten und die Überwachung der Maschine zu, alles übrige besorgt diese selbstthätig.
Die Arbeit des Setzens geschieht in folgender Weise. Empfängt der Setzer das fertige Typenmaterial (s. Schriftgießerei), d. h. nicht allein die ein Schriftbild in verkehrter und erhabener Darstellung tragenden Stücke, sondern auch die niedrigern Metallkörper, deren Anwendung nur durch den Raum zwischen den Wörtern sowie bei Absätzen, Kapiteln u. s. w. bemerkbar ist (s. Ausschließung), aus der Schriftgießerei, so muß er sie, um sie für den Satz zu benutzen, erst in einen Schriftkasten einlegen, in dem jede Sorte von Buchstaben und Zeichen ein Fach hat, das je nach der Häufigkeit des Vorkommens des betreffenden Buchstaben und Zeichens größer oder kleiner und der die Typen greifenden Hand des Setzers näher oder ferner liegt (s. Tafel: Buchdruckerkunst II, [* ] Fig. 2). Die Zahl dieser Fächer ist, je nach der Zahl der zu einer Sprache oder Schriftgattung gehörenden Schriftzeichen, verschieden.
Die Fraktur verlangt 110 Fächer, die Antiqua dagegen 166, da diese, wenn man mit ihr fremde Sprachen setzen will, eine große Zahl accentuierter Buchstaben sowie der halbgroßen Anfangsbuchstaben (Kapitälchen) erfordert. Am kompliziertesten sind die Kästen einiger orient. Schriften: des Hebräischen, Arabischen, Sanskrits (von Chinesisch und Hieroglyphen nicht zu reden), die mehrere Hundert Fächer gebrauchen, teils wegen vieler Accente, teils wegen mancherlei Ansatzstücke. Der Musiknotensatz verlangt einen Kasten (Taf. II, [* ] Fig. 3) mit über 300 Abteilungen.
Der Setzer steht vor dem mit Typen gefüllten Schriftkasten, der in Brusthöhe des Setzers schräg auf einem Pult, dem Setzregal (Taf. II, [* ] Fig. 2) ruht, in dessen unterm Teile gewöhnlich Raum für fünf bis sechs weitere Schriftkästen ist. Das Accidenzregal (Taf. III, [* ] Fig. 1) hat deren viel mehr für die Linien, das Einfassungs- und
Ausschließungsmaterial. Das abzusetzende Manuskript (so nennt der Setzer selbst eine gedruckte Vorlage) befindet sich am Manuskripthalter (Taf. III, [* ] Fig. 6). Es ruht auf einem linealförmigen Holze (Tenakel) und wird durch ein gespaltenes Querholz (Divisorium) festgehalten. Dieses wird, je wie der Setzer setzt, heruntergerückt, damit er stets einen Anhalt hat, von welcher Stelle des Manuskriptes er gerade absetzt. In der linken Hand hält er den Winkelhaken (Taf. II, [* ] Fig. 9 [mit Keilverschluß] und Taf. III, [* ] Fig. 9 [mit Diagonalschraubenverschluß]), der einem langen schmalen Kästchen vergleichbar ist, dessen vordere Längenwand fehlt, während die eine Seitenwand nach der Länge der Zeile gestellt werden kann.
Der Setzer ergreift mit dem rechten Daumen und Zeigefinger einen Buchstaben nach dem andern und reiht sie im Winkelhaken von links nach rechts auf einen an dessen hintere Wand gelegten Metallstreifen (die Setzlinie), dessen Höhe der der Typen möglichst entspricht. Der balbrunde oder eckige Einschnitt am Fußende der Type (Signatur) ist dabei nach vorn gerichtet. Nach jedem Wort bringt der Setzer eine niedrige Type ohne Schriftbild an, um den nötigen Zwischenraum zu erzielen. Da jedoch jede Zeile mit einer vollen Silbe schließen muß, so hat der Setzer oft einige Buchstaben für die folgende Zeile zurückzustellen oder Platz für noch einige zu schaffen.
Dies kann nur geschehen, indem im erstern Falle der Raum zwischen den einzelnen Worten durch Einschieben von Ausschlußstückchen vergrößert, im letztern Falle durch Wegnehmen der größern und deren Ersatz durch kleinere Ausschlußstückchen verringert wird. (S. Ausschließung.) Dieses «Ausschließen» ist eine der wichtigsten Arbeiten des Setzers. Denn von der richtigen Raumverteilung hängt die Schönheit, von der gleichmäßigen Festigkeit des Ausschließens die Sicherstellung gegen das Auseinanderfalten der vielen einzelnen, selbst die Zahl von 100000 überschreitenden Teilchen ab, aus welchen ein Bogen besteht.
Ist eine Zeile gesetzt, so zieht der Setzer die Setzlinie heraus, legt sie über die fertige Zeile, drückt sie an diese, die bei kleinen Schriftarten Neigung hat, in der Mitte herauszubrechen, fest an und fängt nun die zweite Zeile an. Sollen die Zeilen nicht ganz dicht aneinanderstehen, so wird der Zwischenraum durch dünne kurze Bleistücke, den Durchschuß, oder durch längere, Regletten, hervorgebracht. Ist der Winkelhaken voll von Zeilen (er faßt ungefähr 10-12 Zeilen des vorliegenden Satzes), so stellt ihn der Setzer auf den Rand des Setzkastens, legt die Setzlinie über die letzte Zeile und hebt mit den Daumen, den Mittel- und Zeigefingern beider Hände den Satz mit einem festen Griff aus dem Winkelhaken auf das Setzschiff (Taf. II, [* ] Fig. 8), eine Zinkplatte mit niedrigem mit Messing belegtem Holzrand, mit oder ohne «Zunge», einer dem Satz untergeschobenen mit ihm herausziehbaren Platte; er fährt mit diesen Manipulationen fort, bis er so viele Zeilen aufeinandergefügt hat, als zu einer Seite des Werkes gehören. Ist eine solche Kolumne fertig, die Überschrift (Kolumnentitel) und der Fuß (Unterschlag) in Ordnung, so umwickelt der Setzer sie mit Bindfaden (Kolumnenschnur) und kann sie nun leicht auf ein Satzbrett oder einen Schließtisch stellen. Dies wiederholt er, bis alle Kolumnen eines Bogens beisammen sind. Er hat nun besonders Achtung zu geben, daß bei der Stellung der
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Schriftseiten der beiden Formen (Taf. II, [* ] Fig. 5), von welchen die eine die Vorder-, die andere die Rückseite des Bogens füllt, die Seitenzahlen, wenn der Bogen gefalzt ist, richtig aufeinanderfolgen. Ist der Bogen in dieser Weise ausgeschossen und der Raum zwischen den einzelnen Kolumnen durch Einfügung größerer, hölzerner, bleierner oder eiserner Körper, Stege (die niedriger sind als das Schriftmaterial, damit sie beim Druck von den Walzen nicht mit geschwärzt werden können), ausgefüllt, so legt man um das Ganze einen eisernen Rahmen; der übrige Raum wird mit Stegen ausgefüllt, und die vielen einzelnen Bestandteile werden durch Keile oder Schrauben fest aneinander gedrückt, sodaß es möglich ist, den Rahmen mit der Schrift zu transportieren; man nennt dies Schließen der Form und den hierzu dienenden Apparat Schließapparat (Taf. II, [* ] Fig. 5). Zum Schließen der Form hat man neuerdings noch das Patentschließzeug (Taf. III, [* ] Fig. 8), bestehend aus Schließsteg, Keil und Schlüssel. So ist nicht zu befürchten, daß der Satz auseinanderfällt, was indes trotz aller Vorsicht doch mitunter geschieht; man sagt dann, die Form sei in Zwiebelfische zerfallen. Die Schriftform bringt man nun in die Presse oder einen besondern Apparat zum Korrekturabziehen, wie die Tiegeldruckabziehpresse (Taf. II, [* ] Fig. 4), um zunächst die erste Korrektur abzuziehen. (S. Korrektur.)
Sind die Bogen mit den angezeichneten Fehlern vom Korrektor zurück, so berichtigt der Setzer die Fehler, indem er mit einer Ahle (Taf. III, [* ] Fig. 11) oder feinen Zange (Pincette, Taf. II, [* ] Fig. 7) die falschen Buchstaben oder Wörter herauszieht und durch richtige ersetzt. Bestehen die zu korrigierenden Fehler jedoch darin, daß Worte oder ganze Sätze doppelt gesetzt (Hochzeiten) oder daß Stellen ausgelassen sind (Leichen), oder macht der Verfasser wesentliche Änderungen, so muß der Setzer oft viele Zeilen, ja ganze Seiten anders ausschließen, bis der erforderliche Raum gewonnen oder ausgefüllt ist, was eine sehr mühsame, deshalb auch teure Arbeit ist.
Ist die erste Korrektur seitens des Setzers besorgt, so wird eine zweite abgezogen, die gewöhnlich vom Verfasser gelesen wird, dann folgt die dritte, die «Revision». Oft sind vor letzterer noch mehrere Korrekturen abzuziehen, und um in der Zwischenzeit und bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem die Formen dem Drucker als druckfertig übergeben werden können, den Satz vor Beschädigungen zu verwahren, wird er in ein in mehrere Fächer geteiltes Formenregal (Taf. II, [* ] Fig. 10) eingeschoben.
Ist schließlich der Bogen für die Presse fertig, so muß der Drucker, ehe er druckt, die «Preßrevision» abziehen; dieser folgt, wenn auch die letzten Anstände beseitigt sind, der «Ansichtsbogen», und erst wenn dieser mit dem vidi des Beauftragten versehen ist, kann der Druck beginnen. Die geschilderte Manipulation beim Werksatz erleidet mancherlei Modifikationen bei den Accidenzien (s. d.) und beim Zeitungssatz, bei dem, sowie auch, wenn Werke rasch gefördert werden sollen, eine Teilung der Arbeit eintritt, indem verschiedene Setzer bloß Reihen von Zeilen setzen (Paketsetzer), während andere das Bilden der Seiten, Bogen, Zeitungsnummern u. s. w. besorgen (Metteurs en pages).
Für kunstvolle, bisher durch Feile und Schnitzer (Taf.III, [* ] Fig. 13) u. s. w. ermöglichte Satzkompositionen, vorzugsweise im Accidenzsatz, dienen neuer-
dings Apparate, wie Linienschneidelade (Taf. II, [* ] Fig. 6), Linienschneider (Taf. III, [* ] Fig. 3), Linienbiegeapparat [* ] (Fig. 4), Accidenz-Hobelmaschine u. s. w., mit welchen Linien mit Gehrung versehen, in alle möglichen Formen gebogen, sowie die Kegelstärken von Typen und Ornamenten abgeschwächt werden können. Dabei dient ein Zirkel (Taf. III, [* ] Fig. 14) zum Abmessen von allerlei Dimensionen.
Die zweite Hauptarbeit, das Drucken, geschieht auf der Hand- oder auf der Schnellpresse. In beiden Fällen ist die Vorbedingung für einen guten Druck die vollständig gleichmäßige Höhe der auf dem Fundament stehenden Schriften und die vollständige Ebenmäßigkeit des Fundaments, das den Druck empfangen soll, mit dem vertikal wirkenden Tiegel in der Handpresse (Taf. II, [* ] Fig. 1) und der Tiegeldrucktretpresse (Taf. III, [* ] Fig. 10) oder dem rotierenden Cylinder in der gewöhnlichen Schnellpresse.
Die Tiegeldrucktretpresse, vorzugsweise zum Druck kleinerer Accidenzen geeignet, leistet viel mehr als eine Handpresse, und ihre Behandlung ist viel einfacher als die einer Schnellpresse. Die abgebildete Tiegeldrucktretpresse besitzt ein vorzügliches Farbewerk; der Druck kann aufs genaueste reguliert, auch jederzeit abgestellt werden. Die Bewegungsweise der Walzen gestattet ein mehrmaliges Färben der Form. Die fast horizontale Lage des Drucktiegels ermöglicht ein bequemes Zurichten, und der Anleger kann sicher arbeiten, da die Ruhelage von langer Dauer ist.
Eine vollkommene Ebenmäßigkeit besteht jedoch selten in der Praxis, namentlich in betreff der Höhe der verschiedenen gleichzeitig verwendeten Schriften, da eine öfters gebrauchte niedriger geworden ist als eine neue. Hier muß nun der Drucker kunstfertig versuchen, alle durch Schrift oder Presse verursachten Unregelmäßigkeiten auszugleichen, was man Zurichten nennt. Um einen zu großen Druck auf einer Stelle zu beseitigen, schneidet er aus der papiernen Einlage des Pressendeckels oder aus dem ähnlichen Überzug des Cylinders die entsprechende Stelle aus. Wo der Druck nicht kräftig genug wirkt, muß er dagegen mit Papierblättchen überkleben, bis die normale Höhe erreicht und somit die Gleichmäßigkeit des Drucks hergestellt ist.
Noch schwieriger ist das Verfahren beim Illustrationsdruck. Empfangen alle Teile eines Bildes einen gleich starken Druck, so erhält man ein Bild ohne die richtige Abstufung der Töne, in welchem der Hintergrund sich ebenso kräftig ausdrückt wie der Schatten des Vordergrundes. Es handelt sich also darum, den Druck so zu regulieren, daß alle Töne sich auch in ihrer richtigen Stärke wiedergeben, nicht aber Einförmigkeit zeigen. Kräftige Stellen werden durch Papierblättchen höher gemacht, verschwindende bis auf die Grenze, wo der Strich der zarten Linien zu reißen beginnt, herausgeschnitten; da jedoch Licht und Schatten fortwährend abwechseln und oft dicht nebeneinander liegen, so müssen die Papierblättchen mit der größten Sorgfalt den Konturen der betreffenden Stelle folgen. Um dies zu erreichen, macht der Drucker gleich beim Beginn der Arbeit mehrere rohe Abzüge des zu druckenden Bildes. Aus dem Abdrucke schneidet er nun, den Konturen folgend, mittels des eigens hierfür gefertigten Zurichtmessers (Taf. III, [* ] Fig. 12) oder der Schere (Fig. 7) die nötigen Stellen aus und klebt sie oft mehrfach übereinander, je nachdem die Übergänge von Licht zu Schatten, vom Hintergrund zum Vordergrund
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es erfordern. Die ausgeschnittenen Bilder befestigt er auf einem an dem Deckel oder auf dem Cylinder angebrachten Bogen, auf dem ein leichter Abdruck abgezogen ist, sodaß die betreffenden Stellen sich genau decken. Er macht einen Probedruck, vergleicht diesen mit der gelieferten Vorlage und fährt mit der Arbeit fort, bis der richtige Ausdruck erzielt ist. Der Bogen mit der Zurichtung wird nun mit einem glatten Schutzbogen überdeckt, und der Druck kann nach Reinigung der Schriftform beginnen.
Das zum Bedrucken bestimmte Papier wurde inzwischen gefeuchtet, d. h. lagenweise durchs Wasser gezogen oder mit Wasser bespritzt, lagenweise mit trocknem Papier untermengt, dann beschwert oder gepreßt, sodaß sich die schwache Feuchtigkeit, welche die Annahme der Farbe fördert, gleichmäßig durch alle Bogen zog. Dünnes oder stark satiniertes, namentlich für Accidenzarbeiten bestimmtes Papier wird häufig ungefeuchtet gedruckt, diese Behandlung ist jedoch schwieriger und verursacht eine stärkere Abnutzung der Lettern. Nach dem Feuchten und vor dem Bedrucken unterliegt das für feinere Arbeiten, namentlich für Illustrationsdruck, bestimmte Papier dem Satinieren, d. h. es wird auf der Satiniermaschine bogenweise zwischen Zinkplatten gelegt und diese dann in Haufen von 10 bis 20 Stück unter einer starken Pressung durch Metallwalzen gezogen, oder es passiert die Walzen, sog. Kalander, in einzelnen Bogen; hierdurch erhält das Papier eine spiegelglatte Oberfläche.
Die Arbeit des Druckers an der Handpresse ist folgender Art. Die Schriftform ruht auf dem Fundament oder Karren, der durch eine Kurbel sich auf Schienen vor- und rückwärts bewegen läßt. An dessen rechter Seite ist der mit Seide, Schirting oder sonstigem knotenfreien, feinem Stoff überzogene Deckel mit Scharnieren angebracht. Der Überzug wird wieder durch einen Rahmen (Tympan) geschützt, der mit starker Leinwand überzogen ist und in den Deckel genau schließend sich einlegen läßt; ist der Deckel geöffnet, so bildet er einen stumpfen Winkel mit dem Fundament.
An der nach oben gerichteten Seite des Deckels ist ein zweiter Rahmen (Rähmchen) in derselben Weise angebracht wie der Deckel am Fuudament und mit starkem Papier überzogen, aus dem diejenigen Stellen ausgeschnitten werden, die von der Schrift beim Drucken getroffen werden sollen, denn hinter dem ausgeschnittenen Rähmchen auf dem Deckelüberzug liegt der zu bedruckende Bogen geschützt und festgehalten durch die nicht ausgeschnittenen Teile des Rähmchens. Zur linken Hand hat der Drucker den Farbetisch, zur rechten eine hohe Bank mit dem Papierhaufen. Das Anschwärzen der Schrift, das bei jedem Exemplar erneuert wird, wurde früher durch zwei «Ballen» bewerkstelligt, jetzt durch gallertartige Walzen, die auf der Achse eines mit Handgriffen versehenen Walzengestells (Taf. III, [* ] Fig. 5) rotieren, wenn der Drucker hin und her über die Schriftform fährt. Die Walzen besteben aus einer Mischung von Leim oder besser von Gelatine und Glycerin. Über die Zusammensetzung der Farbe s. Buchdruckfarbe.
Hat der Drucker die Form eingeschwärzt, so legt er den Papierbogen auf den offen stehenden Deckel und klappt das Rähmchen mit dem ausgeschnittenen Bogen, dann den Deckel selbst zu. Hierdurch kommt der Papierbogen, soweit es die Ausschnitte in dem Überzug des Rähmchens zulassen, in Berührung mit der eingeschwärzten Schrift. Das Fundament wird
durch die Kurbel bis unter eine durch Rippen verstärkte eiserne Platte, den «Tiegel», gezogen oder gerollt, der Drucker erfaßt mit kräftiger Hand einen langen Hebel, den «Bengel», zieht mit einem anhaltenden Druck den gewöhnlich durch einen Kniehebel oder durch schrägstehende Kegel wirkenden Tiegel auf die Schrift herunter, und der Druck ist fertig. Nach Loslassen des Bengels zieht sich der Tiegel durch Federkraft wieder in die Höhe, der Drucker fährt das Fundament wieder heraus, klappt Deckel und Rähmchen auf, nimmt den Bogen heraus und legt ihn auf die Papierbank.
Gewöhnlich arbeiten zwei Personen an der Presse, von denen die eine die Farbe aufträgt, die andere die übrigen Verrichtungen ausführt. Hiermit ist jedoch nur die eine Seite des Bogens gedruckt (Schöndruck), und es muß nun dasselbe mit der andern Seite geschehen (Wiederdruck). Eine Hauptaufgabe ist hierbei, daß die aufeinander stehenden Druckseiten sich ganz genau decken. Dies wird dadurch geregelt, daß der Drucker den Bogen schon beim Schöndruck auf zwei an dem Deckel befindlichen Metallspitzen (Punkturen) befestigt und bei dem Wiederdruck die durch die Spitzen in den Bogen gebohrten Löcher wieder in die Spitzen legt.
Beim Drucken auf der Schnellpresse (s. d.) erfolgen die Manipulationen des Schwärzens, des Einfahrens des Fundaments, der Ausübung des Drucks, des Ausfahrens des Fundaments und des Auslegens des Bogens ohne Unterbrechung und zum Teil gleichzeitig. Wird die Maschine in Gang gesetzt, so entstehen dnrch ein System von Zahnrädern, Hebeln, excentrischen Scheiben folgende Bewegungen. Eine rotierende Metallwalze empfängt durch den Farbebehälter die nötige Farbe, eine Massenwalze hebt sich und nimmt von der Metallwalze Farbe für einen oder mehrere Bogen, diese Farbe wird auf einem System von Metall- und Massenwalzen mit rotierender, teilweise zugleich mit schiebender Gangart tüchtig verrieben und schließlich durch die Auftragwalzen der Schriftform mitgeteilt.
Das Fundament mit der Schriftform, das wie auf der Handpresse sich in Schienen (oder auf Rädern) vor- und rückwärts bewegt, geht, nach Passierung der Farbewalzen, unter den Druckcylinder; auf diesen wurde der zu bedruckende Bogen indes durch den Anleger aufgelegt, der an dem dem Farbewerk entgegengesetzten Ende der Maschine seitwärts auf einem hohen Tritte steht. Rechts von ihm liegt der Papierhaufen, von dem er einen Bogen hebt; diesen legt er auf den schrägen Anlegetisch so hin, daß der eine Rand des Bogens dicht an den Cylinder anstößt.
Metallene, auf dem Druckcylinder angebrachte Klammern, «Greifer», fassen den Rand des Bogens, der dadurch an dem rotierenden Cylinder festgehalten und gezwungen wird, sich um einen Teil desselben glatt zu schmiegen. Durch die Umdrehung des Cylinders kommt der Bogen in Berührung mit der Schriftform, und der Cylinder übt nun, indem er sich dreht, denselben Druck wie der Tiegel in der Handpresse, nur nicht wie dieser vertikal und auf einmal über die ganze Bogenfläche, sondern sozusagen Zeile für Zeile. Während der Cylinder den Bogen über die Form führt, stechen zwei an dem erstern befestigte feine Metallspitzen («Punkturen») Löcher in den Bogen. Der nunmehr auf einer Seite bedruckte Bogen wird auf ein System von endlosen, über hölzerne Wellen und metallene Rollen gespannten Bändern aus der Maschine
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herausgeführt, von dem «Bogenfänger» in Empfang genommen, und, da die Schrift sich auf der nach unten gekehrten Seite des Bogens befindet, gedreht und auf den vorhergehenden Bogen gelegt. Inzwischen ist der Cylinder in Ruhe über der Schriftform, und zwar mit einer offenen Stelle, an welcher der Cylinderüberzug befestigt wird. Hierdurch ist der Rückgang der Schriftform unter den Cylinder, ohne daß sie von diesem gestreift wird, möglich. Nun wiederholen sich die Bewegungen.
Soll die Rückseite des Bogens bedruckt werden, so wird der Papierhaufen umgewendet, mit der unbedruckten Seite nach oben, und das weitere Verfahren ist jetzt dasselbe wie beim Schöndruck, nur daß der Anleger (Punktierer) genau zu beobachten hat, daß die Punkturspitzen, deren sich in diesem Fall nur eine vorn am Cylinder, die andere beweglich (sich hebend und senkend) unter dem Anlegebrett befindet, richtig in die beim Schöndruck vorgestochenen Punkturlöcher treffen.
Verschiedenartige Konstruktionen (s. Schnellpresse) führen Modifikationen und veränderte Manipulationen der einzelnen Arbeiten herbei, das Princip bleibt jedoch dasselbe. Nach dem Druck wird die Schriftform durch Waschen mit konzentrierter Seifenlauge gereinigt, Schließrahmen und Stege werden entfernt und die Schrift dem Setzer zum Wiederablegen in seine Schriftkästen übergeben. Wird die Schrift nicht weiter benutzt, so wird sie, in Pakete eingeschlagen, in dem Schriftmagazin aufgehoben oder, wenn sie abgenutzt ist, zum Einschmelzen in einen Kasten geworfen («zu Zeug gemacht»),
um als Material für neu zu gießende Schriften zu dienen. Die gedruckten Bogen werden zum Trocknen über Schnüre oder Leisten gehängt, dann einzeln oder doch in kleiner Zahl zwischen Glanzpappen gelegt und hierauf in großen Stößen einem kräftigen Druck in einer starken, womöglich hydraulischen Presse, der Glätt- und Packpresse (Taf. III, [* ] Fig. 2), längere Zeit ausgesetzt, damit die Eindrücke (Schattierung) der Schrift im Papier beseitigt werden. Dann ist die Auflage zum Abliefern an den Buchbinder fertig.
Litteratur. Bachmann, Handbuch der Buchdruckerkunst (Weim. 1876);
Waldow, Die Buchdruckerkunst (2 Bde., Lpz. 1874-76);
ders., Lehrbuch für Schriftsetzer (ebd. 1877): ders., Die Lehre vom Accidenzsatz (ebd. 1875);
Dittrich, Anleitung zum Satz der Musiknoten-Typen (ebd. 1874);
Bosse, Anleitung zum Ornamentieren im Buchdruckgewerbe (ebd. 1884);
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Waldow, Illustrierte Encyklopädie der graphischen Künste (Lpz. 1880-84);
Franke, Katechismus der Buchdruckerkunst (5. Aufl. von Waldow, ebd. 1886);
Marahrens, Vollständiges theoretisch-praktisches Handbuch der Typographie (2 Bde., 2. Aufl., Kiel 1891 fg.);
Lorck. Herstellung von Druckwerken (4. Aufl., Lpz. 1883);
Waldow, Die Zurichtung und der Druck von Illustrationen (ebd. 1879);
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Die doppelte Buch- und Geschäftsführung für Buchdruckereien (Tl. I von Frese, 2. Aufl., ebd. 1889; Tl. II von Dönges, 1870);
Hansard, Typographia (Lond. 1825);
Savage, Dictionary of the art of printing (ebd. 1841);
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Fournier, Traité de la typographie (3. Aufl., Tours 1870);
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Deutsche Buchdruckerzeitung (Berl., seit 1874);
Journal für Buchdruckerkunst (Braunschw., seit 1834, seit 1882 Hamb.);
Österr. ungar. Buchdruckerzeitung (Wien, seit 1873);
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Le Gutenberg. Journal des imprimeurs (ebd.);
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