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J. G. Nordin, Svensk Bocktryckeri-Historia 1483-1883 (Stockh. 1883): R. Dickson und J. Phil. Edmond, Annals of Scottish printing (Cambr. 1890).
II. Technisches. Die Arbeiten, deren technische Herstellung der Buchdruckern zufällt, teilen sich in drei Klassen: Werk-, Zeitungs- und Accidenzarbeiten. Werkdruck heißt der eigentliche Bücherdruck, einschließlich des Drucks von höchstens wöchentlich erscheinenden Zeitschriften, deren Vertrieb hauptsächlich dem Buchhandel zufällt. Der Zeitungsdruck betrifft die täglich oder mehrmals wöchentlich erscheinenden polit. Tage- und die Anzeigeblätter, bei welchen Schnelligkeit der Herstellung ein Haupterfordernis ist; der Accidenzdruck umfaßt alle durch die vielen Bedürfnisse des gewerblichen und geselligen Lebens hervorgerufenen Druckarbeiten.
Bogen (Baukunst)

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Bogen.Jede dieser drei Klassen erfordert zwei voneinander ganz verschiedene Thätigkeiten: Setzen und Drucken. Die Typographen teilen sich demgemäß in zwei Klassen: Setzer und Drucker, letztere Maschinenmeister genannt, wenn sie die Maschine [* 2] (Schnellpresse) [* 3] bedienen. Übt ein Arbeiter, was nur selten geschieht, beide Funktionen aus, so heißt er Schweizerdegen und ist gut in kleinen Druckereien verwendbar. Der Setzer bildet, indem er Buchstaben an Buchstaben reiht, Zeilen, Seiten, Bogen, [* 4] den Satz; der Drucker überzieht den Satz mit Farbe und druckt ihn dann mittels Maschine auf Papier ab. Bei der Schnellpresse fallen dem Maschinenmeister nur die vorbereitenden Arbeiten und die Überwachung der Maschine zu, alles übrige besorgt diese selbstthätig.
Hanc veniam etc. - Han

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Hand.Die Arbeit des Setzens geschieht in folgender Weise. Empfängt der Setzer das fertige Typenmaterial (s. Schriftgießerei), d. h. nicht allein die ein Schriftbild in verkehrter und erhabener Darstellung tragenden Stücke, sondern auch die niedrigern Metallkörper, deren Anwendung nur durch den Raum zwischen den Wörtern sowie bei Absätzen, Kapiteln u. s. w. bemerkbar ist (s. Ausschließung), aus der Schriftgießerei, so muß er sie, um sie für den Satz zu benutzen, erst in einen Schriftkasten einlegen, in dem jede Sorte von Buchstaben und Zeichen ein Fach hat, das je nach der Häufigkeit des Vorkommens des betreffenden Buchstaben und Zeichens größer oder kleiner und der die Typen greifenden Hand [* 5] des Setzers näher oder ferner liegt (s. Tafel: Buchdruckerkunst II, [* 1] Fig. 2). Die Zahl dieser Fächer [* 6] ist, je nach der Zahl der zu einer Sprache [* 7] oder Schriftgattung gehörenden Schriftzeichen, verschieden.
Die Fraktur verlangt 110 Fächer, die Antiqua dagegen 166, da diese, wenn man mit ihr fremde Sprachen setzen will, eine große Zahl accentuierter Buchstaben sowie der halbgroßen Anfangsbuchstaben (Kapitälchen) erfordert. Am kompliziertesten sind die Kästen einiger orient. Schriften: des Hebräischen, Arabischen, Sanskrits (von Chinesisch und Hieroglyphen nicht zu reden), die mehrere Hundert Fächer gebrauchen, teils wegen vieler Accente, teils wegen mancherlei Ansatzstücke. Der Musiknotensatz verlangt einen Kasten (Taf. II, [* 1] Fig. 3) mit über 300 Abteilungen.
Der Setzer steht vor dem mit Typen gefüllten Schriftkasten, der in Brusthöhe des Setzers schräg auf einem Pult, dem Setzregal (Taf. II, [* 1] Fig. 2) ruht, in dessen unterm Teile gewöhnlich Raum für fünf bis sechs weitere Schriftkästen ist. Das Accidenzregal (Taf. III, [* 1] Fig. 1) hat deren viel mehr für die Linien, das Einfassungs- und
Anhalt (Geistige Kultu

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Anhalt.Ausschließungsmaterial. Das abzusetzende Manuskript (so nennt der Setzer selbst eine gedruckte Vorlage) befindet sich am Manuskripthalter (Taf. III, [* 1] Fig. 6). Es ruht auf einem linealförmigen Holze (Tenakel) und wird durch ein gespaltenes Querholz (Divisorium) festgehalten. Dieses wird, je wie der Setzer setzt, heruntergerückt, damit er stets einen Anhalt [* 8] hat, von welcher Stelle des Manuskriptes er gerade absetzt. In der linken Hand hält er den Winkelhaken (Taf. II, [* 1] Fig. 9 [mit Keilverschluß] und Taf. III, [* 1] Fig. 9 [mit Diagonalschraubenverschluß]), der einem langen schmalen Kästchen vergleichbar ist, dessen vordere Längenwand fehlt, während die eine Seitenwand nach der Länge der Zeile gestellt werden kann.
Der Setzer ergreift mit dem rechten Daumen und Zeigefinger einen Buchstaben nach dem andern und reiht sie im Winkelhaken von links nach rechts auf einen an dessen hintere Wand gelegten Metallstreifen (die Setzlinie), dessen Höhe der der Typen möglichst entspricht. Der balbrunde oder eckige Einschnitt am Fußende der Type (Signatur) ist dabei nach vorn gerichtet. Nach jedem Wort bringt der Setzer eine niedrige Type ohne Schriftbild an, um den nötigen Zwischenraum zu erzielen. Da jedoch jede Zeile mit einer vollen Silbe schließen muß, so hat der Setzer oft einige Buchstaben für die folgende Zeile zurückzustellen oder Platz für noch einige zu schaffen.
Festigkeit [unkorrigie
![Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert] Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert]](/meyers/thumb/56/56_0705.jpeg)
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Festigkeit.
Dies kann nur geschehen, indem im erstern Falle der Raum zwischen den einzelnen Worten durch Einschieben von Ausschlußstückchen
vergrößert, im letztern Falle durch Wegnehmen der größern und deren Ersatz durch kleinere Ausschlußstückchen verringert
wird. (S.
Ausschließung.) Dieses «Ausschließen» ist eine der wichtigsten
Arbeiten des Setzers. Denn von
der richtigen Raumverteilung hängt die Schönheit, von der gleichmäßigen Festigkeit
[* 9] des Ausschließens die Sicherstellung
gegen das Auseinanderfalten der vielen einzelnen, selbst die Zahl von 100000 überschreitenden Teilchen ab, aus welchen ein
Bogen besteht.
Buchdruckerkunst

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Seite 53.664.Ist eine Zeile gesetzt, so zieht der Setzer die Setzlinie heraus, legt sie über die fertige Zeile, drückt sie an diese, die bei kleinen Schriftarten Neigung hat, in der Mitte herauszubrechen, fest an und fängt nun die zweite Zeile an. Sollen die Zeilen nicht ganz dicht aneinanderstehen, so wird der Zwischenraum durch dünne kurze Bleistücke, den Durchschuß, oder durch längere, Regletten, hervorgebracht. Ist der Winkelhaken voll von Zeilen (er faßt ungefähr 10-12 Zeilen des vorliegenden Satzes), so stellt ihn der Setzer auf den Rand des Setzkastens, legt die Setzlinie über die letzte Zeile und hebt mit den Daumen, den Mittel- und Zeigefingern beider Hände den Satz mit einem festen Griff aus dem Winkelhaken auf das Setzschiff (Taf. II, [* 1] Fig. 8), eine Zinkplatte mit niedrigem mit Messing belegtem Holzrand, mit oder ohne «Zunge», einer dem Satz untergeschobenen mit ihm herausziehbaren Platte; er fährt mit diesen Manipulationen fort, bis er so viele Zeilen aufeinandergefügt hat, als zu einer Seite des Werkes gehören. Ist eine solche Kolumne fertig, die Überschrift (Kolumnentitel) und der Fuß (Unterschlag) in Ordnung, so umwickelt der Setzer sie mit Bindfaden (Kolumnenschnur) und kann sie nun leicht auf ein Satzbrett oder einen Schließtisch stellen. Dies wiederholt er, bis alle Kolumnen eines Bogens beisammen sind. Er hat nun besonders Achtung zu geben, daß bei der Stellung der ¶
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Schriftseiten der beiden Formen (Taf. II, [* 10] Fig. 5), von welchen die eine die Vorder-, die andere die Rückseite des Bogens füllt, die Seitenzahlen, wenn der Bogen gefalzt ist, richtig aufeinanderfolgen. Ist der Bogen in dieser Weise ausgeschossen und der Raum zwischen den einzelnen Kolumnen durch Einfügung größerer, hölzerner, bleierner oder eiserner Körper, Stege (die niedriger sind als das Schriftmaterial, damit sie beim Druck von den Walzen nicht mit geschwärzt werden können), ausgefüllt, so legt man um das Ganze einen eisernen Rahmen; der übrige Raum wird mit Stegen ausgefüllt, und die vielen einzelnen Bestandteile werden durch Keile oder Schrauben [* 11] fest aneinander gedrückt, sodaß es möglich ist, den Rahmen mit der Schrift zu transportieren; man nennt dies Schließen der Form und den hierzu dienenden Apparat Schließapparat (Taf. II, [* 10] Fig. 5). Zum Schließen der Form hat man neuerdings noch das Patentschließzeug (Taf. III, [* 10] Fig. 8), bestehend aus Schließsteg, Keil und Schlüssel. So ist nicht zu befürchten, daß der Satz auseinanderfällt, was indes trotz aller Vorsicht doch mitunter geschieht; man sagt dann, die Form sei in Zwiebelfische zerfallen. Die Schriftform bringt man nun in die Presse [* 12] oder einen besondern Apparat zum Korrekturabziehen, wie die Tiegeldruckabziehpresse (Taf. II, [* 10] Fig. 4), um zunächst die erste Korrektur abzuziehen. (S. Korrektur.)
Zängen - Zanthier

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Zange.Sind die Bogen mit den angezeichneten Fehlern vom Korrektor zurück, so berichtigt der Setzer die Fehler, indem er mit einer Ahle (Taf. III, [* 10] Fig. 11) oder feinen Zange [* 13] (Pincette, Taf. II, [* 10] Fig. 7) die falschen Buchstaben oder Wörter herauszieht und durch richtige ersetzt. Bestehen die zu korrigierenden Fehler jedoch darin, daß Worte oder ganze Sätze doppelt gesetzt (Hochzeiten) oder daß Stellen ausgelassen sind (Leichen), oder macht der Verfasser wesentliche Änderungen, so muß der Setzer oft viele Zeilen, ja ganze Seiten anders ausschließen, bis der erforderliche Raum gewonnen oder ausgefüllt ist, was eine sehr mühsame, deshalb auch teure Arbeit ist.
Ist die erste Korrektur seitens des Setzers besorgt, so wird eine zweite abgezogen, die gewöhnlich vom Verfasser gelesen wird, dann folgt die dritte, die «Revision». Oft sind vor letzterer noch mehrere Korrekturen abzuziehen, und um in der Zwischenzeit und bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem die Formen dem Drucker als druckfertig übergeben werden können, den Satz vor Beschädigungen zu verwahren, wird er in ein in mehrere Fächer geteiltes Formenregal (Taf. II, [* 10] Fig. 10) eingeschoben.
Ist schließlich der Bogen für die Presse fertig, so muß der Drucker, ehe er druckt, die «Preßrevision» abziehen; dieser folgt, wenn auch die letzten Anstände beseitigt sind, der «Ansichtsbogen», und erst wenn dieser mit dem vidi des Beauftragten versehen ist, kann der Druck beginnen. Die geschilderte Manipulation beim Werksatz erleidet mancherlei Modifikationen bei den Accidenzien (s. d.) und beim Zeitungssatz, bei dem, sowie auch, wenn Werke rasch gefördert werden sollen, eine Teilung der Arbeit eintritt, indem verschiedene Setzer bloß Reihen von Zeilen setzen (Paketsetzer), während andere das Bilden der Seiten, Bogen, Zeitungsnummern u. s. w. besorgen (Metteurs en pages).
Für kunstvolle, bisher durch Feile [* 14] und Schnitzer (Taf.III, [* 10] Fig. 13) u. s. w. ermöglichte Satzkompositionen, vorzugsweise im Accidenzsatz, dienen neuer-
dings Apparate, wie Linienschneidelade (Taf. II, [* 10] Fig. 6), Linienschneider (Taf. III, [* 10] Fig. 3), Linienbiegeapparat [* 10] (Fig. 4), Accidenz-Hobelmaschine u. s. w., mit welchen Linien mit Gehrung versehen, in alle möglichen Formen gebogen, sowie die Kegelstärken von Typen und Ornamenten abgeschwächt werden können. Dabei dient ein Zirkel (Taf. III, [* 10] Fig. 14) zum Abmessen von allerlei Dimensionen.
Die zweite Hauptarbeit, das Drucken, geschieht auf der Hand- oder auf der Schnellpresse. In beiden Fällen ist die Vorbedingung für einen guten Druck die vollständig gleichmäßige Höhe der auf dem Fundament stehenden Schriften und die vollständige Ebenmäßigkeit des Fundaments, das den Druck empfangen soll, mit dem vertikal wirkenden Tiegel in der Handpresse (Taf. II, [* 10] Fig. 1) und der Tiegeldrucktretpresse (Taf. III, [* 10] Fig. 10) oder dem rotierenden Cylinder in der gewöhnlichen Schnellpresse.
Die Tiegeldrucktretpresse, vorzugsweise zum Druck kleinerer Accidenzen geeignet, leistet viel mehr als eine Handpresse, und ihre Behandlung ist viel einfacher als die einer Schnellpresse. Die abgebildete Tiegeldrucktretpresse besitzt ein vorzügliches Farbewerk; der Druck kann aufs genaueste reguliert, auch jederzeit abgestellt werden. Die Bewegungsweise der Walzen gestattet ein mehrmaliges Färben der Form. Die fast horizontale Lage des Drucktiegels ermöglicht ein bequemes Zurichten, und der Anleger kann sicher arbeiten, da die Ruhelage von langer Dauer ist.
Eine vollkommene Ebenmäßigkeit besteht jedoch selten in der Praxis, namentlich in betreff der Höhe der verschiedenen gleichzeitig verwendeten Schriften, da eine öfters gebrauchte niedriger geworden ist als eine neue. Hier muß nun der Drucker kunstfertig versuchen, alle durch Schrift oder Presse verursachten Unregelmäßigkeiten auszugleichen, was man Zurichten nennt. Um einen zu großen Druck auf einer Stelle zu beseitigen, schneidet er aus der papiernen Einlage des Pressendeckels oder aus dem ähnlichen Überzug des Cylinders die entsprechende Stelle aus. Wo der Druck nicht kräftig genug wirkt, muß er dagegen mit Papierblättchen überkleben, bis die normale Höhe erreicht und somit die Gleichmäßigkeit des Drucks hergestellt ist.
Scharwache - Schattens

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Schatten.Noch schwieriger ist das Verfahren beim Illustrationsdruck. Empfangen alle Teile eines Bildes einen gleich starken Druck, so erhält man ein Bild ohne die richtige Abstufung der Töne, in welchem der Hintergrund sich ebenso kräftig ausdrückt wie der Schatten [* 15] des Vordergrundes. Es handelt sich also darum, den Druck so zu regulieren, daß alle Töne sich auch in ihrer richtigen Stärke [* 16] wiedergeben, nicht aber Einförmigkeit zeigen. Kräftige Stellen werden durch Papierblättchen höher gemacht, verschwindende bis auf die Grenze, wo der Strich der zarten Linien zu reißen beginnt, herausgeschnitten; da jedoch Licht [* 17] und Schatten fortwährend abwechseln und oft dicht nebeneinander liegen, so müssen die Papierblättchen mit der größten Sorgfalt den Konturen der betreffenden Stelle folgen. Um dies zu erreichen, macht der Drucker gleich beim Beginn der Arbeit mehrere rohe Abzüge des zu druckenden Bildes. Aus dem Abdrucke schneidet er nun, den Konturen folgend, mittels des eigens hierfür gefertigten Zurichtmessers (Taf. III, [* 10] Fig. 12) oder der Schere [* 18] (Fig. 7) die nötigen Stellen aus und klebt sie oft mehrfach übereinander, je nachdem die Übergänge von Licht zu Schatten, vom Hintergrund zum Vordergrund ¶