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Versalbuchstaben. Den Versuch doppelfarbigen Druckes (rot eingedruckte Überschriften) zeigt bereits der ältere Anfang der 42zeiligen Bibel. [* 2]
Im 16. Jahrh, gewann die Buchdruckerkunst immer größere Verbreitung, zumal die religiösen Streitigkeiten massenhaften Stoff zum Drucken lieferten. Die Regierungen beschäftigten sich vielfach mit der Bücherpolizei, die schon für Handschriften eingeführten Censurvorschriften wurden erneuert und verschärft; am wurde von dem Konzil zu Orient der erste Index verbotener Bücher veröffentlicht. In Frankreich suchte die Sorbonne sogar das Verbot der Buchdruckerkunst zu erwirken, und schon hatte 1534 Franz I. den Befehl erlassen, alle Druckereien zu schließen, als der Widerstand des Parlaments die franz. Buchdrucker vor der drohenden Maßregel bewahrte. In England wurde die Zahl der Druckereien beschränkt, in allen Staaten die Presse [* 3] ängstlich überwacht, nur in Deutschland [* 4] herrschte, dank der weitgehenden Autonomie der Einzelstaaten und der Schwäche der Centralgewalt, eine verhältnismäßig freiere Bewegung der Presse.
In technischer Beziehung steht fest, daß die frühesten Bücher mit Metalltypen gedruckt sind, und zwar ohne Zweifel mit gegossenen. Die Zusammensetzung des Metalls verlangte und erfuhr mehrfache Verbesserungen. Erhalten hat sich eine bildliche Darstellung der Druckerei des Iodocus Badius Ascensius (s. Badius) zu Paris [* 5] aus dem Anfang des 16. Jahrh. -
Hinsichtlich der Typenarten wurde vom 16. Jahrh. an in Frankreich, England und Italien [* 6] (hier schon früher) die got. Schrift fast ganz durch die Antiqua (s. d.) verdrängt. Aldus Manutins der Ältere gab im Anschluß an die röm. Kanzleischrift der Antiqua eine etwas nach rechts gebeugte Form (Kursive oder Italique). In Deutschland wurde die kaiserl. Kanzleischrift in Typen geschnitten, um für den Kaiser Max den «Tewrdanckh» zu drucken (1517), ein Werk, welches wegen seiner genauen Nachahmung aller Künste der Schönschreiber (s. Faksimile 11) das großartigste Meisterwerk der Buchdruckerkunst des 16. Jahrh. ist.
Als Drucker wurde Hans Schönsperger dazu von Augsburg [* 7] nach Nürnberg [* 8] berufen. Neben dieser Theuerdankschrift, welcke der Rewichschen deutschen Type (s. Faksimile 7) stilähnlich ist, entstand um dieselbe Zeit die einfachere Frakturschrift. Anfangs gebrauchte man sie häufig als Auszeichnungsschrift in Schwabachertexten: bald aber kehrte man das Verhältnis um, die Fraktur wurde Textschrift und die Schwabacher Auszeichnungsschrift, doch behielten die deutschen Buckdrucker die Antiqua für lat. Text, selbst in einzelnen Worten, bei, und so entstand der Dualismus von Fraktur und Antiqua, der Deutschland und den nordischen Ländern, die von hier ihre Schriften bezogen, eigentümlich wurde. Die franz.
Schreibschrift wurde von Robert Granjon in Lyon [* 9] mit viel Geschick geschnitten, er erhielt auch 1537 für 10 Jahre ein Privileg auf ihren Gebrauch, aber sie hat, weil eine klare Druckschrift im Grunde dem Lesen weniger Schwierigkeiten bereitet als jede Schreibschrift, keine allgemeine Verwendung beim Druck gefunden. Auch in Deutschland wurde im 17. Jahrh, eine Schreibschrift in Typen für Kanzleizwecke hergestellt, blieb aber ganz auf diese beschränkt. Die griech. und hebr. Typen wurden schöner hergestellt als im vorigen Jahrhundert; berühmt war die griech. Schrift Garamonds.
Kaspar Kraft [* 10] schnitt in Wien [* 11] syr. Typen; mit solchen wurde auch von Henri Etienne (s. Stephanus) in Paris, Plantin in Antwerpen [* 12] und in der Druckerei der Propaganda in Rom [* 13] gedruckt. Diese Offizin besaß auch samaritan., armenische, topt. und äthiop. Typen. Arab. und pers. Typen ließ der franz. Gesandte Savary de Brèves 1589-1611 in Konstantinopel [* 14] schneiden; sie sind noch gegenwärtig im Besitz der Pariser Nationaldruckerei, schöne arab. Typen schnitt Robert Granjon für den Kardinal von Medici. Der Notendruck mit Lettern
[* 1] ^[Abb.: Fig. 11. Aus Tewerdanckh.]
für [* 1] Figuralmusik (s. Musiknoten) wurde in Italien von Petrucei 1498 erfunden, bald aber (1507) verbessert. Pierre Hutin in Paris erfand 1525 ein weniger schönes, aber einfaches Verfahren des Notendrucks, welches sich lange im Gebrauch erhielt. - Das Bedürfnis einer leichten Übersicht über den Inhalt eines Buches führte nach und nach noch im 15. Jahrh. zur gegenwärtigen Form der Titel, auf deren Ausschmückung nun die Sorgfalt übertragen wurde, die sonst der ersten Buchseite gewidmet worden war. Da Künstler ersten Ranges, wie Albrecht Dürer, Hans Holbein, [* 15] Lukas Kranach, Jost Ammann u. a., die Holzschnitte und Ornamentik der Bücher lieferten, so ist in dieser Beziehung die Typographie des 16. Jahrh, mit einer besondern Glorie umgeben. In Italien entwickelte sich die Holzschnittillustration nicht in dem gleichen Maße wie in Deutschland, nur in dem sog. Clairobscur-Druck und im Metallschnitt behauptete Italien, besonders Venedig, [* 16] ein Übergewicht. (S. Carpi [Ugo da] und Andreani [Andrea].)
Für Deutschland, das im 17. Jahrh. von dem verbeerenden Dreißigjährigen Kriege heimgesucht wurde, war diese Periode naturgemäß keine Zeit gedeihlichen Aufstrebens, doch gewann die Buchdruckerkunst räumlich weitern Boden und machte sich namentlich als Verbreitungsmittel «Neuer Zeitungen» ¶
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unentbehrlich. In Frankreich war zwar die Zeit der Etienne (16. Jahrh.) vorüber, doch lieferte Paris, namentlich die sehr begünstigte königl. Druckerei, noch immer geschmackvoll ausgestattete Ausgaben. In England, wo die Buchdrucker schweren Verfolgungen ausgesetzt waren, gedieh die Kunst nicht besonders. Dagegen blieben die freien Niederlande [* 18] ein Sitz regen Kunsteifers, und auf Christoph Plantin in Antwerpen (gest. 1589) folgte die Familie Elzevier (s. d.; 1592-1681) in Leiden [* 19] und Amsterdam. [* 20] Neben ihr machten sich die Blaeu (s. d.) und Joh. Jansjon bemerkbar. England, welches bisher sein Papier aus Frankreich bezogen hatte, erhielt durch die Vertreibung der Protestanten aus Frankreich die besten Papiermühlen. - Im 17. Jahrh. kam Gutenbergs Erfindung auch nach Nordamerika, [* 21] indem von der Witwe des auf der Überfahrt gestorbenen Glover zu Cambridge (Mass.) 1638 die erste typographische Werkstatt errichtet und im folgenden Jahre das erste nordamerik. Buch gedruckt wurde. Nächst Cambridge waren Boston, [* 22] Philadelphia [* 23] und Neuyork [* 24] die ersten Städte, wo Buchdruckereien entstanden. Andererseits kam die Kunst nach dem fernen Osten, indem in Ostindien [* 25] und Japan, [* 26] hier aber nur von Jesuiten (mit Antiqualettern) gedruckt wurde.
In technischer Hinsicht wurde im 17. Jahrh. die Presse durch Willem Janszoon Blaeu, einen mechanisch geschulten und wohlgeübten Mann, verbessert. Die Zahl der Schriften vermehrte sich; von Nonpareille bis zur groben Kanon waren alle Abstufungen und von manchen Kegeln mehrere Garnituren vorhanden. Besonders beliebt waren die kleinern Schriften (Nonpareille und Petit), mit denen zierliche kleine Ausgaben gedruckt wurden. 1692 ließ Ludwig XIV. von der Akademie der Wissenschaften Zeichnungen für Antiqua oder Kursivschrift herstellen, welche, ausschließliches Eigentum der königl. Druckerei zu Paris, die schönsten Schriften der Welt sein sollten. Diese Schriften wurden 1693-1714 geschnitten und blieben ein Jahrhundert in Verwendung, zeichneten sich aber mehr durch ihre Besonderheiten als durch Schönheit aus. Einen Zuwachs an Arbeiten erhielten die Buchdrucker durch die beliebt gewordenen Zeitungen (s. d.), welche zu Anfang dieses Jahrhunderts regelmäßig zu erscheinen begannen. Der Holzschnitt wurde zu Gunsten des Kupferstichs vernachlässigt.
Während im 17. Jahrh. Holland. Geschmack überwog, herrschte im 18. Jahrh, die franz. Mode vor. Friedrich II., der schon früher die Absicht gehabt hatte, eine königl. Druckerei nach dem Muster der Pariser zu errichten, aber durch die Kriege daran verhindert worden war, verlieh 1769 dem Buchdrucker G. I. Decker in Berlin [* 27] den erblichen Titel eines Hofbuchdruckers, nachdem dieser nach des Königs Wunsche seine Druckerei mit franz. Schriften versehen und einen Faktor aus Paris hatte kommen lassen. In Paris war Setzen und Drucken eine Unterhaltung des Hofs: aber auch Joseph II. lernte und übte als Prinz diese Kunst. Zugleich belebte der Geist der Aufklärung die Gelehrten, mächtig entwickelte sich mit der Litteratur die und in edlem Wetteifer strebten die Nationen, mit schönen Typen Meisterwerke zu schaffen.
In Deutschland wirkte Joh. Gottl. Immanuel Breitkopf in Leipzig [* 28] als genialer Buchdrucker, der eine neue Methode des Musiknotendrucks erfand, wie als tüchtiger Buchhändler und typographischer Schriftsteller. Neben Decker gläzte Unger in Ber-
lin; Göschen in Leipzig und Cotta in Stuttgart [* 29] verlegten und druckten die Werke der deutschen Litteraturheroen; in Österreich [* 30] entwickelten Trattner und Traßler als Drucker und Verleger, vor allem auch als Nachdrucker eine große Thätigkeit. In der Schweiz [* 31] zeichneten sich Haas Vater und Sohn durch typographische Kunstfertigkeit aus. In Frankreich schnitten Fournier und F. A. Didot vielbewunderte Schriften; in Holland konkurrierten mit ihnen Enschedé (s. d.) und die Elzeviers, dessen ausgezeichneter Stempelschneider Fleischmann die Kontrapunzen erfand; in England wurden Caslon und Baskerville, in Italien Bodoni Meister der Stempelschneidekunst, und selbst in Spanien [* 32] entwickelte sich durch Ibarra eine bessere Kunstrichtung. In Rußland begünstigte Peter I. die Buchdruckerkunst, wie alle westeurop. Kulturprodukte, selbst in der Türkei [* 33] gelang es dem unermüdlichen Eifer Ibrahim Efendis, die Vorurteile des Volks und den Widerstand der Ulemas zu besiegen und 1726 eine Buchdruckern zu errichten, die freilich keinen langen Bestand hatte. In Amerika [* 34] machte die Verbreitung der Buchdruckerkunst schnelle Fortschritte; zu den Typographen Amerikas zählt Benjamin Franklin, der berühmte Schriftsteller und Staatsmann.
Es giebt Bücher, die in immer neuen Auflagen unverändert gedruckt werden und in denen Druckfehler besonders ärgerlich und schädlich sind, wie die Bibel, Klassikerausgaben, Wörterbücher u. dgl. War es gelungen, ein solches Buch möglichst fehlerfrei herzustellen, so ließ man den Satz für neue Auflagen stehen, um die Kosten des Satzes und die Mühe neuer, sorgfältiger Korrekturen zu ersparen; aber solcher stehender Satz kostete nicht nur viel Material, er konnte auch zerfallen.
Daher suchte man Mittel, solchen Satz in feste Platten zu gießen, welche leicht aufbewahrt werden konnten, und ein Prediger J. Müller in Leiden war der erste, der mit dem Buchdrucker van der May 1701-11 feste Satzplatten erzeugte. Ihm folgte der schott. Goldschmied W. Gcd 1725 und eine Reihe anderer, welche verschiedene Methoden zur Anwendung brachten; doch kam dieser Plattenguß, der von Didot Stereotypie (s. d.) getauft wurde, im 18. Jahrh. über das Experiment nicht viel hinaus.
Mit dem Ende dieses Jahrhunderts vollzog sich eine Veränderung der Lage des Buchdruckergewerbes. Die Französische Revolution hob die Patente zur Ausübung der Buchdruckerkunst auf und gab das Gewerbe frei. Zwar geschah dies nur vorübergehend, aber der Anstoß blieb nicht ohne Nachwirkung. Zu Anfang des 19. Jahrh. wurden auch in den größern Staaten Deutschlands [* 35] die Zünfte aufgehoben, und damit fielen viele Beschränkungen, welche bis dahin manche Kraft gelähmt hatten. So durfte vorher niemand eine Buchdruckerei führen, der die Buchdruckerkunst nicht erlernt hatte; selbst ein Schriftgießer galt nicht für einen gelernten Buchdrucker.
Dem Buchhändler Göschen wurde die Errichtung einer Buchdruckerei in Leipzig nicht gestattet, er mußte sie in Grimma [* 36] errichten; der Schriftgießer Haas in Basel [* 37] hatte eine Buchdruckerpresse erfunden, durfte aber auf derselben nicht drucken, weil er kein gelernter Buchdrucker war u. s. w. Durch die Einführung der Gewerbefreiheit wurden der Buchdruckerkunst Kapitalien und Talente zugeführt und insbesondere die volle Ausnutzung der vielen Erfindungen und Fortschritte unsers Jahrhunderts auf allen technischen Gebieten ermöglicht. Eine Folge der Gewerbefreiheit war vor allem eine großartige Vermehrung der Buchdruckereien. ¶