sechs ersten türk.
Sultane zu enthalten, die hier bis 1363 ihr eigentliches Hoflager (die
Pforte) hielten. Auf der Burghöhe
steht die Moschee Daud-Monasteri, ursprünglich eine christl.
Kirche, mit dem
Grabe Orchans. Das mit Jaspis und Marmor geschmückte
Grabdenkmal
Osmans I. liegt außerhalb der Stadt. Die Überreste
Murads I. sind 4 km im Westen derselben
in einem prächtigen
Mausoleum bei dem Dorfe Tschekerki beigesetzt. Etwa 2 km im Westen von Brussa treten auf einer
Fläche von 380 m
im Geviert vier heiße Schwefelquellen hervor, zwei von 85° C. Wärme.
[* 2]
Über zwei derselben sind Badehäuser errichtet, von denen das bedeutendste Eski-Kaplidscha (Alt-Warmbrunn)
heißt. Brussa ist eine der ersten Industriestädte des türk.
Reichs. Haupterwerbszweige sind Seidenzucht,
-Spinnerei und
-Weberei.
Die
Seide
[* 3] wird hauptsächlich nach
Lyon
[* 4] ausgeführt. Auch die Baumwollkultur hat in neuester Zeit Fortschritte gemacht. Berühmt
sind die seidenen Burnusse und die baumwollenen Bademäntel von Brussa
In den nahen
Gebirgen wird Meerschaum gegraben,
welcher in Brussa zu Pfeifenköpfen gebohrt wird.
Der Handel ist in starkem Aufschwunge;
Hafen der Stadt ist
Mudania, mit dem es
durch eine 38 km lange Eisenbahn verbunden ist. - Brussa ist das unter König Prusias II. von
Bithynien gegründete Prusa, wurde
um 950 durch Seif ed-daulet von Haleb
(Aleppo) erobert und geschleift, 1326 von Orchan, dem
Sohne des ersten
Türkensultans
Osman I., nach 10jähriger
Belagerung den Griechen entrissen, 1402 von
Timurs Enkel Mirsa eingenommen und auch
späterhin wiederholt durch Kriegsleiden heimgesucht. Hier lebte 1852-55
Abd el-Kader.
[* 5] vläm. Brussel, frz.
Bruxelles, Haupt- und Residenzstadt des Königreichs
Belgien,
[* 6] zugleich Hauptstadt der
ProvinzBrabant und der ehemaligen österr., früher span.
Niederlande,
[* 7] auch geogr. Mittelpunkt des
Landes, liegt
unter 50° 51' 10'' nördl.
Br. und 4° 22' 13'' östlich von Greenwich, in 15 m Höhe, an der größtenteils überwölbten
Senne, einem Nebenfluß der Schelde, und steht nach N. durch den in die Rupel führenden Willebrockkanal mit
Antwerpen
[* 8] und
nach S. durch den Charleroikanal mit der
Sambre inVerbindung. hat eine mittlere Jahrestemperatur von +10,3°
C.; das Maximum im Juli beträgt +18,4, das Minimum im Januar +2,3° C. Man zählt nur 48
Tage mit Frost, aber bei durchschnittlich 65 Proz.
Wolkenbedeckung nur 12 ganz heitere, dagegen 62 Nebeltage im Jahr. Die Regenhöhe beträgt 730
mm. (Hierzu
Plan: Brüssel.)
einschließlich der Vorstädte Etterbeek,Ixelles, St.
Gilles,
Anderlecht, Molenbeek-St.
Jean, Laeken, Scharbaeck (55000 E.), St. Josse-ten-Noode etwa 480000 E. Die rasche
Vermehrung ist vor allem eine Folge der
starken Einwanderung;
die deutsche
Kolonie zählt 5000, mit den Vorstädten
10000, die französische 5300, die holländische 4000 Seelen.
Die Zahl der
Geburten beträgt jährlich etwa 5000, die der
Eheschließungen 1700, die der Sterbefälle 4500.
Anlage,
Straßen, Plätze,
Denkmäler. Brüssel, auf sehr ungleichmäßigem
Boden erbaut, zerfällt in zwei
Teile: die Ober- und die
Niederstadt.
Jene, durch ein neues Viertel, das Quartier
Leopold, erweitert, wird von der bemitteltern
Bevölkerung bewohnt.
In der winkligen und schmutzigen, teils aber auch mit breiten, wohlgepflegten, geraden
Straßen und eleganten
Boulevards versehenen Niederstadt leben die
Handel- und Gewerbetreibenden. Während im obern
Teil fast ausschließlich französisch
gesprochen wird, wiegt in der Niederstadt das Vlämische vor. Brüssel ist eine schöne Stadt ohne besonders ausgeprägten
Charakter.
Mit seinen
Theatern,
Palästen, Museen,
Kirchen, Hotels, seinen
Tavernen nachLondoner und
Brauereien nach
MünchenerMuster, seinem an den
Wiener Prater erinnernden
Park, seinem, dem
PariserBois de Boulogne nachgebildeten Cambrewäldchen,
den Fremdenkolonien und dem unaufhörlichen Fremdenverkehr bietet es das
Bild der echten Großstadt. Nur das enge Zusammenwohnen
und die Verschmelzung der beiden Nationalitäten, Wallonen und Vlamänder, giebt ihr ein besonderes belg.
Gepräge.
Von den frühern Festungswerken ist jetzt nur noch an der
Porte deHal ein 1381 erbauter
Turm
[* 11] zu sehen. An
Stelle der Stadtwälle
umgeben die großartigen, schattenreichen
Boulevards fast die ganze Stadt in Form eines unregelmäßigen Fünfecks.
Ihre Gesamtlänge
beträgt 6 km. Nahe bei der
Porte deHal liegt ein altes, dichtbevölkertes Stadtviertel, dessen Bewohner,
die sog. Marolles, durch
Sprache
[* 12] (eine Mischung aus Vlämisch und Wallonisch) und Gebräuche von der übrigen Einwohnerschaft
verschieden, gewissermaßen als eine Kaste - die Parias Brüssels - anzusehen sind.
Außer den
Boulevards verdient als Promenade die großartig angelegte
Avenue Louise, die nach dem 2 km entfernten
Cambrewäldchen führt, Erwähnung. Eine in den vierziger und fünfziger Jahren, aber jetzt wenig besuchte Promenade ist
die am
Kanal
[* 13] entlang, halbwegs nach dem 4 km entlegenen königl. Lustschlosse Laeken führende
Allée Verte. Den Hauptanziehungspunkt der obern Stadt bildet der mit zwei großen Wasserbecken und vielen Marmorstatuen
geschmückte 13 ha. großePark. Der malerische
ParcLéopold von gleicher
Größe, in dem sich früher ein
Zoologischer
Garten
[* 14] befand, ist weniger belebt.
Unter den zum
Teil mit
Wasserkünsten gezierten Platz en ist zu erwähnen, die Place Royale mit dem von
Simonis gearbeiteten, 1848 errichteten
Kolossalreiterstandbild
Gottfrieds von
Bouillon und der
Kirche St. Jacques-sur-Caudenberg mit ihrer mit
Statuen und Freskogemälde geschmückten Façade, ferner die
Grande Place, der Marktplatz mit dem Rathaus, dem Königs- oder
Brothaus sowie vielen, meist aus span. Zeit stammenden histor. Giebelhäusern der ehemaligen
Zünfte; die Place de la Monnaie mit dem
Théâtre Royal und dem der Vollendung nahen neuen Postpalast,
der Märtyrerplatz, auf dem die in den Septembertagen des Jahres 1830 gefallenen
Helden ruhen, über deren Gruft sich die
StatueBelgiens, den belg. Löwen
[* 15] zu Füßen, auf einem mit
Basreliefs geschmückten
Sockel erhebt; die Place du
Grand¶
mehr
Sablon mit einem monumentalen Brunnen,
[* 17] die zu einem Square umgeschaffene Place du Petit Sablon mit dem früher auf der Grande
Place befindlichen DenkmalEgmonts und Hoorns (von Fraikin), einer mit Statuetten verzierten Umsriedigung und den neuerdings
gesetzten Standbildern berühmter Gelehrten und Künstler aus der Zeit der span. Schreckensperiode
(Ortelius, van Orley, Locquenghien, Mercator, Dodonće, De Vriend genannt «Floris», Brederode und van Bodeghem);
ferner die Place des Barricades mit dem Standbilde des Anatomen Vesalius (1847), die Place Ancessens (früher Place Joseph Lebeau)
mit dem 1889 errichteten Denkmal des Märtyrers der Freiheit gleichen Namens, die Place Rouppe mit der Statue der Schutzgöttin
der Stadt, endlich der Kongreßplatz mit der herrlichen Aussicht auf die untere Stadt und der mit dem 4 m hohen Bronzestandbilde
König Leopolds I. gekrönten 47 m hohen Kongreßsäule (1859, von Geefs). Von Denkmälern seien noch genannt das des franz.
GeneralsBelliard (1836), das des Ministers Gendebien (1874), John Cockerills und
der Manneken-Pisbrunnen von Duquesnoy (1619).
Kirchen. Die größte und schönste ist die Kathedrale von St. Gudula, im 12. Jahrh. an Stelle einer alten Kapelle des heil.
Michael begonnen und bis 1653 im got. Stile erbaut, mit zwei unvollendet gebliebenen Türmen, 16 m hohen, reichbemalten Fenstern
und den Grabstätten mehrerer Herzöge; andere sind: die Kirche St. Jacques-sur-Caudenberg (zur Zeit des
KonventsTempel
[* 18] der Vernunft), dann Notre-Dame de la Chapelle, Notre-Dame de Finistère und die 1874 eingeweihte St. Katharinenkirche.
Außerdem giebt es mehrere protest. Kapellen und eine im Rundbogenstil 1878 gebaute Synagoge. Die Kirchen der Vorstädte sind
außer der prächtigen St. Marienkirche in Schaerbeek mit der byzant. Kuppel und der eigenartigen von
Poelaert entworfenen Kirche in Laeken weniger bemerkenswert.
Weltliche Bauten. Das berühmte 1401-54 im got. Stil erbaute Rathaus mit dem 118 m hohen Turm - einem Meisterwerke mittelalterlicher
Baukunst
[* 19] - der über die ganze Niederstadt emporragt und auf seiner Spitze die vergoldete Bildsäule (5,5
m) des Brüsseler Schutzpatrons, des heil. Michael, trägt; das dem Rathaus gegenüberliegende Königs- oder Brothaus, ein
uraltes, wieder neu aufgeführtes Gebäude, das vor 1794 mehrern Gerichtshöfen diente und in dem Egmont und Hoorn die Nacht
vor der Hinrichtung zubrachten, das Entrepôt am Kanal vonCharleroi, die Markthalle (HallesCentrales), die
Fischhallen, die Schlachthäuser, das Hospital St. Jean mit 600 Betten, das Grand Hospice, ein Verpflegungshaus für 600 alte
Leute, die Staatsbibliothek mit mehr als 300000 Bänden, 12000 Handschriften und einer Sammlung von über 60000 Kupferstichen,
davor das Denkmal des österr.
Generalstatthalters Karl von Lothringen; der ehemalige Palast des Generalgouverneurs (Ancienne cour), jetzt
Museumsgebäude, das Palais de la Nation für die Sitzungen des Senats und der Kammer, das königl.
Schloß (zur Zeit der franz. Herrschaft Sitz der Präfektur) mit reichen malerischen Kunstschätzen, das Palais des Académies
(der frühere Palast des Prinzen von Oranien) mit einem die bedeutendsten Epochen der belg. Geschichte
behandelnden Cyklus von 13 Ölbildern von Slingeneyer, davor das Standbild Quetelets, das Schloß des Herzogs von Arenberg -
dessen älterer, rechter Flügel mit
dem histor.
Egmontzimmer ein Raub der Flammen wurde - mit wertvoller Gemäldegalerie, der Palast des Grafen von Flandern, das
Wiertz-Museum (ausschließlich Gemälde von Wiertz [s. d.] enthaltend), das königl. Musikkonsevatorium,
die Nationalbank, die Börse, ein Prachtbau im StileLudwigs XIV., die Universität mit dem Standbilde ihres Hauptbegründers
P. Verhaegen (von W. Geess), der große neue Justizpalast in griech.-röm. Stil von Poelaert mit hoher (98 m) Kuppel, 180 m
lang, 170 m breit, einer der gewaltigsten Bauten ganz Europas, begonnen 1866 und vollendet 1883 (Baukosten
über 50 Mill. Frs.), ferner die 1847 vollendete 213 m lange, 8 m breite, 3 Stockwerk hohe (18 m), von Kaufläden, Cafés u. s. w.
besetzte Glasgalerie St. Hubert, eine der schönsten und größten, die Nordpassage, die Handelspassage, endlich
der 1880er Ausstellungspalast (Palais du Cinquantenaire) mit dem Museum für Altertümer und Kunstgewerbe.
Verwaltung. Brüssel wird verwaltet von einem Bürgermeister (Buls, 25000 Frs. Gehalt), fünf Schöffen und einem Stadtrat, dessen 29 Mitglieder
von 3 zu 3 Jahren auf je 6 Jahre gewählt werden. Die Stadt ist in 6 Divisionen geteilt mit je 11 von
Polizeikommissaren geleiteten Sektionen. Zur Erleuchtung dient meist Gas (5500 Straßenlaternen, etwa 14000 Gasuhren, 180 Gasmotoren
mit 600 Pferdestärken). Elektrisches
[* 20] Licht
[* 21] findet sich auf einigen größern Plätzen und in Privatgebäuden. Die Wasserleitung,
[* 22] welche gleichzeitig auch die 8 Vorstädte versorgt, hat etwa 320 km Röhrenleitung, davon etwa 172 km
in Brüssel selbst und gegen 3000 Hydranten. 1847 belief sich die Gesamtlänge der verdeckten Kanäle auf 45 km, gegenwärtig auf 110 km.
Zur Verteidigung der Stadt besteht eine 5625 Mann starke Bürgerwehr. Die Feuerwehr zählt 174 Mann auf 14 Posten. Die Vorstädte
haben eigene Bürgerwehr und Löschmannschaften.
Finanzen. Der Gesamteinnahme 1890 mit 24 276 505 Frs. stellte sich eine Gesamtausgabe von 24 217 967 Frs.
gegenüber. Die Einnahmen betrugen aus Steuern 3 450 791 Frs., städtischem Grundbesitz (Miete u. s. w.) 4 959 911, Zinsen von
ausgeliehenen Geldern 3 678 061, Gas 4 592 077 und Wasserleitung 1 600 472 Frs. Für Verwaltung wurden verausgabt 1 092 276 Frs.,
für die öffentliche Sicherheit 1 459 319, für Schulen 1 169 060, zur Verzinsung der Gemeindeschuld 8 771 020 Frs.
Brüssel hatte seit 1853 sieben verschiedene Anleihen im Betrage von zusammen 241 600000 Frs. aufgenommen. Diese Anleihen wurden 1886 in
eine einzige Anleihe von 289000000 Frs. konvertiert, deren Tilgung in 90 Jahren erfolgen muß.
Behörden. Brüssel ist Sitz der Staatsbehörden, des Senats, der Repräsentantenkammer, der Provinzialregierung
und der Vertreter fremder Mächte.
Bildungs- und Vereinswesen. Die 1834 gegründete, von der Provinz, der Stadtgemeinde und den Freimaurerlogen unterhaltene Universität
hat eine philos., jurist., mathem.-naturwissenschaftliche und mediz. Fakultät sowie eine pharmaceutische
und eine polytechnische Schule mit (1891/92) insgesamt 89 Docenten und 1693 Studierenden; die Universitätsbibliothek hatte
vor dem großen Brande (1886) 70000 Bände, jetzt ist sie reorganisiert; die 1838 gegründete königl. Bibliothek hat 375000
Bände, 27000 Handschriften, 80000 Stiche, Karten und Holzschnitte, 32000 Münzen
[* 23] und Medaillen. Ferner
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