(spr. brollj oder brolljih), Achille Charles Léonce Victor,
Herzog von, franz. Staatsmann, Sohn des während
der Revolution hingerichteten Prinzen Claude Victor von Broglie, geb. zu
Paris,
[* 2] wurde während des Kaiserreichs Anditor
im
Staatsrat, dann Intendant in Illyrien, später in
Spanien,
[* 3] endlich
Attaché bei den Gesandtschaften zu
Warschau
[* 4] und
Wien
[* 5] und 1813 Gesandtschaftsrat in
Prag.
[* 6] Nach der ersten Restauration erhielt er einen Sitz in der Pairskammer,
wo er gegen die
Verurteilung Neys, die
Ausnahmegesetze und Proskriptionen sprach. Er vermählte sich 1816 mit Albertine, der
als religiöse Schriftstellerin bekannten Tochter (geb. 1797, gest.
der Frau von
Stael.
Als Gesinnungsgenosse Guizots und der Doktrinärs wurde er von der Provisorischen Regierung zum Minister des Innern,
im
August von König
Ludwig Philipp zum Minister des
Kultus und Unterrichts sowie zum Präsidenten des
Staatsrats ernannt, trat
aber im November bei dem Eintritt Duponts de l'Eure ins Ministerium zurück. Vom Okt. 1832 bis April
1834, dann vom Nov. 1834 bis Febr. 1836 war er Minister des
Auswärtigen, seit März 1835 zugleich Conseilpräsident. In dieser
Eigenschaft führte er die Verhandlungen mit England über das gegenseitige Durchsuchungsrecht zur See.
Seit 1836 wurde er wiederholt, zuletzt noch 1840, zurBildung eines Ministeriums aufgefordert, lehnte
aber stets ab. Später entfernte er sich von Guizot und seinen frühern Meinungsgenossen und schien mehr zu
Thiers hinzuneigen.
Nach der Revolution von 1848 blieb er als
Anhänger der
Orléans
[* 7] einige Zeit dem polit. Schauplatze fern. Erst im Mai 1849 gelangte
er in die Nationalversammlung, wo er einer der Führer der
Rechten wurde und die Angelegenheit der Verfassungsrevision
eifrig betrieb. Während er hierdurch die Herstellung der Monarchie der
Orléans beabsichtigte, wurde er durch Napoleons
Staatsstreich
vom überrascht. Er zog sich ins Privatleben zurück, wurde 1856 zum Mitgliede der
Akademie erwählt, veröffentlichte
«Écrits et discours» (3 Bde.,
Par. 1863) und starb Seine Memoiren gab sein Sohn Jacques Victor
Albert als
«Souvenirs du feu duc de Broglie» (4 Bde.,
Par. 1886-87) heraus. -
(spr. brollj oder brolljih), Jacques Victor
Albert,
Herzog von, franz. Publizist, Geschichtschreiber
und Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. zu
Paris.
In den konstitutionellen
Ansichten der doktrinären Schule und in
kath. Ideen auferzogen, nahm er früh thätigen Anteil an den polit. und kirchlichen Meinungskämpfen
und schrieb für die
«Revue des Deux Mondes» und das klerikal-orléanistische Wochenblatt «Le
Correspondant»
Artikel, die später gesammelt erschienen als: «Études morales et littéraires»
(Par. 1853) und «Questions de religion et d'histoire»
(ebd. 1860; 2. Aufl. 1863). 1862 wurde Broglie Mitglied der
Académie française. Im
Frühjahr 1871 wurde er in die Nationalversammlung
gewählt, wo er sich dem rechten Centrum anschloß.
Als Gesandter nachLondon
[* 9] geschickt, suchte er das engl.
Kabinett zu einer diplomat. Intervention zu Gunsten
Frankreichs zu bewegen und trat 13. März als
BevollmächtigterFrankreichs in die Pontuskonferenz. Doch beschäftigte er sich vorzüglich
mit den innern Angelegenheiten und betrieb das Zustandekommen der parlamentarischen Koalition
aller monarchischen Parteien,
die die Abdankung
Thiers' und die Präsidentschaft Mac-Mahons zur Folge hatte.
In dem neuen
Kabinett übernahm Broglie die Vicepräsidentschaft und das Ministerium des
Auswärtigen, später das des Innern.
Dabei machte er sich verhaßt durch
Begünstigung des Klerikalismus.
Da aber gleichwohl die Legitimisten und
Bonapartisten ihre
Interessen durch ihn beeinträchtigt sahen, so verbanden sie sich mit der Linken zu seinem
Sturze und
brachten ihm eine
Niederlage bei. Am nahm Broglie mit seinen
Kollegen die Entlassung. 1876 in den Senat gewählt, trat
er wieder an die
Spitze der reaktionären Parteien. Bei der unerwarteten Entlassung des
KabinettsSimon wurde Broglie mit
der
Bildung eines Koalitionsministeriums der
Rechten beauftragt und übernahm den Vorsitz und die Justiz.
Die Kammer wurde aufgelöst und die ganze Regierungsgewalt zur Erreichung günstiger Neuwahlen aufgeboten. Aber bei den
Wahlen
vom 14. Okt. siegten die Republikaner auch bei den Generalratswahlen; Broglie fiel in seiner
Heimat durch, er gab
daher 20. Nov. seine Entlassung. Von da an ist Broglie nicht mehr in den Vordergrund der parlamentarischen Verhandlungen
getreten und seit 1885 nicht wiedergewählt. Broglie ist Präsident der
Société d'histoire diplomatique in
Paris. Von seinen größern
Werken sind zu nennen: «L'Église et l'Empire romain au 4e siècle» (3
Tle., Par. 1856-66; zum
Teil in 4. Aufl.
1869),
«Le secret du roi. Correspondance secrète de Louis XV avec ses agents diplomatiques,
1752-74» (2. Aufl., 2 Bde.,
ebd. 1879),
«Frédéric II et Marie-Thérèse» (2 Bde.,
ebd. 1882; auch deutsch, Minden
[* 10] 1884),
«Maurice de Saxe et le marquis d'Argenson» (2 Bde.,
1891). Außerdem gab er die Memoiren seines
Vaters (s. oben) und 1891-92, nach dem in seinen
Besitz übergegangenen authentischen
Originalmanuskript, die Memoiren
Talleyrands (5 Bde.) heraus.
(spr. brolljo),Emilio, ital. Schriftsteller und
Staatsmann, geb. Febr. 1814 zu Mailand,
[* 11] studierte die
Rechte in Verona
[* 12] und Pavia, lehrte in Mailand Naturrecht
und
Statistik, später Politik und Staatswirtschaft (1835-42 und 1846-48) und war 1842-46 Sekretär
[* 13] bei der lombard.
Eisenbahngesellschaft. Nach der Revolution 1848, wo er als Mitglied der provisorischen Regierung mit
KarlAlbert verhandelte,
wurde er Professor der
Staatswissenschaften in
Turin.
[* 14] 1859 kehrte er nach Mailand zurück und leitete das
Journal «La Lombardia»; 1861-76 war er Mitglied des Parlaments und unter
Menabrea 1867-69 Unterrichtsminister. Er starb in
Rom.
[* 15]
Von seinen
Arbeiten sind hervorzuheben: «Dell' imposta sulla rendita e del capitale in Inghilterra e negli
Stati Uniti» (25 an
Cavour gerichtete
Briefe, 2 Bde.,
Tur. 1856),
«Vita di Federico II il
Grande» (2 Bde., ebd. 1874-76),
«Il regno di Federico II di Prussia» (2 Bde.,
Rom 1879-80); außerdem führte er mit Giambattista Giorgini nach Manzonis Rücktritt 1869 die Redaktion
des «Nuovo vocabulario della lingua parlata».
besuchte das Pariser Konservatorium und trat 1839 auf dem Théâtre français
im «Tartufe» und in «Les Rivaux
d'eux-mêmes» auf. Wegen ihres anmutigen und lebhaften Spiels wurde sie sofort engagiert und entzückte bald ganz Paris. 1866 zog
sie sich vom Theater
[* 17] zurück. Seit 1856 war sie Lehrerin der Deklamation am Konservatorium. Sie starb in
Paris. Auch als Verfasserin dramat. Proverbes für den Salon ist sie mit Glück aufgetreten. Ihr Gatte war de Gheest, früher
belg. Gesandtschaftssekretär in Paris (gest. 1885).
Ihre Schwester, Madeleine Brohan, geb. zu Paris, trat 1850 zuerst am Théâtre français auf, erregte
aber mehr Aufsehen durch Schönheit und Anmut als durch schauspielerisches Talent, das im modernen Sittenstück noch am wirksamsten
war. Sie heiratete 1853 den Schriftsteller Mario Uchard (s. d.) und zog sich 1886 von der Bühne zurück.