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besitzt wertvolle Denkmäler kolossaler Plastik, den berühmten Stein von Rosette und die Tafeln von Abydos, sowie eine große Sammlung von Mumien, darunter die des Königs Mykerinos, des Erbauers einer Pyramide. Die Gesamtzahl der in ihr enthaltenen Gegenstände beträgt mehr als 10000. Die Assyrische Sammlung, in einer großen und mehrern kleinern Galerien zur Seite der ägyptischen aufgestellt, ist ohne Vergleich die bedeuteudste Europas. Sie besteht aus den Statuen und Basreliefs, die 1847-50 und 1851-56 durch Layard, Rassam und Loftus in den altassyr. Königspalästen zu Nimrud und Kujundschik ausgegraben wurden, ferner mit Inschriften bedeckten Obelisken und einer großen Anzahl kleinerer Gegenstände in Elfenbein, Glas [* 2] (die Vase der Sargina). Neuerdings wurde sie vermehrt durch die Ausgrabungen des berühmten Assyriologen George Smith 1873-75.
Die Griechisch-römische Sammlung erfüllt 12 Räume. Sie umfaßt die «Phigalian Marbles» vom Apollotempel zu Phigalia (erworben 1815),
die «Elgin Marbles», hauptsächlich die Bildwerke des Phidias vom Parthenon zu Athen [* 3] (angekauft 1816),
die «Xanthian» oder «Lycian Marbles», die durch Sir Charles Fellows 1842-46, vom Harpyiendenkmal zu Xanthos in Kleinasien nach London [* 4] gebracht wurden, die 1856-58 von Charles Newton an den Resten des alten Mausoleums zu Halikarnassos ausgegrabenen «Halicarnassian Marbles», eine vom Herzoge von Saint-Albans (1871-72) in Rhodus und Kreta veranstaltete Sammlung von Inschriften und Skulpturen, und in einem Anbau zu der Elgin-Galerie die berühmten Säulentrümmer, Skulpturen und Inschriften von dem Dianatempel und dem Augusteum in Ephesus, deren Entdeckung (1869-71) dem unermüdlichen Eifer Woods, eines Beamten des Britisches Museum, zu danken ist.
Der übrige Teil der Sammlung klassischer Altertümer, aus der Zeit der röm. Kaiser herrührend, umfaßt mehrere berühmte Kunstwerke, wie die Venus von Ostia, den Diskoswerfer [* 5] des Myron, die sog. Klytia, den Dornauszieher, und ist in der Hauptsache aus der Townley-Galerie entstanden, die 1805 den Erben Charles Townleys abgekauft und die Veranlassung zur Errichtung einer eigenen Abteilung für Altertümer am Britisches Museum wurde. Die Sammlung röm. Bildwerke erhielt 1864 eine beträchtliche Vermehrung durch Ankauf eines Teils der im Palast Farnese zu Rom [* 6] aufgestellten dem Exkönig von Neapel [* 7] gehörigen Altertümer.
Eine andere wichtige Erwerbung bildete die 1872 angekaufte Castellani-Sammlung antiker Gemmen [* 8] und Goldschmiedearbeiten, durch deren Zuwachs das Britisches Museum gegenwärtig die reichhaltigste Sammlung dieser Art besitzt. 1880 wurde eine Anzahl alter Vasen [* 9] und Skulpturfragmente von Cypern [* 10] gewonnen. Die Vasensammlung des Britisches Museum gilt für die schönste in Europa. [* 11] Ihre Grundlage bildet die berühmte, 1782 angekaufte Sammlung etrusk. Vasen Sir William Hamiltons, die, durch Ankäufe ansehnlich vermehrt, 1856 durch die Sammlung Sir William Temples einen beträchtlichen Zuwachs erhielt. Die berühmte Portlandvase [* 12] ist nicht Eigentum des Britisches Museum, sondern nur von ihrem Eigentümer hergeliehen.
Dic Abteilung für britische und mittelalterliche Altertümer und für Ethnographie [* 13] wurde 1866 gegründet und hat unter ihrem jetzigen Vorstand, Äugustus Franks, einen ungemeinen Aufschwung genommen. Sie besteht jetzt 1) aus einer großen Sammlung von Altertümern der Stein- und Bronzeperioden aus den verschiedenen Teilen Großbritanniens, des ältern Eisenalters und der röm. und altsächs. Perioden; diese Objekte sind in besondern Räumen arrangiert. Zum bessern Verständnis sind auswärtige Antiquitäten ebenfalls in diese Serien eingereiht, mit Ausnahme der römischen nicht brit. Gegenstände, die, wie in andern Museen, mit griech. Altertümern vereint sind. Die wertvollste Sammlung in der auswärtigen prähistor. Serie sind die Objekte von den franz. Höhlen der Renntier-Periode, welche durch H. Christy und E. Lartet zusammengebracht und später durch Peccadeau de l'Isle und den Vicomte de Lastic vermehrt wurden.
2) Aus der mittelalterlichen Sammlung, die eine Reihe schöner Elfenbeinschnitzereien und Emaillen und sehr viele Uhren [* 14] enthält. Einen wichtigen Zuwachs erhielt kürzlich diese Sammlung in dem emaillierten Gefäß, [* 15] das der Herzog von Berry 1391 Karl VI. von Frankreich gab, und das später in den Besitz der engl. Könige von Heinrich VI. bis Jakob I. Gelangte. Diese Abteilung enthält auch die Sammlung von Glasgegenständen aller Perioden und Länder, wozu die Sladesche Sammlung 1868 den Grund legte. Die Sammlung ital. Majolika zeichnet sich durch die große Anzahl gezeichneter Stücke aus und ist in dieser Beziehung wahrscheinlich die bedeutendste, welche existiert. Auch ist eine Galerie orient. religiöser Objekte und eine reichhaltige Sammlung von Waffen [* 16] und Rüstungen und von Porzellan und Töpferarbeiten vorhanden.
3) Die ethnogr. Galerie, 92 m lang, enthält eine reichhaltige Sammlung der Geräte autochthoner und uncivilisierter Völkerschaften, geographisch geordnet; die amerik. Sektion ist in einem Nebensaale untergebracht. Der wichtigste Teil dieser Sammlung wurde von Henry Christy zusammengebracht und dem Museum geschenkt.
Die Sammlung von Münzen [* 17] und Medaillen, deren Zahl auf 200000 Stück geschätzt wird, ist ebenfalls eine der schönsten Europas. Deren Stamm bildete ebenfalls die Sammlung Sloanes, die 1810 und 1814 der Ankauf der Kabinette von Roberts und Townley beträchtlich vergrößerte. Hierzu kamen die reichen Vermächtnisse von Payne Knight (1824) und Marsden (1831) sowie die Schenkungen des Grafen von Salis u. a. Für griech. und röm. Münzen gehört das Kabinett des Britisches Museum zu den vollständigsten, für Münzen Englands steht es unerreicht da.
Die Sammlung von Kupferstichen und Handzeichnungen ist von sehr hohem Werte und in betreff der Nielli und der Schwefelabgüsse wohl die vollständigste in Europa, steht aber an Zahl der Blätter hinter andern großen Sammlungen zurück. Begründet wurde sie durch das Vermächtnis Cracherodes und 1836 durch die Erwerbung von Sheepshanks Sammlung geätzter Blätter niederländ. Meister (8450 Nummern), wozu 1845 zwei umfangreiche Sammlungen von ältern deutschen und ital. Stichen kamen. Neuerdings ward sie namentlich in Bezug auf die Stiche engl. Künstler ungemein vervollständigt; 1880 erhielt sie einen Zuwachs von nicht weniger als 11 134, 1891 von 16 687 Nummern.
Die naturgeschichtlichen und besonders die zoologischen Sammlungen waren in einer Weise angewachsen, daß es notwendig wurde, sie räumlich von der Bibliothek und den Antiquitäten zu trennen. Zu Anfang des letzten Jahrzehnts wurden sie in ein neues Gebäude in South-Kensington gebracht, das an Umfang dem ältern Museum nicht ¶
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nachsteht und, im roman. Stile gebaut, eine der architektonischen Zierden Londons ist. Die Sammlungen zerfallen in vier Departements: Zoologie, Geologie, [* 19] Botanik und Mineralogie. Die zoolog. Sammlungen stehen schon seit vielen Jahren unter einem Deutschen, Dr. Albert Günther und haben unter seiner Leitung einen in keinem andern Museum erreichten Aufschwung erhalten; sie zerfallen in zwei Abteilungen, von welchen die eine die zur Belehrung des Publikums aufgestellten Exemplare in 11 Sälen und Galerien umfaßt, die andere, bei weitem größere, nur zum wissenschaftlichen Studium dient.
Der numerische Stand dieser Sammlungen, welche durchschnittlich einen jährlichen Zuwachs von 54000 Exemplaren erhalten, läßt sich nur annähernd angeben. Die Zahl der Säugetiere belauft sich auf etwa 16000, die der Vögel [* 20] auf 170000, die der Amphibien auf 25000, die der Fische [* 21] auf 45000, die der Mollusken [* 22] auf 250000, die der Insekten [* 23] auf nicht weniger als 1½ Millionen; die Anzahl der niedern Tiere wird auf 200000 geschätzt. Namentlich in der neuern Zeit hat dieses Departement besonders durch Schenkung, aber auch durch Ankauf viele der wichtigsten Privatsammlungen absorbiert.
Die Erwerbung der massenhaften Ergebnisse der Challenger-Expedition machte es notwendig, ein besonderes großes Gebäude, welches nur für die in Spiritus [* 24] aufbewahrten Exemplare in etwa 80000 Flaschen bestimmt ist, um die Hälfte zu verlängern. In der Verwaltung und Bearbeitung dieser Sammlungen ist der Vorstand unterstützt durch einen Assistant-Keeper und 13 Assistenten, von denen jedem ein gewisser Teil des zoolog. Materials zugewiesen ist. Unter dem gegenwärtigen Vorstande haben die Kataloge der zoolog. Abteilung einen bestimmten Charakter angenommen, der sie zu Hauptwerken in den betreffenden Sektionen macht. Es sind Monographien, in denen nicht allein die vorhandenen Exemplare aufgezählt sind, sondern alle bekannten Arten beschrieben und die wichtigsten Exemplare abgebildet sind.
Solche Kataloge bestehen von den Säugetieren (mehrere Bande), von den Vögeln (22 Bde., noch nicht vollendet), den Reptilien (7 Bde.), Fischen (8 Bde.), von Lepidopteren und andern Insekten (10 Bde.), von Korallen [* 25] (1 Bd.). Viele andere von Nichtmitgliedern des Museums verfaßte Werke sind ausschließlich auf das Material des Museums basiert. Die mineralogische Sammlung, eine der vorzüglichsten Europas, jetzt nach chem. Grundsätzen angeordnet, gewann erst 1810 durch die Sammlung von Oberst Greville eine höhere Bedeutung.
Durch Georg IV. erhielt sie ein wertvolles Sortiment von Mineralien [* 26] des Harzes und 1859 die Allan-Greg-Sammlung von mehr als 9000 Stück. Sie umfaßt auch eine vorzügliche Suite von Aërolithen (220 Stück), die größte unter allen vorhandenen. Die geologische und paläontologische Abteilung ist seit 1830 in raschestem Wachstum begriffen; 1831 und 1840 wurden ihr die Fossiliensammlung von Thomas Hawkins, 1839 das besonders an schönen Exemplaren engl. Fossilien reiche Museum des Dr. Mantell einverleibt.
Bemerkenswert sind auch die tertiären Fossilien aus Indien, von Falconer beigesteuert, und die Reste ausgestorbener Vögel aus Neuseeland. Eine Sammlung der Reste von Menschen und Tieren, wie von Waffen und Geräten aus Knochen [* 27] und Stein, die in einer Hohle von Bruniquel im südl. Frankreich aufgefunden wurden, kam 1864 hinzu. Die botanische Abteilung wurde 1827 gegründet, als das Herbarium des Sir J. Banks Nationaleigentum wurde. Dieses Herbarium enthielt außer andern Schätzen die von Cooks Expeditionen stammenden Sammlungen.
Seit dieser Zeit wurden wichtige andere Sammlungen geschenks- oder kaufsweise erworben: so die von Robert Brown, Welwitsch, Miers, Hance, Triana, W. Wilson, Hampe, Broom u. a. Dieses Departement besitzt auch 300 große Bände mit den Herbarien des Sir H. Sloane (Kamel, Kaempfer), auch Hermanns Pflanzen von Ceylon, [* 28] auf welche Linné seine Flora zeylonica basierte. Die Reihe dieser histor. Herbarien ist von einem wissenschaftlichen Wert, der von keinem andern Museum übertroffen wird. Seit 1871 steht dieses Departement unter W. Carruthers als Keeper. 1891 wurden die naturgeschichtlichen Sammlungen durch 103 187 Gegenstände vermehrt, wovon 48 771 auf die zoolog., 15 211 auf die geolog., 1205 auf die mineralog, und etwa 38000 auf die botan. Sammlung entfallen.
Die Verwaltung des Britisches Museum stand von jeher unter einer Aufsichtskommission (Board of trustees) von 50 Mitgliedern, deren eine Hälfte von den um das Museum meist verdienten Familien (Sloane, Cotton, Townley, Elgin u. a.) gestellt wird, während die andere Hälfte stets gewisse höhere Beamte sind, darunter der Erzbischof von Canterbury, der Lordkanzler und der Sprecher des Hauses der Gemeinen. Diese drei sog. Oberaufseher (Principal trustees) haben allein das Recht, alle Beamte des Museums zu ernennen, mit Ausnahme des Oberbibliothekars (Principal librarian), den der König oder die Königin aus zwei durch die Oberaufseher vorgeschlagenen Personen erwählt.
Der Oberbibliothekar ist der höchste Beamte des ganzen Instituts, während jedes der 12 einzelnen Departements einem Vorstand (Keeper), dem nötigenfalls Hilfsvorstand (Assistant-keepers) beigegeben werden, anvertraut ist. Das offizielle Bureau des Naturwissenschaftlichen Museums in South-Kensington wird von einem besondern Direktor, W. H. Flower, geleitet. Wie das Institut überhaupt, so ist die Zahl der Beamten in stetiger Zunahme begriffen. Während des 18. Jahrh. reichten 7 Beamte (1 Oberbibliothekar, 3 Unterbibliothekare und 3 Hilfsbibliothekare) aus.
Gegenwärtig erreichen die Beamten, Diener und Arbeiter des Britisches Museumdie Gesamtzahl von 321; die wöchentliche Zahl der Arbeitsstunden ist 36 im Winter, 54 im Sommer; das Gehalt des Oberbibliothekars beträgt 1200, das der höhern Beamten 4-800 Pfd. St. u. s. w. Der Oberbibliothekar, dessen unermüdlicher Thätigkeit und glänzendem Verwaltungstalent das Museum, besonders die Bibliothek, seinen erstaunlichen Aufschwung am meisten verdankt, Antonio Panizzi (s. d.), zog sich 1866 in den Ruhestand zurück und wurde bald darauf in Anerkennung seiner Verdienste zum Ritter geschlagen.
Ihm folgte sein vieljähriger Freund und Mitarbeiter Winter Jones und diesem 1878 E. A. Bond (s. d.), diesem 1888 E. Maunde Thompson; neben letzterm ist zu nennen der derzeitige First keeper of the printed books, Dr. R. Garnett (s. d.). Bemerkenswert ist, daß in der Reihe der frühern Oberbibliothekare regelmäßig ein Ausländer einem Engländer folgte. Dem ersten, Dr. Gavin Knight (1756-72), folgte der Holländer Dr. Maty (1772-76), dem dritten, Dr. Morton (1776-99), der Schweizer Joseph Planta (1799-1827), und dem fünften, Sir Henry Ellis (1827-36), der Italiener Sir Antonio Panizzi. ¶